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Montag, 21. Juli 2014

Prof. Georg May: Die andere Hierarchie - Teil 42: Das Kirchenvolksbegehren von 1995

Prof. Dr. Georg May

Die andere Hierarchie


Teil 42


Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997


Fortsetzung von hier

§  14  Das sogenannte Kirchenvolksbegehren

Neben den von den Bischöfen eingeführten demokratischen Strukturen gibt es die Basisdemokratie, die sich von den Bischöfen emanzipiert hat. Sie wird von progressistischen Theologen gesteuert und hat ihren vorläufigen Höhepunkt in dem sogenannten "Kirchenvolksbegehren" (Anm.: von 1995) (1) gefunden.

I.  Inhalt und Beurteilung

1.  Inhalt

Der Inhalt des Volksbegehrens ist "eine bewusst unklar gehaltene demagogische Mischung aus Selbstverständlichkeiten, Zweideutigkeiten und einigen Forderungen, die mit dem katholischen Glauben schlicht unvereinbar sind" (2). Manche Äußerungen, die in dem Kirchenvolksbegehren enthalten sind, lassen sich richtig verstehen; aber im Mund der Initiatoren und Propagandisten des Volksbegehrens sind sie mit Sicherheit falsch gemeint. Die aufgeworfenen Fragen sind längst erschöpfend und schlüssig beantwortet, aber den Initiatoren passt die Antwort nicht. Deswegen treten sie an zum Umsturz des Gefüges Kirche.

a) Glaube

Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Initiatoren den katholischen Glauben in wesentlichen Punkten zerstören wollen. Wer Erbsünde, Gericht und Verdammnis aus dem katholischen Bekenntnis streichen will (3), der hat sich vom katholischen Glauben verabschiedet. Wenn die Kirche alles das abschaffen wollte, was heute angeblich oder wirklich nicht mehr verstanden wird, bliebe vom Christentum nicht mehr viel übrig.

"Die Forderungen des Kirchenvolksbegehrens sind nichts anderes als die Symptome einer Glaubenskrise" (4). Leo Scheffczyk hat zu dem Kirchenvolksbegehren festgestellt, "dass es sich hier um eine totale Verkehrung des katholischen Glaubens handelt und um eine Zuspitzung der jahrzehntelangen Glaubenskrise, die nun zu einer nicht mehr zu leugnenden inneren Spaltung der Kirche dieses Landes geführt hat" (5). Kurt Krenn schrieb richtig: "Es steht die Unversehrtheit des Glaubens und die Identität der römisch-katholischen Kirche auf dem Spiel" (6).

b)  Sittlichkeit

Das Kirchenvolksbegehren steht im Dienst der Entschärfung der Botschaft Jesu Christi, es ist ein Unternehmen zur Herstellung größtmöglicher Bequemlichkeiten auf Erden. Sein Ziel ist der Abbau alles Beschwerlichen im Glaubensbekenntnis, in der Sittenlehre und in der Disziplin der Kirche. Was die Masse der Menschen begehrt, weiß man, bevor sie ihr Begehren äußern.

Die Kirchenvolksbegehrer wollen es den Katholiken abnehmen, sich als Katholiken behaupten zu müssen. Wer Warnungen und Hinweise auf die bevorstehenden Übel als Drohungen auffasst, der mag dies tun. Nur richtet sich dann sein Vorwurf gegen den Begründer der christlichen Religion.

Den Kirchenvolksbegehrern ist der Gott des Christentums verlorengegangen. Sie haben sich einen Gott nach ihrem eigenen Bilde geschaffen. Das Kirchenvolksbegehren ist eine Neuauflage des Abfalls der Israeliten von Jahwe und der Zuwendung zum goldenen Kalb.

Hinter dem Schlagwort von der "positiven Bewertung der Sexualität" steht der sexuelle Libertinismus, verbirgt sich nach Robert Spaemann "weltfremde Häresie" (7). Nicht die kirchliche Verkündigung ist auf die Sexualmoral fixiert, sondern die Phalanx ihrer Gegner. "Wenn die Autoren die eindeutige und exklusive Hinordnung der menschlichen Sexualität auf die Ehe im Christentum als einen zu hohen Anspruch ablehnen, dann sollen sie das sagen" (8).

Die Propagierung naturwidriger Empfängnisverhütung, vor- oder außerehelichen Geschlechtsverkehrs und homosexueller Betätigung ist nicht positive Bewertung der Sexualität, sondern Verkehrung der Schöpfungsordnung.

c)  Kirchenverfassung

Das Kirchenvolksbegehren ist der organisierte Aufstand gegen Glauben und Verfassung der Kirche. Die Forderung, die angeblich bestehende "Kluft" zwischen Klerus und Laien zu beseitigen, kann wohl nur dahin verstanden werden, die Struktur der Kirche zu zerstören. Denn in dieser Kirche liegt nun einmal die Leitung beim Klerus.

Mit der "Überwindung der Kluft zwischen Klerus und Laien" ist nicht weniger angezielt als die Eliminierung des sakramental-hierarchischen Priestertums, das nach dem letzten Konzil "dem Wesen nach" vom allgemeinen Priestertum verschieden ist (Lumen gentium Nr. 10).

Wer nicht mehr weiß, was eine sakramentale Weihe ist, vermag allerdings keinen Unterschied zwischen Geweihten und Nichtgeweihten zu erkennen. Hinter dem Begriff der "geschwisterlichen" Kirche verbirgt sich die Attacke auf das Amt göttlichen Rechtes. Übrigens steht die Macht der Räte zu der geschwisterlichen" Kirche, die sich durch herrschaftsfreie Beziehungen auszeichnen soll, im Widerspruch. Wenn es nur noch Gleiche gibt, dann können nicht die Mitglieder des Pfarrgemeinderates Bestimmungen über andere treffen.


II.  Die Wurzeln des Begehrens

1.  Die progressistischen Theologen

Das Kirchenvolksbegehren ist nicht dem gläubigen Volk entsprossen. Hinter ihm stehen vielmehr Theologen, die Falsches lehren.

Das Kirchenvolksbegehren ist der vorläufige Höhepunkt der seit Jahrzehnten ungestörten Wirksamkeit der progressistischen und modernistischen Theologen; die Aktion ist ihr Werk. Die beiden Initiatoren des Kirchenvolksbegehrens in Österreich und Deutschland, Thomas Plankensteiner und Christian Weisner, wurde nicht umsonst der Preis des abgefallenen Theologen Herbert Haag verliehen (9). Die Initiatoren sind verführte Verführer. Zahlreiche Theologen haben ihnen Beifall gespendet und die Menschen zur Unterstützung aufgerufen.

Die Theologen Fuchs, Mette, Greinacher und Steinkamp begrüßten die Zustimmung zu dem Kirchenvolksbegehren und sahen darin eine Parallele zu dem Aufstand gegen das Regime in der DDR (10). Wer die Namen Küng, Drewermann, Greinacher, Zulehner, Eicher und Mette als Befürworter liest, weiß, wohin die Reise geht. "Die alten Geister des Modernismus" (11) kehren zurück und wollen sich durchsetzen.

Bei diesem Begehren wird aus dem Volke heraus gefragt, was die progressistischen und modernistischen Theologen seit Jahrzehnten pausenlos und ohne die Behinderung durch die Bischöfe in das Volk hineingerufen haben, was sogenannte katholische Verlage seit Jahrzehnten an Publikationen in das Volk geworfen haben, die den Glauben zersetzen, die Sittenordnung zerstören und das Recht der Kirche entnerven, was aus sogenannten Katholischen Akademien und sogenannten katholischen Bildungsanstalten an Verführung in das katholische Volk geträufelt worden ist.

2.  Protestantismus

Alle Feinde und Gegner der Kirche stimmten dem Volksbegehren zu. Der "Spiegel" witterte Morgenluft. Die Altkatholiken boten sich offen an als Heimstätte für unzufriedene Katholiken. Selbstverständlich wurde das Kirchenvolksbegehren von protestantischer Seite begrüßt (12). Das ist begreiflich. Denn das Unternehmen nährt sich zur Gänze aus protestantischen Vorstellungen und führt zu protestantischen Verhältnissen; es besorgt die Geschäfte des Protestantismus.

Alle Punkte des sogenannten Volksbegehrens tendieren zum Protestantismus. Die sogenannten Reformer haben keinen einzigen selbständigen Gedanken hervorgebracht; alle ihre Aufstellungen sind Anleihen beim Protestantismus. Nicht zuletzt der massiv betriebene Ökumenismus hat das katholische Volk anfällig gemacht für die Forderungen des Kirchenvolksbegehrens.


( 1)  Aus der beträchtlichen Literatur erwähne ich "Wir sind Kirche". Das Kirchenvolks-Begehren in der Diskussion; Freiburg i. Br. 1995
( 2)  Rheinischer Merkur Nr. 46 vom 17. November 1995 S. 26
( 3)  Deutsche Tagespost Nr. 4 vom 9. Januar 1996 S. 9
( 4)  Deutsche Tagespost Nr. 153 vom 23. Dezember 1995 S. 9
( 5)  Plettenberg, Die Saat geht auf 223
( 6)  Der Fels 27, 1996, 57
( 7)  Rheinischer Merkur Nr. 46 vom 17. November 1995 S. 26
( 8)  Rheinischer Merkur Nr. 46 vom 17. November 1995 S. 26
( 9)  Der Fels 27, 1996, 56
(10)  Fuchs u. a., Das Neue wächst 163-165
(11)  Deutsche Tagespost Nr. 153/4 vom 23. Dezember 1995 S.4
(12)  Materialdienst 146, 1995, 105f


Fortsetzung folgt


Übersicht: Zu den bisher erschienenen Fortsetzungen


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Einige Früchte aus dem Geist des Kirchenvolksbegehrens:

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Weiteres zum Thema "Kirchenvolksbegehren von 1995":

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Donnerstag, 26. Juni 2014

Prof. Georg May: Die andere Hierarchie - Teil 38: Der Pfarrgemeinderat (2) - Legitimation und Kompetenz

Prof. Dr. Georg May

Die andere Hierarchie


Teil 38


Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997


Fortsetzung von hier

III.  Die Frage nach der Legitimation und der Kompetenz

Die Konstruktion des Pfarrgemeinderates, wie sie in den deutschen Diözesen eingeführt ist, bedarf einer grundsätzlichen Prüfung. Es stellt sich die Frage, ob die Pfarrgemeinderäte für die Aufgaben, die ihnen gestellt sind, legitimiert und kompetent sind.

1.  Legitimation

Wer andere demokratisch vertreten will, muss ihr Vertrauen haben. Das Vertrauen wird ihm ausgesprochen durch die Wahl. Eine Wahl, an der sich die weit überwiegende Mehrheit der Wähler nicht beteiligt, vermag eine Legitimation nicht zu schaffen.

Wie sieht es nun mit der Beteiligung an den Pfarrgemeinderatswahlen aus? Die Wahlbeteiligung war nie sehr hoch und hat seit der Einführung der Pfarrgemeinderäte kontinuierlich abgenommen. Im Dekanat Mainz beteiligten sich an der Pfarrgemeinderatswahl 1995 lediglich 17,4 Prozent der Wahlberechtigten. Dabei gab es gravierende Unterschiede zwischen den einzelnen Gemeinden. In der Mainzer Pfarrei St. Bonifaz gingen 3,7 Prozent der Wahlberechtigten zur Urne. Bei den Altersgruppen dominierte die der über 65jährigen (23).

Den Pfarrgemeinderräten fehlt somit die demokratische Legitimation. Wer nicht einmal die Hälfte der Wahlberechtigten einer Gemeinde an die Urnen bringt, der darf sich aufgrund einer solchen Wahl nicht als Vertreter der Wahlberechtigten bezeichnen. Wenn 80 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch machen, bekunden sie ihr Desintersse an dem Wahlvorgang. Gleichzeitig  nimmt ihre Wahlenthaltung dem Wahlergebnis jede demokratische Legitimation.

So kommt man um das Urteil nicht herum: Die Pfarrgemeinderäte sind keine Verwirklichung von Demokratie in der Kirche, sondern pseudodemokratische Vertreter der anderen Hierarchie.

2.  Kompetenz

Den Pfarrgemeinderäten fehlt sodann überwiegend auch die fachliche Kompetenz. Viele Diözesen sprechen dem Pfarrgemeinderat die Allzuständigkeit zu. Die darin zur Sprache kommenden Fragen sind indes häufig kompliziert und subtil. Die Mitglieder des Rates sind zu ihrer Behandlung weder ausgebildet noch angeleitet. Die Folge ist: Das Feld wird regelmäßig von rhetorisch gewandten Personen beherrscht.Viele Menschen meinen ja, wer reden könne, habe auch etwas zu sagen.

Man kann die Mitglieder der Pfarrgemeinderäte, von Ausnahmen abgesehen, etwas vereinfacht in zwei Gruppen einteilen. Die einen sind theologisch nicht gebildet und wagen daher nicht, zu reden oder Widerstand zu leisten. Die anderen sind theologisch verbildet und fühlen sich deswegen berufen, zu jedem Thema zu sprechen. In beiden Fällen sind gedeihliche Verhandlungen und Beschlüsse nicht zu erwarten.


IV. Aufgaben und Übergriffe

1.  Aufgaben

Der Pfarrgemeinderat hat zwei Aufgaben. Einerseits soll er die Seelsorge des Pfarrers in der Gemeinde unterstützen, andererseits soll er die Kirche in der Welt wirksam machen. Der Pfarrgemeinderat soll "die gemeinsame Sendung aller Glieder der Pfarrgemeinde" darstellen. "Im Pfarrgemeinderat sollen sich Pfarrer und Laien über die Angelegenheiten der Gemeinde informieren, gemeinsam darüber beraten und gemeinsame Beschlüsse fassen" (§1 Abs. 1).

Der Rat soll u.a. sich der katechetischen, liturgischen und sozial-caritativen Dienste in der Pfarrgemeinde annehmen, die Verbände, Einrichtungen und Gemeinschaften fördern, sich um die sozialen, ambulanten und stationären Einrichtungen sorgen, das Verantwortungsbewusstsein für die weltkirchlichen Aufgaben und Werke wachhalten, Kontakt zu allen Gemeindemitgliedern suchen, die Katholiken in der Öffentlichkeit vertreten, die ökumenische Zusammenarbeit pflegen und bei der Vermögensverwaltung mitwirken (§1 Abs 2).

Seine Zuständigkeit ist also beinahe unbeschränkt. Er hat nicht nur zu planen und zu beraten, sondern auch durchzuführen und zu leiten. "Der Pfarrgemeinderat ist an der Leitung der Pfarrgemeinde mitbeteiligt, unbeschadet der Pflichten und Rechte der Träger des Priestertums und ihrer Letztverantwortlichkeit als Hirten der Gemeinde" (Präambel). Diese dem Pfarrgemeinderat zugesprochene Mitbeteiligung an der Leitung der Gemeinde ist durchaus ernst gemeint. Der Pfarrgemeinderat hat "das Leben in der Pfarrgemeinde mitzugestalten und Sorge für alle Gemeindemitglieder zu tragen".

2.  Übergriffe

Wenn ein Pfarrgemeinderat überhaupt sinnvoll funktionieren soll, muss er sich auf überschaubare Gegenstände lokalen Interesses beschränken.

Ein örtliches Gremium kann nicht Fragen von dogmatischem, moraltheologischem und kirchenrechtlichem Rang entscheiden. Sobald er sich solcher Dinge annimmt, entfernt er sich von dem ihm zugänglichen Bereich. Aber eben dies geschieht in zahlreichen Gemeinden.

Eine Dame schrieb: "In vielen Laien-Gremien opfern gute Christen ihre Freizeit auf, um beinah gebetsmühlenartig über Zölibat, Frauenpriestertum, Pillenverbot und so weiter zu diskutieren" (24). Wache Christen bemerken, dass "in nicht wenigen Kirchengemeinden" die sogenannte Gemeindeerneuerung "nach der Devise Los von Rom mehr oder weniger offen durchgeführt" wird (25).

Die Beschäftigung des Pfarrgemeinderats mit dem Frauenpriestertum ist ebenso eindeutig eine Kompetenzüberschreitung wie die Ausrufung einer atomwaffenfreien Zone durch ein Stadtparlament. Wie das Ergebnis bei der Abstimmung über  solche allgemeine Fragen aussieht, ist angesichts des heutigen Meinungsklimas von vornherein klar. Populär ist, was bequem und leicht ist, was keine Mühe kostet und wenig Anstrengung mit sich bringt. Vor allem ist die millionenfach erhärtete Feststellung zu beachten: Die Wahrheit ist den meisten Menschen das Gleichgültigste.

Dementsprechend vollzieht sich die Tätigkeit zahlreicher Pfarrgemeinderäte. Sie laden Personen zu Vorträgen ein, in denen die Kirche, vor allem ihre Sittenlehre, madig gemacht wird. Der Pfarrgemeinderat in Türkheim ließ einen altkatholischen Pfarrer über "Frau im Priesteramt" sprechen (26). 

In vielen Pfarreien waren es die Pfarrgemeinderäte oder deren Mitglieder, die das unselige Kirchenvolksbegehren propagierten und unterstützten. Die Priester wurden bedrängt und unter Druck gesetzt, um die Auslegung der Listen in kircheneigenen Räumen oder gar in Gottesdiensträumen zu gestatten oder zu dulden.

Eine Befragung der Pfarrgemeinderäte im Bistum Trier ergab, dass diese mehrheitlich ähnliche Positionen wie das Kirchenvolksbegehren vertreten. 57% wünschen, dass die Kirche ihre Traditionen ernsthaft überprüft, 31% verlangen, dass die Veränderungen schneller durchgeführt werden (27). Die beteiligten Pfarrgemeinderäte haben sich bei dieser Aktion als eine Gefahr für die  Kirche erwiesen; sie werden es mit der fortschreitenden Erosion von Christlichkeit und Kirchlichkeit immer mehr werden.

Ein bekannter Herr erzählte mir, der Pfarrgemeinderat habe ihm zur Geburt seines fünften Kindes eine Broschüre überreicht, in der von vier Brüdern und mehreren Schwestern Jesu die Rede ist (28). Wenn Pfarrgemeinderäte irgendwo nützlich und einwandfrei arbeiten, dann liegt das an den Menschen, nicht an dem Modell.


V.  Die Dyarchie und ihre Folgen

1.  Verfehlte Struktur

Vom Standpunkt der Verfassung der katholischen Kirche ist die Struktur des Pfarrgemeinderates deutscher Prägung unzulässig. Die in den deutschen Diözesen geschaffene Einrichtung des Pfarrgemeinderates begründet in den Pfarreien eine Dyarchie, eine Art Doppelherrschaft.

Es gibt nunmehr  zwei Autoritäten in einer Gemeinde, den Pfarrer und den Pfarrgemeinderat. Pfarrer und Pfarrgemeinderat werden wie zwei gleichberechtigte leitende Organe der Pfarrei nebeneinandergestellt, wenn beispielsweise vorgeschrieben wird, dass sie einmal im Jahr zu einer Pfarrversammlung einladen. 

Der Pfarrgemeinderat ist das Mittel,  die Hauptesstellung des Priesters in seiner Gemeinde einzuebnen. Der Pfarrer unterliegt fast auf dem gesamten Gebiet seiner Tätigkeit der Kontrolle des Pfarrgemeinderates. Es gibt Pfarrgemeinderäte, die ihren Pfarrer wie einen Bediensteten behandeln, der ihren Weisungen nachzukommen hat.

Christa Meves bemerkte richtig, dass "mit Intensität" daran gearbeitet werde, den Priester zu entmachten; sie sprach von "Revoluzzern mit Entthronungsbedürfnissen um der eigenen ... Machtbedürfnisse willen" (29).

Dagegen ist vom göttlichen Recht her Einspruch zu erheben. Die Stellvertretung Christi wird begründet durch den Empfang derf Weihe und die Übertragung  der Vollmacht, nicht durch Wahlen und Satzungen. Dem Pfarrer ist die Hirtensorge über seine Pfarrei anvertraut (cc. 515 §1 und 519). 

Als eigener Hirt der Gemeinde ist er verantwortlich für die Einheit der Gemeinde, für die Verkündigung und den Gottesdienst. Diese Verantwortung hat er gegenüber Gott und seinem Bischof. Der Pfarrer ist nicht Letztverantwortlicher, sondern Erstverantwortlicher. Es ist unzulässig, den Pfarrer zum Mitglied eines Gremiums zu machen, bei dessen Abstimmungen seine Stimme genauso viel oder wenig gilt wie die Stimmen der übrigen Mitglieder.

Es ist ausgeschlossen, dass das priesterliche Haupt der Gemeinde durch deren angebliche Vertreter zu einem bestimmten Handeln gezwungen werden kann. Eine ganz gefährliche Entwicklung wird eingeleitet, indem bei der Neubesetzung einer Pfarrei ein Pfarrgemeinderat seine Ansichten darüber, wie der neue Pfarrer aussehen soll, eröffnen darf.

Wenn die bischöfliche Behörde den Pfarrgemeinderat fragt, wie er sich den anzustellenden Pfarrer vorstellt, dann liefert sie den Hirten den unerleuchteten Vorstellungen der laikalen Funktionäre aus. Der Pfarrgemeinderat legt sich mit seiner Personenbeschreibung auf ein bestimmtes Bild eines Pfarrrers, häufig auf eine ganz bestimmte Person fest. Falls der Bischof dieser Erwartung nicht entspricht, ist der Konflikt da.


(23)  Allgemeine Zeitung vom 14. November 1995 S. 13
(24)  Deutsche Tagespost Nr. 120 vom 5. Oktober 1996 S. 2
(25)  Deutsche Tagespost Nr. 67 vom 3. Juni 1997 S. 9
(26)  Der Fels 28, 1997, 230
(27)  Saka-Information 21, 1996, 68
(28)  Christine Kowalczyk, Ich bin getauft, Hamburg 1992, 41
(29)  Deutsche Tagespost Nr. 28 vom 4. März 1997 S.2


Fortsetzung folgt

Übersicht: Zu den bisher erschienenen Fortsetzungen


Dienstag, 16. Oktober 2012

Hierarchisches Kirchenbild entspricht nicht dem Willen des Konzils?

In einer Pressemeldung vom 09. Oktober 2012 warnt der 43jährige  BDKJ-Bundesvorsitzende Dirk Tänzler vor "rückwärtsgerichteten Tendenzen in unserer Kirche", die seiner Meinung nach vor allem auch in der Diskussion "um die Liturgiereform und die Wiedereinführung des alten Messritus" deutlich werden. Weiter heißt es:
"Wir respektieren den Wunsch einiger, die Eucharistie nach dem früheren Ritus zu feiern. Wir betonen aber, dass das damit einhergehende hierarchische Kirchenbild nicht dem Willen des Konzils entspricht, sich der Welt zu öffnen."
Hier verrät der BDKJ-Bundesvorsitzende, dass er offensichtlich weder die Konzilstexte gelesen noch im Katechismus der Katholischen Kirche nachgeschlagen hat. 

Die Dogmatischen Konstitution Lumen gentium des II. Vatikanums über die Kirche zeichnet auf mannigfache Weise die Kirche in ihrer von Christus hierarchisch verfassten Eigenart. Das dritte Kapitel dieses Konzilsdokumentes titelt: " Die hierarchische Verfassung der Kirche, insbesondere das Bischofsamt" (LG 18ff).

Auch das Dekret Apostolicam actuositatem über das Laienapostolat befasst sich eingehend mit dem Verhältnis und der Zusammenarbeit zwischen der kirchlichen Hierarchie und den apostolischen Werken der Laien. Nicht weniger als 19mal ist darin von der Hierarchie die Rede. (Dekret AA).

Ich darf zusammenfassen, was ich schon an anderer Stelle festgestellt habe:
"Die Konzilsväter lassen keinen Zweifel daran, dass die von Christus gegründete katholische Kirche eine mit hierarchischen Organen ausgestattete Gesellschaft ist und nicht verschieden vom mystischen Leib Christi. Kirche als sichtbare Versammlung und gleichzeitig geistliche Gemeinschaft, die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche sind nicht zwei verschiedene Größen sondern bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit (vgl. LG8)
Neben den hierarchischen Organen, die der Heilige Geist dazu bestellt hat, die Kirche Gottes zu leiten, sind die Laien Teilhabende am geheimnisvollen Leib Christi indem sie am hierarchischen Apostolat, der Ausbreitung des Reiches Gottes teilnehmen und zur Ausbreitung und zum Wachstum und zur Vollendung des Volkes Gottes beitragen."

Der Katechismus der katholischen Kirche (KKK), der laut Johannes Paul II. und Benedikt XVI. "eine Frucht des II. Vatikanischen Konzils" ist, hier aber auch nichts anderes als das vorkonziliare Lehramt bestätigt, handelt in Artikel 9 des Credos (ich glaube...die heilige katholische Kirche), Absatz 4 über "die Christgläubigen - Hierarchie, Laien, Ordensleute" (KKK 871ff).

In KKK 877 heißt es unmissverständlich und sich auf das letzte Konzil und damit auch auf vorherige kirchliche Lehre berufend:
Schon zu Beginn seines Wirkens setzte der Herr Jesus die Zwölf ein als „die Keime des neuen Israel und zugleich den Ursprung der heiligen Hierarchie" (AG 5).
Die favorisierte Vision der Kirche von Dirk Tänzler als ein demokratisches Gemeinschaftsmodell dagegen gibt es nicht, weder in der Urkirche, noch vor dem II. Vatikanum und auch nicht in dessen Dokumenten. Dort finden sich keinerlei Anhaltspunkt für eine solche Vorstellung. Die Vokabel Demokratie bzw. demokratisch kommt in den Konzilsdokumenten nicht ein einziges Mal vor (s. HIER).

Schon an diesem Beispiel sieht man, wie wichtig das von Papst und Bischöfen empfohlene Studium des Katechismus und der Konzilstexte ist. Allein dadurch ließen sich viele Missverständnisse und falsche Vorstellungen über den katholischen Glauben  und die Kirche vermeiden. Auch Dirk Tänzler und viele andere - und auch Theologen und Theologinnen - sollten sich dafür nicht zu gut sein. Ein "Den Katechismus allerdings dürft ihr gerne behalten!" dürfte jedenfalls kaum die Antwort auf das große Unwissen in Glaubensfragen sein.



Weiteres zum Thema:

Freitag, 27. Juli 2012

Keine Demokratie ohne Hierarchie


"Im Zeitalter der Demokratien und Republiken wird die Tatsache gerne übersehen, daß die Struktur der Welt hierarchisch ist. Eine Gesellschaft, welche Gott nicht an oberster Stelle anerkennt, ist dem Untergang geweiht. Das beweisen die kommunistischen "Volksdemokratien" und "Volksrepubliken" (Bezeichnungen, die übrigens Pleonasmen, also "weiße Schimmel", sind, weil sowohl Demokratie als auch Republik Fremdwörter für Volksregierung beziehungsweise Volkssache sind). (...)

Da die hierarchische Struktur der Welt eine Tatsache ist, führt jeder Versuch zur Abschaffung der göttlichen Hierarchie zu pervertierten Hierarchien, wie die Terrorhierarchien von Lenin, Stalin, Hitler, Mussolini, Mao und anderen beweisen.

Eine Demokratie ist nur dann lebensfähig, wenn Gott ihr Fundament ist."

Max Thürkauf in: Liebe - Die Ohnmacht des Allmächtigen, Theodizee eines Physikers; AD 2001 (s. Quellen)

Montag, 21. Mai 2012

II. Vaticanum: Der Begriff "HIERARCHIE" in den Konzilsdokumenten


"Nach Ausweis der Geschichte ist die Christenheit bereits in den ersten Jahrzehnten eine sichtbar organisierte Gemeinschaft, in der alle Autorität, die ausgeübt und anerkannt wird, den Aposteln zusteht. Ihr Dasein und ihre Organisation verdankt sie in keiner Weise der Gemeinschaft, sondern Gott und Christus.

Die Kirche des Evangeliums ist nicht demokratisch oder monarchisch organisiert, sondern hierarchisch. Sie heißt darum Hierarchie = heilige Ordnung." 

Bernhard van Acken, Konvertiten-Katechismus, Verlag Bonifacius-Druckerei Paderborn AD 1952, S.77 (s. Quellen)



 
Fazit:

Die Begriffe HIERARCHIE bzw. HIERARCHISCH (sowie einmal der Begriff HIERARCHE) kommen in den Konzilsdokumenten insgesamt 64mal vor, davon 23mal in der Dogmatischen Konstitution über die Kirche Lumen Gentium (LG) und 19mal in dem Dekret Apostolicam Actuositatem (AA) über das Laienapostolat.

Die Konzilsväter lassen keinen Zweifel daran, dass die von Christus gegründete katholische Kirche eine mit hierarchischen Organen ausgestattete Gesellschaft ist und nicht verschieden vom mystischen Leib Christi. Kirche als sichtbare Versammlung und gleichzeitig geistliche Gemeinschaft, die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche sind nicht zwei verschiedene Größen sondern bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit (vgl. LG8)

Neben den hierarchischen Organen, die der Heilige Geist dazu bestellt hat, die Kirche Gottes zu leiten, sind die Laien Teilhabende am geheimnisvollen Leib Christi indem sie am hierarchischen Apostolat, der Ausbreitung des Reiches Gottes teilnehmen und so zur Ausbreitung, zum Wachstum und zur Vollendung des Volkes Gottes beitragen.

Dienstag, 3. April 2012

Ist eine Demokratisierung der Kirche möglich?

"Die Verfassung der Kirche ist aufgrund des Stiftungswillens Jesu Christi nicht demokratisch sondern hierarchisch, das heißt heiligen Ursprungs. In der Kirche geht nicht alle Gewalt vom Volk aus, das seine eigenen Werte und Güter verwalten würde, sondern von Christus, der seiner Kirche die Heilsgüter in zuvorkommender Liebe geschenkt und den Papst und die Bischöfe zu Dienern seiner Kirche bestimmt hat.

Eine totale Demokratisierung, die zum Beispiel bedeuten würde, daß die Priester ihre Vollmacht, das eucharistische Opfer zu feiern, nicht unmittelbar von Christus, sondern vom Kirchenvolk erhielten, oder daß der Inhaber des Lehramtes nicht der Papst und nicht das mit dem Papst vereinte Bischofskollegium, sondern das Kirchenvolk sei, widerspricht dem Willen Christi und dem Glauben der Kirche. Im übrigen ist das Bekenntnis zur Kirche eine Entscheidung, die in Freiheit geschieht.

Die Kirche ist die Gemeinschaft der in freier Entscheidung an den Herrn Glaubenden und der sich frei zur vorgegebenen von Christus gewollten Ordnung und Gestalt der Kirche Bekennenden. In einer Zeit, da jeder Zwang sehr empfindlich abgelehnt wird, ist es nicht überflüssig, die innere Freiheit des Glaubens nachdrücklich zu betonen. Während im Staat die Zwangsmitgiedschaft gilt, wird niemand von außen gezwungen, sich der Kirche anzuschließen und niemand wird gezwungen, in der Kirche zu bleiben..."


Joseph Kardinal Höffner: Unbehagen an der Kirche? Sechzehn Fragen und sechzehn Antworten; Presseamt des Erzbistums Köln AD 1985 (s. Quellen)


Fettdruck-Hervorhebungen von Administrator

Donnerstag, 21. Juli 2011

Frischer Wind - Tradition und II.Vatikanisches Konzil

Im Folgenden will ich versuchen, zu erfassen, welche Aussagen das II.Vatikanische Konzil tatsächlich macht.

Ist die römisch-katholische Kirche noch hierarchisch verfasst - oder demokratisch?

Ist die Hl. Messe noch in erster Linie ein Opfer - oder eine Tischgemeinschaft?

Gibt es noch feststehende Glaubensaussagen - oder ist erlaubt was gefällt?

Dieser Blog soll u.a. dazu dienen, frischen Wind und Licht ins Dunkel zu bringen und landläufige falsche Vorstellungen zu den Konzilsdokumenten und Konzilsaussagen zu korrigieren - jedenfalls soweit meine beschränkten Mittel und meine beschränkte Zeit das zulassen.


Spurensuche in den Texten des II. Vatikanums:

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