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Mittwoch, 30. Januar 2013

Die Flucht vor dem Weiblichen

Unter der Flagge des Aggiornamento, doch ohne sachlichen Zusammenhang mit ihm, es sei denn, der neuen Redefreiheit, drängt sich eine auffallende Überbetonung des Maskulinen in der Kirche vor. (Übrigens auch von vielen Frauen bejubelt und nachgeahmt.) Das einseitige Hochspielen einer Mentalität, die Karl Stern als die "cartesianische" beschreibt.

"Moderne Wissenschaftsgläubigkeit; der naive und gefahrvolle Glaube an die totale Machbarkeit, der Absolutismus der wissenschaftlichen Methode, verbunden mit einer Entwertung der Weisheit, die aus anderen Quellen lebt; ehrfurchtsloses Verhaten zum Mysterium; der Geschmack am Organisatorischen, der den Sinn fürs Organische überwuchert."

Kein Wunder wenn diese Mentalität alles, was ihr widerspricht und widersteht, als Mythos Magie, Aberglauben, Sentimentalität, als infantil und archaisch abtut.

Sie stellt eine erstaunliche Flucht vor dem Weiblichen dar - wie es die Stichworte andeuten: Geist des Empfangens, Bewahrens, organisches Wachstum, stille Ehrfurcht, Intuition, Ahnung, Sympathie, Weisheit. Flucht vor dem Weiblichen in der Welt und im Geistbereich, vor allem aber im Manne selbst.

Diese Ablehnung kristallisiert und mobilisiert sich im Aufruhr gegen eine der größten "weiblichen" Gestalten in der Welt: die Kirche, die Mutter Kirche.


Ida Friederike Görres in: Im Winter wächst das Brot; Johannes Verlag Einsiedeln; AD 1970; S. 83f

(Hervorhebung durch Fettdruck von FW)


Hier die sehr aufschlussreiche und lesenswerte Zusammenfassung des oben erwähnten Buches "Die Flucht vor dem Weiblichen - Eine Pathologie des Zeitgeistes" von Karl Stern

 Ein kleines Zitat daraus:
"Leo Tolstoj meinte einmal, die Wahrheit über die Frau könne man nur sagen, wenn man schon mit einem Fuß im Grabe stehe. Was meinte er damit? Doch wohl dies: daß die Wahrheit über das Weibliche das Unsagbare sei, daß diese Wahrheit mit einem Geheimnis verbunden sei. Gertrud von le Fort schrieb, das Bild des Unsichtbaren, Anonymen, Verschleierten sei Teil des ewigen Bildes der Frau.  "

Mittwoch, 2. Januar 2013

Das wahre aggiornamento des Heils


"Mit dem Heute der Geburt Jesu beginnt die Verkündigung, das wahre aggiornamento des Heils für jedermann. (...)

Nach Betlehem aufzubrechen, bedeutet für uns aber auch, unser Glaubenswissen zu vertiefen, das Glaubensbekenntnis zu erneuern und mutig unseren Glauben zu bekennen. An der Krippe unseres Herrn wird es uns geschenkt, zu sehen und zu hören, zu staunen und gläubig zu bekennen. Dort werden wir dazu ausgerüstet und befähigt, weiterzugeben, was wir zuvor empfangen haben, und immer mehr und besser zu dem zu werden, was wir durch unsre Taufe schon geworden sind. (...)
 
Es ist an der Zeit, nicht nur die leiblichen Werke der Barmherzigkeit, sondern auch die geistigen zu propagieren und einzufordern."


aus der Predigt des Augsburger Bischofs Konrad Zdarsa am Weihnachtsfest, 25.12.2012;

vollständiger Wortlaut der Predigt: Menschwerdung Gottes 2012


Samstag, 29. Dezember 2012

Aggiornamento

50 Jahre Konzilsbeginn! In den erstaunlich einstimmigen Lobreden, die von Vertretern aus Kirche und Welt zu dem Anlass gehalten werden, fehlt selten das italienische Wort aggiornamento. Man belässt es zumeist in seiner Ursprache, da Übertragungen ins Deutsche es seines klangvollen Zaubers berauben. So bleibt dann allerdings auch die Bedeutung eher unklar. Denn was will das aggiornamento, dieses „Auf-den-Tag-Bringen“, diese „Verheutigung“ genau besagen? Den Exodus der Katholiken aus dem bisherigen Ghetto ins Gelobte Land der modernen Welt? Die Anpassung des Glaubens und der Sitten an die „Lebenswirklichkeit des heutigen Menschen“? Fromme Verehrung des wissenschaftlichen Fortschrittes und der Gegenwartskultur? Oder eher so etwa wie kritische Zeitgenossenschaft?

Dass das aggiornamento eine Art von Anpassung an die heutige Welt meint, die mehr von Wohlwollen als von grundsätzlicher Ablehnung und Feindschaft geprägt ist, geht aus programmatischen Aussagen hervor, mit denen Papst Johannes XXIII. den Ausdruck einführte und umschrieb. So ging er in seiner berühmten Einleitungsrede zum Zweiten Vatikanischen Konzil am 11. Oktober 1962 auf Distanz zu einer negativ geprägten Sicht der modernen Welt: „Wir sind völlig anderer Meinung als die Unglückspropheten, die immer das Unheil voraussagen, als ob die Welt vor dem Untergange stünde. In der gegenwärtigen Entwicklung der menschlichen Ereignisse (…) muss man viel eher einen verborgenen Plan der göttlichen Vorsehung anerkennen. Dieser verfolgt mit dem Ablauf der Zeiten, durch die Werke der Menschen und meist über ihre Erwartungen hinaus sein eigenes Ziel, und alles, auch die entgegengesetzten menschlichen Interessen, lenkt er weise zum Heil der Kirche.“ 

Derartiges Vertrauen ist sympathisch. Hat es sich denn aber auch als realistisch erwiesen? Jedenfalls sollten Zweifel daran geäußert werden dürfen, ob der selige „Johannes der Gute“ seine Unglücks-prophetenschelte nach fünfzig Jahren rasanten Niederganges in Kirche und Welt nochmals ausgesprochen hätte.

Das umso mehr, als es von diesem Papst auch ganz andere Einschätzungen gab. Beispielsweise in der Rede, mit welcher er am 25. Januar 1959 das Konzil ankündigte. Hier sprach er von dem Schauspiel der Gegenwart, das teilweise erfreulich, teilweise aber auch betrüblich sei. Hinter den bedrohlichen Vorgängen steht nach Überzeugung des Papstes „der Einfluss dessen, den das Evangelium den Fürsten der Finsternis und den Fürsten dieser Welt nennt“, der „den Widerspruch und den Kampf gegen die Wahrheit und das Gute“ betreibt und Verwirrung stiftet, „um womöglich auch die Erwählten zu täuschen und in den Abgrund zu ziehen.“ Der wissenschaftliche Fortschritt, an sich neutral, vermehrt „die Versuchung und Lockung der materiellen Annehmlichkeiten“, er „lenkt vom Streben nach den höheren Gütern ab, schwächt die Energien des Geistes, führt zum Erschlaffen der Zucht und der guten alten Ordnung, zum schweren Nachteil für das, was die Widerstandskraft der Kirche und ihrer Söhne gegenüber den Irrtümern bildete, die in Wirklichkeit immer im Laufe der Geschichte des Christentums zu verhängnisvollen und unseligen Spaltungen, zu geistigem und sittlichem Verfall und zum Untergang von Nationen führten.“ 

Der „Fürst der Finsternis“ im „Kampf gegen die Wahrheit“! Das „Erschlaffen der Zucht und der guten alten Ordnung“! „Geistiger und sittlicher Verfall“, ja „Untergang ganzer Nationen“! Solche Warnungen entsprechen der biblischen Auskunft über die gefallene Welt gewiss mehr als die Beschwichtigungsformel „Es wird schon werden.“ Sie bieten auch den Ansatz für eine anderes Verständnis jenes italienischen Wortes. Aggiornamento kann demnach nicht von der Kirche fordern, sich der Welt gleichförmig zu machen (was der heilige Paulus ausdrücklich verwirft: Röm 12,2). Vielmehr ruft es die Christen auf, die Zeichen der Zeit zu erkennen, sich gegen die gegenwärtigen Gefahren zu wappnen und die fälligen Heilmittel für den Menschen von heute bereitzuhalten.

Es geht, mit den Worten des seligen Papstes, um „die Widerstandskraft der Kirche und ihrer Söhne gegenüber den Irrtümern“. Das Antivirenprogramm auf dem Computer bedarf immer wieder eines „Update“ (man könnte auch sagen: eines aggiornamento), um wirksam gegen virtuelle Infektionen zu schützen. Ebenso muss der Arzt in seiner Wissenschaft auf dem neuesten Stand sein und die beste Medizin zur Behandlung grassierender Krankheiten zur Hand haben. 

Aggiornamento als Anpassung, um im Widerstand gegen das Gottfeindliche feststehen und den Patienten „Welt von heute“ heilen zu können? Unter dem Zeichen eines solchen Verständnisses hätten das letzte Konzil und die darauffolgende Zeit einen anderen Lauf genommen. Es wäre dann wohl zur Durchführung des „festen Entschlusses“ gekommen, den der selige Johannes XIII. in seiner Ankündigungsrede aussprach: „zur Wiederaufnahme einiger althergebrachter Formen der Lehrverkündigung und weiser Anordnungen der kirchlichen Disziplin, die in der Geschichte der Kirche, in Epochen der Erneuerung, Früchte von außerordentlicher Wirksamkeit reifen ließen in bezug auf die Klarheit der Gedanken, die Geschlossenheit der religiösen Einheit, die sehr lebendige Flamme des christlichen Eifers.“ 

Bekanntlich setzte sich aber allgemein ein angenehmeres Konzept von aggiornamento durch...

P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad 


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)

- Bild:  Papst Johanes XXIII.


Weiteres zum Thema "Aggiornamento":

Papst Paul VI.
deutsch (Ausschnitt): hier

"Aggiornamento und Erneuerung: ja; willkürliche Veränderungen: nein!
Eine immer lebendige und neue Geschichte der Kirche: ja; einen die traditionelle dogmatische Verpflichtung zersetzenden Historizismus: nein! Theologische Integration gemäß den Lehren des Konzils: ja; eine freien, subjektiven Theorien konforme und oft gegnerischen Quellen angepaßte Theologie: nein!..."


Dietrich vion Hildebrand in "Der verwüstete Weinberg":

"Aber dass diese Krankheit auch in die Kirche eingedrungen ist, ist eines jener furchtbaren Symptome dafür, dass der Kampf gegen den Geist der Welt unter dem Schlagwort des „aggiornamento" durch ein Mitschwimmen mit dem Zeitgeist ersetzt worden ist.


Prof. DDr.Josef Seifert in:

"Heutzutage wird im großen der Versuch gemacht, den Inhalt der Offenbarung an den "modernen Menschen" anzupassen. In diesem falschverstandenen "aggiornamento" fallen viele einem historischen Relativismus zum Opfer, dessen Wurzeln man bei Hegel, Dilthey und Heidegger suchen muß."


P. Bernward Deneke FSSP in:

"Insbesondere muss die Kirche auch die aktuellen Krankheiten der Welt erkennen, um sich selbst gegen sie wappnen und sie heilen zu können. Insofern bedarf sie also, um das Wort des seligen Papstes Johannes XXIII. aufzugreifen, eines „aggiornamento“, einer Aktualisierung für den gegenwärtigen Tag (beim Computer würde man von einem „Update“ sprechen)."


Freitag, 16. November 2012

Die Zeichen der Zeit erkennen - Lethargie der Glaubenswächter


"Eine der erschreckendsten Krankheiten, die heute in der Kirche weit verbreitet sind, ist die Lethargie der Wächter des Glaubens in der Kirche.

Ich denke hier nicht an jene Bischöfe, die Mitglieder der „Fünften Kolonne" sind, die die Kirche von innen her zerstören oder in etwas ganz anderes umwandeln wollen, was der Zerstörung der wahren Kirche gleichkommt.

Ich denke an die viel zahlreicheren Bischöfe, die keinerlei solche Intentionen haben, die aber, wenn es sich um das Einschreiten gegen häretische Theologen oder Pfarrer handelt oder gegen eine blasphemische Verunstaltung des Kultes - keinerlei Gebrauch von ihrer Autorität machen.

Sie schließen entweder die Augen und versuchen durch eine Vogelstrauß-Politik die schweren Missstände zu ignorieren sowie den Appell, der an ihre Pflicht einzugreifen ergeht.

Oder aber sie fürchten, von der Presse oder den Massenmedien angegriffen und als reaktionär, engherzig, mittelalterlich verschrien zu werden. Sie fürchten die Menschen mehr als Gott. Von ihnen gilt das Wort des heiligen Don Bosco: „Die Macht der Bösen lebt von der Feigheit der Guten".

Gewiss, die Lethargie der Inhaber einer autoritativen Stellung ist eine auch außerhalb der Kirche weit verbreitete Zeitkrankheit. Man findet sie bei den Eltern, bei Präsidenten von Universitäten, Colleges und unzähligen anderen Organisationen, bei Richtern, Staatsoberhäuptern u. a.

Aber dass diese Krankheit auch in die Kirche eingedrungen ist, ist eines jener furchtbaren Symptome dafür, dass der Kampf gegen den Geist der Welt unter dem Schlagwort des „aggiornamento" durch ein Mitschwimmen mit dem Zeitgeist ersetzt worden ist.

Man muss an den Mietling denken, der seine Herde den Wölfen überlässt – wenn man an die Lethargie so vieler Bischöfe und Ordensoberen denkt, die selbst noch orthodox (1) sind, aber nicht den Mut haben, gegen die flagrantesten Häresien und Missbräuche aller Art in ihren Diözesen oder in ihrem Orden einzuschreiten."


(1) Wir verstehen unter orthodox den Glauben an die unverfälschte offizielle Lehre der Heiligen Kirche, die die vom Heiligen Geist beschützte authentische geoffenbarte Wahrheit darstellt. In keiner Weise meint der Ausdruck orthodox die Zugehörigkeit zur schismatischen östlichen Kirche.

aus: Dietrich von Hildebrand, Der verwüstete Weinberg; AD 1973; S. 17f (s. Quellen)


Fortsetzung HIER



Dienstag, 6. März 2012

Die Grundlage jeder Erneuerung: Der Glaube (4)

 Prof. DDr. Josef Seifert  (1976)

 Fortsetzung Teil 4

Die veränderlichen Seiten unseres Glaubens und Glaubenswissens

Es gibt jedoch eine Möglichkeit des Wandels, und zwar in Hinsicht auf unseren persönlichen Glauben und unser Glaubenswissen, die nicht notwendig frei von Irrtum sind; und zwar in zweifacher Richtung: unser Glaube kann sich ändern in dem Sinn, daß wir den wahren Glauben verlieren und durch Irrtümer ersetzen. Das ist eine Änderung unheilvoller Art, die sich in Widerspruch setzt zu Christus und seiner Wahrheit, die aber heute nicht selten angeraten wird unter dem Vorwand der "Glaubenserneuerung".

Aber unsere religiösen Überzeugungen können sich auch zum Guten verändern, wenn wir nämlich unseren Glauben frei machen von allen Irrtümern, die mit ihm zusammen existieren können. Diese Umwandlung, dieses Überholen des früheren Zustandes, ist die richtige Antwort auf den Ruf Christi.

Und das müssen wir betonen: Anstatt unser "faktisches Glaubensbewußtsein" als Norm für die Lehre der Kirche anzusetzen - eine Idee, die Karl Rahner in seinen neueren Schriften vorträgt -, sollten wir im Gegenteil danach streben, alle irrtümlichen Überzeugungen, die sich in unser "faktisches Glaubensbewußtsein" eingenistet haben, auszumerzen und sie durch die Wahrheit zu ersetzen.

Unsere Glaubensnorm kann einzig die Offenbarung und die Lehre der Kirche sein; anstatt die Erneuerung in der Anpassung der amtlichen Lehre an die tatsächlichen Überzeugungen vieler Katholiken zu suchen, muß der erwünschte Wandel in die andere Richtung gehen: unser Glaube hat sich ständig an der Lehre der Kirche zu orientieren und die Erneuerung durch Ausscheiden aller eingedrungenen Irrtümer anzustreben.

Unser Glaube kann sich aber in einem weiteren, fundamentalen Sinn wandeln, ohne Bezug auf die Irrtümer, denen wir verfallen können. Soweit unser Glaube wahr, d. h., soweit er in  Übereinstimmung mit der Offenbarung und der Lehre der Kirche ist, kann er seinen Inhalt niemals verändern. Und doch kann er "erneuert" und vertieft werden in dem gleichen Sinn, wie die Lehre der Kirche selbst: der Glaube kann wachsen und sich entfalten zu einem größeren Umfang, einer größeren Tiefe, einer größeren Differenziertheit, einer größeren Klarheit.

Keine Stufe dieser Entwicklung kann irgendwie in Widerspruch geraten mit den früher bereits erkannten Wahrheiten. (Hier muß man daran erinnern, daß die unvollständige Erkenntnis, wie sie uns eigen ist, in keiner Weise mit dem Irrtum identisch, vielmehr ein Teil der ganzen und alles umfassenden Wahrheit ist.)

Aber es gibt die Möglichkeit und sogar das fortwährende Bedürfnis einer ständigen Reflexion über die Wahrheit, einer immerzu erneuerten Erkenntnis der Wahrheit. Hier sehen wir uns einer wunderbaren Tatsache gegenüber: Die Wahrheit selbst ist jederzeit neu.

Der Wahrheit eignet eine wahrhafte, dauernde Neuheit, und so ist sie die letzte Quelle für die Erneuerung unseres Glaubens, wie es der hl. Augustinus in dem 10. Buch seiner "Bekenntnisse" großartig ausgedrückt hat: "Spät habe ich geliebt, o Schönheit, so alt und so neu, spät habe ich dich geliebt."

Aber die Wahrheit besitzt nicht nur in sich diese wesenhafte "Neuheit", die unser Wissen jederzeit "erneuert", wenn wir uns ihr zuwenden; es gibt weiter die Möglichkeit der Erneuerung durch Wachstum und Vertiefung unserer Erkenntnis und unseres Glaubens, immer tiefer in die Wahrheit einzudringen, eines endlosen Prozesses, wobei wir auf der einen Seite immer wieder den gleichen Wahrheiten begegnen, während sie auf der anderen Seite uns in neue und unvorhergesehene Dimensionen mit neuen und noch unerfaßten Zusammenhängen führen.

Mit einem Wort, der ganze Prozeß der Erneuerung und Entwicklung unseres Glaubens und unsees Glaubenswissens besteht darin, sie von allem Irrtum zu befreien und uns mehr und mehr in das eindringen zu lassen, was von Natur  aus unveränderlich und doch allzeit neu ist: die Wahrheit.

Falsche Glaubenserneuerung

Auf diesem Hintergrund können wir uns nun Rechenschaft geben über so viele falsche Formen von "Erneuerung", d. h. praktisch von Methoden der Glaubenszerstörung, welche unter dem Etikett "Erneuerung" präsentiert werden.

Heutzutage wird im großen der Versuch gemacht, den Inhalt der Offenbarung an den "modernen Menschen" anzupassen. In diesem falschverstandenen "aggiornamento" fallen viele einem historischen Relativismus zum Opfer, dessen Wurzeln man bei Hegel, Dilthey und Heidegger suchen muß.

Sie sind der Auffassung, daß die Wahrheit ein historischer Prozeß sei und daß sie sich wandele mit dem Wandel des Zeitgeistes. Von dieser falschen Grundlage her schließt man, daß wir heute unseren Glauben "erneuern" müssen durch eine "Neuinterpretierung" im Sinn des "modernen Menschen", d. h. gemäß dem, was man heute allgemein glaubt, denkt und fühlt.

Diese Einstellung wurde unter dem Einfluß von Heidegger bei Bultmann so stark, daß er sich nicht vorstellen konnte, wie ein moderner Mensch, der sich eines Elektrorasierers bedient, zugleich an die Wunder des Evangeliums glauben könne. Bultmann wollte darum das Evangelium "neuinterpretieren" im Lichte der säkularistischen und immanentistischen Weltanschauung unserer Zeit und Welt, in der es keinen Platz gibt für Wunder, Gnade oder überhaupt irgendeine übernatürliche Wirklichkeit.

Fortsetzung folgt hier



Prof. Josef Seifert:
Die Grundlage jeder Erneuerung: Der Glaube 


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Samstag, 14. Januar 2012

„Ecclesia semper reformanda“

Von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad


Drei Worte, ein Programm.
In deutscher Sprache:
„Die Kirche ist immer zu reformieren.“
Oft gibt man als Autor der Formulierung den heiligen Augustinus an; aber in dessen Werken kommt sie so nicht vor. Tatsächlich stammt die Forderung „Ecclesia semper reformanda“ aus der calvinistischen Theologie des beginnenden 17. Jahrhunderts.

Sie drückt das reformatorische Grundanliegen aus, die Kirche müsse sich in allen Bereichen, in ihrer Verkündigung, in der Disziplin und im Lebensstil ihrer Vertreter immer neu vom Wort Gottes richten und erneuern lassen.

Wer als Katholik die Parole „Ecclesia semper reformanda“ gebraucht, sollte daher nicht vergessen, woher sie stammt. Er sollte auch bedenken, dass sie ursprünglich im antikatholischen Sinne verwendet wurde. Nach Meinung der Protestanten waren es nun einmal die „Papisten“, die sich weder in der Kirchenordnung noch im persönlichen Leben am Wort Gottes ausrichteten. Eine innerkatholische Erneuerung wie die im Anschluss an das Trienter Konzil (1545-1563) ließ man nicht gelten, weil diese sich anstatt auf die Bibel allein auch auf die kirchliche Tradition, also auf „Menschenwerk“, stützte.

In unseren Tagen wird die Forderung nach beständiger Reform von verschiedenen Kreisen innerhalb der Kirche erhoben, vor allem von denjenigen, die sich selbst als Anhänger eines vital-fortschrittlichen Katholizismus betrachten. In ihrem Mund wird die Aussage „Ecclesia semper reformanda“ zu einer Absage an alles Rückschrittliche, also an die „konservativen“, „restaurativen“ oder gar „reaktionären Elemente“.

Dem Lebendigen sei es eigen, sich immerfort zu entwickeln, so lautet ihre Argumentation. Es müsse sich beständig seiner sich wandelnden Umwelt anpassen. Nur auf diese Weise verliere es nicht den Anschluss an den allgemeinen Fortschritt. Wer am Alten festhalte und sich dem Neuen gegenüber verschließe, der unterbinde den Prozess des Lebens. Daher sei andauernde Veränderung eine Lebensnotwendigkeit, die Verhinderung solcher Dauerreform hingegen eine echte Existenzbedrohung für die Kirche.

An diesen Gedankengängen ist durchaus manches richtig. Wenn die Kirche der geheimnisvolle Leib Jesu Christi ist, dann macht sie gewiss, ähnlich dem natürlichen Leib des Menschen, Veränderungen durch. Gerade aus dem Auftrag, aller Kreatur das Evangelium zu verkünden (vgl. Mk 16,15), ergibt sich eine gewisse Anpassung an die Zeitumstände.

Insbesondere muss die Kirche auch die aktuellen Krankheiten der Welt erkennen, um sich selbst gegen sie wappnen und sie heilen zu können. Insofern bedarf sie also, um das Wort des seligen Papstes Johannes XXIII. aufzugreifen, eines „aggiornamento“, einer Aktualisierung für den gegenwärtigen Tag (beim Computer würde man von einem „Update“ sprechen).

Dennoch verkennt das bleibende Wesen der Kirche, wer ihre ständige Veränderung zum Prinzip erhebt. Ein Leib bleibt doch in allen Phasen des Lebens wesentlich mit sich identisch und macht keine Umwandlungen in völlig andere Gestalten durch. Auch gilt von der Stiftung Jesu Christi, dass sie nach seinen Worten zwar in der Welt, nicht aber von der Welt ist (vgl. Joh 17,14ff.). So nimmt die Kirche an der Überlegenheit ihres verherrlichten Herrn über alles Vergängliche teil und stellt dem Zeitlichen das Bild der Ewigkeit Gottes vor Augen. Daher scheidet eine Dauerreform im Sinne von unablässiger Veränderung aus.

Und dennoch ist eine Interpretation des „Ecclesia semper reformanda“ im einwandfrei katholischen Sinne möglich. Sie ergibt sich aus der Tatsache, dass die Kirche von den Unvollkommenheiten und Sünden ihrer Glieder verunstaltet wird. Der geheimnisvolle Leib Christi trägt eben manches an sich, das in Wahrheit nicht zu ihm gehört, sondern seinem Wesen widerspricht und es wie Staub und Schmutz überlagert, ja zuweilen wie ein hässlicher Aussatz entstellt. In ihren schlimmsten Tagen gleicht die Kirche eher dem gegeißelten und gekreuzigten als dem verklärten Herrn auf Tabor!

Aber nicht nur in schwerster Krise, sondern auch in gewöhnlichen Zeiten bedarf sie stets einer Erneuerung. „Ich bin der wahre Weinstock“, spricht der Herr, „und mein Vater ist der Weingärtner. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, nimmt er weg, und jede, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringe.“ (Joh 15,1 f.) Diese Reinigung vollzieht sich tatsächlich ohne Unterlass, denn immer gibt es Gläubige, die das Sakrament der Busse empfangen und an der Besserung ihres Lebens ernsthaft arbeiten.

Übrigens hat das Zweite Vatikanische Konzil eine vorsichtige Übernahme der Forderung „Ecclesia semper reformanda“ versucht. In der Kirchenkonstitution „Lumen gentium“ ist zu lesen, Gott stärke seine Kirche „auf ihrem Weg durch Prüfungen und Trübsal (...), damit sie in der Schwachheit des Fleisches nicht abfalle von der vollkommenen Treue, sondern die würdige Braut ihres Herrn verbleibe und unter der Wirksamkeit des Heiligen Geistes nicht aufhöre, sich selbst zu erneuern, bis sie durch das Kreuz zum Lichte gelangt, das keinen Untergang kennt.“ (LG Nr. 9)
Wer wollte dem „Ecclesia semper reformanda“ in diesem Sinne widersprechen?


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)

Backlink: Zwischen Kirche, Kreuz und Kreuzkümmel - Ein falsch verstandenes "Ec­cle­sia sem­per re­for­man­da"?




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Sonntag, 8. Januar 2012

Papst Paul VI.: Erneuerung: ja; willkürliche Veränderungen: nein!

"Aggiornamento und Erneuerung: ja; willkürliche Veränderungen: nein!

Eine immer lebendige und neue Geschichte der Kirche: ja; einen die traditionelle dogmatische Verpflichtung zersetzenden Historizismus: nein! Theologische Integration gemäß den Lehren des Konzils: ja; eine freien, subjektiven Theorien konforme und oft gegnerischen Quellen angepaßte Theologie: nein!

Eine der ökumenischen Liebe, dem verantwortungsvollen Dialog und der Anerkennung der christlichen Werte bei den getrennten Brüdern geöffnete Kirche: ja; einen auf die Glaubens- wahrheiten verzichtenden Irenismus: nein! Nein auch zum Geneigtsein, gewisse negative Prinzipien anzunehmen, die das Loslösen so vieler Mitchristen vom Kult der Einheit der katholischen Gemeinschaft gefördert haben!

Religionsfreiheit für alle im Bereich der bürgerlichen Gesellschaft: ja. Ja auch zur persönlichen Freiheit, einer Religion nach der vom eigenen Gewissen bedacht getroffenen Wahl anzuhangen. Nein aber zur Gewissensfreiheit als Kriterium für religiöse Wahrheiten ohne die Stütze der Echtheit eines ernsten und autorisierten Lehramtes. Und so weiter."

Paul VI. bei der Audienz-Ansprache am 25. April 1968 


Bild: Papst-Wappen Paul VI.  (User:mAgul)
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