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Freitag, 14. März 2014

Prof. Georg May: Die andere Hierarchie - Teil 24: Die Untätigkeit der Oberhirten

Prof. Dr. Georg May


Die andere Hierarchie


Teil 24


Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997



IV.  Die Untätigkeit der Oberhirten

1.  Ihre Aufgabe

Das Lehramt hat die Wahrheit zu verkünden, aber auch zu verteidigen. Es hat die Treue zur Wahrheit einzufordern, aber auch jene zu belangen, die dieser Forderung nicht nachkommen.

Es ist nicht genug, die Wahrheit zu sagen, wenn nicht die Irrtümer aufgedeckt und zurückgenommen werden, lehrt das Konzil von Trient (D.822). Die Aufgabe des Lehramtes ist auch nicht damit getan, dass es neben falsche Thesen die rechte Lehre stellt. Seine Pflicht ist vielmehr erst dann erfüllt, wenn es dafür sorgt, dass die falschen Thesen aus dem Bereich der Kirche verschwinden.

Das Lehramt hat die Aufgabe und die Pflicht, gegen falsche Lehren von Theologen einzuschreiten. Wer die Theologen ohne Aufsicht und Kontrolle reden und schreiben lässt, der liefert die Offenbarung dem Ruin und die Kirche der Anarchie aus.

Wer die Falschlehrer gewähren lässt, nimmt hin, dass sie immer mehr Menschen in die Irre führen und im Glauben verunsichern. Paulus fragt: "Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert?" (1Kor 5,6). Wer die Lehre der Kirche bekämpft, löst ihre Gemeinschaft auf. Eine Kirche, die den Irrtum genauso gewähren lässt wie die Wahrheit, macht sich selbst überflüssig.

Der Heilige Vater (Anm.: Johannes Paul II.) hat dieserhalb deutlich gesprochen. Er erklärt in der Enzyklika "Veritatis splendor", dass der Dissens auf dem Gebiet der Sittenlehre "im Widerspruch zur kirchlichen Gemeinschaft und zum richtigen Verständnis der hierarchischen Verfassung der Kirche" steht (Nr. 113). Der Papst fordert auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die Gläubigen vor Theorien zu schützen, die der kirchlichen Morallehre widersprechen (Nr. 116).


2.  Ihr Versagen

Die deutschen Bischöfe versagen angesichts dieser Verhältnisse fast gänzlich. Es ist offensichtlich, dass ihr Lehramt seit mehreren Jahrzehnten schwach, ja ohnmächtig ist.

Es ist nicht zuviel gesagt, wenn man feststellt: Die Deutsche Bischofskonferenz ist angesichts der Flut kirchenfeindlicher Äußerungen und Veröffentlichungen von Theologen in Lethargie versunken. Ich habe von ihr noch nie eine Einschätzung der theologischen Fakultäten vernommen, die der Lage auch nur einigermaßen gerecht wird.

Die Bischöfe sind weder willens noch fähig, den Glauben des katholischen Volkes vor den verkehrten Aufstellungen verirrter Theologen zu schützen. Gegen Leute wie Boff, Drewermann und Küng ist niemals die Exkommunikation erklärt worden, wie sie es verdient hätten und wie es notwendig gewesen wäre. Und wie steht es um Theologen wie Hubertus Halbfas, Peter Knauer (46), Vorgrimler, Ohlig? Was haben die Herren Bischöfe getan, um deren Irrtümer richtig zu stellen und die Verbreitung derselben zu unterbinden?

Die Bischöfe haben die rechtliche Möglichkeit, einen Theologen, der einen groben Verstoß gegen seine Pflichten als Lehrer oder Christ bzw. Priester begeht, von seinem Lehrstuhl und aus der theologischen Fakultät entfernen zu lassen. Doch dazu reicht ihre Kraft in der Regel nicht. Sie sehen dem zersetzenden Treiben der progressistischen und modernistischen Theologen fast ohne jeden Widerstand zu.

Ich erinnere an den Fall Küng. Die Kongregation für die Glaubenslehre bestätigte am 15. Dezember 1979, dass er "von der vollständigen Wahrheit des katholischen Glaubens" abweiche. Küng würde wahrscheinlich noch heute in Tübingen als Lehrer der Dogmatik firmieren, wenn der papst nicht persönlich eingegriffen und wenigstens für seine Entfernung aus der katholisch-theologischen Fakultät gesorgt hätte. Aber dieser Schritt, der sich in einem anturömischen Trommelfeuer vollzog, bedeutete nicht viel. Küng nahm weiter Promotionen und Habilitationen an der katholisch-theologischen Fakultät Tübingen vor (47). Den Schaden, den dieser eine Theologe der katholischen Kirche zugefügt hat, ist unermesslich. Kaum einer hat soviel Schmähungen über die Kirche gehäuft wie er. Von protestantischer Seite ist ihm bescheinigt worden, dass er praktisch ein Protestant ist (48). Küng hätte dahin verwiesen werden müssen, wohin er gehört, in den liberalen Protestantismus.

Zum 68. Geburtstag dieses Mannes ließ sich die Tübinger katholisch-theologische Fakultät etwas besonders Sinniges einfallen. Sie forderte nämlich die Rehabilitation Küngs (49). Rehabilitierung besagt die rechtliche Wiederherstellung des gesellschaftlichen Ansehens eines Verurteilten. Man kann einen Verurteilten rehabilitieren, falls sein Verhalten dies rechtfertigt, wenn er also seine falschen Lehren widerruft und den angerichteten Schaden wieder gutmacht. Von beidem kann bei Küng auch nicht im Ansatz die Rede sein. Er erwartet vielmehr das Einschwenken der Kirche auf seine Position. Aber es ist bezeichnend für den Zustand der Tübinger Fakultät, dass sie ein derartiges Ansinnen an die Träger des kirchlichen Lehramtes stellte.

Es kann in der Kirche nicht zwei Hierarchien geben, eine legale und eine illegale. Es kann in der Kirche auch nicht zwei Lehrämter geben, ein legitimes und ein angemaßtes. Die Glieder der Hierarchie und Träger des Lehramtes müssen sich endlich ermannen und die Herrschaft der Irrlehren in der Kirche brechen. Die Entscheidungen des Lehramtes, auf die wir seit Jahrzehnten warten, sollen nicht, wie von Beschützern der Falschlehrer gern vorgebracht wird, eine redliche Diskussion vorschnell beenden, sondern die endlose Aneinanderreihung  glaubenswidriger Aufstellungen unterbinden.

Es ist falsch, wenn die Arbeitsgemeinschaft katholischer Dogmatiker und Fundamentaltheologen erklärt: "Einseitige Thesen und Entwicklungen können am wirkungsvollstem durch unbehinderte sachliche wissenschaftliche Diskussion korrigiert werden" (50). Es mag manchmal vorkommen, dass wissenschaftliches Bemühen theologische Verirrungen überwindet. Ebenso häufig oder viel häufiger ist jedoch, dass eine verkehrte Ansicht durch eine andere abgelöst wird. Der Irrtum ist tausendfältig, die Wahrheit ist nur eine. Den Bischöfen sei ins Gedächtnis gerufen: "Es gibt Lagen, in denen Schwäche ein Verbrechen ist" (Albert Hauck).


(46)  Walter Hoeres, Der Irrtum der Heiligen. Knauers angstfreies Christentum: Theologisches 27, 1997, 324-329
(47)  Heinrich Fries, Theologie im Dienst der Ökumene. Katholische Perspektiven, in: Häring, Kuschel, Hans Küng 297-324
(48)  S. B. Ferguson, D.F. Wright (Hrsg.), New Dictionary of Christian Theology, Leicester and Downers Grove 1988, 373f
(49)  Häring, Kuschel, Hans Küng 21-25, 234-249 (Kurt Koch), 924-930
(50)  Kern, Die Theologie und das Lehramt 234






Siehe auch:


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Samstag, 16. November 2013

Lebensgefährlich: Der Priester Hans Küng und sein Suizid


Von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

Hans Küng möchte „nicht als Schatten seiner selbst weiterexistieren“. Im jüngst veröffentlichten dritten Teil seiner Memoiren hat er es den Lesern mitgeteilt und es seither in verschiedenen Interviews wiederholt. Der 85-jährige Schweizer und einstmalige Konzilsberater blickt auf ein langes Wirken als Theologieprofessor, Schriftsteller und Kirchenkritiker zurück. Nicht zu vergessen: Priester ist er auch. Bis jetzt pflegte er eine intensive Medienpräsenz und nutzte sie, um sich zeitgeistkonform über den katholischen Glauben, über Papst und Kirche zu äußern und für sein „Projekt Weltethos“, eine Art Ökumene aller Gutmenschen, zu werben. 

Nun aber spürt Küng deutlich, dass sein Ende herannaht. Seit gut einem Jahr weiß er, dass er an Parkinson leidet und durch eine Makuladegeneration schon bald seine Sehkraft verlieren wird. Er ist Zeuge des beständigen Abnehmens seiner Energie, des raschen Schwindens seines Augenlichtes. Das wirft für ihn die Frage auf: „Ein Gelehrter, der nicht mehr schreiben und lesen kann? Was dann?“

Wie nicht anders zu erwarten, bleibt Küng auch hier die Antwort nicht schuldig. Lautet sie vielleicht: „Nach dem vielen Lesen und Schreiben ist nun die Zeit vermehrten Betens gekommen“? Keineswegs. Küng, der sich „nicht lebensmüde, doch lebenssatt“ nennt, ist Mitglied der Sterbehilfeorganisation Exit. Nicht nur, um diese aus seinen gewiss beachtlichen finanziellen Mitteln zu unterstützen, sondern auch, um sich gegebenenfalls selbst von ihr unterstützen zu lassen: „Der Mensch hat ein Recht zu sterben, wenn er keine Hoffnung mehr sieht auf ein nach seinem ureigenen Verständnis humanes Weiterleben", sagt Küng und meint damit auch das Recht, sein letztes Stündlein bereits schlagen zu lassen, bevor es von der Natur – oder frommer ausgedrückt: von der göttlichen Vorsehung – eingeläutet wird. 

Seinen Ansichten liegen persönliche Erfahrungen zugrunde. Küng erinnert sich an den qualvollen Tod seines Bruders Georg durch Hirntumor im Jahr 1955; schon damals habe er sich entschieden, so nicht sterben zu wollen. Auch das Ende seines Freundes Walter Jens, eines bekannten Philologen, der jüngst als Demenzkranker in geistiger Umnachtung verschied, bestärkte Küng in seinem Entschluss, sein Leben frühzeitig zu beenden (oder beenden zu lassen), bevor er in einen ähnlichen Zustand geraten sollte. 

Bei einem religionslosen Menschen kann man diese Einstellung recht gut nachvollziehen. Aber bei einem Theologen, einem katholischen Priester? Dürfte man sich von ihm nicht anstelle der „Lösung“ des Problems durch assistierte Selbsttötung vielmehr eine Interpretation der leidvollen Dimension unserer Existenz im Lichte der göttlichen Offenbarung, einen Ausblick auf den Sinn von Schmerz und Tod in Gottes Heilsplan erhoffen? Offensichtlich ist der Glaube des Professors derart beschädigt, sein Blick auf Jesus Christus so sehr verdunkelt, dass ihm der eklatante Widerspruch zwischen seinen Auffassungen und denen eines Christen nicht mehr auffällt. 

Bekanntlich hing unser Erlöser als verhöhnter, erniedrigter und gequälter Mann am Kreuz. Äußerlich betrachtet starb er wie ein Verbrecher, doch besiegte er dadurch Sünde, Tod und Teufel. Wir, seine Jünger, sind berufen, mit und in ihm durch Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung zu gehen. Schwäche, Verächtlichkeit und Schmerz, geduldig ertragen, vereinen uns dabei tiefer mit Christus und können zu einem Segen für andere werden. Viele heilige Menschen haben es uns vorgemacht. Und da sollte ein gläubiger Katholik, gar ein Priester des Herrn wohlüberlegt und ernsthaft behaupten können: Lieber Selbstmord als ein demütigendes Ende? 

Hans Küng glaubt zwar an ein Leben nach dem Tod und erwartet, auch nach Suizid in den Händen Gottes geborgen zu sein. Doch spricht er hier gewiss nicht von dem Gott, an den wir Christen glauben, denn dieser verbietet es dem Geschöpf streng, sich als Herr über Leben und Tod aufzuspielen und sich dadurch göttliche Rechte anzumaßen. Für einen Theologen freilich, der zeitlebens die Ummodelung des Glaubensgutes nach menschlichen Vorstellungen betrieben hat, ist es nur konsequent, wenn er auch im Bereich der letzten Dinge – seiner eigenen letzten Dinge! – einem vermessenen Wunschdenken folgt. 

Wer wie Hans Küng die professionelle Suizidassistenz von Exit in Anspruch nehmen will, der verzichtet damit selbstredend auf die kirchlich-sakramentale Sterbebegleitung durch den Priester. Er schlägt die Absolution nach reuiger Beichte aus, weist die aufrichtende, für den Todeskampf stärkende Gnade der heiligen Salbung zurück und lehnt die eucharistische Wegzehrung ab, diese letzte Kommunion auf Erden, die der ewigen Kommunion des Himmels vorausgehen soll. Das bedeutet: Ein solcher Mensch befindet sich objektiv in einem Zustand, der ihn vom ewigen Heil ausschließt. Und indem er seine Ideen via Medien propagiert, bringt er auch viele andere Menschen in ernste Gefahr. Grund genug, für den Priester Hans Küng zu beten.


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)


 Vom selben Autor:

  


Montag, 7. Januar 2013

Immer aktueller: Warnung vor Prinzipien der Freimaurerei

"Warnend erhebt er (Anm.: Burkhardt Gorissen) die Stimme vor all jenen Theologen, die nach einer Verharmlosung des freimaurerischen Gedankenguts streben. Er betont, dass die Freimaurerei an einem „progressiven“ Christentum interessiert sei, die in Jesus Christus vorrangig den revolutionären Menschen sieht, frei von seiner göttlichen Person.

Drei Personen aus dem katholischen Umfeld benennt der Autor. Es sind dies die Professoren Hans Küng, Herbert Vorgrimler und der Steyler Missionar Dr. Alois Kehl. Diesen Theologen wirft der ehemalige Hochgradfreimaurer vor, die Differenzen zwischen der katholischen Lehre und dem Gedankengut der Freimaurerei bewusst zu verniedlichen."

Manfred Ferrari über Burkhardt Gorissen und sein Buch "Ich war Freimaurer" (2009)  (s. auch VATICAN-Magazin)



Jetztige (gegenüber früher unveränderte) Haltung der Kirche zur Freimaurerei, in den letzten dazu vom Lehramt vorgelegten Schreiben:

Urteil der Kirche unverändert 
Es wurde die Frage gestellt, ob sich das Urteil der Kirche über die Freimaurerei durch die Tatsache geändert hat, daß der neue CIC sie nicht ausdrücklich erwähnt wie der frühere. (...)
Das negative Urteil der Kirche über die freimaurerischen Vereinigungen bleibt (...) unverändert, weil ihre Prinzipien immer als unvereinbar mit der Lehre der Kirche betrachtet wurden und deshalb der Beitritt zu ihnen verboten bleibt. Die Gläubigen, die freimaurerischen Vereinigungen angehören, befinden sich also im Stand der schweren Sünde und können nicht die heilige Kommunion empfangen.

Autoritäten der Ortskirche steht es nicht zu, sich über das Wesen freimaurerischer Vereinigungen in einem Urteil zu äußern, das das oben Bestimmte außer Kraft setzt, und zwar in Übereinstimmung mit der Erklärung dieser Kongregation vom 17. Februar 1981 (vgl. AAS 73/1981; S. 240-241). (...)

Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, 26. November 1983.

 
Unvereinbarkeit von christlichem Glauben und Freimaurerei
Überlegungen ein Jahr nach der Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre vom 26.11.1983 

Das gründliche Studium hat nun die Glaubenskongregation veranlaßt, bei der Überzeugung zu bleiben, daß die Prinzipien der Freimaurerei mit denen des christlichen Glaubens grundsätzlich unvereinbar sind.(...)

In Erwägung all dieser Elemente bestä­tigt die Glaubenskongregation, daß die Zugehörigkeit zu den freimaurerischen Vereinigungen „von der Kirche weiterhin verboten bleibt“ und die Gläubigen, die ihnen beitreten, „sich im Zustand der schweren Sünde befinden und nicht die heilige Kommunion empfangen dürfen“.

Mit diesem Satz weist die Kongregation die Gläubigen darauf hin, daß der Beitritt zu einer solchen Vereinigung objektiv eine schwere Sünde darstellt, und dadurch daß sie präzisiert, daß die Mitglieder einer Freimaurervereinigung die heilige Kommunion nicht empfangen dürfen, will sie das Gewissen der Gläubigen über eine ernste Konsequenz aufklären, die sie aus ihrer Zugehörigkeit zu einer Freimaurerloge ziehen müssen.

Die Glaubenskongregation erklärt schließlich, daß „es den örtlichen kirchlichen Autoritäten nicht zusteht, sich um  die Art der freimaurerischen Vereinigungen mit einem Urteil zu äußern, das eine Abweichung von dem oben Festgelegten implizieren würde“. (...)

Denn allein Jesus Christus ist der Lehrer der Wahrheit, und nur in ihm können die Christen das Licht und die Kraft finden, nach dem Plan Gottes zu leben und für das wahre Wohl ihrer Brüder zu arbeiten.

(OR 23.2.85) 



Freitag, 20. Januar 2012

Der kämpfende Mensch (2)

Josef Seifert

Fortsetzung, Teil 2
Leugnung des Gegensatzes zwischen Gut und Böse

Wie auf dem Gebiet der Erkenntnis, so ist heute auch auf dem Gebiet der Sittlichkeit eine völlige Aufweichung festzustellen. Auch hier werden klare Gegensätze und die Pflicht zum Kampf  nicht mehr anerkannt.

Ein Redakteur, der am "Rheinischen Merkur" arbeitete, sagte mir gelegentlich, über gewisse Themen, etwa über den Kampf gegen die Versuchung, könne er kaum noch sprechen oder schreiben; so etwas werde als völlig altmodisch belächelt.

Man entwirft Theorien, die Gut und Böse nicht mehr als Urgegensätze betrachten, man glaubt, sie in eine höhere Einheit, in eine "neuen Ethik" integrieren zu können. Der Mensch muß sich selbst mit seinem "Positiven" und "Negativen" (seinem eigenen "Schatten" in der Jungschen Sprache) in ein den Dualismus zwischen Gut und Böse überwindendes einheitliches Menschenbild "integrieren".

Wohl spricht man noch vom "sogenannten Bösen", das von Konrad Lorenz auf den Agressionstrieb reduziert wird; diesen Trieb, der in jedem Menschen wirkt, nimmt man als etwas Naturgegebenes und Selbstverständliches hin, ohne daß man beim Begriff der Agression überhaupt einen Unterschied macht zwischen berechtigtem und notwendigem Kampfgeist und böser Agressivität.

Aber das Resultat (das man in anderer Weise auch bei Heidegger findet, in seinem Begriff der "Eigentlichkeit") ist dies, daß Gut und Böse keine letzten, keine Ur-Gegensätze sind, die den Menschen zum Kampfe verpflichten: dem Bösen abzusagen und allem Guten tapfer anzuhangen; daß er vielmehr einfach positive und negative Züge in sich vorfindet, die herausgelassen werden müssen.
Sie brauchen nur an das "sensitivity training" oder an "gruppendynamische " Schulungen zu denken, bei denen man alle Erlebnisse, seien sie gut oder schlecht, wie selbstverständliche, wertneutrale Fakten auspackt und sich ausleben läßt.

Man behauptet, jeder Kampf in uns zwischen Gut und Böse führe ja nur zu Verdrängungen, zu Neurosen, zu guter Letzt sogar zu Psychosen, zu negativen Erscheinungen also, die bis jetzt die Entwicklung des abendländischen Menschen beherrscht hätten.

Kein Gegensatz zwischen wahrem Glauben und Irrlehre?

Vor allem aber wird der Kampf auch, und das ist in unserem Rahmen das zentralste Thema, auf dem Gebiet der Religion entwertet und verdrängt. Man hat keinen Sinn mehr für das, wofür so viele Märtyrer in den christlichen Jahrhunderten gestorben sind: für den letzten Ernst des Gegensatzes zwischen Glauben und Irrglauben; man meint, ein Dogma sei ebenso relativ wie jede andere Meinung, also vielleicht überhaupt nicht wahr; ja, Hans Küng geht soweit zu sagen, ein Dogma grenze mehr als jede andere menschliche Aussage an den Irrtum, weil es sich polemisch gegen eine andere These stellt.

So entsteht also die Vorstellung, daß alle Dogmen, alle Anathemata und die darin erscheinende Ablehnung von religiösen Irrtümern nur Ausdruck eines lieblosen Verketzerns seien, das die verschiedenen Seiten der Wahrheit isoliert und Unfrieden stiftet.

Vor allem aber will man nichts mehr hören von einem letzten, metaphysischen Gegensatz und Kampf zwischen Gott und Satan. Eine personale Macht des Bösen, der Teufel existiert nicht.

Sie haben sicher alle von dem Buch des "katholischen" Theologen Haag, "Abschied vom Teufel" gehört: nach ihm ist der Teufel nur eine "Personifizierung", aber keine Person - was übrigens schon der Holländische Katechismus behauptet hat - ; nach der Leugnung von Hölle und Teufel wird als Gegenspieler des Teufels auch Gott als ewiger, der Geschichte transzendenter Gott geleugnet; so nimmt Friedrich Heer schon von "Himmeln und Höllen" Abschied; erst recht werden der Erzengel Michael oder überhaupt die heiligen Engel im heutigen religiösen Denken weitgehend übergangen oder ausdrücklich abgeleugnet.

Aber selbst Menschen, die an keinem Dogma zweifeln, verschließen vielfach die Augen vor der Notwendigkeit des Kampfes gegen den Irrtum, die ja logisch nur aus dem Glauben an Dogmen folgt.

Nicht selten begegnet man auf geistigem Gebiet eier Vogel-Strauß-Politik, wie man sie sich auf politischem Gebiet nur schwer vorstellen kann: man gleicht einem Generalstab, der vom Eindringen des Feindes, etwa durch einen Spionagedienst oder durch Luftlandetruppen im Hinterland, einfach keine Notiz nimmt; unvorstellbar, daß ein General die Bombardierung einer Stadt als Zufall, als ein im Dialog zu klärendes Mißverständnis ansähe.

Aber in der Kirche gibt es heute solche Dinge: die furchtbarsten Einbrüche eines zum letzten entschlossenen "bösen Feindes" will man einfach nicht mehr sehen. So erfolgreich hat sich der seit der Aufklärung datierende Trend durchgesetzt.

Dazu gehört etwa, daß ein führender Reformer, der für die neue Liturgie weitgehend mitverantwortlich ist, erklären konnte, der ganze Unfug der exorzistischen Riten müsse völlig aus der Liturgie verschwinden.

Um sich klarzumachen, wie weit diese Vernebelung der Fronten, diese Vertuschung des Kampfes zwischen Himmel und Hölle gediehen ist, braucht man nur daran zu erinnern, daß dieses Thema heut in Katechese und Verkündigung geradezu tabu ist.


Fortsetzung folgt

Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 1)    (bitte HIER klicken!)
Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 3)    (bitte HIER klicken!)
Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 4)    (bitte HIER klicken!) 
                                                                 ( Teil 5)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 6)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 7)    (bitte HIER klicken!)
                                                    ( Teil 8, Schluß)    (bitte HIER klicken!) 


Über den Philosophen Josef Seifert (geb. 1945) bei wikipedia (bitte HIER klicken!)

(Hervorhebungen durch Administrator)
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