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Donnerstag, 26. Mai 2016

(Nicht nur) zu Fronleichnam: "Auf's Knie!"

An Fronleichnam mit Mk. 1.40-45 über das Knien nachdenken



Ein Impuls von Msgr. Wilhelm Imkamp

Die bayerische Armee: „Auf’s Knie!“  - Das waren noch Zeiten, als das Knie noch eine langjährige Staats- und Vertrauenskrise auslösen konnte. Genau einen Tag vor dem Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel, am 14.08.1838 erließ König Ludwig I. seine „Kriegsministerialordre“, in dem das Kommando „Aufs Knie“, das 1813 abgeschafft worden war, wieder eingeführt wurde. Wenn dieses Kommando erscholl, mussten alle Soldaten und Offiziere sich hinknien und dieses Kommando ertönte z. B. wenn das Allerheiligste Altarsakrament in der Fronleichnamsprozession vorbeigetragen wurde. Während der Messe, bei der Hl. Wandlung und beim feierlichen Schlusssegen. Die Ordre galt für die ganze Armee, ob Evangelisch oder Katholisch spielte keine Rolle. Es löste eine jahrelange Kontroverse aus und ging als Knie-Beugeaffäre in die Geschichte ein. Heute spielt das eigentlich nur noch bei Modeschauen der „Haute-Couture“ (frei, knielang, knieumspielt usw.) oder in der Orthopädie (Gonarthritis, Gonarthrose, usw.) eine Rolle.

Tatsächlich aber hat das Knie in unserem Alltag, auch und gerade wenn es gesund ist, eine ganz besondere Bedeutung, nämlich beim Knien. In der hl. Messe z. B. haben die Gläubigen mindestens bei der Wandlung zu knien. Lobenswert ist es, vom Sanctus bis zum Ende des Hochgebetes zu knien, (Grundordnung des römischen Messbuches, Nr. 43). Das Knien hat „unter allen übrigen gottesdienstlichen Haltungen einen besonderen Rang“, denn: „Das Knien ist körperlicher Ausdruck einer unerlässlichen geistigen Grundhaltung allen Betens: der Demut, was die Seele bei allem Beten tun muss, in welcher Körperhaltung es immer geschehen mag, das tut beim knienden Beten auch unser Leib: er macht sich klein; er sagt gleichsam: „O Gott, ich weiß, ich bin ein nichts vor dir, ein armer Sünder, erbarme dich meiner!“. So schrieb 1952 einer der Architekten der liturgischen Erneuerung, Balthasar Fischer.

Mit diesen Worten des Liturgiewissenschaftlers sind wir genau beim heutigen Tagesevangelium: der Aussätzige fällt auf die Knie; sein Gebet, seine Bitte bestimmt seine Körperhaltung; tatsächlich liegt hier eine Geste der Unterwerfung vor. Gegenüber dieser Unterwerfungsgeste wird die absolute Souveränität des Willens Jesu („wenn du willst“) betont, ja, diese Anerkennung der absoluten Souveränität des Willens Jesu hat den entscheidenden Willensakt Jesu zur Folge, der die Heilung bewirkt („ich will es“).

Jesus steht über der Natur- und der Gesetzesordnung, aber, er steht nicht gegen diese Ordnungen. Deshalb schickt er den Geheilten in das vom Gesetz vorgeschriebene Anerkennungsverfahren mit allen Formalitäten.

Absoluter Wille, Unterwerfung, Niederwerfung, Demut, Knien – ist das nicht eine „Schreckensvision“? Sind das nicht Begriffe, die man nur mit „Schaudern“ lesen kann? „Was für ein Gottesbild wird uns hier vor Augen gestellt?“ So wird kritisch gefragt. Die Antwort ist ganz einfach: Jesus ist eben nicht der gute Kumpel, der Wegbegleiter in die Beliebigkeit. Gott verlangt Unterwerfung! „Dein Wille geschehe“ beten wir und sollten diese Worte auch ernst nehmen. Immer ist der ganze Mensch angesprochen. Gebet kann, darf, soll und muss sich deswegen auch in der Körperhaltung ausdrücken. Deswegen gibt es ja auch kirchliche Anordnungen für die liturgischen Körperhaltungen.

In der bayerischen Armee galt das Kommando nur von 1838 – 1845, für unser Leben und unseren Gottesdienst bleibt es auf immer gültig: „Auf’’s Knie!“: Der berühmte Kniebeugeerlass Königs Ludwigs I. hatte keinen Bestand. Bestand aber hat das Beispiel des knienden Aussätzigen, Bestand hat das Beispiel des knienden Stephanus, Bestand hat das Beispiel des knienden Jesus selbst. Da, wo das Knien be- und verhindert wird, da beginnt die Religion der „steifen Knie“. Der „deutsche Jungmann steht vor seinem Herrgott“ hieß es in den 30ger Jahren, und wer heute nicht knien will, denkt oft genug, er könne auf gleicher Augenhöhe mit Gott verhandeln. Luzifer dachte ähnlich, die Folgen sind bekannt, deswegen gilt: „Aufs Knie!“


Quelle:
Wallfahrtsdirektion Maria Vesperbild
Schellenbacher Str. 4
86473 Ziemetshausen

 

Donnerstag, 5. Juni 2014

Gebet um würdige Priester

O Gott, der du zur Erhaltung und Verbreitung deiner Kirche das Priestertum eingesetzt hast, wir bitten dich, gib uns würdige Priester. Du hast, o Herr, durch deinen Sohn Jesus Christus zu den Aposteln und in ihrer Person zu uns allen gesagt: 'Die Ernte ist zwar groß, aber der Arbeiter sind wenige; bittet daher den Herrn der der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.'

Siehe, wir kommen deinem Verlangen nach und flehen inständig zu dir: Sende Arbeiter in deine Ernte, sende würdige Priester in deine heilige Kirche! Wähle und rufe du selbst sie aus deinem Volke, damit keiner unberufen sich eindränge, aber auch kein Berufener zurückweiche.

Bilde du selbst durch deine Gnade diejenigen heran, die du zu dem so wichtigen Amt eines Dieners deiner Kirche bestimmt hast, wie du deine Apostel und Jünger mit großer Geduld und Liebe gebildet hast. Lass sie jetzt schon ihre Freude in der Betrachtung deines heiligen Wortes finden, lass sie recht tief in den Geist deines heiligen Gesetzes eindringen, einst deine heilige Lehre mit Eifer und Segen verkünden.

Lass sie Männer werden voll des Heiligen Geistes gleich den Leviten Stephanus und Laurentius; lass sie Tugend und Wissenschaft miteinander verbinden; flöße ihnen eine glühende Liebe zu dir und treue Anhänglichkeit an deine heilige Kirche  ein und an den Felsen Petri, auf dem du sie erbaut hast.

Gib, dass sie unermüdlich in deinem Weinberge arbeiten, erfülle sie mit klugem, ausharrendem Eifer, gib ihnen Sanftmut und Milde gegen Irrende und Schwache. Lass sie in Demut, Gebet und Abtötung den Erfolg ihrer Bemühungen erwarten und nichts suchen, als deine Ehre und das Heil der Seelen.

Um dieses alles bitten wir dich durch den höchsten Hirten unserer Seelen, durch Jesum Christum unseren Herrn . Amen

(aus dem alten Trierer Diözesangebetbuch;
auch zitiert in "Katholischer Volks-Katechismus" von Franz Spirago, S. 764)



Mittwoch, 14. Mai 2014

Maiandacht 14. Tag - Die demütige Magd des Herrn

 
Siehe, ich bin die Magd des Herrn,
mir geschehe nach deinem Wort.
Huldvoll hat er herabgesehen auf seine niedrige Magd,
von nun an werden mich seligpreisen alle Geschlechter!
(Luk 1,38.48)


Ein gar hohes Lob ist Maria zuteil geworden durch Elisabeth. Dieses Lob ist berechtigt. Unter allen Frauen ist sie die Auserwählte, die Mutter des Herrn. Alle Frauen Israels haben sich nach diesem Glück gesehnt, ihr fiel es zu. Die ganze Welt wartet auf dieses Glück, - sie darf es bringen.

Du bist gebenedeit unter den Frauen!

Maria weiß um diese Gnade, weiß um ihre hohe Würde. Wird sie darob stolz? Ach nein, in derselben demütigen Art, mit der sie dem Engel gesagt hatte: "Ich bin die Magd des Herrn", antwortet sie jetzt auf den Lobpreis der Elisabeth. Ihr Herz ist erfüllt von dem Wunder Gottes, und sie selbst weiß am besten, dass ihre Auserwählung reine unverdiente Gnade ist. Sie ist nicht die Erlöserin, sondern selbst eine Erlöste, die Erste, dessen Erlösungssehnsucht durch Gottes Gnade erfüllt ward. Diese Erkenntnis erfüllt sie mit tiefer Demut.

Gott allein ist es, der alles wirkt. Ihm allein gebührt der Dank, ihm allein die Ehre, ihm dem Allmächtigen singt sie darum ihr Lied aus der Überfülle ihres Herzens: "Hochpreiset meine Seele den Herrn, und mein Geist frohlocket in Gott, meinem Heiland. Denn huldvoll hat er herabgesehen auf seine niedrige Magd." 

Dieser Lobpreis ist zugleich Antwort an Elisabeth. Sie sagt gleichsam zu ihr: "Du lobst mich, ich aber lobe Gott, dem allein Lob gebührt." Freilich werden in Zukunft alle Menschen sie loben und preisen: "Fortan werden mich seligpreisen alle Geschlechter." Aber nicht um ihrer selbst willen! Immer ist es Gott, auf den alles Lob zurückgeht: 
"Denn Großes hat an mir getan der Mächtige, dessen Name heilig ist, dessen Erbarmen währt von Geschlecht zu Geschlecht für jene, die ihn fürchten. Machtvoll wirkt er mit seinem Arm, zerstreut, die stolzen Herzens sind. Gewaltige stürzt er vom Throne, Niedrige erhöht er. Hungrige sättigt er mit Gütern, Reiche lässt er leer ausgehen. Er nimmt sich Israels an, seines Knechtes, eingedenk seiner Barmherzigkeit - wie er verheißen hat unseren Vätern - gegen Abraham und seinen Nachkommen auf ewig."

Mariens demütiger Sinn, der in den Worten ihres Liedes sich kundtut, wird von Elisabeth anerkannt. Jetzt weiß sie es gewiss: Maria ist gekommen, um zu helfen und zu dienen. Demut ist Dienmut. Die Mutter des Herrn dient der Mutter  seines Knechtes und Wegbereiters.

Diese demütig dienende Magd des Herrn steht nun vor dir, meine Seele, und lädt dich ein, mit ihr den Weg der Demut zu gehen.. Sieh, alles, was du bist und was du hast, alle Kräfte und Fähigkeiten Leibes und der Seele, alles ist dir von Gott geschenkt. Das musst auch du anerkennen. Gewiss darfst du dich darüber freuen, wenn du von Gott viele Gaben der Natur und Gnaden empfangen hast. Jedoch prunken und prahlen mit deinen Vorzügen, das darfst du nicht. 

Was wärest du ohne Gott! Erwäge oft bei dir, wie klein und armselig du bist aus dir selber. So unheilig, so sündhaft, so erlösungsbedürftig bist du! Was wäre die Menschheit, was wärest du selber ohne die Erlösung durch Christus. Für alles Gute gebührt Gott allein die Ehre. So gib auch du in allem Gott die Ehre und trachte nicht nach Lob und Anerkennung der Menschen. Gib acht auf dich und hüte dich schon vor den Gedanken der Selbstgefälligkeit. Dadurch will der Hochmut sich einschleichen und dich zu Falle bringen. Wolle nur demütig dienen, wie Maria es getan. 

"Christus befiehlt uns nicht", sagt der heilige Augustinus, "von ihm zu lernen, eine Welt zu bauen, Sichtbares und Unsichtbares zu erschaffen, Wunder zu wirken, Tote wieder lebendig zu machen, sondern von Herzen demütig zu sein."

Wir beten ein Ave Maria, damit Maria uns wahre Demut erflehe:
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade,
der Herr ist mit dir!
Du bist gebenedeit unter den Frauen
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes: Jesus!
Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder,
jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.

Der Herr spricht: "Nehmet mein Joch auf euch und lernet von mir,
denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen." (Mt 11,29)
Dienet einander mit der Gnadengabe, wie ein jeder sie empfangen hat
und zeigt euch als gute Verwalter der mannigfaltigen Gnade Gottes. (1. Petr 4,10)


Gebet:
In der Demut ihres Herzens hat Maria dir, dem allmächtigen und allgütigen Gott, die Ehre gegeben für alle Großtaten deiner Liebe, die du an ihr getan hast. Lass auch uns erkennen, dass wir nichts sind ohne dich, und dass all unser Wirken unnütz ist ohne deine Gnade. Wir bitten dich: auf die Fürbitte der demütigen Magd deines Sohnes verleihe uns wahre Demut des herzens, dass wir dich für alles und in allem loben und preisen. Durch denselben Christus unsern Herrn. Amen.


Maiandachtsbüchlein für Kirche und Haus von Pfarrer Joseph Willmes; A. Laumannsche Verlagsbuchhandlung Dülmen /Westf.;  AD 1935; S. 45-48 (mit kleinen Änderungen); (s. Quellen)




Mittwoch, 30. April 2014

Katharina von Siena: Lobpreis an Maria

Gebet der hl. Katharina von Siena

O Maria, du Tempel der Dreieinigkeit!
O Maria, du Trägerin des Feuers!
O Maria, du Überbringerin der Barmherzigkeit!
O Maria, du Erzeugerin der gebenedeiten Frucht!
O Maria, du Miterlöserin des Menschengeschlechtes!
Denn da dein Fleisch im Worte gelitten hat für die Erlösung der Welt, erlöste uns Christus zwar durch sein Leiden, du aber durch das Mitleiden deines Leibes und deiner Seele.
O Maria, du Meer des Friedens!
O Maria, du Spenderin des Friedens!
O Maria, du fruchtbare Erde!
Du, Maria, bist der neue Stamm, der uns die wohlriechende Blume, das Wort, den eingeborenen Sohn Gottes geschenkt hat. In dich, o fruchtbares Erdreich, wurde dieses Wort gesät. Du bist die Erde, und du bist der Stamm.
O Maria du Feuerherd!
Du trugst verborgenes, verhülltes Feuer unter der Asche deiner Menschheit.
O Maria, du Gefäß der Demut!

Dich hat der Vater mit ganz besonderer Liebe an sich gefesselt. In dir erglänzte und erstrahlte das Licht wahrer Erkenntnis, das dich über dich hinaus erhoben hat, um dem ewigen Vater zu gefallen. Durch dieses Licht und durch das Feuer deiner Liebe und die Salbung deiner Demut hast du die Gottheit an dich gezogen und sie in dich hinabsteigen lassen, obwohl sie durch das glühende Feuer ihrer unbegreiflichen Liebe schon gedrängt war, zu uns zu kommen.

Dank diesem Lichte, o Maria, bist du nicht unvorsichtig, sondern klug gewesen. Aus Klugheit wolltest du vom Engel wissen, wie das geschehen kann, was er dir kündete. Wusstest du also nicht, dass beim allmächtigen Gott dies möglich war? Ganz zweifellos. Doch warum sagtest du: "Ich erkenne keinen Mann?" (Lk 1,34). Es fehlt dir zwar nicht an Glauben; doch du in deiner tiefen Demut erkanntest du deine Unwürdigkeit. Du zweifeltest keineswegs, dass dies bei Gott nicht unmöglich war.

O Maria! Hat dich das Wort des Engels etwa geängstigt und verwirrt? Im Lichte Gottes betrachtet, scheint es nicht, dass du aus Furcht verwirrt wurdest, obgleich deine Haltung Staunen und Bestürzung zeigte. Worüber wundertest du dich also? Über die große Güte Gottes, die du erlebtest. Als du dich selbst betrachtetest und dich so großer Gnade für unwürdig hieltest, wurdest du bestürzt. Der Vergleich zwischen deiner Unwürdigkeit und Schwäche und der unaussprechlichen Gnade Gottes rief dein Erstaunen hervor. In deiner klugen Antwort zeigte sich deine tiefe Demut.

Du warst also ohne Furcht, aber voll Bewunderung für die unermessliche Güte und Liebe Gottes in anbetracht der begrenzten Niedrigkeit deiner Tugend.

Du bist, o Maria, ein Buch geworden, in das für uns eine Lebensregel eingeschrieben ist. In dir wurde die Weisheit des ewigen Vaters sichtbar. In dir offenbarte sich die Macht und Freiheit des Menschen. Ich behaupte auch, dass sich in dir die Würde des Menschen zeigte. Denn wenn ich dich betrachte, Maria, erkenne ich, dass der Heilige Geist mit eigener Hand die Dreieinigkeit in dich geschrieben hat, indem er aus dir das Fleisch gewordene Wort, den eingeborenen Sohn Gottes, bildete. Er hat in dich die Weisheit des Vaters niedergelegt, das Wort selbst. Er hat dir die Macht eingeprägt, die allein dieses großes Glaubensgeheimnis verwirklichen konnte.

Er hat dir endlich auch die Milde seines Heiligen Geistes eingehaucht, da ein solches Geheimnis nur aus Gnade und göttlicher Barmherzigkeit geplant und vollendet werden konnte.



aus: Katharina von Siena - Gebete; Übertragen und eingeleitet von P. Dr. Joseph Maria Scheller O.P.; Albertus-Magnus Verlag Vechta i.O.; AD 1936, S. 151ff, Von Mariä Verkündigung (s. Quellen)


Mittwoch, 19. Februar 2014

Warum man nicht nur vor Gott, sondern vor einem Priester der Kirche seine Sünden bekennen muss

Das neue Leben in Christus, das wir durch die Sakramente der christlichen Initiation empfangen haben, kann durch die Gebrechlichkeit der menschlichen Natur geschwächt werden, ja durch die Sünde sogar verloren gehen. Daher stellte Papst Franziskus in seiner Katechesenreihe zu den Sakramenten am heutigen Mittwoch vor über 20.000 Pilgern und Besuchern die Sakramente der Beichte und der Krankensalbung — Sakramente der Heilung — in den Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit und beschäftigte sich mit dem Bußsakrament.

„Wenn ich zum Beichten gehe, so tue ich das, um mich zu heilen“, so Franziskus: „um die Seelen zu heilen, um das Herz zu heilen von etwas, das ich getan habe, das nicht in Ordnung ist“. Das biblische Bild, das dies am Besten zum Ausdruck bringe, sei das der Heilung des Gelähmten, wo sich Jesus gleichzeitig als Heiler des Leibes und der Seele zeige.

Christus habe der Kirche, die sein Heilswerk fortsetze, diese beiden Sakramente der Heilung gegeben. Im Sakrament der Buße und der Versöhnung „erlangen wir die Vergebung der Sünden“. Diese sei nicht Frucht unseres Mühens, sondern Gabe des Heiligen Geistes, der uns in die Barmherzigkeit und Gnade eintauche, „die vom geöffneten Herzen des gekreuzigten Christus ausströmt“.

Dies geschehe in der Gemeinschaft der Gläubigen, der Kirche, wo der Heilige Geist gegenwärtig sei. Daher genüge es nicht, den Herrn bloß still im Herzen um Vergebung zu bitten. Es sei notwendig, die eigenen Sünden dem Diener der Kirche zu beichten. Der Priester „vertritt dabei nicht nur Gott, sondern die Gemeinschaft der Kirche, die dem Beichtenden Versöhnung schenkt und ihn auf dem Weg der Umkehr begleitet.

„Einer könnte sagen: ich beichte nur vor Gott’“, so der Papst: „Ja, du kannst zu Gott sagen: ‚Vergib mir‘ und ihm deine Sünden bekennen. Aber unsere Sünden sind auch gegen unsere Brüder, gegen die Kirche, und deshalb ist es notwendig, in der Person des Priesters die Kirche und und die Brüder um Vergebung bitten“.

Die damit verbundene Scham sei gut, „es ist gesund, sich ein bisschen zu schämen. Die Scham tut uns gut, weil sie uns demütiger macht. Und der Priester empfängt voll Liebe und Zärtlichkeit diese Beichte, und im Namen Gottes vergibt er“. Das Schöne der Beichte sei, dass man danach frei, „weiß und glücklich“ sei.

Franziskus rief alle dazu auf, in sich auf die Frage zu antworten: „Wann war meine letzte Beichte? Vor zwei Tagen — zwei Wochen — zwei Jahren — zwanzig Jahren — vierzig Jahren?“. Und wenn viel Zeit vergangen sei, dürfe kein Tag mehr verloren werden: „Geh zum Priester, der gut sein wird. Jesus ist dort, und Jesus ist gütiger als die Priester, Jesus empfängt dich. Er empfängt dich mit so viel Liebe. Sei mutig, und geht zum Beichten!“.

Allzu oft werde dieses Sakrament vergessen oder beiseite geschoben: aus Bequemlichkeit, aus eben dieser Scham oder wegen eines fehlenden Sündenbewusstseins, dem ein mangelndes Gottesbewusstsein zugrunde liege: „Wir machen uns selbst zum Maß der Dinge, verschließen uns gegenüber Gott und den Mitmenschen, und unser Gewissen stirbt letztlich ab“, so der Papst, der dazu aufrief, häufiger den Schatz zu nutzen, den der Herr seiner Kirche im Bußsakrament anvertraut habe.

Abschließend erinnerte Franziskus an das Gleichnis vom verlorenen Sohn, der so viel Schuld auf sich geladen und so viel Scham im Herzen gehabt habe: „Und die Überraschung war, dass der Vater, als dieser zu reden begann und um Vergebung bitten wollte, ihn nicht ausreden ließ: er hat ihn umarmt, er hat ihn geküsst und ein Fest gefeiert. Ich sage euch: jedes Mal, wenn wir zur Beichte gehen, umarmt uns Gott“.


Papst Franziskus bei der Generalaudienz am 19.02.2014; Zusammenfassung von Armin Schwibach; hier der Original-Wortlaut der Katechese des Heiligen Vaters in deutscher Übersetzung)


Weiteres zum Thema "Beichte/ Umkehr":

Donnerstag, 30. Januar 2014

Die drei Säulen des 'sensus Ecclesiae': Demut, Treue und Gehorsam, Gebet für die Kirche

 Sentire cum Ecclesia

„Der Christ ist nicht ein Getaufter, der die Taufe empfangen hat und dann auf seinem Weg weitergeht. Die erste Frucht der Taufe ist, dass du zur Kirche gehörst, zum Volk Gottes. Einen Christen ohne Kirche versteht man nicht. Und deshalb sagte der große Paul VI., dass es ein absurdes Auseinanderreißen ist, Christus ohne die Kirche zu lieben (vgl. Evangelii nuntiandi, 16). Auf Christus zu hören, nicht aber auf die Kirche; mit Christus zu sein, aber außerhalb der Kirche — das geht nicht. Das ist ein absurdes Auseinanderreißen. Die Botschaft des Evangeliums empfangen wir in der Kirche, und in der Kirche gestalten wir unsere Heiligkeit, unseren Weg in der Kirche. Das Andere ist eine Phantasie oder, wie er es sagte: ein absurdes Auseinanderreißen“.

Der „sensus Ecclesiae“ — die kirchliche Gesinnung bestehe gerade darin, „in der Kirche zu spüren, zu denken, zu wollen“. Der Papst erläuterte drei Säulen dieser Zugehörigkeit, dieses „sentire cum Ecclesia“. Die erste Säule sei die Demut, im Bewusstsein der großen Gnade, in eine Gemeinschaft eingegliedert worden zu sein:

„Eine Person, die nicht demütig ist, kann nicht ‚mit der Kirche fühlen und denken‘. Sie wird das fühlen und denken, was ihr gefällt, was ihm gefällt. Diese Demut sieht man in David: ‚Wer bin ich, mein Herr und Gott, und was ist mein Haus, dass du mich bis hierher geführt hast?‘ (V. 18). In diesem Bewusstsein, dass die Heilsgeschichte nicht mit mir begonnen hat und nicht mit meinem Tod enden wird. Nein, alles ist eine Heilsgeschichte: ich komme, der Herr nimmt dich, er lässt dich vorangehen, und dann ruft er dich und die Geschichte geht weiter. Die Geschichte der Kirche begann vor uns und wird nach uns weitergehen. Demut: wir sind ein kleiner Teil eines großen Volkes, das auf den Straßen des Herrn einhergeht“.

Als zweite Säule nannte Franziskus die Treue, die mit dem Gehorsam verbunden werden müsse:

„Treue zur Kirche. Treue zu ihren Lehren. Treue zum Credo. Treue zur Lehre, diese Lehre bewahren. Demut und Treue. Auch Paul VI. rief uns in Erinnerung, dass wir die Botschaft des Evangeliums als Geschenk empfangen und sie als Geschenk weitergeben müssen, nicht aber, als handle es sich um etwas, das uns gehört: sie ist ein empfangenes Geschenk, das wir geben (vgl. Evangelii nuntiandi 15;78). Und in dieser Weitergabe treu sein. Denn wir haben empfangen und müssen ein Evangelium weitergeben, das nicht uns gehört, das Jesus gehört, und — so sagte er — wir dürfen nicht zum Herrn des Evangeliums werden, zum Herrn der empfangenen Lehre, um nach unserem Gutdünken darüber zu verfügen“.

Die dritte Säule bestehe in einem besonderen Dienst: im Dienst des Gebets für die Kirche. „Wie schaut es mit unserem Gebet für die Kirche aus?“ fragte sich der Papst abschließend: „Beten wir für die Kirche? In der Messe alle Tage, aber zuhause? Wann verrichten wir unsere Gebete?“. Franziskus betonte die Wichtigkeit des Gebets für die ganze Kirche überall auf der Welt: „Der Herr helfe uns, auf diesem Weg zu gehen, um unsere Zugehörigkeit zur Kirche und unser ‚sentire cum Ecclesia‘ zu vertiefen“.


Armin Schwibach via kath.net: Zusammenfassung der Predigt von Papst Franziskus am 30. Januar 2014


Video-Dokumentation der Predigt in Ausschnitten: 

 




Bild: eigenes Foto

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Gebet der hl. Katharina von Siena - Betrachtung über die Menschwerdung Gottes


O Maria, Maria du Tempel der Dreieinigkeit!
O Maria, du Trägerin des Feuers!
O Maria, du Überträgerin der Barmherzigkeit!
O Maria, du Erzeugerin der gebenedeiten Frucht!
O Maria, du Miterlöserin des Menschengeschlechtes!

Denn da dein Fleisch im Worte gelitten hat für die Erlösung der Welt, erlöste uns Christus zwar durch sein Leiden, du aber durch das Mitleiden deines Leibes und deiner Seele.

O Maria, du Meer des Friedens!
O Maria, du Spenderin des Friedens!
O Maria, du fruchtbare Erde!
Du Maria, bist der neue Stamm, der uns die wohlriechende Blume, das Wort, den eingeborenen Sohn Gottes geschenkt hat. In dich, o fruchtbares Erdreich, wurde dieses Wort gesät. Du bist die Erde und du bist der Stamm.

O Maria, du Feuerherd!
Du trugst verborgenes, verhülltes Feuer unter der Asche deiner Menschheit.

O Maria, du Gefäß der Demut!
Dich hat der Vater mit ganz besonderer Liebe an sich gefesselt. In dir erglänzte und erstrahlte das Licht wahrer Erkenntnis, das dich über dich hinaus erhoben hat, um dem ewigen Vater zu gefallen. Durch dieses Licht und durch das Feuer deiner Liebe und die Salbung deiner Demut hast du die Gottheit an dich gezogen und sie in dich hinabsteigen lassen, obwohl sie durch das glühende Feuer ihrer unbegreiflichen Liebe schon gedrängt war, zu uns zu kommen.

Dank diesem Lichte, o Maria, bist du nicht unvorsichtig, sondern klug gewesen. Aus Klugheit wolltest du vom Engel wissen, wie das geschehen kann, was er dir kündete. Wusstest du also nicht, dass beim allmächtigen Gott dies möglich war? Ganz zweifellos. Doch warum sagtest du: "Ich erkenne keinen Mann?" (Luk 1,34). Es fehlte dir zwar nicht an Glauben, doch du in deiner tiefen Demut erkanntest deine Unwürdigkeit. Du zweifelest keineswegs, dass dies bei Gott nicht unmöglich war.

O Maria! Hat dich das Wort des Engels etwa geängstigt und verwirrt? Im Lichte Gottes betrachtet, scheint es nicht, als ob du aus Furcht verwirrt wurdest, obgleich deine Haltung Staunen und Bestürzung zeigte. Worüber wundertest du dich also? Über die große Güte Gottes, die du erlebtest. Als du dich selbst betrachtetest und dich so großer Gnade für unwürdig hieltest, wurdest du bestürzt. Der Vergleich zwischen deiner Unwürdigkeit und Schwäche und der unaussprechlichen Gnade Gottes rief dein Erstaunen hervor.

In deiner klugen Antwort zeigte sich deine tiefe Demut. Du warst also ohne Furcht, aber voll Bewunderung für die unermessliche Güte und Liebe Gottes in anbetracht der begrenzten Niedrigkeit deiner Tugend.

Du bist, o Maria, ein Buch geworden, in das für uns eine Lebensregel eingeschrieben ist. In dir wurde die Weisheit des ewigen Vaters sichtbar. In dir offenbarte sich die Macht und Freiheit des Menschen. Ich behaupte auch, dass sich in dir dir Würde des Menschen zeigte. Denn wenn ich dich betrachte, Maria, erkenne ich, dass der Heilige Geist mit eigener Hand die Dreieinigkeit in dich geschrieben hat, indem er aus dir das Fleisch gewordene Wort, den eingeborenen Sohn Gottes bildete.

Er hat in dich die Weisheit des Vaters niedergelegt, das Wort selbst. Er hat dir die Macht eingeprägt, die allein dieses große Glaubensgeheimnis verwirklichen konnte. Er hat dir endlich auch die Milde seines Heiligen Geistes eingehaucht, da ein solches Geheimnis nur aus Gnade und göttlicher Barmherzigkeit geplant und vollendet werden konnte.


aus: Katharina von Siena - Gebete; Übertragen und eingeleitet von P. Dr. Joseph Maria Scheller O.P.; Albertus-Magnus Verlag Vechta i.O.; AD 1936, S. 145ff, Von Mariä Verkündigung (s. Quellen)



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Leseempfehlung:




Sonntag, 3. November 2013

Papst Franziskus zu den Familien: Wir alle brauchen Gott, beten wir füreinander!

 
[...E]s ist auch eine Frage der Demut, zu bekennen, dass wir Gott brauchen, wie der Zöllner! Und alle Familien – wir haben Gott nötig: alle, alle! Wir brauchen seine Hilfe, seine Kraft, seinen Segen, seine Barmherzigkeit, Seine Vergebung. 
Und es erfordert Einfachheit: Um in der Familie zu beten, braucht es Einfachheit! Gemeinsam am Tisch das „Vaterunser“ zu beten, ist nichts Außergewöhnliches: Das ist leicht. Und gemeinsam in der Familie den Rosenkranz beten ist sehr schön und gibt viel Kraft! Und auch füreinander beten: Der Ehemann für seine Frau, die Frau für ihren Mann, beide für die Kinder, die Kinder für die Eltern, für die Großeltern… Füreinander beten. Das ist Beten in der Familie, und das stärkt die Familie: das Gebet.

 
Papst Franziskus in der Predigt am 27.10.2013 anlässliche des Treffens der Familien mit dem Hl. Vater aus Anlass des Jahres des Glaubens 
 
 
Links der hl. Josef, Bräutigam der Jungfrau Maria, Maria mit Jesuskind; hll. Simeon und Hannah 

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Der sicherste Schutz vor der Versuchung des Klerikalismus

Frage eines japanischen Geistlichen an Papst Benedikt XVI.:

Das priesterliche Vorbild, das Sie, Heiliger Vater, uns in diesem Jahr vorgeschlagen haben, nämlich der Pfarrer von Ars, stellt in den Mittelpunkt des Lebens und Dienstes die Eucharistie, die sakramentale und persönliche Beichte und die Liebe zu einem würdig gefeierten Gottesdienst. Ich habe die strenge Armut des hl. Johannes Maria Vianney vor Augen und zugleich seine Leidenschaft für kostbares liturgisches Gerät. Wie können wir diese grundlegenden Dimensionen unserer priesterlichen Existenz leben, ohne in einen Klerikalismus oder eine Realitätsferne zu verfallen, an der die Welt von heute Anstoß nehmen würde?

Benedikt XVI.: Danke! Nun, Sie fragen, wie man die zentrale Stellung der Eucharistie leben kann, ohne sich in einem rein kultischen Leben zu verlieren, das dem alltäglichen Leben der anderen fremd wäre. Wir wissen, daß der Klerikalismus in allen Jahrhunderten und auch heutzutage eine Versuchung für die Priester war und ist; um so wichtiger ist es, die rechte Weise für die Feier der Eucharistie zu finden, die sich nicht vor der Welt verschließt, sondern vielmehr für die Bedürfnisse der Welt offen ist. Wir müssen uns vor Augen halten, daß sich in der Eucharistie dieses große Drama Gottes vollzieht, der aus sich heraustritt, und – wie es im Brief an die Philipper heißt – sich erniedrigte, den Menschen gleich wurde und gehorsam war bis zum Tod am Kreuz (vgl. Phil 2).

Das Abenteuer der Liebe Gottes, der aus sich heraustritt, sich entäußert, um bei uns zu sein, wird in der Eucharistie vergegenwärtigt. Die große Tat, das große Abenteuer der Liebe Gottes besteht in der Demut Gottes, der sich für uns hingibt. In diesem Sinn kann die Eucharistie als Eingangstor zu diesem Weg Gottes angesehen werden.

Der hl. Augustinus sagt im 10. Buch von De Civitate Dei: »Hoc est sacrificium Christianorum: multi unum corpus in Christo«, was soviel bedeutet wie: das Opfer der Christen besteht darin, durch die Liebe Christi in der Einheit des einen Leibes Christi vereint zu sein. Das Opfer besteht eben darin, aus sich herauszugehen, sich in die Gemeinschaft des einen Brotes, des einen Leibes hineinnehmen zu lassen und so in das große Abenteuer der Liebe Gottes einzutreten. Wir sollen die Eucharistie immer so feiern, leben und meditieren, daß sie diese Schule der Befreiung vom eigenen »Ich« wird: in das eine Brot eingehen, das das Brot aller ist und das uns im einen Leib Christi vereint. Und daher ist die Eucharistie wesensmäßig ein Akt der Liebe, der uns zu jener Wirklichkeit der Liebe gegenüber den anderen verpflichtet: daß nämlich das Opfer Christi die Gemeinschaft aller in seinem Leib ist.
 
Auf diese Weise sollen wir also die Eucharistie verstehen lernen, was das genaue Gegenteil von Klerikalismus und Ichverschlossenheit ist. Denken wir dabei auch an Mutter Teresa, die in diesem Jahrhundert, in unserer Zeit wirklich ein großartiges Vorbild für eine Liebe war, die aus sich herausgeht, die jede Art von Klerikalismus und Weltfremdheit übersteigt, die auf die am stärksten ausgegrenzten Menschen, die Armen und Sterbenden zugeht und sich ganz in der Liebe zu den Armen und Ausgegrenzten hinschenkt. Aber Mutter Teresa, die uns dieses Beispiel vorgelebt hat und die Gemeinschaft, die ihren Spuren folgt, sah stets als wichtigste Voraussetzung für deren Gründung die Anwesenheit eines Tabernakels an.

Ohne die Gegenwart der Liebe Gottes, der sich hinschenkt, wäre die Verwirklichung dieses Apostolats nicht möglich gewesen, und es wäre auch nicht möglich gewesen, in dieser Selbstentäußerung zu leben; nur wenn sie sich auf diese Selbsthingabe an Gott, auf dieses Abenteuer Gottes, diese Demut Gottes einlassen, konnten und können sie auch heute diesen großen Akt der Liebe, der Offenheit für alle vollbringen.

In diesem Sinn würde ich sagen: Die Eucharistie in ihrem ursprünglichen Sinn, in ihrer wahren Tiefe zu leben, ist eine Schule des Lebens, es ist der sicherste Schutz vor jeder Versuchung des Klerikalismus. 


Gespräch von Papst Benedikt XVI. mit Priestern anlässlich des internationalen Priestertreffens am 10. Juni 2010 auf dem Petrersplatz


Sarkophargträger im Limburger Dom; eigenes Photo

Mittwoch, 22. Mai 2013

Zum Thema zivil wiederverheirateter Geschiedener: Die Kirche kann nicht an der Wahrheit vorbei neue Regeln erlassen

Einen vielleicht hilfreichen Vorschlag für die Praxis in der Seelsorge für zivil wiederverheiratete geschiedene Katholiken macht der Salzburger Weihbischof Andreas Laun: Er schlägt vor, dass Gläubige, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht den Leib des Herrn in der Kommunion enmpfangen können (z. B. durch schwierige Süchte oder durch schwere, noch nicht gebeichtete Sünden) ebenfalls an die Kommunionbank treten und durch ein Zeichen, z. B. über der Brust gekreuzte Arme, zu erkennen geben, dass sie nicht den Leib des Herrn empfagen können bzw. wollen, aber den Segen des Priesters erbitten.

Es wäre schön, wenn so für indisponierte Glaübige eine Form gefunden werden könnte, die einerseits zeigt, dass etwas "nicht in Ordnung" ist, andererseits aber deutlich macht, dass sie dennoch von Gott geliebt sind und zur Gemeinschaft der Gläubigen zählen. So wird Missverständnissen vorgebeugt und  ist dennoch ein ehrlicher Umgang mit den Sakramenten möglich, deren Empfang bestimmte Voraussetzungen verlangt. So bleibt den Betroffenen bewusst, dass die Kirche sie nicht aufgegeben hat, sondern sie immer wieder an die Möglichkeit zur Umkehr erinnert.

In dem "kath.net-Klartext" zitiert der Salzburger Weihbischof Andreas Laun zur Frage des Kommunionempfangs für zivil wiederverheiratete Geschiedene eine Betroffene:
"Den Wiederverheirateten wird ein schlechter Dienst erwiesen, wenn ihre Schuld mit psychologischem Verständnis und wohlmeinendem, jedoch trotzdem falschen Mitgefühl einfach zugedeckt und so ihre Reue und Bußfertigkeit im Keim erstickt wird durch die Rede von einem barmherzigen Gott, der nur noch lieb und nicht mehr gerecht ist! Das mag zunächst beruhigend wirken. Aber nur vorübergehend. Das menschliche Herz lässt sich nicht täuschen. Gott ist auch gerecht und Sünden haben Folgen!“
 Weiter sagt Weihbischof Laun:
"Also soll jeder selbst entscheiden, ob er zu heiligen Kommunion gehen darf oder nicht? Ja, indem er prüft, ob er würdig ist. Aber das Maß dieser Prüfung ist einerseits die Lehre über die Eucharistie, andererseits über die Ehe, so wie die Kirche sie immer vorgelegt hat! Die Kirche kann keine Vollmacht, an der Wahrheit vorbei neue Regeln zu erlassen, sie kann nur sagen, was „würdig“ ist und was nicht! Dabei erinnert sie immer auch an die Warnung des heiligen Paulus, die heilige Kommunion in einem Zustand der Unwürdigkeit zu empfangen!"
Ganzer "Klartext": bitte hier klicken!


Infos zum Thema:

Montag, 15. April 2013

Das Eigentliche - die Achse der Welt: Das Kreuz

Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit (5)

Fortsetzung von hier
 
Damit kommen wir zu einem letzten Punkt in der Lesung, der uns auch wieder zum Evangelium zurückführt. Was erkennen wir in der Erkenntnis, die aus Glaube und Liebe hervorwächst? Letzten Endes möchten wir immer das Ganze erkennen - das, "was die Welt im Innersten zusammenhält"; das, worauf es ankommt im Leben und im Sterben.

Wir wissen viele Details, aber je mehr Einzelheiten wir wissen, desto weniger wissen wir von dem, was Weisheit will, was wir alle wollen: das Eigentliche zu erkennen, den inneren Zusammenhang, die Ganzheit des Wirklichen.

Paulus gebraucht hier eine merkwürdige Formel, die er vielleicht einer schon vorhandenen Tradition entnommen, aber ganz von Christus her gedeutet hat. Wer dem inneren Menschen nach reif wird, erkennt die Breite und Länge, die Höhe und Tiefe. Das will sagen: Er erkennt alle Dimensionen der Wirklichkeit.

Aber bei Paulus ist dieses Wort von Breite und Länge, von Höhe und Tiefe ein Hinweis auf das Kreuz Christi, auf die vier Balken des Holzes, an dem er ausgespannt war. Das bedeutet: Wer das Kreuz erkennt, den Gekreuzigten, der hat das Ganze erkannt. Der hat die eigentliche Achse der Welt erfasst, das, was alles trägt und zusammenhält; das Eigentliche, worum es geht.

Das Kreuz ist die Antwort. Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit. Und so fügt denn auch Paulus erklärend hinzu: Zuletzt mündet die Erkenntnis in der Liebe Christi, die größer ist als alles Erkennen. Lieben ist mehr als Erkennen. Das Auge der Liebe reicht weiter als da Auge des Verstandes. Denn Gott ist die Liebe, und nur im Mitlieben erkennen wir ihn.

Das Kreuz aber ist Gottes Mitlieben mit uns und für uns - die wahre Weltformel. Erkenntnis, die nicht in die Demut des Kreuzes mündet, geht am Wesentlichen vorbei.

So sind wir wieder beim Evangelium vom letzten Platz angelangt: Der Sohn Gottes, er, der wahrhaft der Erste ist, hat den letzten Platz in Gastmahl der Schöpfung eingenommen: das Kreuz.

Diese Demut Gottes ist es, die unseren Hochmut umwirft und unsere Krankheit heilt. Die Kraft dieser Demut und der in ihr verborgenen Liebe ist es, durch die Christus den Wassersüchtigen - uns alle  - bei der Hand nimmt und uns heilt. Christi Heilen ist nicht Vergangenheit, sondern im Sakrament der Buße nimmt er uns bei der Hand und heilt uns durch das Wort der Vergebung.

In der heiligen Eucharistie ist sein Kreuz in unserer Mitte. Er richtet immer neu seinen Sabbat auf, um uns alle an sich zu ziehen (Joh 12,32) und mit den Armen seiner Liebe zu heilen. Eucharistie feiern bedeutet: in das gegenwärtige Geheimnis des Kreuzes hineintreten, sich in die Arme Christi hineingeben und ihn bitten, dass er uns und die ganze Welt in diese seine Arme hineinnehme und heile.

Eucharistie feiern heißt deshalb auch: das Geheimnis des Kreuzes selber leben. Deshalb kann Augustinus in seiner Meditation über Breite und Länge, Höhe und Tiefe sagen: Lata est quippe in transverso ligno, quo extenduntur pendentis manus, et significat opera bona in latitudine caritatis: Die Breite ist der Querbalken des Kreuzes, wo die Hände des Gekreuzigten ausgebreitet sind; sie bedeutet die in die Breite der Liebe ausgeführten guten Werke (Vorträge über das Johannes-Evangelium 118,5).

Wie zeigen dem gekreuzigten Herrn unsere Liebe in der Ehrfurcht, mit der wir Eucharistie feiern. Wir feiern nicht uns selbst, sondern Ihn, und darum suchen wir nicht Rollen und nicht Selbstverwirklichung in der Eucharistie. Die  demütige und liebende Einfügung in den Lobpreis, den der Glaube der Kirche in den Jahrhunderten gewoben hat, ist Ausdruck  unserer Ehrfurcht und unserer Liebe.

Wir suchen nicht den ersten Platz, sondern wir bitten ihn, dass er unter uns der Erste sei und uns lehre, seine Demut zu lieben, mit der er uns die Füße wäscht, mit der er sich in unsere Hände gibt. Diese Ehrfurcht der heiligen Liturgie muss zugleich Schule unseres Lebens sein, die Schule der Demut, des Glaubens und der Liebe, durch die der Herr uns und die Welt gesund machen will. Amen.



Joseph Kardinal Ratzinger in einer Predigt vom 24.09.1995 in der Benediktinerabtei Sainte-Madeleine in Le Barroux anlässlich eines feierlichen Pontifikalamtes im alten Ritus (Teil 1, 2, 3, 4)




Bild: Salus mundi - Das Heil der Welt; Detail aus dem Apsismosaik in der Basilika St. Apollinaris in Classe; wikipedia

Sonntag, 14. April 2013

Wo die Demut des Mitglaubens mit der Kirche verschwindet, löst sich die Erkenntnis auf

Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit (4)

Fortsetzung von hier

So wollen wir auch beten für die Theologie und die Theologen, dass sie diese grundlegende Gebärde der Demut, diese innerste Voraussetzung aller Theologie wieder mit neuer Entschiedenheit aufnehmen: Theologie ist nicht Weltfahrt der isolierten Vernunft des Gelehrten, sondern ist Mitdenken mit dem Glauben der Kirche und Mühen darum, diesen Glauben zu verstehen, auszusagen und so die Wahrheit zu berühren, die unseren Verstand und unser Herz zugleich erleuchtet.

Der große Konvertit Heinrich Schlier ist gerade über dem Studium des Epheserbriefes katholisch geworden; einen der wichtigsten Wegweiser fand er hier, im Text unserer heutigen Lesung (Eph 3,13 -21). Denn Paulus sagt uns hier, dass Glaube und Liebe zur Erkenntnis führen. Das ist die zweite und dritte Aussage in der Beschreibung des Weges der Gesundung, den er uns zeigen will.

Zunächst sagt er uns ganz klar (und das war für den Lutheraner Schlier eine wichtige Entdeckung), dass der Glaube sich in der Liebe bewähren muss. Der Glaube bleibt nur gesund, wenn man ihn lebt. Er ist nicht eine Theorie, er verändert unser Leben. Er öffnet das Herz. Er führt zur Liebe: Wo sie fehlt, ist der Glaube nicht vollständig. Der Glaube dispensiert nicht von den Geboten, sondern durch den Glauben lernen wir sie lieben, weil wir in ihnen das Angesicht des Herrn selbst erkennen.

Paulus fügt noch einen weiteren Schritt hinzu: Glaube und Liebe zusammen führen zur Erkenntnis. Man kann sagen: Wo Glaube und Liebe da sind, wächst auch so etwas wie Theologie. Zwei wichtige Aussagen macht der Apostel darüber: Die Erkenntnis löst den Glauben nicht auf, sie löst die Liebe nicht ab.

Der Glaube wird nie überflüssig. Das hat Paulus dem Hochmut der damaligen Gnostiker gegenüber betont, das müssen wir hochmütigen Theologien gegenüber auch heute betonen. Wo die Demut des Mitglaubens mit der Kirche verschwindet, löst sich auch die Erkenntnis auf.

So ergibt sich von selbst das zweite: Zur Erkenntnis gehört die lebendige Gemeinschaft der Heiligen. Schlier schreibt dazu in seinem Kommentar: "...Es ist eine Erkenntnis, zu deren Wesen es gehört, dass sie mit den anderen geteilt wird... Es ist weder eine private noch eine Konventikelerkenntnis. Erkennt man, so erkennt man, was schon 'die Heiligen' erkannt haben, und man erkennt mit ihnen zusammen" (Seite 170).

Wir könnten sagen: Zur wahren Erkenntnis gehört Heiligkeit, und zur Heiligkeit gehört die Gemeinschaft der Heiligen. Deswegen ist es so wichtig, sich nicht von der lebendigen Gemeinschaft der ganzen Kirche zu trennen. Deswegen ist es so wichtig, in der großen Gemeinschaft der ganzen Kirche aller Orte und aller Zeiten, in ihrer lebendigen Überlieferung zu stehen.

Man kann Christus nicht erkennen ohne seine Heiligen; man kann ihn nicht lieben ohne seine Heiligen. Die Liebe zur ganzen großen Tradition der heiligen Kirche ist nicht ein Luxus einiger, sondern eine Notwendigkeit für uns alle. (weiterlesen)


Schluss folgt


Joseph Kardinal Ratzinger in einer Predigt vom 24.09.1995 in der Benediktinerabtei Sainte-Madeleine in Le Barroux anlässlich eines feierlichen Pontifikalamtes im alten Ritus (Teil 1, 2, 3, 5)

Freitag, 12. April 2013

Von der Verkümmerung des innerlichen Menschen


Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit (2)

Fortsetzung von hier

Das Evangelium bietet uns so die großen Linien, um die es in der Menschheitsgeschichte und in jedem einzelnen Menschenleben geht. Paulus hilft uns mit der Lesung (Eph 3,13 -21), diese Botschaft ins Praktische unseres täglichen Lebens zu übersetzen. Er betet für uns und zeigt uns mit seinem Beten die Richtung, in die wir gehen müsen.

Seine erste Bitte ist es, der Herr möge uns geben, dass wir stark werden dem inneren Menschen nach. Paulus beleuchtet damit von einer anderen Seite her, worin die wesentliche Krankheit des Menschen besteht: in der Verkümmerung des inneren Menschen.

Diese Krankheit ist in den letzten zweihundert Jahren in einer bedrohenden Weise immer weiter fortgeschritten und heute an einem wahrhaft lebensgefährlichen Punkt angelangt. Der innere Mensch, das heißt jene Tiefe des Menschen, in der sein Herz den verborgenen Gott anrührt und so sein Blick hell wird, wurde immer mehr als unnütz, weil unproduktiv angesehen.

Zusehends zählte nur noch, was man messen und wägen kann; was einen greifbaren Nutzen in der Ausgestaltung der Welt bringt. Innerlichkeit erschien als Flucht vor der Aufgabe, eine neue Welt zu bauen. Alle Kräfte mussten dazu dienen, die Gesetze der Natur und des gesellschaftlichen Lebens zu erkennen, um dann die schlechte Welt zu verändern und eine bessere aufzubauen.

Aber woher weiß man, was besser ist und wie soll die Besserung zustande kommen, wenn die Quellen der Güte und des Guten verstopft werden? Nach der Wahrheit und nach dem Guten, gar nach Gott zu fragen, erschien als Zeitverlust. Nur die nach außen gerichtete Aktion zählte.

So sind unsere Erkenntnisse über die materielle Welt und unsere technischen Möglichkeiten ins Ungeheure gewachsen, aber der Mensch ist dabei zum Krüppel geworden. Einige Organe sind überdimensioniert, aber das Herz ist fast verdorrt. (weiterlesen)



Joseph Kardinal Ratzinger in einer Predigt vom 24.09.1995 in der Benediktinerabtei Sainte-Madeleine in Le Barroux anlässlich eines feierlichen Pontifikalamtes im alten Ritus (Teil 1, 3, 4, 5)

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Lesung und Evangelium des 16. Sonntags nach Pfingsten:


Deshalb bitte ich euch, nicht wegen der Leiden zu verzagen, die ich für euch ertrage, denn sie sind euer Ruhm. Daher beuge ich meine Knie vor dem Vater, nach dessen Namen jedes Geschlecht im Himmel und auf der Erde benannt wird, und bitte, er möge euch aufgrund des Reichtums seiner Herrlichkeit schenken, dass ihr in eurem Innern durch seinen Geist an Kraft und Stärke zunehmt. Durch den Glauben wohne Christus in eurem Herzen. In der Liebe verwurzelt und auf sie gegründet, sollt ihr zusammen mit allen Heiligen dazu fähig sein, die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe zu ermessen und die Liebe Christi zu verstehen, die alle Erkenntnis übersteigt. So werdet ihr mehr und mehr von der ganzen Fülle Gottes erfüllt. Er aber, der durch die Macht, die in uns wirkt, unendlich viel mehr tun kann, als wir erbitten oder uns ausdenken können, er werde verherrlicht durch die Kirche und durch Christus Jesus in allen Generationen, für ewige Zeiten. Amen.

Die Heilung eines Wassersüchtigen am Sabbat

Als Jesus an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen kam, beobachtete man ihn genau. Da stand auf einmal ein Mann vor ihm, der an Wassersucht litt. Jesus wandte sich an die Gesetzeslehrer und die Pharisäer und fragte: Ist es am Sabbat erlaubt zu heilen, oder nicht? Sie schwiegen. Da berührte er den Mann, heilte ihn und ließ ihn gehen. Zu ihnen aber sagte er: Wer von euch wird seinen Sohn oder seinen Ochsen, der in den Brunnen fällt, nicht sofort herausziehen, auch am Sabbat? Darauf konnten sie ihm nichts erwidern.

Mahnung zur Bescheidenheit

Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, nahm er das zum Anlass, ihnen eine Lehre zu erteilen. Er sagte zu ihnen: Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen bist, such dir nicht den Ehrenplatz aus. Denn es könnte ein anderer eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen. Wenn du also eingeladen bist, setz dich lieber, wenn du hinkommst, auf den untersten Platz; dann wird der Gastgeber zu dir kommen und sagen: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Donnerstag, 11. April 2013

Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit

Im Folgenden eine Predigt des ehemaligen Kardinals Joseph Ratzinger und späteren, nun emeritierten, Papstes Benedikt XVI., die dieser am 24. September 1995 in der französischen Benediktinerabtei Sainte-Madeleine in Le Barroux im Rahmen eines von ihm zelebrierten feierlichen Pontifikalamtes im alten Ritus gehalten hat. (vgl. Informationsblatt der Priesterbruderschaft St. Petrus Nr. 55). Die Predigt wurde dokumentiert in der "Umkehr" Nr. 5, Februar 1996.


Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit (1)

Der wassersüchtige Mann des heutigen Evangeliums (Lk 14,1-11; 16. Sonntag nach Pfingsten) ist ein Bild für Adam, für den Menschen nach dem Sündenfall, für uns alle. Wer könnte heute übersehen, dass die Menschheit krank ist? Der große Optimismus der Aufklärung, nun werde in einer Zeit der sozialen und geistigen Freiheit der neue Mensch und eine glücklichere neue Welt erscheinen - dieser Optimismus hat Schiffbruch erlitten. 

Der technische Fortschritt hat die Möglichkeit zum Bösen nicht weniger vermehrt als zum Guten; aber auch jene, die von ihm begünstigt werden, sind nicht glücklicher geworden. Der Mensch ist krank. Eine innere Störung wirkt in ihm, die keiner der Ingenieure der neuen Zeit zu beheben vermag. So stehen wir erneut vor Jesus, der freilich nocht immer wie im Evangelium von einer Welle der Feindseligkeit und der Besserwisserei umgeben ist.

Worin aber besteht die Krankheit des Menschen und welches kann der Weg ihrer Heilung sein? Der zweite Teil des Evangeliums gibt uns eine erste Antwort: Die Krankheit des Menschen rührt davon her, dass er sich einen falschen Platz im Gastmahl Gottes aneignet. Sie beruht darauf, dass jeder der erste sein will und den anderen als Konkurrenten ansieht. 

Die Sünde Adams geht immer weiter, der keinen Gott über sich anerkennen, sondern selbst ein Gott sein wollte und der damit auch sein Menschsein erniedrigte, weil er die Wahrheit verkehrte; weil er die Grundbeziehung zerstörte, auf der das Gleichgewicht und die Schönheit menschlichen Lebens beruht: das Geliebtsein von Gott.

Die Sünde des Menschen ist, was die Alten Hybris nannten. Das ist mehr, als wir noch mit dem Wort Hochmut auszudrücken vermögen. Denn Hybris bedeutet mehr als eine moralische, es ist eine theologische Kategorie: Das Aufbegehren gegen Gott; die Selbstherrlichkeit, die nicht möchte, dass Gott mich sieht, weil er als Störung meiner eigenen Freiheit und meiner Größe erscheint.

Die Heilung besteht dann im Gegenteil zur Hybris; in jenem Gegenteil, das wir gewöhnlich Demut nennen. Aber auch hier sagt unser modernes Wort viel zu wenig. Was Demut wirklich ist, müssen wir von Christus her neu verstehen lernen. (weiterlesen)


(Teil 2, 3, 4, 5)

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Mittwoch, 10. April 2013

Klugheit

Die Klugheit ist etwas anderes als Schlauheit. Klugheit ist nach der griechischen philosophischen Tradition die erste Kardinaltugend. Sie bedeutet den Primat der Wahrheit, die durch die „Klugheit“ Maßstab unseres Handelns wird.

Klugheit verlangt die demütige, zuchtvolle und wache Vernunft, die sich nicht von Vorurteilen blenden läßt; nicht nach Wünschen und Leidenschaften urteilt, sondern die Wahrheit sucht, auch die unbequeme Wahrheit. Klugheit bedeutet, nach der Wahrheit zu suchen und zu handeln. Der kluge Knecht ist zuallererst ein Mensch der Wahrheit, der redlichen Vernunft.

Gott hat uns durch Jesus Christus das Fenster der Wahrheit weit geöffnet, das uns von unseren eigenen Kräften her oft schmal und nur teilweise durchsichtig bleibt. Er zeigt uns in der Heiligen Schrift, im Glauben der Kirche die wesentliche Wahrheit über den Menschen, die unserem Handeln die rechte Richtung gibt.


Papst Benedikt XVI. in einer Predigt 12.09.2009



Foto: FW

Montag, 25. März 2013

Suchet zuerst das Reich Gottes...

Von John Henry Newman

Im Evangelium werden die Jünger arm genannt, verachtet, schwach und hilflos: so waren vor allem die Apostel; bei den Propheten dagegen, besonders bei Isaias, wird das Reich als wohlhabend, blühend, geehrt, mächtig und glücklich bezeichnet.

Das ist so sehr die Sprache der Prophezeiungen, dass die Apostel vor der Erleuchtung durch den Herrn meinten, dass sie als Herrscher in Seinem Reich die Güter dieser Welt erben würden. Sie erlagen der Versuchung, nach einem Throne auszuschauen gleich dem Throne Davids und nach einem Königspalast gleich dem Salomons: Ganz anders freilich ist das Wesen des Reiches Christi.

Allmählich erst verstanden sie die Wahrheit, dass nämlich unter dem Evangelium jene, die nach solch einem Throne und solch einem Palast ausschauen, sie niemals erhalten, oder wenn doch, dann nur zu ihrem Schaden, nicht zu ihrem Segen.

Wahrlich, so war es von der göttlichen Vorsehung bestimmt, dass das Reich des Evangeliums ein bedeutendes Sittengesetz verkörpert, das allen wohlbekannt ist, die sich mit dieser Frage beschäftigten.

Tugend und Güte bringen es allein zuwege, dass die Menschen mächtig werden in dieser Welt; die aber auf Macht ausgehen, haben keine Tugend. Wiederum: Die Tugend hat ihren Lohn in sich, und in ihrem Geleite sind die wahrsten und höchsten Freuden; die sie aber um der Freuden willen pflegen, sind selbstsüchtig, nicht fromm, und gelangen nie zur Freude, weil sie keine Tugend haben.

So ist es mit der Kirche Christi. Suchte sie Macht, Reichtum und Ehre, so hieße das, aus der Gnade fallen, - doch es ist nicht weniger wahr, dass sie diese Güter haben wird, obwohl sie sie nicht erstrebt, oder besser, wenn sie sie nicht erstrebt.

Denn wenn die Menschen uneigennützige Güte sehen und Heiligkeit, die keine selbstsüchtigen Ziele kennt, und Gewissenhaftigkeit,die streng an das Pflichtgefühl gebunden ist, und Glauben, der diese Welt für die nächste preisgibt, dann können sie nicht umhin, jenen, die diese Vorzüge aufweisen, das zu geben, auf was sie freiwillig verzichten und um was sie nicht bitten - Vertrauen und Einfluß.

Wer sich zurückzieht, den sucht man auf: wer sich um Gunst bemüht, der wird verachtet. Satan bot unserem Herrn alle Königreiche der Welt, Er jedoch wies den Bösen zurück: vom Vater aber erlangte Er, was Er dem Versucher gegenüber ausschlug.

Und so ergeht es allen Seinen Jüngern. Die Heiligen leben in Sack und Asche; aber man begräbt sie in Seide und Edelstein. Die Kirche weist die Güter dieser Welt zurück, aber diese Güter fließen ihr ungebeten zu. Macht und Einfluß, Vertrauen, Ansehen und Reichtum fließen ihr zu, weil sie nicht darum bittet; sie hat sie, weil sie sie nicht sucht, - sucht sie sie aber, dann verliert sie sie.

Sie kann die Anhäufung irdischer Güter nicht hindern, es sei denn, sie suchte sie oder machte sich Sorge um sie. Die Menschen gehen darauf aus, sie zu berauben,wenn sie sehen, dass sie diese hochschätzt.Sie beneiden sie darum, wenn sie ihnen Wert beimisst. Sie missgönnen sie ihr und sind ihr gram darob, wenn sie sehen, dass ihre Diener sie für sich selbst verschwenden, für ihre eigene Person, für ihre Familien, für ihre Verwandten und Untergebenen, wenn sie damit ihr Eigentum vermehren, sie entweihen und sie testamentarisch für nicht fromme Zwecke hinterlassen.

Dadurch allerdings kann sich die Kirche vor Macht und Würde bewahren, dass sie sie zum unmittelbaren Ziel ihrer Gedanken macht. Und dies meinten die Apostel im Anfang auch machen zu müssen. So ist es auch mit den Reichen dieser Welt. Eikommen und Eigentum, Tribut und Steuer, das sind gewichtige Dinge, unentbehrlich für Staat und Regierung; Macht, Würde, Ehre, Reichtum und Glanz: das sind hohe Werte bei den Menschenkindern.

So aber darf es bei uns nicht sein. "Demütigung geht der Ehre voraus" [Spr 15,33]. "Ihr wisst", sagt unser Herr, "dass die Fürsten der Heiden Herrschaft ausüben über sie und die Großen Gewalt über sie haben. Bei euch aber sei es nicht so; wer immer unter euch groß werden will, der sei euer Diener; Und wer unter euch der Erste sein will, der sei Euer Knecht; gleichwie der Menschensohn nicht gekommen ist, Sich bedienen zu lassen, sondern zu bedienen und sein Leben zu geben als Lösepreis für viele" ( Mt 20,25-28). (...)

Wie lautet ferner das Gebot hinsichtlich der Reichtümer dieser Welt? "Liebet nicht die Welt, noch das, was in ihr ist; wenn jemand die Welt lieb hat, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Denn alles, was in der Welt ist, das ist die Begierlichkeit des Fleisches, die Begierlichkeit der Augen und die Hoffart des Lebens, was nicht vom Vater, sondern von der Welt ist" (1 Jo 2,15.16). Das ist das Gesetz für die Kirche.

Nun wollen wir vom Propheten hören, was die Folge davon ist. "Eine Flut von Kamelen wird dich bedecken. Dromedare aus Madian und Epha; aus Saba kommen alle, opfern Gold und Weihrauch und verkünden das Lob des Herrn" (Is 60,6).

Bedeutet das nicht, dass Gold und Silber der Kirche zufließen und von ihr angenommen werden dürfen, wenn sie sie zum Lob des Herrn verwendet, - dass diese aber augenblicks, da sie um ihretwillen geliebt werden, zu ihrem ursprünglichen Staub zurückkehren, ihre Weihe verlieren und so "nicht vom Vater, sondern von der Welt"sind. (...)

Das also ist das Gesetz des Reiches Christi, das der Widerspruch, wie er sich in seiner Geschichte zeigt. Es gehört den Armen im Geiste, es gehört den Verfolgten, es wird in Besitz genommen von den Sanftmütigen und getragen von den Geduldigen. Es siegt im Leiden, dringt vor durch Rückzug, wird weise durch Torheit.


John Henry Newman: Predigten Bd. 9; Sarto Verlag Stuttgart 2002; Reprint der Ausgabe von 1958; S 271-276: aus einer Predigt über Is 11,4 "Heiligkeit, das Merkmal des christlichen Weltreiches" (s. Quellen)


(Hervorhebungen durch Fettdruck von FW)



"Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach." (vgl. Mt 19,21; Mk 10,21; Lk 12,33; Lk 18,22)

"Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit; dann wird euch alles andere dazugegeben. Sorgt euch also nicht um morgen; denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat genug eigene Plage." (Mt 6,33f)

Sonntag, 17. März 2013

Papst Franziskus: "Benedikt XVI. hat in uns eine Flamme entzündet"

"Mit großer Zuneigung und tiefer Dankbarkeit denke ich an meinen verehrten Vorgänger Benedikt XVI., der in diesen Jahren seines Pontifikats die Kirche mit seiner Lehre, mit seiner Güte, seiner Leitung, seinem Glauben, mit seiner Demut und seiner Sanftmut bereichert und gestärkt hat. Das bleibt als spirituelles Erbe für alle erhalten.

Das Petrusamt, das er mit völliger Hingabe gelebt hat, hatte in ihm einen weisen und demütigen Ausleger, der den Blick immer auf Christus, auf den auferstandenen Christus richtete, der in der Eucharistie gegenwärtig und lebendig ist.

Unser inständiges Gebet, unsere unaufhörliche Erinnerung und unsere unvergängliche und herzliche Dankbarkeit werden ihn stets begleiten. Wir spüren, dass Benedikt XVI. tief in unseren Herzen eine Flamme entzündet hat. Diese brennt weiter, weil sie von seinem Gebet genährt wird, das die Kirche auf ihrem geistlichen und missionarischen Weg stützen wird."




Bild: Papst Benedikt XVI. (jetzt em.) empfängt den damaligen Kardinal J.M. Bergoglio SJ, jetzt Papst Franziskus

Montag, 11. März 2013

Autopflege...

Heute hat man keine besondere Lust dazu, sich vor Gott klein zu fühlen. Der Mensch ist bis zum Mond vorgestoßen, er hat seine Füße darauf gesetzt, und er sagt: "Ich bin groß, Ich mache den Fortschritt. Ich werde viel Neues entdecken. Ich habe die ganze Welt in der Hand." Es ist richtig , und es ist großartig so.

Alle Wissenschaften und der ganze Fortschritt dieser Welt können uns zwar sagen, woraus die Welt gemacht ist, woraus der Mensch besteht, aber sie werden niemals in der Lage sein, uns Antwort zu geben auf die Frage: Zu welchem Zweck, warum bin ich auf dieser Welt? Weshalb das Leid? Denn auf diese Fragen gibt nur Christus eine Antwort: Du bist ein Pilger auf dieser Welt, du bist nur auf der Durchreise, dein Vaterland ist bei Ihm."

Manche Menschen aber wollen nicht klein sein, deshalb sagen sie: "Ich will von Gott nicht ausgebeutet werden." Aber wenn Gott uns aufträgt, ihm zu dienen, wenn er uns auffordert, seine Gebote zu beachten, dann ist das keine Ausbeutung, denn es ist nicht zu seinem, sondern zu unserem Vorteil.

Als ich noch Bischof in Vittorio Veneto war, habe ich einmal ein Auto gekauft. Der Verkäufer sagte zu mir: "Bitte, sehen Sie, der Wagen ist völlig in Ordnung, aber achten Sie auf ihn. Verwenden Sie kein Normalbenzin, sondern tanken Sie Super. Und auch das Öl, nur ja kein x-beliebiges!" Ich hätte ihm entgegnen können: "Hören Sie, ich habe das Auto bezahlt, nicht wahr? Lassen Sie mich nur machen!" Und er darauf: "Machen Sie nur, aber es ist nicht meine Schuld, wenn Sie morgen Schiffbruch erleiden." Was, wenn ich nun gesagt hätte: "Benzin schmeckt mir nicht, und erst der Geruch! Ich schütte lieber Sekt hinein, der schmeckt mir. Und was Ihr Öl angeht, behalten Sie es, Marmelade schmeckt mir besser." - "Bitte, nur zu", hätte er schließlich geantwortet, "aber lassen Sie mich dann wissen, was dabei herausgekommen ist."

So hat es Gott gemacht. Er ist unser Schöpfer, er hat uns dieses Auto gegeben: die Seele, den Leib. "Gut ist es und nützlich", hat er gesagt. "Passt darauf auf und tut, was ich gesagt habe!" Es ist zu unserem Vorteil. Wenn ich sage: "Deine Gebote gehen mich nichts an", dann ist nicht Er es, dem es schlecht geht, sondern ich bin es, der den Schaden hat.


Albino Luciani (Papst Johannes Paul I.)  in: AveMaria - Gedanken zur Mutter des Herrn; Styria Verlag Graz, Wien Köln; AD 1996; S. 57/58 (s. Quellen)


Bild: Bergpredigt im Schwarzwald; Rudolf Yelin d. Ä. (1864–1940); wikimwdia commons

Freitag, 22. Februar 2013

Die Demut des Glaubens

Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit (3)

Fortsetzung von hier

Der erste Platz, auf den wir uns (...) zu setzen meinten, hat uns nicht gut getan. Die Seele muss wieder atmen lernen. Der innere Mensch muss wieder wachsen, und auch in der Kirche gilt das. Denn auch in ihr gibt es zu viel Aktion, zu viel Politik und zu wenig Innerlichkeit. Auch in ihr ist Innerlichkeit als Flucht verdächtigt worden.

Wie aber wächst der innere Mensch? Paulus sagt uns dazu dreierlei. An erster Stelle ist der Glaube nötig, der die Tür für Christus auftut, so dass er mit seiner heilenden Kraft hereintreten kann. Glaube ist im tiefsten ein Akt der wahren Demut: Ich anerkenne, dass mein eigenes Denken und Können nicht ausreicht. Ich unterwerfe mich dem Herrn und lasse mir von ihm sagen, was ich nur durch ihn erkennen kann.

Dieses Kleinwerden vor Gott ist zugleich eine Sache der Ehrlichkeit: Ich kann eben nicht auskommen ohne Gott, weder im Bereich des Erkennens noch im Bereich des Tuns. Nur indem ich mich beuge, fange ich an, wahr zu werden; nur so wird mein Leben recht. Denn mit der Demut zieht auch Güte in mein Herz ein, die Fähigkeit, den anderen anzunehmen, ihm zu helfen und mir helfen zu lassen.

Jesus hat die Kleinen seliggepriesen; sie haben gesehen, was den Weisen und Verständigen verborgen blieb (Mt 11,25; Lk 10,21). Wenn die Größe des Verstandes zur Selbstherrlichkeit wird, die sich nicht mehr beugen kann vor dem größeren Gott, dann führt sie zur Blindheit dem Wesentlichen gegenüber.

Wir wollen den Herrn bitten, dass er uns diese rettende Demut des Glaubens schenkt, die der erste und grundlegende Schritt unserer inneren Gesundung ist. Demut des Glaubens aber heißt: Gott so annehmen, wie er sich zeigt. Er zeigt sich uns in der verwundeten und zerschlagenen Gestalt der Kirche.

Nicht wir entscheiden, was letztlich der Sinn der Schrift ist, nicht wir entscheiden, was Offenbarung ist. Die Kirche lehrt es uns. Demut vor Gott bliebe abstrakt, wenn wir schließlich selbst bestimmen würden, was Gott sagt und wo Gott ist. Nein, Gottes Sohn hat Leib angenommen in Christus, und seine Leibhaftigkeit bleibt die Jahrhunderte hindurch ganz real in der Kirche.

Das ist der Skandal für unseren Verstand. Wir möchten es besser wissen, aber nur im Mitglauben mit der Kirche glauben wir wirklich. Nur so beugen wir uns vor dem größeren Gott, der gerade im Kleinwerden groß ist. (weiterlesen)



Joseph Kardinal Ratzinger in einer Predigt vom 24.09.1995 in der Benediktinerabtei Sainte-Madeleine in Le Barroux anlässlich eines feierlichen Pontifikalamtes im alten Ritus (Teil 1, 2, 4, 5)



 Hervorhebung durch Fettdruck von FW

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