Posts mit dem Label Orthodoxie werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Orthodoxie werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Montag, 7. April 2014

Es gibt keinen Gegensatz zwischen Pastoral und Dogmatik

Nur auf Grundlage der Dogmen ist eine wahrhaftige Pastoral möglich. Michael Gurtner beschäftigt sich in einem Gastkommentar für das katholische Nachrichtenportal kath.net mit der Beobachtung, dass - in zunehmendem Maße - die "gute, barmherzige, am Menschen orientierte Pastoral" gegen das "böse, hartherzige, den Menschen einengende oder ausschließende Dogma" ausgespielt wird und in manchen kirchlichen Kreisen die Qualität und Tauglichkeit von Geistlichen sich an dieser Unterscheidung orientiert.

Aber es gibt im katholischen Glauben de facto keinen Gegensatz zwischen Pastoral und Dogmatik. Michael Gurtner enttarnt die Bevorzugung einer angeblich von Dogmen unabhängigen Pastoral als eine Methode, um unliebsame Glaubensinhalte unglaubwürdig darzustellen und sich ihrer letztlich zu entledigen. Er schreibt:
"In letzter Zeit beobachtet man in Beiträgen und Interviews von Theologen und Geistlichen aller Ränge gehäuft eine reichlich seltsame Argumentationsfigur, welche uns in deren inneren Grundstruktur eigentlich schon aus so manchen Slogans der Kirchenrevolten der 60er Jahre, und in deren Verlängerung auch aus denen der verschiedenen Reformgruppen („Wir sind Kirche“, Pfarrerinitiative, usw.) bekannt ist. Gemeint ist die platte Antipodisierung von der guten Pastoral einerseits und der bösen, dunklen Dogmatik andererseits (dasselbe gilt auch für das Kirchenrecht und zumindest zum Teil für die Liturgiewissenschaft).
Konkret finden wir dies, wenn Geistliche dann als besonders qualitätsvoll bewertet werden, weil sie „nicht vom Dogma ausgehen und nicht am Kirchenrecht festklammern, sondern vom Menschen ausgehen“. Dieselbe Forderung wird auch dann immer erhoben, wenn es um eine gewünschte Änderung der kirchlichen Lehre oder Praxis geht, wobei man implizit die Attribute „gut“ und „barmherzig“ den „pastoral orientierten“ zuordnet, welche im Gegensatz dazu nicht „böse“ und „hartherzig“ am Dogma festhalten. Dieser Gegensatz ist künstlich konstruiert, um bestimmte unbeliebte Lehren der Kirche in einem negativen Licht darzustellen. Es ist der Versuch der Befreiung von bestimmten Glaubensinhalten."

Der volle Wortlaut des Gastbeitrags: hier.


Weiteres zum Thema "Das Verhältnis von Dogmatik und Pastoral":

+      +      +


Donnerstag, 16. Januar 2014

Kein christliches Leben ohne christlichen Glauben - Die Notwendigkeit, sich den Glauben wieder neu anzueignen und zu verwirklichen



Glaube und Leben

Das Kennzeichen des Christen ist der christliche Glaube und das christliche Leben. Beide, Glaube und Leben, gehören - wie Wissen und Wirken - zueinander. Der christliche Glaube ist die Voraussetzung des chrsitlichen Lebens, und das christliche Leben ist die Frucht und Vollendung des Glaubens (1). Christliches Leben ohne christlichen Glauben ist unmöglich, und christlicher Glaube ohne christliches Leben ist unfruchtbar (2).

Zwar scheint es heute, als sei christliches Leben möglich ohne den christlichen Glauben; es scheint, als könne eine christliche Ordnung des Lebens unabhängig vom lebendigen Glauben an Christus verwirklicht werden. Tatsächlich aber ist dieses äußerlich christliche Leben nur denkbar als Nießbrauch einer Erbschaft, als Zehren von dem überkommenen Erbe des lebendigen Glaubens unserer Väter, aus dem sie ihr Leben gestaltet, Volksordnung und Sitte geprägt haben. Dies Erbe aber ist in Gefahr, völlig aufgezehrt zu werden, wenn es nicht aus wiederum lebendigem Glauben erneuert wird.

Darum heißt Christ sein in dieser Zeit und in unserem Volke: christliches Leben aus der Gnade eines neu angeeigneten und neu zu eigen gewonnenen Glaubens wieder von seinem Ursprung her zu verwirklichen: Der Christ "lebt aus dem Glauben" (Röm 1,17).


aus Josef Pieper/Heinz Raskop: Katholische Christenfibel; Verlag J.P. Bachem Köln; AD 1940; S. 5-7 (s. Quellen)


Anm. von FW (nicht im Originaltext):
(1) vgl. Gal 5,6
(2) vgl. Jak 2,17.26



Zum Thema "Christlicher Glaube - Neuevangelisierung":


Und auch:


Foto: Seitenaltar (Herz Jesu / Schutzengel) in der Benediktinerabtei Ottobeuren

Montag, 16. Dezember 2013

Pastorale Wege nur im Licht der Wahrheit der Glaubenslehre möglich


Die heute üblich gewordene Entgegensetzung von Lehre und Pastoral kann nicht der Weg der Kirche sein, da ein solcher Gegensatz dem Wesen des Kircheseins widerspricht. Neue Wege der Pastoral können nur im Licht der Wahrheit der Glaubenslehre gefunden werden.
Kurienkardinal Kurt Koch am 16.12.2013 in einem lesenswerten Interview mit dem katholischen Nachrichtenportal kath.net

Ähnlich hatte sich der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, in seiner Darlegung der kirchlichen Lehre zur Zulassung von zivil wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion ("Zeugnis für die Macht der Gnade") geäußert:
Eine verantwortungsvolle Pastoral setzt eine Theologie voraus, die sich "dem sich offenbarenden Gott mit Verstand und Willen voll unterwirft und seiner Offenbarung willig zustimmt" (II. Vatikanisches Konzil, Konstitution Dei Verbum, Nr. 5). Um die authentische Lehre der Kirche verständlich zu machen, müssen wir vom Wort Gottes ausgehen, das in der Heiligen Schrift enthalten, in der kirchlichen Tradition ausgelegt und vom Lehramt verbindlich interpretiert wird.

Viele ungehorsame Priester und hauptamtlich in der Kirche Tätige und sogar katholische deutsche Bischöfe (z. B. Reinhard Kardinal Marx (München), Bischof Stephan Ackermann (Trier), Erzbischof em. Robert Zollitsch (Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz), Bischof Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart), Bischof Ludwig Schick (Bamberg) und Kurienbischof Walter Kasper...) widersetzen sich der Lehre der Kirche und widersprechen der evangelischen Lehre Jesu Christi, indem sie auch hartnäckig in objektiv schwerer Sünde Verharrenden (z. B. zivil wiederverheirateten Geschiedenen) ohne Zeichen einer Bekehrung zur Kommunion zulassen. Die Praxis, dass zivil wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion hinzutreten, ist nach Aussage vieler Priester und Bischöfe die Normalität in deutschen Pfarreien.
 
Dass der Empfang der heiligen Kommunion aber nur dann in der Seele des Kommunizierenden wirksam werden und sein Heil wirken kann, nicht aber wenn der Kommunizierende nicht im Stand der heiligmachenden Gnade steht (z. B. durch Unbußfertigkeit nach einer Todsünde), wird den Betroffenen verschwiegen. Vielmehr handelt es sich dann um ein Sakrileg, eine unwürdige Kommunion, die wie die Todsünde weiterhin vom Reiche Gottes ausschließt (vgl. KKK 1385, 1395 und 1861). Der Ernst dieser Gefahr scheint den Betroffenen oft nicht klar zu sein, auch deswegen, weil sie von den ungehorsamen Seelsorgern verschwiegen oder gar bestritten wird.


"Das Grundsätzliche ist nicht, wie so mancher angebliche "Praktiker" meint, überflüssige Theorie, sondern Klärung und Festigung des "Grundes", auf dem alles ruht - auch die rechte Praxis." (Romano Guardini)

Weiteres zum Thema "Pastoral vs Lehre":

Samstag, 5. Oktober 2013

Entweltlichung und Weltoffenheit (II)

Von P. Bernward Deneke  FSSP, Wigratzbad

(Fortsetzung von hier)

Um den Zusammenhang von Entweltlichung und Weltoffenheit, den Papst Benedikt in seiner Freiburger Ansprache herstellt, begreifen zu können, mögen wir uns an bestimmte Gestalten des christlichen Mönchtums erinnern. Beispielsweise an das Starzentum der Ostkirche. Unter einem Starez versteht man einen Mann, der durch das klösterliche und einsiedlerische Leben gegangen ist und es im Zusammenwirken mit der Gnade bis zu einem hohen Maß an Gottverbundenheit und Weisheit gebracht hat. Nach langer Zeit der Zurückgezogenheit haben solche Starzen oft ihre bislang streng verschlossenen Klausen für die Menschen geöffnet, die dann auch, nahezu magisch angezogen, mit ihren vielfältigen Anliegen und Nöten zu ihnen kamen – gläubige und fromme Christen ebenso wie Laue und Fernstehende. Manche Starzen wurden, ohne das freilich zu erstreben, zu berühmten Beratern mit erheblichem Einfluss in der Welt. 

Weshalb? Wegen der besonderen Nähe ihres Lebens zur „Lebenswirklichkeit“ ihrer Zeitgenossen? Nein, vielmehr aus dem gegenteiligen Grund: Weil diese Männer in ihrer kompromisslosen Abwendung von der weltlichen Welt und ihrer Hinwendung zur höheren Welt von selbstsüchtigen Interessen derart frei geworden waren, dass sich die Menschen bei ihnen ganz sicher aufgehoben wussten. Hier fühlten sie sich nicht anders betrachtet als mit dem untrüglichen, doch unendlich wohlwollenden Blick des Herrn, hier fanden sie sich umfangen von einem reinen Vaterherzen nach dem Herzen Gottes. 

So bringt also gerade die Entweltlichung des Starez, seine Loslösung von allen menschlich-allzu-menschlichen Vorstellungen und Beweggründen, in ihm eine besondere Weltoffenheit hervor und macht den geheimnisvollen Austausch möglich, bei dem er die Sorgen und Leiden der Menschen gleichsam übernimmt und ihnen dafür den wahren Frieden schenkt. Von einem solchen commercium sprach denn auch Benedikt XVI. in seiner „Entweltlichungsrede“: einem „Tausch zwischen Gott und den Menschen (...), in dem beide – wenn auch auf ganz verschiedene Weise – Gebende und Nehmende, Schenkende und Empfangende sind.“ Die Kirche sei in diesen Vorgang als Werkzeug einbezogen, da sie den „heiligen Tausch, der mit der Menschwerdung begonnen hat“, weiterführen und gegenwärtig halten solle, indem sie die Sorgen der Menschen, ja der ganzen erlösungsbedürftigen Welt teile und sie sich erlösend zu eigen mache. 

Offensichtlich denkt sich Papst Benedikt die heilige Kirche eher gleich einem Starez als einem Coach, der mit allen Wassern der Weltlichkeit gewaschen ist, deshalb aber auch nicht mehr denn Diesseitiges zu geben vermag. Ähnlich dem Mönch würde die Kirche ihre göttliche Sendung verfehlen, wenn sie „sich in dieser Welt einrichtet, selbstgenügsam wird und sich den Maßstäben der Welt angleicht“, wenn sie „Organisation und Institutionalisierung größeres Gewicht als ihrer Berufung zur Offenheit“ gibt. Daher die nötige „Anstrengung (...), sich von der Weltlichkeit der Welt zu lösen“, treu dem Wort Jesu: „Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin“ (Joh 17,16). Nicht zuletzt die Geschichte zeigte für Benedikt XVI. die Richtigkeit der Einsicht: „Das missionarische Zeugnis der entweltlichten Kirche tritt klarer zutage“; sie „kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden, wirklich weltoffen sein. Sie kann ihre Berufung zum Dienst der Anbetung Gottes und zum Dienst des Nächsten wieder unbefangener leben.“ 

Solche Haltung wollte der Papst keineswegs als „eine neue Taktik“ verstanden wissen, „um der Kirche wieder Geltung zu verschaffen“, entsprechend der zutreffenden Einsicht, dass die Welt einer Kirche, die ihr nicht mehr den Rücken zukehrt, alsbald ihren eigenen Rücken zukehren wird... Eine entweltlichte Kirche, die in ungebrochener Treue an der Wahrheit und der anspruchsvollen Moral der göttlichen Offenbarung festhält, wird ja für die Anhänger des Zeitgeistes zwangsläufig ein weitaus größeres Ärgernis sein als die verweltlichte Kirche; ein Ärgernis, ähnlich dem des Kreuzes, das gerade in seiner völligen Überwindung der Welt die größte Öffnung der Liebe Gottes zu ihr hin bedeutet. 

Jeder gläubige Christ wird zustimmen: Lieber das Skandalon der Entweltlichung als die Skandale der Verweltlichung, namentlich die Verdrehung der Glaubens- und Sittenlehre, der Abfall von Priestern und Ordensleuten, die Spektakel und Greuel an Heiliger Stätte, der Kindsmissbrauch durch Geistliche und die kirchlich vertriebene Pornographie! Lieber eine Starez-Kirche, die durch ihre Hinwendung zu Gott allen Suchenden offensteht, um ihnen in Lauterkeit und Heiligkeit die ewigen Wege zu weisen, als eine verdiesseitigte Kirche, die ihre Identität den aktuellen Strömungen opfert und mit ihrer aufgedonnerten Organisationstätigkeit doch nur geistliche Konkursverwaltung betreibt! 



Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS) 


Papst Franziskus zur "Entweltlichung" der Kirche:

„Sie (Anm. die Kirche) muss sich heute einer sehr ernsten Gefahr entkleiden, die jede Person in der Kirche bedroht, alle: die Gefahr der Weltlichkeit. Der Christ kann nicht mit dem Geist der Welt zusammenleben. Mit einer Weltlichkeit, die uns zur Eitelkeit führt, zur Anmaßung, zum Hochmut. Und das ist ein Götze, das ist nicht Gott. Es ist ein Götze. Und die Götzendienerei ist die stärkste Sünde. (...)
 
Es wäre wirklich lächerlich, wenn ein Christ, ein wahrer Christ, wenn ein Priester, eine Ordensfrau, wenn ein Bischof, ein Kardinal, wenn der Papst auf diesem Weg der Weltlichkeit gehen wollten, was ein mörderisches Unterfangen wäre. Die geistliche Weltlichkeit tötet. Sie tötet die Seele! Sie tötet die Personen! Sie tötet die Kirche!“


Papst Franziskus am 04.10.2013 in Assisi im "Raum der Entkleidung des hl. Franziskus von Assisi" (Quelle: "Die Tagespost" am 05.10.2013)



+      +      +

Entweltlichung und Weltoffenheit (I)


Von P. Bernward Deneke  FSSP, Wigratzbad

Benedikt XVI., der feinsinnige, differenzierende Theologenpapst, war gewiss kein Mann eingängiger Parolen. Dennoch fand er immer wieder Formulierungen, markant und prägnant genug, um die Überschrift für öffentliche Diskussionen zu liefern. So bei seinem Deutschlandbesuch, als er am 25. September 2011 in Freiburg eine „Entweltlichung“ der Kirche ins Gespräch brachte. Kein anderer Ausdruck seiner vielen Reden dieser Reise ist in ähnlicher Weise hängen geblieben. 

Wer einer Aussage gerecht werden will, muss freilich den Kontext beachten. Der Papst ging von den Krisensymptomen im kirchlichen Leben aus, durch die die Frage aufgeworfen werde: „Muss die Kirche sich nicht ändern? Muss sie sich nicht in ihren Ämtern und Strukturen der Gegenwart anpassen, um die suchenden und zweifelnden Menschen von heute zu erreichen?“ Nach der Feststellung, zuallererst sei eine persönliche Reform jedes einzelnen Christen nötig, sprach Papst Benedikt vom Sendungsauftrag der Kirche und den Hindernissen, die sich ihm in den Weg stellen. Er erwähnte die „Ansprüche und Sachzwänge der Welt“, durch die „das Zeugnis verdunkelt“, „die Beziehungen entfremdet“ und „die Botschaft relativiert“ werde. Daher die Forderung an die Kirche: „Um ihre Sendung zu verwirklichen, wird sie immer wieder auf Distanz zu ihrer Umgebung gehen. Sie hat sich gewissermaßen zu ent-weltlichen“. 

Damit war das Stichwort gefallen. Ein Stichwort, das viel Zustimmung fand, aber auch Kritik von unerwarteter Seite auf den Plan rief. Denn ausgerechnet kirchliche Kreise, denen die Entwicklung der Christenheit seit Kaiser Konstantin als Irrweg gilt und die vom „finsteren Mittelalter“ bis in die jüngste Vergangenheit eine vermeintliche Hörigkeit des Episkopates und Klerus gegenüber den Mächtigen dieser Welt beklagen; Kreise, die die Verfilzung von Religion und Politik anprangern und den Katholiken während des Nationalsozialismus ihr angeblich schweres Versagen vorwerfen – ausgerechnet solche Kreise wollen jetzt von einer Entweltlichung der Kirche nichts wissen! 

Nicht nur, dass sie darin einen Rückschritt hinter das Zweite Vatikanum, ja einen Verrat an dessen wichtigsten Errungenschaften, an der schwer erkämpften Weltoffenheit und der positiven Wertung der modernen Kultur, wittern. Sie sind sich auch sicher, dass eine entweltlichte Kirche den Kontakt mit der Lebenswirklichkeit der heutigen Menschen verlieren und sich fast zwangsläufig zu einem sonderbaren, realitätsfernen, klerikalistischen, fundamentalistischen, schlimmstenfalls sogar sektiererischen Verein entwickeln werde. (Von den sehr konkreten Interessen jener Kreise, die bei Entweltlichung vor allem finanzielle Einbussen durch Wegfall der Kirchensteuern fürchten und als Folge den Einbruch ihres reichlich aufgedunsenen, schwerfälligen Pastoral- und Gremien-Apparates, sei hier einmal abgesehen...) 

Nun die Frage: Wollte Benedikt XVI. uns tatsächlich in ein Abseits führen? In die heiligen Haine frommer Selbstgenügsamkeit, in eine entweltlichte Scheinwelt abgehobener Lehren und Riten? Oder in ein Ghetto, in dem die bewusst dummgehaltene Herde der Willkür ihrer selbstherrlichen Hirten ausgeliefert ist? Nichts weniger als das. Der Papst erstrebte mit der Entweltlichung das genaue Gegenteil von Abkapselung und Verschlossenheit und führt zur Begründung seines Standpunktes theologische Gedanken ins Feld, von denen in der Fortsetzung dieses Artikels die Rede sein soll.

Zunächst aber geht es bei alledem um die Freiheit des kirchlichen Zeugnisses, das durch die Verflechtung mit der Welt, die Abhängigkeit von ihren Herren und deren Gunst deutlich beeinträchtigt wird. Man fühlt sich an ein altes Volkslied aus Siebenbürgen (Anfang 16. Jahrhundert) erinnert. Der Transfer von dem darin beschriebenen Gespräch zwischen einem freien Singvogel und einem reichen Mann, der das Tier mit Kostbarkeiten an sich binden will, auf das Verhältnis von Kirche und Welt fällt nicht schwer:
„Es saß ein klein wild Vögelein auf einem grünen Ästchen./ Es sang die ganze Winternacht, sein Stimm’ tät laut erklingen. – „O sing mir noch, o sing mir noch, du kleines, wildes Vöglein!/ Ich will um deine Federlein dir Gold und Seide winden.“ – „Behalt dein Gold und deine Seid', ich will dir nimmer singen./ Ich bin ein klein wild Vögelein, und niemand kann mich zwingen.“ – „Geh du herauf aus diesem Tal, der Reif wird dich auch drücken!“/ „Drückt mich der Reif, der Reif so kalt, Frau Sonn’ wird mich erquicken.“ 

Offensichtlich war Papst Benedikt XVI. mit dem Vögelein des Liedes der Überzeugung, der Gesang in der Freiheit Gottes, möglichst unbeschwert durch weltlichen Ballast und getragen vom Vertrauen auf die liebende Sorge Gottes in allen Widrigkeiten, sei dem Zwitschern im goldenen Käfig vorzuziehen. Geschichte wie Gegenwart der Kirche erweisen die Richtigkeit dieser Überzeugung.

Fortsetzung: Teil 2


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers

- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)

Dienstag, 18. Juni 2013

Redefreiheit?


"Niemals ist über das Wesen des Menschen so wenig diskutiert worden wie heute, da zum ersten Mal jedermann darüber reden darf. Die alte Einschränkung bedeutete, dass nur die Rechtgläubigen über Religion reden durften. Die moderne Freiheit bedeutet, dass niemand mehr darüber reden darf."


G.K.Chesterton in "Ketzer"; Insel Verlag Berlin 2012, S. 14

Sonntag, 10. Februar 2013

Die Notwendigkeit von Prinzipien


"Das Grundsätzliche ist nicht, wie so mancher angebliche "Praktiker" meint, überflüssige Theorie, sondern Klärung und Festigung des "Grundes", auf dem alles ruht - auch die rechte Praxis." 
Romano Guardini
in "Das Recht des werdenden Menschenlebens"
Rainer Wunderlich Verlag Hermann Leins, Stuttgart und Tübingen, 1949
s. auch hier!


Anm.: Der Beitrag R. Guardinis, dem das Zitat entnommen ist, erschien auch in der Schriftenreihe "Zeitfragen" des Presseamtes des Erzbistums Köln (Nr. 9) unter dem Titel "Das Recht des werdenden Menschenlebens - Zur Diskussion um den § 218 des Strafgesetzbuches"; zuvor erschienen im Jahre 1949 im Rainer Wunderlich Verlag Hermann Leins, Stuttgart und Tübingen und geht zurück auf einen im Jahre 1947 von R. G. gehaltenen Vortrag zum Thema "Die soziale Indikation", der dann in den "Frankfurter Heften" abgedruckt wurde.

Bild: Steintafeln mit den 10 Geboten; Glasmalerei; mit freundlicher
Genehmigung von www.StainedGlassInc.com
Anm.: 

Sonntag, 2. Dezember 2012

Glauben, egal was?

"Es ist nicht die Frage, wieviele Menschen sich auf dem Papier zur Kirche bekennen – das Bekenntnis zur Kirche ist nur im wahren Glauben gegeben. Die Frage ist also nicht: Wieviele Köpfe sehe ich in der Kirche? Sondern: Wieviele Köpfe, die ich in der Kirche sehe, teilen den rechten Glauben?

Es ist also die Frage danach, wozu die Menschen in die Kirche kommen, und nicht, ob man alle Sitzplätze füllen kann. Das alleine ist noch zu wenig: Ziel muß es sein, jeden Sitzplatz mit jemandem zu besetzen, der den vollen Glauben der Kirche teilt.

Ändert man den Glauben dahingehend, daß das Geänderte von möglichst vielen geteilt wird, hat man nichts erreicht sondern viel verloren, weil es nicht mehr das ist, was das Glaubensgut der Kirche ist. Die Kirche ist keine Demokratie und kann niemals eine solche sein."


Michael Gurtner in einer Antwort auf die "Pro-Vokation - Miteinander die Glut unter der Asche entdecken" (21.10.2012) des Abtes  Martin Werlen OSB von Einsiedeln in der Schweiz (Quelle: kath.net)



Foto: FW

Samstag, 17. November 2012

Das Handeln kann niemals Quelle der Wahrheit sein

"Im dritten programmatischen Artikel von Rainer Bucher, Pastoraltheologe in Graz, wird behauptet, dass bereits die Aussage, dass es sich beim Konzil „bloß“ um ein „Pastoralkonzil“ gehandelt habe, eine „Leugnung“ des Konzils darstellt. Seine pastorale Ausrichtung sei doch gerade der entscheidende Methodenwechsel.

Durch die „innere Durchdringung von Dogmatik und Pastoral“ sei ein neues Verhältnis von Leben und Lehre entstanden: Es könne keine Theologie mehr unabhängig von der Lebenspraxis geben. Darin bestehe der „zentrale Fortschritt des ganzen Konzils. Dies werde auch durch den Titel „Pastoralkonstitution“ unterstrichen, sind doch Konstitutionen „im Sprachgebrauch des modernen Staatsrechts verfassungsgebende Texte.“

Was einst mit den Begriffen „Orthodoxie“ gegen „Orthopraxie“ ausgefochten wurde, wird hier wieder aufgewärmt. Wenn sich die Pastoral ihre eigene Lehre schafft, wird dies mit der völligen Preisgabe des definierten Glaubens enden. Das Christentum würde zur reinen Lebenspraxis herunternivelliert. Das Handeln kann aber niemals Quelle der Wahrheit sein."


Michael Karger in einer kritischen Würdigung des Sonderhefts "Konzil im Konflikt" der Herder Korrespondenz (Spezial) 2/2012, Die Tagespost Nr. 137, 15. November 2012


Weiteres zum Thema:

Montag, 12. November 2012

Orthopraxie vs. Orthodoxie - Erste Hilfe...

Folgenden Kommentar fand ich zu schön für ein Schattenreich-Dasein in den Tiefen einer Combox:

Gegen die perfide andauernde Ausspielerei von Orthopraxie und Orthodoxie hilft am besten die Ohropaxie! 
L. A.





Orthopraxie oder Orthodoxie?

In letzter Zeit hört man zunehmend Stimmen, die die Orthodoxie, die "rechte (authentische) Lehre" gegen die Orthopraxie, das "richtige Handeln" auszuspielen versuchen und dabei letztere als die für den christlichen Glauben angeblich Bedeutsamere hervorheben. Beide Säulen des Glaubens sind aber unverzichtbar und gehören untrennbar zusammen. Es sind zwei Seiten einer Medaille.

Dass die Orthodoxie keineswegs geringer zu achten ist als die Orthopraxie, dafür gibt es zahlreiche Hinweise in der Hl. Schrift, bei den Kirchenvätern, in alten und neueren kirchlichen Dokumenten.

Fulgentius von Ruspe (467-533), zum Beispiel, schreibt im Vorwort zur Schrift "Vom Glauben an Petrus" (De fide ad Petrum): 
"Ich freue mich, daß du für die Erhaltung des wahren, von keinem Irrtum befleckten Glaubens so sehr besorgt bist; denn ohne ihn nützt ein tugendhafter Lebenswandel nichts, ja, er kann überhaupt nicht geführt werden. Sagt doch die Autorität des Apostels, daß es „ohne Glaube unmöglich ist, Gott zu gefallen“. (Hebr. 11, 6)

Denn der Glaube ist das Fundament alles Guten, Der Glaube ist der Anfang des menschlichen Heiles. Ohne ihn kann niemand zur Zahl der Kinder Gottes gehören; denn weder erlangt jemand in diesem Leben die Gnade der Rechtfertigung, noch wird er im zukünftigen das ewige Leben besitzen; wer hier nicht im Glauben wandelt, wird nicht zur Anschauung gelangen. Ohne Glaube ist jede menschliche Anstrengung vergeblich.

Wenn einer ohne den Glauben durch Verachtung der Welt Gott gefallen wollte, so wäre es dasselbe, wie wenn einer, der in seine Heimat will, in der er, wie er weiß, ein glückliches Leben führen wird, den rechten Weg verließe und achtlos einem Irrweg folgte, auf dem er nicht zur Stadt seines Glückes gelangt, sondern in den Abgrund stürzt, wo ihn bei seiner Ankunft nicht Freude erwartet, sondern beim Hinabstürzen der Tod bereitet wird."


Weiteres zum Thema "Orthodoxie/ Orthopraxie": 


Bild: Der Hl. Fulgentius von Ruspe (468 - 532 Sardinien), Bischof von Ruspe bei Karthago mit Pallium und Buch" (mit Inschrift: Sola Charitas est, quae vincit omnia, Nur die Liebe ist es, die alles besiegt).

Freitag, 28. September 2012

Ökumene innerhalb der Kirche?


Ökumenismus gegenüber Häretikern innerhalb der Kirche unmöglich

"Es muss auch noch einmal mit aller Nachdrücklichkeit betont werden, dass von Ökumenismus nur gesprochen werden kann, wenn es sich um Religions-gemeinschaften handelt, die sich selbst als ein ganz von der Katholischen Kirche Verschiedenes ausgeben.

Da ist erstens die nur schismatische byzantinische orthodoxe Kirche. Zweitens die gläubigen Protestanten, die sich schon seit Jahrhunderten nicht nur als Schismatiker, sondern auch als dogmatisch verschiedene, eigene Religionsgemeinschaft losgelöst haben. Kein Protestant wird sich als Katholik bezeichnen und im Namen der heiligen Kirche Lehren aufstellen. Erst recht gilt dies für die Juden, die Moslems, die Brahmanen oder Buddhisten.

Die Haltung, die ihnen gegenüber im Vaticanum II empfohlen wird unter dem Namen „Ökumenismus", kann sich nie sinnvoller Weise auf Häretiker innerhalb der Kirche beziehen. Die in dem richtig verstandenen Ökumenismus empfohlene Haltung, die je nach dem Inhalt der außerhalb der Kirche befindlichen Religionsgemeinschaften sehr variieren muss - die wohlwollende Unterstreichung der Wahrheitselemente in diesen Religionen neben der eindeutigen Ablehnung der in diesen Religionen enthaltenen Irrtümer - kann nie dem Katholiken gegenüber gefordert werden, der in der Kirche verbleiben will, aber häretische Thesen und Lehren verbreitet, der diese als mit der Lehre der Heiligen Kirche vereinbar hinstellt, ja der die Lehre der Heiligen Kirche verändern will.

Mit diesen Irrlehrern und Zerstörern der christlichen Offenbarung und des christlichen Lebens in der Heiligen Kirche dürfen wir eine Pseudo-Gemeinschaft nicht aufrechterhalten. Eine solche Gemeinschaft kommt ja bei den außerhalb der Kirche Stehenden und offen sich von ihr Distanzierenden nicht in Frage.

Die Haltung, die den getrennten Brüdern gegenüber möglich ist, wäre dem Häretiker in der Kirche gegenüber ein Unrecht. Auch auf ihn muss sich natürlich unsere Nächstenliebe erstrecken. Aber selbst die distanzierte Gemeinschaft, die den getrennten Brüdern gegenüber noch in sehr abgestufter Weise bestehen kann, ist hier unmöglich, weil er ja ein freiwilliger oder unfreiwilliger Zerstörer der Kirche und Vergifter der heiligen Lehre der Kirche ist, weil er die äußere Zugehörigkeit zur Kirche missbraucht."


Dietrich von Hildebrand: Der verwüstete Weinberg; Verlag Josef Habbel Regensburg; AD 1973, S. 160/161; Online-Buch, MS Word Dokument (bitte auf das Bild klicken!):




Foto: Apostel; Basilika in Moulins; wikipedia

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...