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Samstag, 1. Februar 2014

Kardinal Maradiaga: Vor allem Kinder leiden unter familiären Auflösungserscheinungen

Der honduranische Kardinal Oscar Andrés Rodríguez Maradiaga, Mitglied des vom Papst einberufenen C8-Beraterstabs für die Kurienreform, äußerte sich in einem Interview mit der Allgemeinen Frankfurter Zeitung am 30.01.2014 zu gesellschaftlichen und kirchlichen Themen. So sagte er zu den derzeitigen Erfordernissen der Kirche:
"Wir brauchen keine „klerikalisierten“ Laien in der Sakristei, sondern überzeugte Katholiken im Zentrum der Politik, der Wirtschaft und auch der Kultur."
Zur bevorstehenden Bischofssynode über die Familie stellte Kardinal Maradiaga fest: 
"Offensichtlich ist das christliche Leitbild der Familie nicht mehr maßgebend. Wo früher Familie war, findet man heute vielfach Lebensab-schnittspartnerschaften. Darunter leiden besonders die Kinder. Es schmerzt mich zu sehen, dass sie fast wie Tischtennisbälle hin- und herfliegen; eine Woche mit dem einen Elternteil, die nächste Woche mit dem anderen. Viele wünschen sich schon gar keine Kinder mehr, bis dahin, dass andere Familienmodelle „patentiert“ werden sollen."
Auf die Frage, ob es zu Konflikten zwischen dem Präfekten der Glaubenskongregation Gerhard Ludwig Kardinal Müller auf der einen und dem Papst und seinen Vertrauten auf der anderen Seite kommen werde, weil Müller durchgreifende Änderungen der Lehre wie der Praxis der Kirche für ausgeschlossen halte:
"Der Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre ist ein sehr kompetenter Mann mit sehr respektablen Ansichten.  Daher glaube ich nicht, dass es zu einem Konflikt kommt."
Vor wenigen Tagen hatte Maradiaga über Erzbischof Müller noch ganz anders gesprochen. Am 20.01. 2013 sagte er z. B. das hier... Manche Äußerungen des Kardinals muss man vielleicht seinem lateinamerikanischen Temperament zugute halten... Und über die deutsche Kirche und ihren Reichtum äußerte sich der Kardinal ebenfalls: nachzulesen z. B. hier.


Weiteres zum Thema "Klerikalismus":

Montag, 18. November 2013

Prof. G. May: Die andere Hierarchie - Teil 12: Pastoralrat und Diözesanrat

Prof. Dr. Georg May


Die andere Hierarchie
Teil 12

Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997


 
II.  Der Pastoralrat

1.  Struktur

Auch der Pastoralrat wurde vom Zweiten Vatikanischen Konzil angeregt. Das Bischofsdekret "Christus Dominus" empfiehlt in Nr. 27 die Einführung eines Pastoralrates in jeder Diözese. Das aus Klerikern, Religiosen und Laien zusammengesetzte Gremium soll das im Diözesanbischof geeinte Volk des Bistums repräsentieren und alle seelsorglichen Fragen untersuchen und beraten. Die Grundordnung des Pastoralrates ist in den cc. 511-513 CIC enthalten.

Das Konzil und das Kirchenrecht ordnen wohlgemerkt die Einrichtung eines Pastoralrates nicht an; sie empfehlen sie nur, wo und wenn sie tunlich ist (CD Nr. 27; c. 511 CIC). In Deutschland wurde er in allen Diözesen eingeführt. Dazu treten die diözesanen Satzungen (3). Nach der Speyerer Satzung nehmen die im Diözesanpastoralrat versammelten Personen "durch Beratung des Bischofs an der Willensbildung und Entscheidungsfindung in den der gemeinsamen Verantwortung obliegenden Aufgaben der Diözese" teil (4).


2.  Bedenken

Das Wort Beratung klingt harmlos. Beraten heißt empfehlen, anregen, vorschlagen. Beratung ist nicht Entscheidung, geht vielmehr der Entscheidung voran. Doch was geschieht, wenn die Entscheidung anders ausfällt als die Beratung? Es ist bekannt, wie schmerzlich es schon im privaten Bereich ist, falls jemand einen wohlüberlegten und gutgemeinten Rat ausschlägt.

Wenn nun ein Gremium, das als repräsentativ für das ganze Bistum gilt, mit Mehrheit, vielleicht mit großer Mehrheit, einen Beschluss fasst, der gegen Lehre und Ordnung der Kirche verstößt (5), kann der Bischof, sofern er im Einklang mit der Gesamtkirche verbleiben will, ihm nicht folgen. Die Satzung des Patoralrats des Erzbistums Berlin fasst den Fall ins Auge, dass der Erzbischof einen Beschluss nicht bestätigen kann; dann kommt der Beschluss in dieser Sitzung nicht zustande, aber die Angelegenheit kann erneut im Pastoralrat beraten werden (6).

Was geschieht, wenn die zweite Beratung wie die erste ausfällt und der Erzbischof erneut die Bestätigung versagt? Wie werden viele Mitglieder des Rates reagieren? Ich meine: Die einen mit Erregung, die anderen mit Empörung. Sie werden darauf verweisen, dass sie das Volk in der Diözese repräsentieren und dass der Oberhirt gegen dieses Volk steht. Der Bischof sieht sich somit an den Pranger gestellt, weil er sich in den Gegensatz zu seinem berufenen Beratungsgremium setzt. Die Folge ist Verlust der Achtung und des Vertrauens bei vielen Gläubigen. Der Kirchenfreudigkeit wird ein neuer Schag versetzt.

Es ist offensichtlich: Die Einführung einer anderen Hierarchie kann der legitimen Hierarchie nicht gut bekommen. Die andere Hierarchie bringt die Hierarchie göttlichen Rechtes um einen Teil ihrer Wirkmöglichkeiten.


III.  Der Diözesanrat

1.  Aufbau

Schließlich geht auch der sogenannte Diözesanrat auf eine Anregung des Zweiten Vatikanischen Konzils zurück. Das Konzil hat im Laiendekret "Apostolicam actuositatem" Nr. 26 die Einrichtung von Räten auf der Ebene der Diözese, aber auch auf anderen Ebenen vorgeschlagen, ohne sie anzuordnen. Das Laiendekret weist dem Diözesanrat die doppelte Aufgabe zu, das Wirken der Kirche zu unterstützen und die Laienaktivitäten zu koordinieren. Nach diesem Dekret ist der Diözesanrat jedoch kein Laienrat, sondern ein gemischtes Gremium von Laien, Klerikern und Religiosen.

Das gemeine Kirchenrecht weiß nichts von dem Diözesanrat. Vermutlich sieht es seine Aufgabe durch den Diözesanpastoralrat erfüllt. In den meisten deutschen Diözesen gibt es aber neben dem Diözesanpastoralrat noch einen eigenen Diözesanrat (7). Der Diözesanrat ist der Zusammenschluss von Vertretern der Gemeinden, der Verbände und Gemeinschaften sowie von weiteren katholischen Laien im Bistum Görlitz. Er ist das vom Bischof anerkannte Organ im Sinne des Konzilsdekrets über das Apostolat der Laien Nr. 26 (§1 Abs. 1). Er soll das Laienapostolat fördern und koordinieren (§1 Abs. 2).

Im einzelnen soll er u.a. den Bischof in seiner Hirtensorge beraten und unterstützen, die Arbeit der Pfarrgenmeinderäte, Verbände und Gemeinschaften fördern und koordinieren, Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft beobachten, im Lichte des katholischen Glaubens beraten und in der Öffentlichkeit Stellung beziehen, gemeinsame Initiativen und Veranstaltungen der katholischen Christen sowie den Ökumenismus vorbereiten und durchführen bzw. unterstützen (2).


2.  Beurteilung

Der Diözesanrat ist einmal überflüssig. Denn Diözesanrat und Pastoralrat gleichen sich in Zusammensetzung und Aufgaben. Die Doppelung verzehrt Zeit und Kraft, die der apostolischen Arbeit der Mitglieder fehlt. Der Diözesanbischof, der seine Pflicht erfüllt, kennt seine Diözesanen und steht in ständigem Kontakt mit ihnen, und zwar nicht nur bei offiziellen Sitzungen mit Tagesordnungen und Abstimmungen. Er hat es nicht nötig, sich von Ratsmitgliedern über den Zustand und die Bedürfnisse seines Bistums unterrichten zu lassen.

Der Diözesanrat stellt sodann eine Gefahr dar. Im Bereich der Diözese stehen sich nun Diözesanbischof und Diözesanrat als zwei Organe gegenüber, die beide beanspruchen, für das Volk Gottes zu sprechen. Der Diözesanrat verdunkelt die Tatsache, dass der Diözesanbischof der gottgesetzte Repräsentant seines Bistums ist. Dazu kommt die Aussicht, dass die darin maßgebenden Funktionäre ihn zu manipulieren und gegen Lehre und Ordnung der Kirche zu instrumentalisieren vermögen (8). Dann steht das oberste Organ der anderen Hierarchie der Diözese gegen den in der Nachfolge der Apostel auftretenden Diözesanbischof. Dafür gibt es Beispiele aus jüngster Zeit *. Die eifrigste Agitation für das sogenannte Kirchenvolksbegehren wurde in der Pfalz von dem Vorsitzenden des Katholikenrates der Diözese Speyer, gewissermaßen dem hochrangigsten Mitglied eines an der Spitze der Rätepyramide stehenden Gremiums, betrieben. Wiederum zeigt sich: Die andere Hierarchie benutzt ihre angebliche Vertretungsmacht, um gegen die legitime Hierarchie aufzustehen.



(3)  Z. B. Statut des Pastoralrates der Diözese Augsburg vom 4. Juli 1995 (Archiv für katholisches Kirchenrecht 164, 1995, 465-467)
(4)  Pfarramtsblatt 69, 1996, 22-24 (Präambel)
(5)  Vgl. Heft 15 des "Pastoralen Dialogs im Bistum Würzburg" (1996) mit dem Thema "Zölibatsverpflichtung" vom Diözesanpastoralrat beschlossen
(6)  Statut des Pastoralrates des Erzbistums Berlin vom 1. Juni 1996 (Pfarramtsblatt 69, 1996, 314-317) §6 Abs. 3
(7)  Z. B. Satzung des Diözesanrates der Katholiken im Bistum Görlitz vom 14. März 1996 (Pfarramtsblatt 69, 1996, 221-223)
(8)  Vgl. Diözesanrat im Erzbistum Köln, Anstöße zum Pastoralgespräch im Erzbistum Köln, Köln 1993


* Das wohl zur Zeit jüngste Beispiel sind die Vorgänge in der Diözese Limburg, bei denen (nicht nur) die Diözesanversammlung (im Bistum Limburg entspricht dieses Gremium dem Pastoralrat) sich offen gegen den Bischof ehebt und seine Abberufung verlangt:
In der Diözese Limburg herrscht seit Jahren eine Rebellion der "anderen Hierarchie" gegen die rechtmäßige Hierarchie, die zuletzt in der Flucht des Bischofs (bzw. auch einer indirekten Vertreibung) aus dem Bistum und der erklärten Unversöhnlichkeit vonseiten der "anderen Hierarchie" ihren Höhepunkt erreichte.
Aber auch Beispiele aus anderen Diözesen, z. B. aus dem Erzbistum Freiburg, könnten hier genannt werden. 

s. auch:
Brief (21.10.2013) der Vorsitzenden der Limburger Diözesanversammlung, I. Schillai, an Dr. Albert Schmid, Vorsitzender des Landeskomitee der Katholiken in Bayern, der in der Talkshow "Günther Jauch" am 20.10.2013 versucht hatte, die Lage im Bistum Limburg objektiver als in den meisten Medien vermittelt darzustellen.



Fortsetzung folgt in unregelmäßigen Abständen




Weiteres zum Thema "Die andere Hierarchie" und Demokratie in der Kirche: 

Donnerstag, 31. Oktober 2013

Laikaler Klerikalismus

Der Einsatz der Laien wird zu einer Form von Klerikalismus, wenn die sakramentalen oder liturgischen Aufgaben des Priesters von Christgläubigen übernommen werden oder wenn sie Funktionen übernehmen, die dem pastoralen Führungsamt des Priesters eigen sind. In solchen Situationen wird oft das vernachlässigt, was das Konzil über den Weltcharakter der Berufung der Laien lehrt (vgl. Lumen gentium, 32).

Es ist der Priester, der als geweihter Amtsträger im Namen Christi der christlichen Gemeinde auf liturgischer und pastoraler Ebene vorsteht. Die Laien unterstützen ihn auf verschiedene Art und Weise bei dieser Aufgabe. Dennoch ist die Welt der wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Realität der vorrangige Bereich, in dem die Laien ihre Berufung ausüben. In dieser Welt sollen die Laien ihre Taufberufung leben, und zwar nicht als passive Konsumenten, sondern als aktive Mitglieder jenes großen Werks, das den christlichen Charakter zum Ausdruck bringt.

Es ist Aufgabe des Priesters, der christlichen Gemeinde vorzustehen, um den Laien zu ermöglichen, den ihnen eigenen kirchlichen und missionarischen Auftrag zu erfüllen. In einem Zeitalter schleichender Verweltlichung mag es merkwürdig erscheinen, daß die Kirche mit Nachdruck die weltliche Berufung der Laien bekräftigt. Heute ist vor allem das evangeliumsgemäße Zeugnis der Gläubigen in der Welt Mittelpunkt der kirchlichen Antwort auf den Mißstand der Säkularisierung (vgl. Ecclesia in America, 44).

Von einem politisierten Einsatz der Laien ist dann die Rede, wenn der Laienstand sich anmaßt, die »Macht« innerhalb der Kirche auszuüben. Dies geschieht, wenn die Kirche nicht als Ausdruck des für sie bezeichnenden »Mysteriums« der Gnade angesehen wird, sondern aus soziologischer oder gar politischer Sicht, was häufig aufgrund einer irrigen Auffassung des Begriffs »Volk Gottes« geschieht, ein Begriff, der tiefe und reiche biblische Grundlagen hat und den das Zweite Vatikanum so gut zu verwenden wußte.

Wenn nicht das Dienen, sondern die Macht jede Führungs- und Verwaltungsform in der Kirche prägt – sei es im Klerus oder im Laienstand –, dann werden gegensätzliche Interessen erkennbar. Klerikalismus ist für die Priester jene Form der Einflußnahme, die eher auf Macht als auf Dienst gründet und stets Gegensätze zwischen der Priesterschaft und dem Volk hervorruft. Diesen Klerikalismus finden wir auch in Leitungsformen der Laien, die die transzendente und sakramentale Natur der Kirche wie auch ihre Rolle in der Welt nicht ausreichend berücksichtigen. Beide Haltungen sind schädlich.


Papst Johannes Paul II. am 07.05.2002 bei einem Ad-limina-Besuch von Bischöfen


Weiteres zum Thema "Klerikalismus":

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Der sicherste Schutz vor der Versuchung des Klerikalismus

Frage eines japanischen Geistlichen an Papst Benedikt XVI.:

Das priesterliche Vorbild, das Sie, Heiliger Vater, uns in diesem Jahr vorgeschlagen haben, nämlich der Pfarrer von Ars, stellt in den Mittelpunkt des Lebens und Dienstes die Eucharistie, die sakramentale und persönliche Beichte und die Liebe zu einem würdig gefeierten Gottesdienst. Ich habe die strenge Armut des hl. Johannes Maria Vianney vor Augen und zugleich seine Leidenschaft für kostbares liturgisches Gerät. Wie können wir diese grundlegenden Dimensionen unserer priesterlichen Existenz leben, ohne in einen Klerikalismus oder eine Realitätsferne zu verfallen, an der die Welt von heute Anstoß nehmen würde?

Benedikt XVI.: Danke! Nun, Sie fragen, wie man die zentrale Stellung der Eucharistie leben kann, ohne sich in einem rein kultischen Leben zu verlieren, das dem alltäglichen Leben der anderen fremd wäre. Wir wissen, daß der Klerikalismus in allen Jahrhunderten und auch heutzutage eine Versuchung für die Priester war und ist; um so wichtiger ist es, die rechte Weise für die Feier der Eucharistie zu finden, die sich nicht vor der Welt verschließt, sondern vielmehr für die Bedürfnisse der Welt offen ist. Wir müssen uns vor Augen halten, daß sich in der Eucharistie dieses große Drama Gottes vollzieht, der aus sich heraustritt, und – wie es im Brief an die Philipper heißt – sich erniedrigte, den Menschen gleich wurde und gehorsam war bis zum Tod am Kreuz (vgl. Phil 2).

Das Abenteuer der Liebe Gottes, der aus sich heraustritt, sich entäußert, um bei uns zu sein, wird in der Eucharistie vergegenwärtigt. Die große Tat, das große Abenteuer der Liebe Gottes besteht in der Demut Gottes, der sich für uns hingibt. In diesem Sinn kann die Eucharistie als Eingangstor zu diesem Weg Gottes angesehen werden.

Der hl. Augustinus sagt im 10. Buch von De Civitate Dei: »Hoc est sacrificium Christianorum: multi unum corpus in Christo«, was soviel bedeutet wie: das Opfer der Christen besteht darin, durch die Liebe Christi in der Einheit des einen Leibes Christi vereint zu sein. Das Opfer besteht eben darin, aus sich herauszugehen, sich in die Gemeinschaft des einen Brotes, des einen Leibes hineinnehmen zu lassen und so in das große Abenteuer der Liebe Gottes einzutreten. Wir sollen die Eucharistie immer so feiern, leben und meditieren, daß sie diese Schule der Befreiung vom eigenen »Ich« wird: in das eine Brot eingehen, das das Brot aller ist und das uns im einen Leib Christi vereint. Und daher ist die Eucharistie wesensmäßig ein Akt der Liebe, der uns zu jener Wirklichkeit der Liebe gegenüber den anderen verpflichtet: daß nämlich das Opfer Christi die Gemeinschaft aller in seinem Leib ist.
 
Auf diese Weise sollen wir also die Eucharistie verstehen lernen, was das genaue Gegenteil von Klerikalismus und Ichverschlossenheit ist. Denken wir dabei auch an Mutter Teresa, die in diesem Jahrhundert, in unserer Zeit wirklich ein großartiges Vorbild für eine Liebe war, die aus sich herausgeht, die jede Art von Klerikalismus und Weltfremdheit übersteigt, die auf die am stärksten ausgegrenzten Menschen, die Armen und Sterbenden zugeht und sich ganz in der Liebe zu den Armen und Ausgegrenzten hinschenkt. Aber Mutter Teresa, die uns dieses Beispiel vorgelebt hat und die Gemeinschaft, die ihren Spuren folgt, sah stets als wichtigste Voraussetzung für deren Gründung die Anwesenheit eines Tabernakels an.

Ohne die Gegenwart der Liebe Gottes, der sich hinschenkt, wäre die Verwirklichung dieses Apostolats nicht möglich gewesen, und es wäre auch nicht möglich gewesen, in dieser Selbstentäußerung zu leben; nur wenn sie sich auf diese Selbsthingabe an Gott, auf dieses Abenteuer Gottes, diese Demut Gottes einlassen, konnten und können sie auch heute diesen großen Akt der Liebe, der Offenheit für alle vollbringen.

In diesem Sinn würde ich sagen: Die Eucharistie in ihrem ursprünglichen Sinn, in ihrer wahren Tiefe zu leben, ist eine Schule des Lebens, es ist der sicherste Schutz vor jeder Versuchung des Klerikalismus. 


Gespräch von Papst Benedikt XVI. mit Priestern anlässlich des internationalen Priestertreffens am 10. Juni 2010 auf dem Petrersplatz


Sarkophargträger im Limburger Dom; eigenes Photo

Montag, 30. Januar 2012

Conversi ad Dominum - Wendet euch hin zum Herrn!

Nicht alles, was heute liturgische Praxis sei, lasse sich durch Konzilstexte begründen, sagte Kurienkardinal Kurt Koch auf einer Tagung (1), die die Theologie Joseph Ratzingers zum Thema hatte. So sei beispielsweise nirgends die Rede davon, daß der Priester die Eucharistie den Gottesdienstteilnehmern zugewandt leite, so der Kurienkardinal. (s. Bericht HIER bei kath.net) 

(1)  Internationales Symposium am 28. Januar 2012 der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung in Freiburg im Breisgau

Joseph Kardinal Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI., schreibt in seinem Buch "Der Geist der Liturgie" (im Jahre 2000; S. 68ff) zur Frage der Zelebrationsrichtung unter anderem:

"...die Zelebrationsrichtung versus populum erscheint heute geradezu als die eigentliche Frucht der liturgischen Erneuerung durch das II. Vaticanum. In der Tat ist sie die sichtbarste Folge der Neugestaltung, die nicht nur eine äußere Anordnung liturgischer Orte bedeutet, sondern auch eine neue Idee vom Wesen der Liturgie als gemeinschaftlichem Mahl einschließt. (...)

In Wahrheit ist damit eine Klerikalisierung eingetreten, wie sie vorher nie existiert hatte. Nun wird der Priester - der Vorsteher, wie man ihn jetzt lieber nennt - zum eigentlichen Bezugspunkt des Ganzen. Alles kommt auf ihn an. Ihn muß man sehen, an seiner Aktion teilnehmen, ihm antworten; seine Kreatvität trägt das Ganze.

Verständlich, wenn man diese eben erst geschaffene Rolle nun wieder zu reduzieren versucht, indem man vielfältige Aktivitäten verteilt und die "kreative" Gestaltung vorbereitenden Gruppen anvertraut, die vor allem "sich selbst einbringen" wollen und sollen.

Immer weniger steht Gott im Blickfeld, immer wichtiger wird alles, was die Menschen tun, die sich hier treffen und schon gar nicht sich einem "vorgegebenen Schema"unterwerfen wollen.

Die Wendung des Priesters zum Volk formt nun die Gemeinde zu einem in sich geschlossenen Kreis. Sie ist - von der Gestalt her - nicht mehr nach vorne und oben aufgebrochen, sondern schließt sich in sich selber.

Die gemeinsame Wendung nach Osten war nicht "Zelebration zur Wand", bedeutete nicht, daß der Priester "dem Volk den Rücken zeigt": So wichtig war er gar nicht genommen. Denn wie man in der Synagoge gemeinsam nach Jerusalem blickte, so hier gemeinsam "zum Herrn hin".

Es handelte sich - wie es einer der Väter der Liturgiekonstitution des II. Vaticanums, J. A. Jungmann, ausdrückte - vielmehr um Gleichrichtung von Priester und Volk, die sich gemeinsam in der Prozession zum Herrn hin wußten. Sie schließen sich nicht zum Kreis, schauen sich nicht gegenseitig an, sondern sind als wanderndes Gottesvolk im Aufbruch zum Oriens, zum kommenden Christus, der uns entgegengeht. (...)"

Es gibt gute Gründe, wieder auf das "Wesentliche", der "gemeinsamen Wendung nach Osten beim Hochgebet" zurüchzukommen. "Nicht der Blick auf den Priester ist wichtig, sondern der gemeinsame Blick auf den Herrn. Nicht um Dialog geht es nun, sondern um gemeinsame Anbetung, um den Aufbruch, der sich in gemeinsamer Richtung ausdrückt." (ebd.)


 Foto:  Wieskirche, Juni 2011, © FW
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