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Samstag, 31. Mai 2014

"Deus providebit - Gott wird sorgen" - Die Hingabe an Gottes Vorsehung

 
Ein Gastbeitrag von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad über die göttliche Vorsehung (lat. Divina providentia)


1. Verlorene Vorsehung

Ich gehe mit traumwandlerischer Sicherheit den Weg, den mich die Vorsehung gehen heißt.“ Die Aussage könnte von einem Heiligen stammen; einem Menschen, der im Vertrauen auf die weise und gütige Führung Gottes seinen Frieden gefunden hat, da er sich machtvoll und mild durch das Erdenleben geführt weiß, dem ewigen Ziel entgegen.

In Wahrheit aber stammen die Worte weder von einem Heiligen noch von sonst einem vorbildlichen Christen, sondern - von Adolf Hitler. Und seitdem ausgerechnet er immer wieder die „Vorsehung“ für sein Auftreten und Wirken verantwortlich gemacht, ja beschworen hat, ist dieser Begriff - zumindest im deutschen Sprachraum - verdächtig geworden.

Man tut sich schwer mit der Vorsehung. Sang man früher unbeschwert das beliebte Kirchenlied aus der Feder Joachim Neanders (+ 1680): „Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret, der dich auf Adelers Fittichen sicher geführet...“, so wurden nach den Erfahrungen der NS-Zeit andere Stimmen laut. Z.B. die der 2003 verstorbenen Dorothee Sölle, einer angeblich „atheistisch an Gott glaubenden“ Vertreterin der „Gott-ist-tot-Theologie“, die behauptete, nach Auschwitz könne man nicht mehr einen Herrn loben, „der alles so herrlich regieret“.

Darauf ist verschiedentlich geantwortet worden, und das schon längst, bevor irgendjemand ein Drittes Reich und eine „Gott-ist-tot-Theologie“ für möglich hielt. Und dennoch hat ein unheilvolles Zusammenspiel verschiedener Kräfte es fertiggebracht, das lichte Mysterium der göttlichen Vorsehung für viele unserer Zeitgenossen zweifelstrübe, ja finster werden zu lassen. Man spricht nur noch selten von der Vorsehung. Mit dem Wort aber verschwindet bald auch der Inhalt. So erstaunt es nicht, dass einem Großteil der Menschen der christliche Vorsehungsglaube wenig bis nichts mehr sagt.

Eine wichtige Stelle innerhalb unserer Weltanschauung bleibt, einmal leergeräumt, nicht lange unbesetzt. Schnell drängen sich andere Ideen ein. Daher neigt, wer nicht mehr mit einer höheren Macht rechnen will, die uns weise lenkt und leitet, ohne uns dabei die persönliche Freiheit zu nehmen, ganz anderen Auffassungen zu. Diese sind – typisch für jeden Abfall von der Wahrheit! – durch ihre Einseitigkeit und Widersprüchlichkeit gekennzeichnet: Man hält sich für völlig frei, seine Existenz nach eigenem Gutdünken zu entwerfen und dann zu verwirklichen (vgl. die perversen Ausgeburten der sog. Gender-Ideologie); zugleich aber meint man, der Mensch sei in allen Dimensionen des Daseins, bis in das geistige Leben hinein, biologisch programmiert und determiniert.

Die Auswirkungen des verlorengegangenen Vorsehungsglaubens sind überaus verhängnisvoll. Als praktische Folgerungen einer Weltanschauung, die sich vom angeblichen „Gotteswahn“ emanzipiert hat, haben sie an deren Widersprüchen teil. Daher erleben wir in der Gegenwart direkt nebeneinander, ja häufig ineinander verwoben, einen enthusiastischen Machbarkeitswahn und eine geradezu fatalistische Resignation.

Machbarkeitswahn: Man meint, alles selbst gestalten zu können. Dies nicht erst, seit man begonnen hat, in das menschliche Erbmaterial einzugreifen, um die Zukunft unseres Geschlechtes ganz in die eignen Hände zu nehmen. Auch andere, viel ältere Einrichtungen zeugen von vermessener Selbstsicherheit. Romano Guardini hat das 1950 in seiner berühmten Schrift „Das Ende der Neuzeit“ am Beispiel des modernen Versicherungswesens zu zeigen versucht: „Betrachtet man es in jener letzten Ausbildung, die es bereits in manchen Ländern erfahren hat, so erscheint es geradezu als Beseitigung jeglichen religiösen Hintergrundes. Alle Eventualitäten des Lebens werden ‚vorgesehen’, nach Häufigkeit und Wichtigkeit berechnet und unschädlich gemacht.“

Die Versicherung als neue Vorsehung! Ein offensichtlicher Widerspruch zu der Anweisung des Apostels Jakobus, dass wir nicht leichthin davon sprechen dürfen, was wir demnächst tun werden, da doch die Zukunft ungewiß ist, sondern stattdessen sagen sollen: „Wenn der Herr will, werden wir am Leben bleiben und das oder jenes tun.“ Diese Stelle aus dem Jakobusbrief (4,13-15) begründet übrigens die Gepflogenheit gläubiger Menschen, ihren Plänen stets ein demütiges „So Gott will“ voranzustellen.

Fatalistische Resignation: Sie ist nur die andere Seite des Machbarkeitsdünkels. Allzu häufig bemächtigt sie sich schon junger Menschen, die doch eigentlich von Hoffnung und hoher Erwartung erfüllt sein sollten. Weil sie sich aber einem riesenhaften Apparat gegenübersehen, der ohne Berücksichtigung ihrer Person und Wünsche abläuft, unaufhaltsam alles in sein Getriebe hineinzerrend und vieles gnadenlos zermalmend, deshalb verfallen sie in jene No-future-Haltung, die ebenso die Form rebellischer Verweigerung wie lustlosen Sich-Anpassens annehmen kann. Solche Menschen erstreben und ersehnen kaum noch etwas, es sei denn die hastig vorüberhuschenden Vergnügungen, mit denen die Welt der Werbung und des Entertainments lockt: „Was wollen sie? Sie wollen: to live and to have a fun, gut leben und ihr Späßchen haben. Man wird euch damit bedienen; mit Nahrung und Freizeitgestaltung, mit Kalorien und Kinos“, notierte der Staatsdenker Carl Schmitt schon 1949...

Die Verheerungen und Zerstörungen, die durch den Verlust der Vorsehung in immer neuem und schlimmerem Maße hervorgerufen werden, können keinem wachen Beobachter der Zeit verborgen bleiben. Daher tut es not, die Wahrheit über die weise, gütige und machtvolle Sorge Gottes für Welt und Menschen neu zu erkennen, sie gegen falsche Auffassungen abzugrenzen und ihre Folgen für das Leben zu bedenken.

2. Angemaßte „Vorsehung“

Hitler hat sich, wie eingangs bemerkt, der „Vorsehung“ bedient. Sie war ihm ein geeignetes Mittel, viele Christen und sogar hohe Kirchenvertreter für einige Zeit über seine Ideologie und Absichten zu täuschen. Selbst ein Kardinal Faulhaber, später so überaus mutig im Widerstand gegen den antichristlichen Nationalsozialismus, äußerte nach einer Obersalzberger Begegnung im November 1936: „Der Reichskanzler lebt ohne Zweifel im Glauben an Gott.“

Neben der Funktion als Maske stellte die „Vorsehung“ auch eine „zentrale geschichtstheologische Begründungskategorie“ dar, wie Rainer Bucher, Verfasser des Werkes „Hitlers Theologie“ (Würzburg 2008) bemerkt: „Die Vorsehung ist es, welche Hitlers Weg als gerechtfertigt erweist, denn von ihr werden die Erfolge geschenkt, von ihr die Prüfungen auferlegt.“

Manche Aussagen, die Hermann Rauschning in seinen historisch nicht unumstrittenen „Gesprächen mit Hitler“ (1940) anführt, könnten tatsächlich mit Aussprüchen großer Christen verwechselt werden: „Ich habe auch die Überzeugung und das sichere Gefühl, dass mir nichts zustoßen kann, weil ich weiß, dass ich von der Vorsehung zur Erfüllung meiner Aufgabe bestimmt bin. (...) Was wir sind, sind wir nicht gegen, sondern mit dem Willen der Vorsehung geworden, und solange wir treu, ehrlich und kampfmutig sind, an unser großes Werk glauben und nicht kapitulieren, werden wir auch weiterhin den Segen der Vorsehung haben. (...) So gehen wir auch mit der tiefsten Gottgläubigkeit in die Zukunft. Wäre das, was wir erreichten, möglich gewesen, wenn die Vorsehung uns nicht geholfen hätte? Ich weiß es, alles Menschenwerk ist schwer und vergänglich, wenn es nicht gesegnet wird von dieser Allmacht.“

Das klingt nicht schlecht. Doch bald schon offenbaren sich die Abgründe, die zwischen der christlich verstandenen und der völkisch verfälschten „Vorsehung“ liegen: „Ich möchte der Vorsehung und dem Allmächtigen danken dafür, dass er gerade mich ausersehen hat, diesen Kampf für Deutschland führen zu dürfen. (...) Die Vorsehung hat mich zu dem größten Befreier der Menschheit vorbestimmt. Ich befreie den Menschen von dem Zwange eines Selbstzweck gewordenen Geistes; von den schmutzigen und erniedrigenden Selbstpeinigungen einer ‚Gewissen‘ und ‚Moral‘ genannten Chimäre und von den Ansprüchen einer Freiheit und persönlichen Selbständigkeit, denen immer nur ganz wenige gewachsen sein können. (. . .) An die Stelle des Dogmas von dem stellvertretenden Leiden und Sterben eines göttlichen Erlösers tritt das stellvertretende Leben und Handeln des neuen Führergesetzgebers, der die Masse der Gläubigen von der Last der freien Entscheidung entbindet.“
Der „Vorsehungsglaube“, der sich in Hitlers Worten ausspricht, hat nichts Erlöstes und Frohes an sich. Er wirkt im Gegenteil hart, rücksichtslos und anmaßend. Mit der Vorsehung eines Gottes, der sich vom Himmel aus den Geringen und Armen zuwendet, um sie aus dem Staub zu erheben und der Verachtung zu entreißen (vgl. Ps 113, 7), hat er nichts zu tun. Daher konnte seine Folge nur Tod statt Leben sein, Untergang statt Heil, Fluch statt Segen.

3. Dunkles Schicksal und lichte Vorsehung

Der Mißbrauch, den Hitler mit der „Vorsehung“ trieb, stellt für uns keine nennenswerte Versuchung mehr dar. Doch speisen sich gewisse Mißverständnisse, die das Verhältnis gläubiger Menschen zur Vorsehung auch heute noch belasten, zum Teil aus den gleichen Quellen. Allzu oft nämlich hat sich in das christliche Denken eine Auffassung von Vorsehung eingeschlichen, die mehr mit der Philosophie der Stoiker als mit der biblischen Offenbarung gemein hat. Der frohe und kraftvolle Vorsehungsglaube wich dann komplizierten Spekulationen über Vorherwissen und Vorherbestimmung, und nicht selten nistete sich ein verdüstertes Gottesbild in den Herzen ein: Statt der festen Überzeugung, dass Gott Licht ist ohne Finsternis (vgl. 1 Joh 1,5) und dass Er Rettung und Wahrheitserkenntnis aller Menschen will (vgl. 1 Tim 2,4), spekulierte man über Gottes willkürliche Auswahl der Verdammten, ja grübelte im Anschluß an den bizarren protestantischen Mystiker Jakob Böhme (+ 1624) sogar darüber, ob sich im lichten Urgrund aller Dinge nicht auch ein dunkler, schrecklicher „Ungrund“ befinde, der sich gleichsam in das Böse der menschlichen Geschichte hinein entfalte.

Für die Stoa – jene Philosophenschule des Altertums, die auf Zenon von Kition (+ 264 v. Chr.) zurückgeht und deren Einfluß bis in die Neuzeit reicht – bildet die Vorsehungslehre eine Art Grunddogma. Das Geschick des Kosmos wie der einzelnen Wesen, so die Stoiker, folgt den Gesetzen eines unverrückbaren Plans. Dieser ist in der alles beseelenden Weltvernunft, die zugleich Vorsehung und Schicksal genannt wird, hinterlegt. Die Aufgabe des Menschen kann demnach nur darin bestehen, sich in den vorherbestimmten Lauf der Dinge einzufügen:

„Bedenke, du bist Darsteller eines Stückes, dessen Charakter der Autor bestimmt, und zwar eines kurzen, wenn er es kurz, und eines langen, wenn er es lang wünscht“, schreibt der Stoiker Epiktet (+ 138 n. Chr) und fährt fort: „Will er, dass du einen Bettler darstellst, so spiele diesen einfühlend; und ein Gleiches gilt für einen Krüppel, einen Herrscher oder einen gewöhnlichen Menschen. Deine Aufgabe ist es nur, die dir zugeteilte Rolle gut zu spielen; sie auszuwählen, steht einem anderen zu.“ (Handbüchlein, 17) In gleichem Sinne fordert der römische Philosophenkaiser Mark Aurel (+ 180 n. Chr.) zur Übereignung an die Vorsehung auf, die er in das Bild der Schicksalsgöttin faßt: „Freiwillig gib dich der Parze hin, damit sie dich verflechte, in welche Verhältnisse sie will.“ (Selbstbetrachtungen IV,34)

Die stoische Lehre mit ihrem stark lebenskünstlerischen Akzent hat durchaus manche Ähnlichkeiten mit dem christlichen Glauben. Sind nicht auch wir überzeugt davon, dass Gott es ist, der unsere Wege bestimmt? Dass wir in heiliger Indifferenz die uns übertragene Aufgabe zu erfüllen haben, sei sie nun hoch oder gering? Und dass die Pläne des Herrn unserem Geist unerforschlich sind?

Tatsächlich finden sich in der Heiligen Schrift Aussagen, welche die Unergründlichkeit der göttlichen Ratschlüsse und Seines Waltens hervorheben. „Ich sah ein“, heißt es im Buch des Predigers (8,17), „dass der Mensch das gesamte Walten Gottes, das sich unter der Sonne vollzieht, nicht ergründen kann. Wie sehr er sich auch bemüht, es zu erforschen, er kann es doch nicht durchschauen. Mag auch der Weise meinen, er habe es erkannt – er kann es trotzdem nicht finden.“ Und Paulus stimmt im Römerbrief die hymnischen Verse an: „O Tiefe des Reichtums und der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind Seine Entscheidungen und wie unaufspürbar Seine Wege! Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt? Oder wer ist Sein Ratgeber gewesen? Oder wer hat Ihm zuerst gegeben, dass Er es ihm vergelten müßte? Denn aus Ihm und durch Ihn und für Ihn ist alles. Ihm die Ehre in Ewigkeit! Amen.“ (Röm 11,33-36)

Solche Schriftstellen reden aber, so sehr sie die Geheimnishaftigkeit der göttlichen Vorsehung betonen, nicht der Vorstellung eines abstrakten Weltengesetzes oder eines blinden Schicksals das Wort. Im Unterschied zur Stoa liegt der Plan nämlich im persönlichen Gott gegründet. „Die Vorsehung ist“, schreibt der heilige Thomas von Aquin, „nichts anderes als das Bild der Ordnung der Dinge, wie es in der göttlichen Vernunft lebt.“ (Quaest. quodl. XII,4) Dieses Innere Gottes bleibt uns Menschen zwar unerforschlich, doch seitdem Er sich als vertrauenswürdiger, überaus liebevoller Vater geoffenbart hat, besitzt es für uns nichts Finsteres und Bedrohliches mehr, denn wir wissen, wem wir uns glaubend anvertraut haben (vgl. 2 Tim 1,13). Und so sehen wir uns nicht, wie die Stoiker, einem verborgenen, dunklen Ratschluß gegenüber, sondern sehen diesen geborgen in Gott, in Seinem Herzen, das „von Geschlecht zu Geschlecht bedacht ist, unsere Seelen dem Tode zu entreißen und sie im Hunger zu nähren“ (Introitus vom Herz-Jesu-Fest, nach Ps. 32, Vulg.).

Deshalb auch ist der Tonfall, mit dem stoische Philosophen über die Vorsehung sprechen, so verschieden von dem der Psalmen und Weisheitsbücher des Alten Testamentes, der Bergpredigt Jesu und der Briefe des heiligen Paulus. Aussagen über einen Gott, der unseren Fuß nicht wanken läßt, sondern unser Gehen und Kommen am Tag und in der Nacht behütet (Ps 121) und ohne den kein Sperling vom Dach fällt, ja der alle Haare unseres Hauptes gezählt hat (Mt 10,29f.) – Aussagen also über die ganz persönliche Sorge des Allmächtigen in den kleinen, scheinbar unbedeutenden Belangen sucht man in den Schriften der Stoiker vergeblich.

Die Vorsehung wird uns in der Bibel also niemals wie eine unpersönliche Schicksalsmacht oder eine hochkomplexe, dabei kalte Vernunft vorgestellt, nach deren Plänen alles gleich einem Uhrwerk abläuft. Wohl betont die Offenbarung die überweltliche Macht des Schöpfers, dem ausnahmslos alles unterworfen ist. Doch zugleich unterstreicht sie immer Seine persönliche, gütige Sorge für Seine Schöpfung, für Sein Volk und für jeden einzelnen Menschen.

Und während die menschliche Freiheit gemäß stoischer Lehre von der Vorsehung nahezu erdrückt und beseitigt wird, kann sie nach christlichem Glauben trotz, ja durch die unendliche Macht und Wirksamkeit Gottes weiterbestehen. Der heilige Thomas von Aquin erklärt dazu, Gott sorge für jedes Geschöpf seiner Weise entsprechend, und da dem Menschen nun einmal der Gebrauch des Willens eigentümlich sei, nötige ihn die Vorsehung niemals dazu, das Rechte zu tun (vgl. Contra Gentiles, III,148). Gerade darin also erweist sich die Überlegenheit und Übermacht der Vorsehung Gottes, dass Er das freie Eigenwirken der Geschöpfe zuläßt und es sogar dann, wenn es sich gegen Seine Ordnung richtet, in Seine ewigen Pläne einzubeziehen weiß!

4. Hingabe an Gottes Vorsehung

Die Betrachtung dieser Zusammenhänge bewegt uns Menschen zu der einzig angemessenen, dabei sehr schlichten Konsequenz, die der geistliche Schriftsteller Jean Pierre de Caussade S.J. (+ 1751) in seinem gleichnamigen Buch auf die klassische Formel gebracht hat: „Hingabe an Gottes Vorsehung“.
Nicht das Sinnieren über verborgene Geheimnisse ist von uns verlangt. Vielmehr sollen wir uns von unserem Herrn immer neu belehren lassen (nach Mt 6,25ff.): Wer sich ganz auf die Vorsehung stützt, der braucht sich nicht gleich den Heiden und Kleingläubigen mit Gedanken über die ungewisse Zukunft herumzuplagen; der himmlische Vater weiß ja, wessen wir bedürfen, Er selbst übernimmt die Sorge für uns; und so bleibt letztlich nur die eine Sorge: „Suchet zuerst das Reich und seine Gerechtigkeit, und das andere wird euch hinzugegeben werden.“ (Mt 6,33) 

Gestützt auf die Verheißung, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht (vgl. Röm 8,28), ergibt sich so eine vollkommene Ruhe und Sicherheit. Weder Trübsal noch Bedrängnis, Verfolgung, Hunger, Blöße, Gefahr oder Schwert können uns ja von der Liebe Christi scheiden (Röm 8,35)! Hier sei an die 1935 verstorbene Dichterin Hedwig von Redern und ihre Verse erinnert, die schon vielen Menschen in schwerer Lage Trost und Zuversicht geschenkt haben:
Weiß ich den Weg auch nicht, Du weißt ihn wohl;
das macht die Seele still und friedevoll.
Ist´s doch umsonst, dass ich mich sorgend müh,
dass ängstlich schlägt das Herz, sei´s spät, sei´s früh.
 
Du weißt den Weg ja doch, Du weißt die Zeit,
Dein Plan ist fertig schon und liegt bereit.
Ich preise Dich für Deiner Liebe Macht,
ich rühm’ die Gnade, die mir Heil gebracht.

Du weißt, woher der
Wind so stürmisch weht,
und Du gebietest ihm, kommst nie zu spät;
drum wart ich still, Dein Wort ist ohne Trug,
Du weißt den Weg für mich, - das ist genug.

Solche Hingabe an Gottes Vorsehung ist eine innere Haltung mit reichen praktischen Auswirkungen. Das zeigen uns große Gestalten des Glaubens wie der heilige Joseph, der sich in höchster Gefahr für die Heilige Familie gänzlich der Führung des Himmels überließ, und der heilige Cajetan von Thiene (+ 1547), Mitbegründer des Theatinerordens, der seinen Brüdern jegliche Sorge für zeitliche Güter, ja sogar das Betteln untersagte und dafür andauernd das Eingreifen der Vorsehung erfahren durfte; Leuchten unserer Religion wie die heilige Theresia von Lisieux (+ 1897), die allein das Heute aus Gottes Hand annehmen und sich keine Gedanken über das Morgen machen wollte, und der heilige Papst Pius X. (+ 1914), der in der Not der Kirche beständig die Kraft seines Leitspruchs „Deus providebit – Gott wird sorgen“ erlebte.

„Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen!“ Dieses Wort des heiligen Don Bosco (+ 1888) beschreibt prägnant, wozu die Hingabe an Gottes Vorsehung schlußendlich führt. Fern von der Anmaßung eines Vorsehungswahns à la Hitler und fatalistischen Vorsehungsvorstellungen der Stoiker, befreit sie den Menschen nicht nur von drückenden Sorgen und Ängsten, sondern auch vom Schwergewicht seines Ich. Wer Gott vertraut, der kann sich leicht nehmen! Und so wird ihn die Vorsehung sicher durch das Leben führen und ihn hoffnungsfroh der ewigen Heimat entgegenschweben lassen.


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Herr, wie Du willst, soll mir gescheh'n,
und wie Du willst, so will ich geh'n,
hilf Deinen Willen nur versteh'n.

Herr, wann Du willst, dann ist es Zeit,
und wann Du willst, bin ich bereit,
heut und in alle Ewigkeit.

Herr was Du willst, das nehm ich hin,
und was Du willst, ist mir Gewinn,
genug, dass ich Dein Eigen bin.

Herr, weil Du's willst, drum ist es gut
und weil Du's willst, drum hab' ich Mut,
mein Herz in Deinen Händen ruht.


Pater-Rupert-Mayer-Gebet




Dienstag, 6. Mai 2014

Maiandacht 6. Tag - Vorherverkündet in der Zeit

 
Gar Herrliches spricht man von dir, Maria!
Denn Großes hat an dir getan, der mächtig ist. 
(Communio Fest Mariä Empfängnis)

Du bist der Ruhm Jerusalems, die Freude Israels,
die Ehre unseres Volkes. (Judith 15,10)


Damit die Menschen recht tief das Elend erkennen sollten, in das die Sünde sie führte, hat Gott die Menschen Jahrtausende warten und beten lassen, bis er seinen Erlösungsplan verwirklichte. Aber er ließ die Menschheit nicht ohne frohe Hoffnung. Vielmals hat er zu ihr gesprochen und ihr den kommenden Erlöser verkündet. Auf diese Weise hat er ihre Sehnsucht geweckt nach dem ewigen Glück und den Abscheu gegen die Sünde vertieft. In Weissagungen und Vorbildern hat er den Menschensohn und sein Werk vorherverkündet.

Mit der Erlösung auf's innigste verbunden ist die Mutter des Gottessohnes. Das Kind soll ja in den Händen seiner Mutter der Welt dargeboten werden. Darum soll auch Maria, die im ewigen Weltenplan Gottes Beschlossene, den Menschen nahegebracht werden, bevor sie zur Welt kommt.

Schon zu den ersten Menschen hat Gott gesprochen von der Frau und dessen Feindschaft mit der teuflischen Schlange. Unklar noch und in weiter Ferne erscheint den Menschen das Bild des Erlösers und seiner Mutter, die wir die Schlangenzertreterin nennen. Dieses Bild wird klarer und deutlicher bei den Propheten: "Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären und sein Name wird sein: Emanuel, Gott mit uns." (Isaias 7,14)

Das königliche Geschlecht Davids ist ausersehen, diese Jungfrau hervorzubringen. Hier ist der Wurzelstock, aus dem das edle Reis hervorsprießen soll. So innig ist die Verbindung zwischen der Mutter und ihrem Kinde, dass die alten Erklärer der Heiligen Schrift Maria selbst das edle Reis nennen, das uns das Blümlein, den Heiland bringt.

Es ist von großer Bedeutung, dass Gott das Geschlecht Davids zum Königsgeschlecht erhebt. Wenn auch die Herrschaft von ihm genommen wird, dann wird doch bleiben das Ansehen dieses Geschlechtes bei den Menschen und die Treue dieses Geschlechtes zu Gott. So soll von Natur aus schon ein königlicher Adel auf Maria liegen, auf ihr, die einmal die Königin aller Könige und Herrscher sein wird.

Edle, hohe Frauen sind Vorbilder dieser höchsten Frau, die uns das Heil bringen soll. Judith, die Starke, bringt Heil und Erlösung von dem Feind, der die heilige Stadt bedroht; Esther in ihrer Schönheit und Anmut wird durch ihre Fürsprache die Retterin ihres Volkes von dem drohenden Untergang. Darum lehrt uns die Kirche das Lob Mariens verkünden mit den Worten: "Stark wie Judith, schön wie Esther."

Sieh, Gott hat das Leben Mariens nicht nur geplant, sondern auch vorbereitet. So ist es mit jedem Menschenleben. Auch wir waren von Ewigkeit her ein Gedanke Gottes, auch unser Leben hat er vorbereitet, ehe wir zur Welt kamen. Vater und Mutter hat er uns erwählt, von denen wir nicht nur das leibliche Leben empfangen, sondern von denen wir auch manche gute geistige Anlagen geerbt haben.

Es lohnt sich schon darüber nachzudenken, wie Gott für uns gesorgt hat, ehe unser Leben begann. (...) An unser ewiges Seelenheil hat Gott gedacht, dass er Priester berief, die uns die Gnade Gottes vermitteln sollten. (...) Für all diese Gaben und Wohltaten wollen wir Gott danken und mit Maria beten: "Hochpreiset meine Seele den Herrn!"

Wir beten ein Ave Maria, dass Maria uns helfe, uns der Gaben Gottes würdig zu erweisen:
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade,
der Herr ist mit dir!
Du bist gebenedeit unter den Frauen
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes: Jesus!
Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder,
jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.
 
Wie groß sind deine Werke, o Herr!
Alles hast du mit Weisheit gemacht.
Du tust auf deine Hand,
und alles wird gesättigt mit Gutem. (aus Psalm 103)


Gebet:
Allweiser und allgütiger Gott! Sei gelobt und gepriesen für alle Werke deiner Huld! Mariens irdischen Lebensweg hast du vorbereitet; für uns alle sorgtest du, ehe wir das Licht der Welt erblickten. Wir danken dir dafür von Herzen. Auf die Fürbitte der reinsten Jungfrau und Mutter wollest du gnädig all unsere Wege behüten und uns nach deinem Willen führen. Amen!


Maiandachtsbüchlein für Kirche und Haus von Pfarrer Joseph Willmes; A. Laumannsche Verlagsbuchhandlung Dülmen /Westf.;  AD 1935; S. 24-26 (mit kleinen Änderungen); (s. Quellen)



Bild: Stammbaum Mariens (Wurzel Jesse); Wandgemälde im Dom zu Limburg; eigenes Foto

Sonntag, 4. Mai 2014

Maiandacht 4. Tag - Des Gottessohnes Mutter und Magd


Sei gegrüßt, heil'ge Mutter,
die du den König geboren,
der da über Erd' und Himmel herrschet,
ewig, ewig!
(Intr. Salva sancta parens)

Mit wahrer väterlicher Liebe denkt Gott-Vater an Maria und hält seinen Gnadenreichtum für sie bereit, damit er sie, wenn sie zur Welt kommt, Kind und Tochter nennen kann.

Auch zur zweiten göttlichen Person wird Maria in ein besonders inniges Verhältnis treten. Das ist ja Gottes ewiger Ratschluss, dass der Sohn Gottes Mensch werden soll, um die Menschen von ihren Sünden zu erlösen und ihnen den Himmel zu öffnen. Dieses Erlösungswerk konnte Gott auf vielerlei Weise vollziehen, er wollte es aber durch die Mitwirkung Mariens. Aus ihr soll einmal der Sohn Gottes Fleisch annehmen. "Das Heilige, das aus dir geboren wird, wird der Sohn Gottes genannt werden."

Nun ist der Sohn Gottes selber allmächtiger Gott und Schöpfer. Er hat die Macht, seine Mutter sich zu erwählen. Unter all den Erdentöchtern, die sein allwissendes Auge in der Ewigkeit schaut, wird nur eine würdig sein: die begnadete, reine Tochter des himmlischen Vaters. Denn er selbst ist der Reinste, und Heiligste. Darum muss alle Sünde ausgeschlossen sein; eine sündhafte Evastochter kann ihm keine heilige Wohnstatt bieten, kann ihm sein reines Erlöserblut nicht mitteilen. So wie in der Natur aus reiner Blüte köstliche Frucht heranreift, so will er aus der reinsten Blüte der Menschheit als köstlichste Frucht seine Menschheit empfangen. 

Er, der Heiligste, will nur die Reinste Mutter nennen können. - Wie eine Mutter das Leben und Wirken ihres Kindes mit ihrer Arbeit und Sorge begleitet, so soll Maria einmal die starke Frau sein, die in starkmütiger Liebe mit ihm seinen Lebensweg geht. Ja, eine Liebe soll dieses Mutterherz besitzen, die es stark macht, ihm Helferin zu sein in seinem Erlösungswerke. Sie wird ihm einst alles schenken, was nur eine Mutter ihrem Kinde zu geben vermag, darüber hinaus soll sie als die getreue, opferbereite Magd des Herrn mitwirken: in Gehorsam seinen Gehorsam gegen den Willen des Vaters begleiten, seine Hingabe für die Menschen teilen, ja bereit sein, in Liebe ihr Kind hinzugeben, auf dass es verblute am Kreuze zum Heile der Menschen.

Wenn das nicht die Pläne des unendlichen Gottes wären, dann würden wir Menschen sagen, es sei unmöglich, dass ein Mensch solch eine Aufgabe erfüllen könne. So aber dürfen wir uns herzlich freuen. Denn in dieser Mutter und Helferin des Herrn hat Gott auch für uns das Heil beschlossen. Maria soll uns den schenken, durch den alles Heil geworden ist. 

Jetzt brauchen wir nicht mehr ängstlich zu fragen: "Kann es Wirklichkeit werden, wozu uns Gott Vater berufen hat?" Wir haben zwar mit Eva das göttliche Leben verloren, konnten nicht mehr Gotteskinder sein - trotz unserer Berufung. Nun aber wird uns Gnade zuteil werden durch die Mutter, die uns Christus geboren hat. Dadurch, dass der Gottessohn Sohn Mariens wurde, ist er unser Bruder geworden in allem uns gleich, mit Ausnahme der Sünde. In Christus können wir in Wahrheit mit Maria Gott unseren Vater nennen.

Weil der Sohn Gottes uns Bruder und Schwester nennen will, darum wählt er den Weg der Erlösung durch Maria. In der Erwählung Mariens sah er auch uns als Kinder seines Vaters, sah uns und bestimmte uns zu Helfern und zu Helferinnen im Reiche Gottes.


Wir beten ein Ave Maria, dass Maria uns helfe, stets wahre Brüder und Schwestern Christi zu sein:
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade,
der Herr ist mit dir!
Du bist gebenedeit unter den Frauen
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes: Jesus!
Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder,
jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.

Welcher Mensch kann Gottes Ratschluss wissen?
Oder wer kann gedenken, was Gott will? (Weish 9,13)
Gott hat uns vorherbestimmt zur Kindschaft
durch Jesus Christus. (Eph 1,5)


Gebet:
O Sohn Gottes, König der ewigen Herrlichkeit! Von Ewigkeit her hast du gewollt, dass in deinem Erlöserleben und -wirken Maria dir Mutter und Magd sei. Lass uns durch diese Mutter Maria alle Gnaden der Erlösung zuteil werden, damit wir als deine Brüder und Schwestern hienieden mit dir in Liebe verbunden sind und einst zu dir gelangen; der du lebst und herrschest in Ewigkeit. Amen.


Maiandachtsbüchlein für Kirche und Haus von Pfarrer Joseph Willmes; A. Laumannsche Verlagsbuchhandlung Dülmen /Westf.;  AD 1935; S. 19-21; (s. Quellen)



Bild: Gnadenbild Unserer Lieben Frau vom guten Rat im Alten Peter in München

Samstag, 12. April 2014

Ehe, Ordensprofess und Priesterweihe: Endgültige Entscheidung

Wie soll sich denn ein Mann – oder besser: ein Jüngling – von 25 Jahren, dem kirchenrechtlichen Mindestalter, endgültig für den Priesterberuf mit allen seinen Konsequenzen entscheiden können? Fehlt es ihm für einen derartigen Schritt nicht an der nötigen Erfahrung? Und was, wenn ihm am Tag nach der Weihe die Frau seines Lebens begegnen würde…? Man kann eine ähnliche Frage auch im Hinblick auf junge Brautleute stellen: Gerade erst – oder nicht einmal – 25 Jahre alt, und schon ein Ja-Wort wagen, das dann binden soll, „bis das der Tod euch scheidet“? Vielleicht lernt man doch später, älter und reifer geworden, einen Menschen kennen, zu dem man eine weitaus tiefere Liebe empfindet, der eine bessere Ergänzung und größere Bereicherung für das eigene Leben darstellt als der Ehepartner – und was dann? 

Freilich fällt es schwer, ein Alter anzugeben, in dem diese Möglichkeit gänzlich ausgeschlossen wäre. Ist man mit 30, 40 oder erst mit 50 Jahren zu einer letzten Verbindlichkeit fähig? Oder überhaupt nie? Das ist die Meinung vieler unserer Zeitgenossen. Sie sagen: Weil wir uns im Strom der Zeit unablässig wandeln und unsere einzige Beständigkeit in der Unbeständigkeit liegt, deshalb macht die Vorläufigkeit allen Erkennens und Erlebens offensichtlich unsere Existenz aus. Und deshalb ist es eine illusorische Vorstellung, dass sich zwei Menschen ein für allemal in der Ehe miteinander verbinden oder dass jemand sich gültig für den geistlichen Stand mit seinen „ewigen Gelübden“, für den Priesterberuf mit seinen Zölibats- und Gehorsamsversprechen entscheiden kann. 

Die Argumentation gegen eine letztverbindliche Wahl erfährt auch soziologische Schützenhilfe: Früher, so sagt man, bestand noch ein sozialer Rahmen, der den Ehen und dem geistlichen Stand von aussen her Festigkeit verlieh, weil Scheitern damals als Schande galt und gesellschaftliche Ächtung nach sich zog. Mittlerweile ist das aber ganz anders geworden, und das Rad der geschichtlichen Entwicklung lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Glücklicherweise nicht, fügt man hinzu; denn die heutige Situation wird ja, indem sie die Freiheit der einzelnen Person betont, der Würde des Menschen viel besser gerecht als die repressiven Systeme alter Zeiten… 

Was ist dazu zu sagen? Zunächst ist es wahr, dass man in jungen Jahren – und ebenso in vorgerücktem Alter – manche unausgegorene Wahl treffen kann und wohl auch tatsächlich trifft. Erfreulich, wenn sie sich im nachhinein noch abändern und sogar rückgängig machen lässt. Oft aber liegen solche Entscheidungen, einmal gefällt, außerhalb unserer Verfügungsgewalt. Das gilt vor allem von den wichtigen Weichenstellungen in jungen Jahren, die naturgemäß den Radius unserer Wahlfreiheit einschränken und dadurch dem gesamten Leben seine Richtung geben. Als Beispiel möge ein reich begabtes Kind dienen, das sich im Alter von sechs Jahren durchaus noch zum bedeutenden Atomphysiker, zum Staranwalt oder zum Konzertpianisten entwickeln könnte. Wird es aber von den Eltern frühzeitig auf die musikalische Bahn geführt und setzt es selbst aus freiem Willen seine Zeit und Energie für die Perfektionierung des Klavierspiels ein, dann schwinden die anderen Möglichkeiten nach und nach dahin, und mit 20 Jahren ist es für die Karriere als Atomphysiker oder Anwalt einfach zu spät. 

Ohne Zweifel ist es der Wille des Herrn unseres Lebens, dass wir die Freiheit, die er uns eröffnet, in fruchtbarer Weise nutzen. Das aber kann nicht gelingen, wenn wir uns alle Möglichkeiten offenlassen möchten und dafür, anstatt einen Weg einzuschlagen, auf der Stelle stehenbleiben. Sicherlich erfordern wichtige und folgenreiche Entscheidungen eine gute Überlegung, kompetenten Rat und vor allem Licht und Kraft von oben. Doch ist es nicht einzusehen, weshalb ein junger Mensch noch nicht dazu befähigt sein sollte. Gerade wenn er sich um Gottverbundenheit bemüht, sich von erfahrenen Personen etwas sagen lässt und die Geister, welche ihm Seele und Herz bewegen, aufrichtig prüft, sollte er es bis zu einem hohen Gewissheitsgrad bringen können, dies insbesondere in Dingen, die für die Sinngebung des ganzen Lebens von Gewicht sind. Also vor allem im Bereich der Wahl des Berufes und des Partners. 

Nicht der Mangel an Alter und Lebenserfahrung ist das eigentliche Problem, sondern die fehlende Vorbereitung – man denke an die Art der Ehevorbereitung in vielen kirchlichen Einrichtungen! –, die Unüberlegtheit und das geringe Vertrauen in Gottes Vorsehung. Wer sich von Ihm geführt weiß, dem ist klar, dass ihm nicht nach erfolgter Diakonenweihe (die ja den künftigen Priester bereits zum Zölibat verpflichtet) die „Frau seines Lebens“ begegnen oder nach der Hochzeit ein besserer Partner über den Weg laufen wird. Und wie herrlich ist es doch, wenn gerade ein junger Mensch schon Gott seine ganze Freiheit schenkt… 

P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad



Hinweise:


- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers

- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)
- Foto: Ablegen des Ordensversprechens; Benediktinerabtei Le Barroux (F)

Montag, 31. März 2014

Dass wir den Übergang bestehn...

...zum Pascha, das kein Ende kennt

Das Wort vom "Übergang" hat Konjunktur. So vieles verändert sich gegenwärtig im gesellschaftlichen Leben, dass der Eindruck von zu Ende gehenden Selbstverständlichkeiten und die Ungewissheit, welche Zukunft wir vor uns haben, Ängste weckt. Dass Besitzstandsdenken nicht weiterführt, wissen wir. Wer aber abgeben und aufgeben soll, fürchtet sich verständlicherweise davor, wo er bleibt und fragt sich, was von ihm bleibt, wenn Übergänge und Umbrüche anstehen. (...)

Auch wer in seiner persönlichen Biografie in Übergangssituationen steht, kennt das Gefühl, hin und her gerissen zu sein.

Übergänge haben etwas Vorläufiges, noch nicht Ausgereiftes an sich. Ihnen lastet oft das Image eines notwendigen, unausweichlichen und damit eher lästigen Zwischenschritts an. Lieber haben wir das Bleibende oder schon das ganz Neue - und nicht etwas dazwischen!

Aber gerade darin besteht das Wesen des Übergangs. Das macht ihn so kostbar: in der Natur, in der Geschichte und auch in unserem persönlichen Leben. So hat es Gott gefügt! Es gibt keinen Tag ohne den Morgen und den Abend. Es gibt keine Entwicklung ohne Aufbruch und Umbruch. In diesen Übergängen von Nacht und Tag setzt Gotttes Wirken an: in seiner Schöpfung, in seiner Kirche, in uns ganz persönlich. (...)

Im Rhytmus Gottes zu leben bedeutet, den Übergängen ihren eigenen Wert beizumessen und in ihnen Gott für uns persönlich am Werk zu wissen. In diesem Sinne ist Flexibilität nicht einfach Beliebigkeit. Sie beinhaltet vielmehr eine innere Sensibilität dafür, dass wir auch in dem, was uns beugt und niederdrückt, zu dem finden, was uns wirklich weiterhilft. Was Gott uns in solchen Übergängen einprägt, sind die nachhaltigsten Fingerabdrücke seines Wirkens an uns und damit der wirkliche Fortschritt unserer Seele.


Franz-Peter Tebartz-van Elst: Glaube braucht Gestalt - Ermutigung zu einer missionarischen Spiritualität; Verlag Butzon & Bercker Kevelaer AD 2006


HYMNUS

Nun ist sie da, die rechte Zeit,
die Gottes Huld uns wieder schenkt,
nun ist er da, der Tag des Heils,
erfüllt von Christi hellem Licht.

Jetzt soll sich unser ganzes Herz
durch Fasten und Gebet erneu'n,
und durch Entsagung werde stark,
was müde ist und schwach und krank.

Laß uns, o Herr, mit Geist und Leib
das Werk der Buße freudig tun,
dass wir den Übergang bestehn
zum Pascha, das kein Ende kennt.

Dir, höchster Gott, Dreifaltigkeit,
lobsinge alles, was da lebt.
Laß uns, durch deine Gnade neu,
dich preisen durch ein neues Lied.


Hymnus der Fastenzeit aus dem Stundenbuch (nach: „Nunc tempus acceptabile“; spätestens 10. Jhdt)

Donnerstag, 12. Dezember 2013

Gerechtigkeit und Barmherzigkeit haben sich umarmt...

(Gebet der hl. Katharina von Siena, Fortsetzung von hier)

Unsere Liebe Frau von Guadalupe, ora pro nobis!

Wenn ich nun deinen erhabenen Ratschluss (Anm.: der Menschwerdung Gottes) betrachte, ewige Dreieinigkeit, finde ich, dass du in deinem Lichte den Adel und die Würde des Menschengeschlechtes gesehen hast. Wie die Liebe dich gedrängt hat, den Menschen nach deinem Bilde zu schaffen, so bewegte dich die gleiche Liebe, ihn zu erlösen, als er verloren war.

Du hast bewiesen, dass du den Menschen vor seiner Erschaffung liebtest, da du ihn in Liebe nach dir bilden wolltest. Aber noch größere Liebe hast du gezeigt, als du dich selbst hingabst und dich in die niedrige Hülle  der Menschheit einschlossest. Was kannst du also noch geben, nachdem du dich selbst ganz geschenkt hast? Daher kannst du wahrlich von ihm sagen: Was hätte ich dir tun sollen oder können, was ich nicht getan habe? 

Ich sehe, dass in diesem großen ewigen Ratschluss deine Weisheit erkannt hat, was für das Heil des Menschen notwendig war. Deine Güte hat es so gewollt, deine Macht hat es verwirklicht. In diesem Ratschluss vereinten sich also deine Macht, deine Weisheit und deine Güte für unser Heil.

O ewige Dreieinigkeit!
Durch diesen Ratschluss wollte deine große Barmherzigkeit deinem Geschöpfe Mitleid erweisen. Du, ewige Dreieinigkeit, wolltest an ihm deine Wahrheit offenbaren, indem du ihm ewiges Leben schenktest. Denn dazu hast du es geschaffen, dass es an dir einst Anteil habe und dich besitze.

Doch die Gerechtigkeit erhob Einspruch, denn in deinem erhabenen Ratschluss musste sich neben der Barmherzigkeit auch die Gerechtigkeit zeigen, die dir eigen ist und in Ewigkeit bleibt. Da deine Gerechtigkeit kein Übel ohne Strafe, und auch nichts Gutes unbelohnt lässt, so konnte der Mensch nicht gerettet werden, ohne dass Genugtuung für seine Sünden geleistet wurde. 

Was für ein Mittel hast du nun gefunden, ewige Dreieinigkeit, um deine Wahrheit zu verwirklichen und dem Menschen Barmherzigkeit zu erweisen, ohne deiner Gerechtigkeit die schuldige Genugtuung zu verweigern? Welches Heilmittel hast du ersonnen? Erkenne, wie geeignet das Heilmittel! Du hast dich entschlossen, uns das Wort, deinen eingeborenen Sohn, zu schenken. Er sollte unser Fleisch annehmen, das dich beleidigt hatte. Er sollte mit dieser Menschheit leiden und so deiner Gerechtigkeit genügen, nicht durch die Kraft der Menschheit, sondern durch die Macht der mit ihr vereinten Gottheit. So geschah es. Deine Wahrheit erfüllte sich. Gerechtigkeit und Barmherzigkeit haben sich umarmt.




aus: Katharina von Siena - Gebete; Übertragen und eingeleitet von P. Dr. Joseph Maria Scheller O.P.; Albertus-Magnus Verlag Vechta i.O.; AD 1936, S. 145ff, Von Mariä Verkündigung (s. Quellen)



Samstag, 16. November 2013

Lebensgefährlich: Der Priester Hans Küng und sein Suizid


Von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

Hans Küng möchte „nicht als Schatten seiner selbst weiterexistieren“. Im jüngst veröffentlichten dritten Teil seiner Memoiren hat er es den Lesern mitgeteilt und es seither in verschiedenen Interviews wiederholt. Der 85-jährige Schweizer und einstmalige Konzilsberater blickt auf ein langes Wirken als Theologieprofessor, Schriftsteller und Kirchenkritiker zurück. Nicht zu vergessen: Priester ist er auch. Bis jetzt pflegte er eine intensive Medienpräsenz und nutzte sie, um sich zeitgeistkonform über den katholischen Glauben, über Papst und Kirche zu äußern und für sein „Projekt Weltethos“, eine Art Ökumene aller Gutmenschen, zu werben. 

Nun aber spürt Küng deutlich, dass sein Ende herannaht. Seit gut einem Jahr weiß er, dass er an Parkinson leidet und durch eine Makuladegeneration schon bald seine Sehkraft verlieren wird. Er ist Zeuge des beständigen Abnehmens seiner Energie, des raschen Schwindens seines Augenlichtes. Das wirft für ihn die Frage auf: „Ein Gelehrter, der nicht mehr schreiben und lesen kann? Was dann?“

Wie nicht anders zu erwarten, bleibt Küng auch hier die Antwort nicht schuldig. Lautet sie vielleicht: „Nach dem vielen Lesen und Schreiben ist nun die Zeit vermehrten Betens gekommen“? Keineswegs. Küng, der sich „nicht lebensmüde, doch lebenssatt“ nennt, ist Mitglied der Sterbehilfeorganisation Exit. Nicht nur, um diese aus seinen gewiss beachtlichen finanziellen Mitteln zu unterstützen, sondern auch, um sich gegebenenfalls selbst von ihr unterstützen zu lassen: „Der Mensch hat ein Recht zu sterben, wenn er keine Hoffnung mehr sieht auf ein nach seinem ureigenen Verständnis humanes Weiterleben", sagt Küng und meint damit auch das Recht, sein letztes Stündlein bereits schlagen zu lassen, bevor es von der Natur – oder frommer ausgedrückt: von der göttlichen Vorsehung – eingeläutet wird. 

Seinen Ansichten liegen persönliche Erfahrungen zugrunde. Küng erinnert sich an den qualvollen Tod seines Bruders Georg durch Hirntumor im Jahr 1955; schon damals habe er sich entschieden, so nicht sterben zu wollen. Auch das Ende seines Freundes Walter Jens, eines bekannten Philologen, der jüngst als Demenzkranker in geistiger Umnachtung verschied, bestärkte Küng in seinem Entschluss, sein Leben frühzeitig zu beenden (oder beenden zu lassen), bevor er in einen ähnlichen Zustand geraten sollte. 

Bei einem religionslosen Menschen kann man diese Einstellung recht gut nachvollziehen. Aber bei einem Theologen, einem katholischen Priester? Dürfte man sich von ihm nicht anstelle der „Lösung“ des Problems durch assistierte Selbsttötung vielmehr eine Interpretation der leidvollen Dimension unserer Existenz im Lichte der göttlichen Offenbarung, einen Ausblick auf den Sinn von Schmerz und Tod in Gottes Heilsplan erhoffen? Offensichtlich ist der Glaube des Professors derart beschädigt, sein Blick auf Jesus Christus so sehr verdunkelt, dass ihm der eklatante Widerspruch zwischen seinen Auffassungen und denen eines Christen nicht mehr auffällt. 

Bekanntlich hing unser Erlöser als verhöhnter, erniedrigter und gequälter Mann am Kreuz. Äußerlich betrachtet starb er wie ein Verbrecher, doch besiegte er dadurch Sünde, Tod und Teufel. Wir, seine Jünger, sind berufen, mit und in ihm durch Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung zu gehen. Schwäche, Verächtlichkeit und Schmerz, geduldig ertragen, vereinen uns dabei tiefer mit Christus und können zu einem Segen für andere werden. Viele heilige Menschen haben es uns vorgemacht. Und da sollte ein gläubiger Katholik, gar ein Priester des Herrn wohlüberlegt und ernsthaft behaupten können: Lieber Selbstmord als ein demütigendes Ende? 

Hans Küng glaubt zwar an ein Leben nach dem Tod und erwartet, auch nach Suizid in den Händen Gottes geborgen zu sein. Doch spricht er hier gewiss nicht von dem Gott, an den wir Christen glauben, denn dieser verbietet es dem Geschöpf streng, sich als Herr über Leben und Tod aufzuspielen und sich dadurch göttliche Rechte anzumaßen. Für einen Theologen freilich, der zeitlebens die Ummodelung des Glaubensgutes nach menschlichen Vorstellungen betrieben hat, ist es nur konsequent, wenn er auch im Bereich der letzten Dinge – seiner eigenen letzten Dinge! – einem vermessenen Wunschdenken folgt. 

Wer wie Hans Küng die professionelle Suizidassistenz von Exit in Anspruch nehmen will, der verzichtet damit selbstredend auf die kirchlich-sakramentale Sterbebegleitung durch den Priester. Er schlägt die Absolution nach reuiger Beichte aus, weist die aufrichtende, für den Todeskampf stärkende Gnade der heiligen Salbung zurück und lehnt die eucharistische Wegzehrung ab, diese letzte Kommunion auf Erden, die der ewigen Kommunion des Himmels vorausgehen soll. Das bedeutet: Ein solcher Mensch befindet sich objektiv in einem Zustand, der ihn vom ewigen Heil ausschließt. Und indem er seine Ideen via Medien propagiert, bringt er auch viele andere Menschen in ernste Gefahr. Grund genug, für den Priester Hans Küng zu beten.


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)


 Vom selben Autor:

  


Mittwoch, 13. November 2013

Am Anfang stand das lautere Herz



"Wenn Sie mich, liebe Gläubige, fragen, was stand am Anfang der Priesterbruderschaft St. Petrus, dann würde ich nicht antworten, es war der Wille, an der überlieferten Liturgie festzuhalten, es war die Treue zum Papst oder sonst ein anderes offenkundiges Merkmal; ich würde antworten: Am Anfang der Bruderschaft stand das lautere Herz. 

Wenn wir daran festhalten, wird Gottes Vorsehung uns festhalten, auch wenn ihre Lösungen - ich möchte sagen: in der Regel - anders aussehen als die, die wir uns vorstellen können."
P. Walthard Zimmer FSSP in einer Wallfahrtspredigt anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Priesterbruderschaft St. Petrus im Oktober 2013 nach Maria Taferl NÖ



Foto: Wallfahrtskirche Maria Taferl; Clemens Pfeiffer, Wien

Mittwoch, 25. September 2013

Gut Ding braucht Weile - oder: Das Apostolat braucht eine geistliche Vorbereitung

Um Gott wahrhaft zu suchen, müssen wir ihn uns vorstellen: erstens, als den Urquell der Natur und der Gnade; zweitens, als den Erhalter aller Wesen; drittens, als den höchsten Herrn, der durch seine Vorsehung alles lenkt und fügt. So haben wir also jegliches Geschehnis, bis hin zum geringfügigsten, als im Willen Gottes und in seinem Wohlgefallen eingeschlossen zu betrachten. Gott suchen heißt nichts anderes wollen und wünschen, als was er will und durch seine Vorsehung anordnet. (...)

Eine andere vorzügliche Art, Gott zu suchen ist die, in allen Dingen kein anderes Ziel anzustreben, als die Verherrlichung Gottes. (...) Wir müssen uns darin so sehr von uns selber lösen, von unseren Interessen, Vorlieben, besondern Neigungen und Absichten, dass wir bereit sind, im Blick auf den Dienst Gottes und auf alles was uns helfen kann, Gott zu suchen und zu finden, jeglichem zu entsagen: denn außer Gott ist nichts begehrenswert in sich selbst, und alles übrige ist es nur im Hinblick auf ihn. Und zwar so sehr, dass die Suche nach etwas, was nicht Gott ist, die Mühe darum, das Gefallen daran Irrtum und Täuschung ist. (...)

Es gibt noch eine weitere Art, Gott zu suchen, die nicht leicht zu begreifen ist, solange man sie nicht übt: nämlich nicht allein nach seinem Willen und seiner Ehre, nicht allein nach seinen Geschenken, Gnaden, Tröstungen und nach Andachtsgefühlen zu begehren, sondern ihn selber zu suchen, in ihm zu ruhen und nur an ihm Geschmack zu finden. (...)

So muss es unsere größte und unablässige Sorge sein, Gott auf diese Weise zu suchen, und solange wir ihn nicht gefunden haben, dürfen wir uns nicht nach außen wenden zum Dienst am Nächsten, es sei denn probeweise. Wie Jagdhunde wollen wir sein, vorerst noch an straffer Leine. Sind wir dann ganz mit Gott vereint, so dürfen wir unserem Eifer größeren Spielraum gewähren und werden in einem Tage mehr ausrichten als zuvor in zehn Jahren.


Louis Lallemant; Geistliche Lehre; Johannes Verlag Einsiedeln; AD 1960 (s. Quellen); S.23-25



Dienstag, 27. August 2013

Göttliche Vorsehung und menschliche Freiheit

Dies ist eine Antwort für "Lothars Sohn", der in einem Kommentar auf ein Post vom 25.08.2013 über die göttliche Vorsehung meinte, dass "dieses Konzept von Vorherbestimmung zu den schlimmsten Gotteslästerungen unter der Sonne führt. Denn dann würde Gott einen Mann vorherbestimmen, eine Frau zu vergewaltigen, und ihn dann ewiglich dafür bestrafen."

Dieser Kommentar enthält mehrere Irrtümer.

Zum einen: Dass ein Mensch, der gegen Gottes Gebot anderen Gewalt angetan hat, auf ewig verloren geht, ist nicht zwingend. Es besteht die Möglichkeit, dass dieser Mensch die Bosheit seines Tuns erkennt, umkehrt und sich mit Gott versöhnt. Gottes Barmherzigkeit steht jedem Menschen offen, der sich Gott zuwendet und seine Sünden bereut, ganz gleich wie schwer diese Vergehen waren.

Zum zweiten:
Die Engel und die Menschen, intelligente und freie Geschöpfe, müssen ihrer letzten Bestimmung aus freier Wahl entgegengehen und ihr aus Liebe den Vorzug geben. Sie können darum auch vom Weg abirren und sie haben auch tatsächlich gesündigt. So ist das moralische Übel in die Welt gekommen, das unvergleichlich schlimmer ist als das physische Übel. Gott ist auf keine Weise, weder direkt noch indirekt, die Ursache des moralischen Übels [Vgl. Augustinus, lib. 1,1,1; Thomas v. A., s. th. 1-2,79, 1. ]. Er lässt es jedoch zu, da er die Freiheit seines Geschöpfes achtet, und er weiß auf geheimnisvolle Weise Gutes daraus zu ziehen:

,,Der allmächtige Gott ... könnte in seiner unendlichen Güte unmöglich irgend etwas Böses in seinen Werken dulden, wenn er nicht dermaßen allmächtig und gut wäre, dass er auch aus dem Bösen Gutes zu ziehen vermöchte" (Augustinus, enchir. 11,3)

So kann man mit der Zeit entdecken, dass Gott in seiner allmächtigen Vorsehung sogar aus den Folgen eines durch seine Geschöpfe verursachten moralischen Übels etwas Gutes zu ziehen vermag. Josef sagt zu seinen Brüdern: ,,Nicht ihr habt mich hierher geschickt, sondern Gott ... Ihr habt Böses gegen mich im Sinne gehabt, Gott aber hatte dabei Gutes im Sinn ... um ... viel Volk am Leben zu erhalten" (Gen 45,8; 50,20) [Vgl. Tob 2, 12-18 Vg.].

Aus dem schlimmsten moralischen Übel, das je begangen worden ist, aus der durch die Sünden aller Menschen verschuldeten Verwerfung und Ermordung des Sohnes Gottes, hat Gott im Übermaß seiner Gnade [Vgl. Röm 5,20.] das größte aller Güter gemacht: die Verherrlichung Christi und unsere Erlösung.
Freilich wird deswegen das Böse nicht zu etwas Gutem.
(vgl. Katechismus der katholischen Kirche KKK Nr. 309ff)

Dies sollte als  Antwort ausreichen, um deutlich gemacht zu haben, dass die göttliche Vorsehung nicht gotteslästerlich ist, sondern im Gegenteil von der Allmacht und Größe Gottes, wie auch von seiner unendlichen Barmherzigkeit zeugt.


(Hervorhebngen durch Fettdruck von FW)


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Sonntag, 25. August 2013

Die göttliche Vorsehung - oder: Wie Gott alles erhält und lenkt



Der heutige Sonntag wurde in früheren Zeiten als Sonntag der Göttlichen Vorsehung bezeichnet (Lesung: Gal 5,16-24; Evangelium Mt 6,24-33). Wir denken oft nicht daran, dass Gott die Welt nicht nur geschaffen hat, sondern sie auch in jedem Augenblick erhält. Einer der gelehrtesten Kirchenväter, Theodoret, beschreibt die Vorsehung wie folgt:
Denken wir uns einen Mann, der in einem Fahrzeug sitzt und über die See fährt. Er sieht den Steuermann vor sich und gewahrt, wie dieser das Steuer je nach den Bedürfnissen des Schiffes bald nach rechts bald nach links bewegt und das Schiff nach Belieben in jede Bucht führt. Und doch, nur um der Wahrheit zu widersprechen, sagt jener: "Nein, es befindet sich kein Steuermann auf dem Schiff, das Fahrzeug ist ohne Steuer, es gibt sich selbst die Richtung. Es erhält sich von selbst gegen den Andrang der Wogen, es hält von selbst wider die anstürmenden Winde stand. Es braucht keine Bootsknechte und keinen Steuermann, der den Befehl über seine Seeleute führt und jedesmal angibt, was zu tun ist."

Einem solchen Menschen, dünkt mich, gleichen jene, die nicht an die alles lenkende Vorsehung glauben wollen und die höchst törichte Meinung aufstellen, die aus Himmel und Erde bestehende Welt werde ohne Steuermann so gelenkt, dass alles harmonisch ineinandergreift und voll Ordnung ist. Obwohl sie aufs Klarste sehen, wie Gott die von ihm ins Leben gerufene Schöpfung leitet, wie er alles nach seiner gewissen Ordnung bewegt und lenkt, wie alles Erschaffene seine Verhältnisse hat, wie das Ganze der Schöpfung und jeder einzelne Teil so schön, so nützlich ist, stellen sie sich dennoch absichtlich blind oder haben vielmehr die Unverschämtheit zu behaupten, dass sie bei offenen Augen nicht sehen. Sie lästern die Vorsehung gerade der Gaben wegen, die sie von ihr empfangen, und führen Krieg wider den Schöpfer wegen eben der Wohltaten, die sie dank seiner Sorgfalt  genießen.


Theodoret, Kirchenvater der antiochenischen Schule, geb. 393 in Antiochia am Orontes (heute: Antakya am Asi, Türkei), Bischof von Cyrus (Kyrrhos) am Euphrat; † um 458/460 (466); aus: "Von der göttlichen Vorsehung 2" zitiert nach: Texte der Kirchenväter 1, Kösel Verlag München 1963, S.193f

Foto: Donauschiffer in der Slovakei; mbell1975; wikimedia commons 

Niemand kann zwei Herren dienen


Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Darum sage ich euch: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.

Seid ihr denn nicht viel mehr als sie? Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt? Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen.

Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen? Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft. Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. (Mt 6,24-33)


Evangelium zum 14. Sonntag nach Pfingsten im Usus antiquior, der "alteren Form" des römische Ritus



Dienstag, 23. Juli 2013

Werden, wie Gott uns haben will



Es gibt sehr wenige Menschen, die ahnen, was Gott aus ihnen machen würde, wenn sie sich ihm ganz überließen, damit sie Gott - entsprechend seinem Plan - formen könnte.
Ignatius von Loyola



Mittwoch, 1. Mai 2013

Die Arbeit als Verherrlichung Gottes


"Die Arbeit ist Gottes Auftrag und Teilnahme an seinem Schöpfungswerk. Jede Arbeit, die in diesem Geiste verrichtet wird, ist sittlich gut und eine Verherrlichung Gottes.

Die Härte und Unerbittlichkeit der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bringen es mit sich, dass nicht jeder einen Beruf finden wird, der seinen Neigungen und Fähigkeiten allseits entspricht. Nicht wenige werden mit einem sogenannten Zwangsberuf Vorlieb nehmen müssen.

Für Christen jedoch, der an Gottes liebevolle Vorsehung glaubt, ist jeder Beruf ein Ruf Gottes, mag er bedeutsam oder untergeordnet sein, mag er unseren Neigungen entsprechen oder wie ein Kreuz auf uns liegen.

Gott ruft den Menschen nicht nur durch das, was er ihm gibt, (Anlagen, Tauglichkeiten, Fähigkeiten, Neigungen), sondern auch durch das, was er ihm schickt (Krankheit, Kriegsfolgen, widrige wirtschaftliche und soziale Verhältnisse usw.)."

Joseph Höffner: Christliche Gesellschaftslehre; S. 120 (s. Quellen)


Heiliger Joseph, Mann der Arbeit,
Bräutigam der allerseligsten Jungfrau Maria
und Pflegevater Jesu Christi,
bitte für uns und all diejenigen, die keinen 
oder keinen sie zufriedenstellenden Arbeitsplatz haben!


+      +      +

 
via kath.net:

 

Dienstag, 26. Februar 2013

Die göttliche Vorsehung - Grund zum Vertrauen


Gott sorgt für mich, was will ich sorgen?
Er ist mein Vater, ich sein Kind.
Er sorgt für heut', er sorgt für morgen,
so dass ich täglich Spuren find',
wie Gott die Seinen väterlich
erhält und schirmt. Gott sorgt für mich.


An die Gottesmutter Maria:

Ich bin Dein Kind geworden,
drum sorge ich mich nicht.
Die Mutter weiß am besten,
was ihrem Kind gebricht.
Ich fühle mich gborgen
an Deiner Mutterhand
wie ein verirrtes Kindlein,
das nun nach Hause fand...

Du weißt um meine Sünden,
wie ich gestrauchelt bin.
O geh mit meiner Reue
zu Deinem Sohne hin,
und hilf mir besser werden,
ich bin ja nun Dein Kind.
Zeig, dass Marienkinder
auch Gnadenkinder sind.
  

zitiert aus M. Uta Widmann: "Vollkommene Hingabe"; Schönstatt Verlag Vallendar; 1974

Zur Erinnerung zum Gebet für die Kardinäle, die demnächst im Konklave den neuen Papst wählen. Meine besondere Aufmerksamkeit soll dabei dem Schönstattpriester und Kardinal Errázuriz Ossa aus Chile gelten.


Foto: Schönstatt-Heiligtum Marienfried; © FW

Montag, 28. Januar 2013

Gebet um Ergebung in Gottes Willen


Mein Herr und mein Erlöser,

in Deinen Armen bin ich sicher;
wenn Du mich hältst, habe ich nichts zu fürchten;
wenn Du mich aufgibst, bliebe mir keine Hoffnung.

Ich weiß nicht, was alles noch über mich kommen wird, bevor ich sterbe;
nichts weiß ich von der Zukunft aber ich verlasse mich auf Dich.

Ich bete zu Dir, Du mögest mir geben, was gut für mich ist.
Ich bete zu Dir, dass Du von mir nimmst,
wasimmer meinem Heile schaden könnte.

Ich bitte Dich nicht, mich reich zu machen
und ich bitte Dich nicht, mich sehr arm zu machen,
alles überlasse ich Dir, weil Du alles weißt und ich nicht.

Bringst Du Schmerz und Sorge über mich,
so gib mir die Gnade, sie recht zu tragen.
Bewahre mich vor Ungeduld und Selbstsucht.

Gibst Du mir Kraft, Gesundheit und Erfolg in dieser Welt,
dann lass mich immer auf der Hut sein,
dass solch große Gaben mich nicht von Dir entfernen.

Du, der Du am Kreuz für mich gestorben bist,
auch für mich Sünder, der ich bin:
Verleihe mir, Dich zu erkennen,  an Dich zu glauben,
Dich zu lieben, Dir zu dienen,
Dich immer zu verherrlichen,
Dir und für Dich zu leben.

Gib, dass ich stets ein gutes Beispiel gebe für alle um mich herum
und lass mich sterben zu dem Zeitpunkt und auf die Weise,
wie es zu Deiner Verherrlichung und zu meinem Heil am meisten dient.
Amen.


John Henry Kardinal Newman



Donnerstag, 25. Oktober 2012

Wodurch Christus in den Menschen kommt

Christus kommt in den Menschen
durch den Glauben,
durch die Taufe,
durch die Eucharistie.

Durch die Taufe kommt er ein für allemal.
Durch den Glauben und die Eucharistie kommt er immerfort aufs neue.
Und immer aufs neue durch jede Erhebung des Herzens,
durch Gebet und Gehorsam,
durch alles, was die Vorsehung an Aufgabe und Geschick heranträgt.


Romano Guardini in "Wille und Wahrheit"; Matthias Grünewald Verlag, 5.Auflage, AD 1958; S. 143

Foto: Romanisches Taufbecken; Praemonstratenser-Abtei Hamborn; privat

Dienstag, 2. Oktober 2012

Hör auf seine Stimme...

 
So spricht Gott  der Herr: "Siehe, Ich sende Meinen Engel, dass er vor dir hergehe, dich auf dem Wege behüte und dich an den Ort führe, den Ich bereitet habe. Achte auf ihn und hör auf seine Stimme!"

2.Mos 23,20.21
aus der Lesung zum Schutzengelfest (2. Oktober)
Schott 1957




Donnerstag, 2. August 2012

Schönreden

"Wenn auch der menschliche Verstand mit seinen natürlichen Erkenntniskräften an sich zur wahren und sicheren Erkenntnis des einen persönlichen Gottes, der durch seine Vorsehung die Welt schützt und regiert, sowie des Naturgesetzes, das der Schöpfer in unser Herz legte, kommen kann, so bestehen doch für ihn nicht wenige Hindernisse, von seiner ursprünglichen Fähigkeit einen wirklich fruchtbaren Gebrauch zu machen; denn alle Dinge, die sich auf Gott beziehen und das zwischen Gott und den Menschen bestehende Verhältnis angehen, ruhen in Wahrheiten, die die Welt der Sinne überragen. Diese verlangen vom Menschen die Eigenhingabe und Selbstverleugnung, wenn sie auf die Lebensführung Einfluss gewinnen und sie bestimmen.

Der menschliche Verstand wird in der Erkenntnis solcher Wahrheiten behindert durch die Gewalt der Sinne und der Einbildungskraft, wie auch durch die verkehrten Leidenschaften, die ihren Ursprung in der Erbsünde haben. Darum reden sich Menschen in diesen Dingen gern ein, es sei das falsch oder zweifelhaft, was sie nicht wahrhaben möchten."





Foto: Nuntius Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII.; 1922; Wikimedia commons

Dienstag, 19. Juni 2012

Zum Nachdenken - Geduld und Ertragen (4)



Der Getaufte bekämpft den Neid durch Wohlwollen,
Demut und Hingabe an die Vorsehung Gottes.
 


 
(eigenes Foto)



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