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Sonntag, 9. November 2014

Die Wohnung Gottes bei den Menschen und ein Stück Himmel auf Erden

Voll Schauer ist dieser Ort, Gottes Haus ist hier und die Pforte des Himmels;
sein Name ist: Wohnung Gottes. Alleluja, alleluja!
Wie lieb ist Deine Wohnung mir, o Herr der Himmelsheere!
Verlangend nach dem Haus des Herrn verzehrt sich meine Seele! 
(1 Mos 28,17; Ps 83,2f)


Eine Predigt zum Kirchweihfest von P. Bernward Deneke FSSP, hier gepostet aufgrund des heutigen Festes der Weihe der Erzbasilika des allerheiligsten Erlösers (Laterankirche)

Kirchenräume sind vielseitig verwendbar, das beweisen Vorgänge der jüngeren und jüngsten Zeit. Nach der kommunistischen Oktoberrevolution wurden Heiligtümer in Lagerräume, Stallungen für Tiere oder auch in Schwimmbäder verwandelt.

Nicht weniger erfinderisch als die erklärten Glaubensfeinde zeigen sich inzwischen die Christen selbst. Seit einigen Jahrzehnten haben sich die Verantwortlichen deutscher Diözesen dafür entschieden, überzählige Kirchen abzustoßen, zu profanieren und weltlichem Gebrauch zu übergeben. Sie dienen nun als Wohnräume, Arbeitsstätten oder auch als öffentliche Einrichtungen.

Etwas merkwürdig ist es schon, sich an einem Sparkassenschalter daran zu erinnern: „Hier stand einmal der Altar“, oder bei einem festlichen Abendessen auf eine Wand zu blicken, die mit Fresken vom Martyrium der heiligen Kosmas und Damian bemalt ist. Aber der Mensch, auch der Christ, gewöhnt sich an vieles.

Nicht alle Kirchen freilich gehen in weltlichen Gebrauch über. Viele verbleiben in gottesdienstlicher Verwendung, erfahren aber eine Umwidmung und erhalten eine ganz neue Bestimmung. Manche von ihnen werden jetzt als „Erlebnisraum Jugendkirche“ angepriesen. Den jungen Leuten muss etwas geboten werden, damit sie überhaupt eine Kirche betreten. Deshalb liegt es nahe, die weiten Räume, die nicht nur atmosphärisch interessant sind, sondern auch über eine hallige Akustik verfügen, mit Lautsprechern, Lichtorgel und vielleicht sogar Trockennebelanlage zu versehen und zur Diskothek umzufunktionieren. In mehreren deutschen Kirchen hat man noch Kühneres gewagt und einen Hochseilgarten errichtet. Tatsächlich, es muss ein Abenteuer besonderer Art sein, in die Gewölbe einer neuromanischen Kirche hinaufzuklettern und sich dort in lichten Höhen von Seil zu Seil zu hangeln…

Was will uns alles das sagen? Dass man offensichtlich vergessen hat, was eine geweihte Stätte ist. Man hat es nicht erst in der nachkonziliaren Glaubenskrise, auch nicht von der Zeit der Oktoberrevolution an vergessen. Der Verlust des Sinnes für sakrale Stätten ragt weit in die Geschichte der Christenheit zurück. Immer wieder hatten rebellische Theologen und Prediger die Heiligkeit von Räumen grundsätzlich abgelehnt.

Zu ihnen gehörte auch Martin Luther, der nichts von den feierlichen Zeremonien der Kirchweihe hielt und dem es genug war, wenn im gottesdienstlichen Versammlungssaal Anstand und Ordnung herrschte. Alles, was darüber hinausgeht, jede Sakralisierung und Mystifizierung entspreche nicht dem reinen Evangelium, sondern sei eine nachkonstantinische und mittelalterliche Verfälschung, letztlich der Einbruch des Heidentums in die Welt des Glaubens.

Wie Luther denken heute nicht wenige Lehrer der katholischen Theologie. Wenn sie auch nicht mehr laut und provokant auftreten wie die wilden Entsakralisierer der 60er und 70er Jahre, so setzen sie doch deren Marschroute fort. Ihre offensichtlichsten Erfolge erreichen sie dort, wo alte Kirchen umgebaut oder neue errichtet werden.

Das kostenaufwendige Design kann meistens nicht darüber hinwegtäuschen, dass es da nicht in erster Linie um eine würdige Wohnstätte für den allmächtigen Gott geht; nicht um die Ausrichtung auf Seine ehrfurchtgebietende Gegenwart; nicht darum, den Ort des „schauererregenden Opfers“ (um mit manchen Kirchenvätern zu reden) hervorzuheben; auch nicht darum, ein Abbild himmlischer Glorie zu schaffen. Nein, wer den Großteil der kirchenarchitektonischen Umtriebe der Gegenwart verstehen will, der muss andere Kategorien als die des überlieferten katholischen Glaubens und Gottesdienstes bemühen.

Und doch bleibt dieser Glaube und Gottesdienst für uns maßgeblich. Was er über den Sinn sakraler Räume lehrt, ist nicht spätantike oder mittelalterliche, schon gar nicht heidnische Verformung des Evangeliums. Im Alten Testament erfahren wir vom Tempelbau unter König Salomon. Die Herrlichkeit des Herrn nimmt in Gestalt einer Wolke von dem Heiligtum Besitz. Dort werden dem einen wahren Gott Opfer dargebracht, dort wirkt Er Wunderbares.

Von der Liebe zur Zierde des Hauses Gottes, von dem sehnsüchtigen Verlangen, dahin zu ziehen, um vor dem Angesicht des Herrn zu beten, geben die Psalmen beredtes Zeugnis. Jesus aber hat das alles keineswegs für nichtig erklärt und abgeschafft. Nein, in Ihm wurde der Alte Bund erfüllt. Kein Jota und kein Strichlein sind verlorengegangen.

Nach der Zerstörung des Heiligtums Seines irdischen Leibes im Leiden und Sterben hat Christus uns das neue, bleibende Heiligtum Seines verklärten Leibes erbaut. Dieses aber stellten die Christen, sobald es ihnen möglich war, in Kirchenbauten dar. In ihnen lebt Er unter uns. Hier opfert Er sich für uns. Hier nimmt Er unsere Gebete auf und beschenkt uns mit Gnade und Segen. Deshalb erfüllen uns als gläubige Katholiken die Heiligtümer mit Ehrfurcht und Liebe. Deshalb auch ist uns an einem der Sakralität des Ortes entsprechenden Benehmen gelegen. Ja, hoffentlich ist uns daran noch gelegen…

Vor Jahren erlebte ich in der Wallfahrtskirche Pfärrich bei Wangen eine berührende Szene. Zwei Mädchen, das eine im Kommunionalter, das andere noch einige Jahre jünger, traten durch das Hauptportal ein. Nun begann das größere Kind dem kleineren zu zeigen, wie man sich in einer Kirche verhält. Zuerst wurde das Kreuzzeichen mit dem Weihwasser eingeübt, dann die Kniebeuge vor dem Altar und das Niederknien in der Bank. Öfters nahm die Lehrmeisterin dabei den Finger vor die Lippen und gebot ihrer Schülerin Schweigen.

Was da geschah, war keine rein technische Unterweisung; es war eine mystagogische Katechese in praktischer Form. Vielleicht brauchen breite Kreise der Katholiken – von „ganz oben“ bis zum sogenannten einfachen Kirchenvolk – genau dies: ein learning by doing, eine aufmerksame Einübung in das Verhalten an heiliger Stätte, um dadurch auch wieder zu erfassen, was eine Kirche ist?

Als Beichtvater ist man schon ein wenig erstaunt darüber, wie selten sich die Gläubigen, auch die entschiedenen und frommen Gläubigen, heutzutage anklagen, gegen die Stille und Würde im Heiligtum gesündigt zu haben. Das war vor ein, zwei Jahrzehnten noch anders. Man hat aber nicht den Eindruck, seither habe sich das Benehmen in den Kirchen so sehr verbessert. Vielmehr scheint auch glaubenstreuen Katholiken das Bewusstsein für die Heiligkeit des Ortes der Gegenwart und des Opfers des Herrn mehr und mehr abhandenzukommen.

Liebe Gläubige, es wäre wohl zu erwarten gewesen, dass anlässlich des heutigen Weihefestes der Kathedrale zu Augsburg von diesem Gotteshaus, dem Dom Unserer Lieben Frau, gesprochen worden wäre. Von seiner wechselvollen Geschichte, die mindestens ins 8. Jahrhundert, vermutlich aber noch in viel frühere Zeit zurückreicht. Von den imposanten Ausmaßen und der edlen Ausgestaltung. Und von der Bedeutung, welche die Bischofskirche und der dortige Apostelnachfolger für uns hat. Da wir – jawohl, auch wir, Kleriker wie Laien! – aber in der ernsthaften Gefahr sind, die heutige Liturgie der Kirchweihmesse gar nicht mehr zu verstehen, geschweige denn von ihr ergriffen und in unserem Verhalten geprägt zu werden, deshalb diese grundsätzlichen Worte.

Hand auf’s Herz! Kennen wir noch den heiligen Schrecken, von dem der Introitus spricht: „Terribilis est locus iste – Voll Schauer ist dieser Ort; Gottes Haus ist hier und die Pforte des Himmels“? Können wir andererseits den sehnsuchtsvollen Psalmvers desselben Introitus erlebnismäßig nachvollziehen: „Wie lieblich sind Deine Gezelte, Herr der Heerscharen! Es verlangt und verzehrt sich meine Seele nach den Hallen des Herrn“? Deckt sich die Antiphon zum Offertorium mit unserer Einstellung und ist uns daher aus der Seele gesprochen: „Herr, Gott, in meines Herzens Einfalt habe ich alles freudig dargebracht; mit übergroßer Freude sehe ich auch Dein Volk, das hier versammelt ist – Gott Israels, schütze Du diesen Willen“?

Weil die Antwort auf die Fragen vermutlich bei niemandem von uns ein ungetrübtes Ja sein wird, darum tut uns heilige Übung not. Ehrfürchtig-gesammeltes, demütiges und stilles Eintreten in das Gotteshaus. Anbetung des Herrn in Seiner erhabenen und zugleich verborgenen Gegenwart. Und das Bemühen, uns in unserem Inneren dem äußeren Heiligtum anzugleichen, sind wir doch selbst durch die Gnade und den Empfang der Eucharistie lebendige Tempel der Gegenwart Gottes. Nur, wenn wir uns um diese – übrigens zutiefst „marienförmige“, der jungfräulichen Gottesmutter ähnliche – Haltung bemühen, können wir beitragen zu einer Erneuerung der Kirche insgesamt und auch der einzelnen Kirchen.

Ja, dass doch an die Stelle des „Erlebnisraums Jugendkirche“ die ewig jugendliche Stätte des Gebetes und des Opfers trete. An die Stelle der Diskothek der gewaltige Hymnus der irdischen Kirche vereint mit der himmlischen. Und an die Stelle des Hochseilgartens das neue Jerusalem, hinabsteigend vom Himmel und geschmückt wie eine Braut für ihren Bräutigam! Dann wird der, der auf dem Thron sitzt, endgültig sprechen: „Siehe, ich mache alles neu.“


Predigt, gehalten in Wigratzbad zum Weihefest der Basilika zu Augsburg am 28. September 2014 



Lesung aus der Messe zum Kirchweihfest (Offb 21,2-5):
In jenen Tagen sah ich die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.


Weiteres zum Thema "Liturgie und heiliger Raum"

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Samstag, 24. Mai 2014

Erste Begegnung mit der "alten Messe"

Ein Gastbeitrag von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

Es sind allem voran bestimmte Begegnungen, die unserem Leben Richtung und Prägung geben. Begegnungen, die aus dem flüchtigen Grau-in-Grau des Alltags hervorstechen. Die ihr Zeichen tief in Seele und Herz drücken. Und die uns wie verwandelt entlassen. Rückblickend erkennen wir sie als Fügungen göttlicher Vorsehung; als Wege der Gnade hin zum Leben in Fülle.

Die bescheidene Begegnung, von der hier die Rede sein soll, ereignete sich vor bald 3 Jahrzehnten in einer Kapelle. Deren Besonderheit liegt nicht in hohem Alter und bedeutenden Kunstschätzen, sondern darin, daß sie zur Versammlungsstätte jener Katholiken geworden ist, die die heilige Messe im "alten Ritus" besuchen wollen.

Der Verfasser dieser Zeilen hatte eigentlich keine Veranlassung, sich in den Kreis solcher Außenseiter zu begeben. Selbst Ministrant in seiner Pfarrei und aktiv in deren Jugendgruppen, war er im "normalen" kirchlichen Leben zuhause und vertraut mit der Form des Gottesdienstes, die er von Kindertagen an als einzige kennengelernt hatte. Warum etwas Neues, auch wenn es das Ältere wäre?

Aber einige Vorkommnisse, teils abschreckender, teils erfreulicher Art, trieben zur Suche an und drängten mit wachsender Eindeutigkeit auf den Pfad der Tradition. So erlebte er auf der einen Seite die offene In-Frage-Stellung von Glaubenswahrheiten im Religionsunterricht und Abstoßendes in der Jugendarbeit und in Jugendgottesdiensten, an deren Gestaltung er selbst Anteil hatte. Auf der anderen Seite standen Begebenheiten, die neue Horizonte eröffneten: eine intensiv religiöse Wallfahrt, die Entdeckung und Pflege "altertümlicher Frömmigkeitsformen" (besonders des Rosenkranzgebetes) sowie die Lektüre wahrhaft katholischen Schrifttums.

Zum ersten Mal wurde der Glaube hier in seiner erregenden Größe und Schönheit, in seinem bindenden und bannenden Anspruch erfahren. Schwindelerregend hoch und abgrundtief, erhaben und innig zugleich erschien die Lehre von der eucharistischen Gegenwart Jesu und von der unblutigen Vergegenwärtigung Seines Liebes- und Lebensopfers in der heiligen Messe. Warum nur waren dem praktizierenden und engagierten Jugendlichen alle diese Wahrheiten so lange beinahe vollständig vorenthalten geblieben? Und wo fanden sie überhaupt einen angemessenen Ausdruck? Im gewohnten gottesdienstlichen Leben jedenfalls war davon wenig auszumachen. Trotz - oder vielmehr: wegen? - der vielgepriesenen "Verständlichkeit" der neuen Liturgie.

So wurde der Wunsch unabweislich, das, was bisher nur vom Hörensagen her bekannt war, mit eigenen Augen und Ohren mitzuerleben: die "alte Messe". War sie, die von den Bauleuten Verworfene, nicht schon durch die bloße Kunde zum Eckstein im Herzen des Suchenden geworden?

Fast immer erspäht der junge Mensch in neuer Umgebung zuerst, was er denn da für Leute um sich habe. Erfreulich war die Entdeckung, daß sich in der Kapelle alle Altersstufen einfanden; und daß es sich keineswegs um lauter religiöse Fanatiker und frömmelnde Exzentriker (die es natürlich auch gab) handelte. Die Formen der Ehrfurcht, im pfarrlichen Leben auf ein kaum noch zu unterbietendes Minimum reduziert und nur von wenigen Randexistenzen beibehalten, hatten bei diesen Gläubigen so gar nichts Übertriebenes an sich. Reine Selbstverständlichkeiten.

Und dann die heilige Messe selbst. Der Neuling sah sich einer eigenen Welt gegenüber. Die war ihm noch weithin verschlossen. Aber in ihrer erfüllten Stille und im erahnten Tiefsinn der Zeichen übte sie eine unaufdringliche und zugleich kraftvolle Anziehung aus. Bis auf die Predigt, weit und wogend wie das Meer, machte dieser Gottesdienst nicht den Eindruck eines Vortrages von Mensch zu Mensch, sondern einer Handlung, genauer noch: einer Begegnung.

Die Haltung und Ausrichtung des Zelebranten, der Ministranten und Gläubigen ließen keinen Zweifel mehr darüber, wer da im Mittelpunkt stand. Es fiel gar nicht schwer, an die wirkliche und persönliche Gegenwart des Erlösers in Seinem Opfer zu glauben. Alles redete ja davon. Alles lenkte die Aufmerksamkeit auf Ihn hin.

Anstatt seine Person hervorzuheben, verschwand der Priester nahezu. Er tauchte gleichsam in dem liturgischen Vollzug unter und ging völlig auf in der Stellvertretung des einen Hohenpriesters Jesus Christus. Aus der Hinwendung zum "Geheimnis des Glaubens" heraus wandte er sich dann auch den Gläubigen zu. Aber ohne den Blick auf den Herrn zu verstellen. Keine störenden subjektiven Einlagen. Die heilige Messe hatte nicht das Gesicht ihres menschlichen Zelebranten. Sie war theozentrisch, christozentrisch.

Endlich hatte der Sucher den Ausdruck jenes eucharistischen Glaubens, der aus den Worten und Gebeten der Heiligen spricht, gefunden! Wohl waren die Zelebrationsrichtung, die lateinische Kultsprache und die lang empfundenen Phasen des Schweigens für den an Verständlichkeit und Abwechslung gewöhnten Meßbesucher zunächst fremdartig. Durch den Entzug äußerer Beschäftigungen sah er sich plötzlich auf sein eigenes, armes Inneres zurückgeworfen: auf die Leere, den schwachen Glauben, die verkümmerte Fähigkeit zur Anbetung...

Doch gerade dadurch kam auch die Einsicht: Die heilige Messe ist eben ein Mysterium; ein Geheimnis, das nicht dem Fassungsvermögen des Menschen angepaßt werden darf, sondern dem sich dieses Fassungsvermögen durch die Gnade und eigenes Bemühen mehr und mehr anpassen soll. Der innerste Mittelpunkt des Glaubenslebens kann nicht nach den Maßstäben Fernstehender gestaltet werden. Nur dem gläubigen Mitvollzug erschließt er sich nach und nach. In das wahrhaft Große wächst man erst mit der Zeit hinein. Der Blick muß geläutert, das übernatürliche Sensorium geschärft werden. Dann beginnt das Abenteuer immer neuer, immer noch herrlicherer Entdeckungen.

Diese erste Begegnung läutete für den Verfasser eine Entdeckungsreise ein, die bis heute kein Ende gefunden hat. Auch die spätere "Gewöhnung" an den traditionellen Meßritus im Priesterseminar und als Priester hat daran nichts geändert. Während das Moderne in seiner Ausrichtung auf den "Menschen von heute" veraltet, offenbart das Alte sich in ewiger Jugend, denn es ist in erster Linie ein "Hintreten zum Altare Gottes, zu Gott, der meine Jugend erfreut" (Stufengebet der hl. Messe). In der Begegnung mit diesem Wunderwerk des Glaubens findet das abenteuerliche Herz, was es sucht: den unerschöpflichen Reichtum des Lebens in der Begegnung mit dem Herrn.



Auflistung der Orte und Zeiten, zu denen die "alte Messe" gefeiert wird: 


Samstag, 5. Mai 2012

Amüsante Sünden?

Von P. Bernward Deneke FSSP

Einige Male bereits habe ich die Beobachtung gemacht: Wenn ich bei einer Hochzeits- oder Totenmesse auf die Bedingungen zum Empfang der Heiligen Kommunion hinweise, erhebt sich unter eher kirchenfernen Teilnehmern jeweils an einer bestimmten Stelle eine gewisse Unruhe. Es ist nicht ein Ausdruck von Protest, nicht einmal von verhaltenem Ärger. Vielmehr handelt es sich um Zeichen der Belustigung: Man lächelt vor sich hin, kichert sogar, wirft einander vielsagende Blicke zu, tuschelt miteinander.

Die Unruhe entsteht noch nicht bei der Bemerkung, daß nur ein getaufter, katholischer Christ den Leib des Herrn empfangen darf. Auch nicht bei der Auskunft über das erforderte Mindestmaß an eucharistischer Nüchternheit. Sie stellt sich erst dann ein, wenn ich sage: „Wer kommunizieren will, muß darüber hinaus sein Gewissen vor Gott prüfen. Ist es von einer schweren Sünde belastet, dann ist vor der heiligen Kommunion die sakramentale Beichte nötig. Wer das Sakrament der Buße schon seit längerer Zeit nicht empfangen hat, sollte von der heiligen Kommunion Abstand nehmen.“

Man mag sich fragen, was denn an solchen christlichen Selbstverständlichkeiten belustigend sei. Sind die betreffenden Personen der kirchlichen Sprache etwa schon derart entwöhnt, daß bereits die Vokabeln „schwere Sünde“ und „sakramentale Beichte“ den Lachnerv kitzeln? Und wirkt sich darin die häufige Verulkung religiösen Ernstes in der medialen Öffentlichkeit aus, das frivole Spiel, das da oft gerade mit dem Wort „Sünde“ betrieben wird? Gewiß ist es so. Es trägt aber doch auch das innerkirchlich vorherrschende Schweigen zur Frage des würdigen Kommunionempfangs ein gerütteltes Maß an Mitschuld.

Denken wir uns eine Familie mit Kindern im jugendlichen Alter. Die Eltern hatten es früher für nötig erachtet, einige Regeln für das Zusammenleben im Haus einzuschärfen. Dann aber waren solche Appelle immer seltener geworden, am Ende ganz unterblieben. Zwischenzeitlich haben sich die Sprößlinge natürlich daran gewöhnt, das Familiengesetz zu übertreten. Vater und Mutter schauten ihnen dabei zu und machten keine Anstalten, sie zurechtzuweisen.

Eines schönen Tages aber kommen die Eltern dann doch auf die lästigen Regeln zurück, die ohnehin nicht mehr ernstgenommen werden: „Liebe Kinder, wißt ihr denn nicht, daß ihr dieses und jenes eigentlich gar nicht tun dürft?“ Wie werden die Jugendlichen, inzwischen längst der Familienordnung entwachsen, wohl darauf reagieren? Jedenfalls kann man es ihnen nicht verübeln, wenn sie sich eher amüsiert als verärgert zeigen: „Was, jetzt kommt ihr plötzlich wieder mit diesen Ladenhütern…?“

Zum Ladenhüter scheint in Teilen der katholischen Welt auch die Ermahnung zum würdigen Kommunionempfang geworden zu sein. Jahrzehntelang konnte man in vielen Kirchen nichts oder nur sehr Undeutliches darüber vernehmen. Selbst die Lesung aus dem 1. Korintherbrief des heiligen Paulus, die am Gründonnerstag und am Fronleichnamstag vorgetragen wird, mußte sich in der Leseordnung des Missale Papst Pauls VI. eine Kürzung um die wichtigen Sätze gefallenlassen:

„Wer daher unwürdig dieses Brot ißt oder den Kelch des Herrn trinkt, der wird schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Es prüfe sich daher der Mensch, und so esse er dann von dem Brot und trinke aus dem Kelch. Denn wer nur ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich ein Gericht, da er den Leib des Herrn nicht unterscheidet.“ (1 Kor 11,27-29)

Dabei wäre gerade diese Ermahnung so wichtig. Müssen denn nicht alle, die sich vom Geheimnis der eucharistischen Gegenwart Jesu, von dieser sich uns schenkenden, ja ausliefernden Liebe ergreifen lassen, zugleich auch den heiligen Eifer verspüren, die größte aller Gaben vor Entweihung zu schützen? Die sakrilegische Kommunion ist aber die Entweihung schlechthin! So hat es die Christenheit von ihren Anfängen an gesehen. So rufen es die ostkirchlichen Liturgien den Gläubigen unmittelbar vor der Kommunion ins Gedächtnis: „Das Heilige den Heiligen!“ Und so lehrt es die Kirche bis heute in ihrem Katechismus.

Nein, weder Sünde und Beichte noch die Voraussetzungen zur heiligen Kommunion sind amüsante Angelegenheiten. Mehr heiliger Ernst in diesem Bereich könnte der Kirche und ihrem Glauben auch wieder mehr Achtung verschaffen. Und ist das nicht ein Gebot der Stunde?


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS) 



Zum Thema:

In diesem Fall haben die Gottesdienstbesucher die Mahnungen des Pfarrers ernstgenommen:
Messe in Innsbrucker Pfarre: Kein Erwachsener geht zur Kommunion
Allerdings man fragt sich, wieso der Pfarrer für seine Hinweise für einen würdigen Kommunionempfang gerügt wird...

Samstag, 24. März 2012

Äußere Formen

Von  P. Bernward Deneke FSSP

Kopfschüttelnd nehmen Beobachter zur Kenntnis, mit welcher Leidenschaft sich Katholiken über äußere Dinge streiten können. Ein Großteil der Auseinandersetzungen betrifft den Gottesdienst: Hoch- oder Volksaltar? Hand- oder Mundkommunion? Knien oder Stehen? Lateinische oder deutsche Liturgiesprache? Nur männliche oder auch weibliche Ministranten? – Die Reihe ließe sich mühelos verlängern und auf andere Gebiete (z.B. die Kleidung) ausweiten.

Da erheben sich einige Fragen: Kommt es denn für Christen wirklich auf Äußerlichkeiten an? Geht es nicht vielmehr um die innere Einstellung, um Glaube, Hoffnung und Liebe? Was würde wohl Jesus dazu sagen, Er, der die ungewaschenen Hände Seiner Jünger gegen pharisäische Kritik in Schutz nahm (Mk 7,1ff.)? Und erst der heilige Paulus, der die engen jüdischen Gesetzesregeln hinter sich ließ, mutig gegen jede Fesselung der neuerrungenen Freiheit kämpfte (z.B. Gal 5) und nicht einmal mit dem Verzehr von Götzenopferfleisch grundsätzliche Schwierigkeiten hatte (vgl. 1 Kor 8)? Bedeutet also der Streit über äußere Formen nicht Rückfall in ein Stadium, das Jesus und die Urkirche längst überwunden haben?

Allerdings kann man den Vorwürfen, die in diesen Fragen liegen, auch einiges entgegenhalten. So ist es eindeutig falsch, Jesus zum Gegner hergebrachter Formen zu erklären. Denken wir nur an seine Worte über Jota und Strichlein des Gesetzes (Mt 5,18) oder an die Tatsache, daß Er Sein eucharistisches Opfer in die vorgegebene Form des Paschamahls einfügte. Ebenso unpassend ist die Erhebung des Völkerapostels zum Patron der Formlosigkeit. Berufen sich nicht gerade auf Paulus auch diejenigen, die eine strenge kirchliche Kleiderordnung und namentlich das Kopftuch für Gottesdienstbesucherinnen verlangen (vgl. 1 Kor 11,5ff.)?

Im Zusammenhang mit äußeren Formen müssen wir uns daran erinnern, dass wir nun einmal keine Engel, sondern Menschen, seelisch-leibliche Wesen sind. Auch der Glaube, den wir bekennen, hat es nicht mit rein geistigen Inhalten, mit abstrakten Lehrsätzen zu tun. Vielmehr kündet er von dem Wort, das Fleisch geworden ist (Joh 1,14); von dem, „was wir [die Apostel] mit eigenen Augen gesehen, was wir geschaut und was unsere Hände betastet haben“ (1 Joh 1,1). Der Sohn Gottes hat das Leib- und Sinnenhafte in seiner Menschwerdung angenommen und geheiligt. Folglich soll auch im Leben der Kirche wie des einzelnen Christen das Geistige verleiblicht und das Leibliche vergeistigt werden. Ohne diese Verbindung bleibt die äußere Form toter Buchstabe. Der Geist des Glaubens und der Liebe aber vermag sie zum Leben zu erwecken (vgl. 2 Kor 3,6).

Das wird anschaulich in der Liturgie. Hier bietet sich uns das Heilshandeln Gottes in sinnenhafter Gestalt dar, und auch unsere Antwort darauf drückt sich leiblich aus: Kreuzzeichen, Händefalten, Verneigung, Kniebeugen – alle diese Zeichen stellen die gläubige Ehrfurcht vor Gott sichtbar dar. Zugleich stützen und schützen sie unsere religiöse Haltung, indem sie die Seele gleichsam gegen Ehrfurchtslosigkeit imprägnieren und ihr den Geist des Gebetes einschreiben. Von hohler und nutzloser Äußerlichkeit zu sprechen, wo es um derart sinnerfüllte, aussagekräftige und zudem erzieherisch wirksame Formen geht, zeugt von erheblichen Mißverständnissen.

Streitthemen wie die eingangs erwähnten erfordern, dass jeweils der Zusammenhang der Formen, die zur Frage stehen, mit ihrem Inhalt bedacht werde. So ist etwa beim Kommunionritus zu überlegen, welche der leiblichen Haltungen die gläubige Ehrfurcht vor dem Leib Christi denn klarer zum Ausdruck bringt, sie tiefer in uns verwurzelt und dadurch auch stärker wachsen läßt. Wer darüber nachsinnt, erkennt alsbald, ob es sich tatsächlich nur um Äußerlichkeiten handelt oder ob mit den äußeren Formen nicht doch sehr viel mehr auf dem Spiel steht.

Diese Zeilen möchten nicht unerquicklichen Streitereien unter Christen das Wort reden. Wenn aber durchaus gestritten werden muss, wenn man also meint, als Glaubenszeuge für eine bestimmte äußere Form kämpferisch eintreten zu sollen, dann hat man natürlich gerade hier mit gutem Beispiel voranzugehen und in der Auseinandersetzung selbst die rechte, von christlichem Geist erfüllte Form zu wahren!




Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)

Samstag, 30. Juli 2011

Mundkommunion auf Knien?

„Es ist empfehlenswert, dass die Gläubigen die Kommunion in den Mund und auf Knien empfangen“ sagte Antonio Kardinal Cañizares Llovera, Präfekt der päpstlichen Kongregation für Gottesdienst und Sakramentenordnung. Er sagte dies am 27.07. 2011 in einem Interview mit ACI Prensa, der katholischen Nachrichtenagentur für Lateinamerika.

Damit unterstützt der Präfekt Papst Benedikt XVI. in seinem Bemühen, die Mundkommunion als die gewöhnliche (allgemein übliche) Form der Kommunionspendung wieder ins Bewusstsein zu rufen, allen Priestern ans Herz zu legen, die Praxis der Handkommunion wegen der größeren Gefahr der Verunehrung aufzugeben und die Gläubigen einzuladen, die Kommunion auf Knien und in den Mund zu empfangen.

Der Papst weist darauf hin, dass der kniende Empfang der Heiligen Eucharistie besser die „Wahrheit der Realpräsenz in der Eucharistie“ hervorhebt. Dies helfe der Andacht der Gläubigen und führe leichter in den Sinn des Mysteriums ein, so erklärte bereits im Juni 2008 der päpstliche Zeremonienmeister Guido Marini die Absicht des Hl. Vaters.

Kardinal Cañizares bezeichnete diese Art des Kommunionempfangs als Haltung, die der Anbetung Gottes, der Anerkennung Gottes, geschuldet sei. „Es ist einfach das Wissen, dass wir vor Gott selbst stehen und dass Er zu uns gekommen ist und wir ihn nicht verdienen.“

Um mancherorts entstandene liturgische Missstände zu korrigieren, forderte der Kardinal vor allem eine gute Ausbildung: in den Seminaren, der Priester, von Katecheten und aller Gläubigen.

Papst Benedikt hat bereits im Vatikan die Mundkommunion im Knien wieder eingeführt. Bei Papstmessen, so auch bei der Abschlussmesse des Weltjugendtages 2008 in Sydney, spendete Benedikt XVI. die Kommunion nur in der rechtsgültigen und angemesseneren Form.

So geht der Hl. Vater den Bischöfen und Priestern mit gutem Beispiel voran und wünscht, dass viele seinem Beispiel folgen mögen.  



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