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Sonntag, 10. September 2017

Verdunkelt "Amoris Laetitia" die Wahrheit von Gut und Böse?

Der Philosoph Josef Seifert verteidigt dankenswerterweise mit einer neuen Stellungnahme zu Amoris Laetitia die Wahrheit und die ihr entsprechende katholische Morallehre gegen deren Relativierung. Dafür wurde er - für gläubige Katholiken völlig unverständlich - von Erzbischof Javier Martinez Fernandez (Granada, Spanien) scharf kritisiert und aus dem Lehrbetrieb entlassens. LifeSiteNews vom 05.09.2017 und kath.net vom 06.09.2017.


Im Folgenden die Anfrage des renommierten Philosophen im Wortlaut:

 

Droht reine Logik die gesamte Morallehre der katholischen Kirche zu zerstören?


Josef Seifert*


Dies ist eine aus dem englischen Original vom Autor ins Deutsche übersetzte Fassung des Aufsatzes, die jedoch – in Antwort auf erste Einwände gegen den englischen Text – einige Zusätze enthält, die im Original fehlen.


Der Text wird hier unter der Creative-Commons-Namens-nennung-Lizenz (CC BY 3.0) veröffentlicht.

Erscheinungsdatum 09.09.2017


Zusammenfassung


Die Titelfrage dieses Beitrags richtet sich an Papst Franziskus und alle katholischen Kardinäle, Bischöfe, Philosophen und Theologen. Es handelt sich um einen Zweifel, eine rein logische Konsequenz einer Aussage in Amoris Laetitia betre ffend, und endet mit einem Appell an Papst Franziskus, mindestens eine These in AL zurückzuziehen, wenn die Titelfrage dieses kurzen Aufsatzes mit Ja beantwortet werden muß. Und wenn in der Tat aus dieser einen Behauptung in AL eine reine Logik, aus evidenten logischen Gesetzen, die Zerstörung der gesamten katholischen Morallehre ableiten kann.

Amoris Laetitia hat zweifellos viel Verunsicherung und widersprüchliche Auslegungen in der katholischen Welt hervorgerufen. Ich möchte hier nicht diese ganze Kontroverse erneut darlegen und die Stellungnahme, die ich zu diesem Thema in einem vorangegangenen Artikel in drei Sprachen verteidigt habe, wiederholen. (1)

Hier geht es uns jedoch um eine einzige Aussage in AL, die nichts mit einer Anerkennung der Rechte des subjektiven irrenden Gewissens oder der Willensschwäche zu tun hat (unter Bezugnahme auf die Rocco Buttiglione die volle Harmonie zwischen dem moralischen Lehramt des heiligen Papstes Johannes Paul II und Papst Franziskus behauptet) – gegen die von Robert Spaemann und anderen geäußerte Feststellung eines vollständigen Bruches zwischen beiden. Buttiglione argumentiert, daß, in Bezug auf ihre grundverschiedene Lehre über die sakramentale Disziplin, der hl. Papst Johannes Paul II dann recht hat, wenn man nur den objektiven Inhalt der menschlichen Handlungen berücksichtige, während Papst Franziskus recht habe, wenn man, nach der nötigen Prüfung und Unterscheidung, den subjektiven Faktoren und fehlenden Bedingungen der Todsünde (mangelhafter ethischer Erkenntnis und Schwäche des freien Willens) die von ihnen verlangte Anerkennung zuteil werden läßt.

Im Gegensatz zu Passagen, in denen AL von diesen subjektiven Elementen spricht, behauptet jedoch die Stelle von AL, die ich hier untersuchen möchte, einen völlig objektiven göttlichen Willen, den wir laut AL (mit gewisser Sicherheit) erkennen können. Man kann daher diesen Text wohl unmöglich als eine „Verteidigung der Rechte der menschlichen Subjektivität,“ wie Buttiglione behauptet, deuten, sondern er besagt, daß diese intrinsisch ungeordneten und objektiv schwer sündhaften Handlungen, deren objektiv sündhaften Charakter Buttiglione zugibt, von Gott erlaubt, ja sogar von Ihm geboten werden (Sein Wille sein) können.

Wenn dies nun wirklich das ist, was AL behauptet, so bezieht sich aller Alarm über AL’s direkte Aussagen zu Fragen der Änderung der sakramentalen Disziplin,(2) nur auf die Spitze eines Eisbergs, auf den schwachen Beginn einer Lawine oder auf die ersten wenigen, durch eine moraltheologische Atombombe zerstörten Gebäude. Bei näherer Betrachtung scheint diese Atombombe das ganze moralische Gebäude der 10 Gebote und der katholischen Morallehre niederzureißen.

In der vorliegenden Arbeit werde ich jedoch nicht behaupten, daß dies der Fall ist. Im Gegenteil, ich überlasse die Beantwortung der Frage, ob es zumindest eine Aussage in Amoris Laetitia gibt, deren logische Konsequenz die Zerstörung der gesamten katholischen Morallehre nach sich zöge, oder nicht, ganz dem Papst oder anderen Lesern. Ich muß jedoch zugeben, daß das, was ich über eine Kommission lese, die vom Papst einberufen wurde, um Humanae Vitae, eine Enzyklika, die, wie später Veritatis Splendor, Jahrzehnten der ethischen und moraltheologischen Debatten ein definitives Ende setzte, „erneut zu prüfen", diese Titelfrage meiner Abhandlung provoziert hat und vielen Katholiken große Sorge bereitet.

Betrachten wir den entscheidenden Text (AL-303), der von Papst Franziskus auf den Fall der ehebrecherischen Beziehungen oder sonstiger sexueller Aktivitäten von Paaren „in unregelmäßigen Situationen“ angewendet wird, die sich entscheiden, die Aufforderung der Enzyklika Familiaris Consortio des heiligen Papstes Johannes Paul II an solche „unregelmäßige Paare“ nicht zu befolgen.

Papst JohannesPaul II lehrt diese Paare, daß sie sich entweder völlig trennen, oder, ist dies nicht möglich, ganz enthaltsam leben und auf Geschlechtsverkehr verzichten müssen. Papst Franziskus hingegen schreibt (AL 303):
„Doch dieses Gewissen kann nicht nur erkennen, dass eine Situation objektiv nicht den generellen Anforderungen des Evangeliums entspricht. Es kann auch aufrichtig und ehrlich das erkennen, was vorerst die großherzige Antwort ist, die man Gott geben kann, und mit einer gewissen moralischen Sicherheit entdecken, dass dies die Hingabe ist, die Gott selbst inmitten der konkreten Vielschichtigkeit der Begrenzungen fordert, (3) auch wenn sie noch nicht völlig dem objektiven Ideal entspricht. (4)
Dieser Satz heißt wohl, neben der euphemistisch klingenden Bezeichnung eines objektiven Zustands einer (nach dem Urteil der Kirche) schweren Sünde als „noch nicht vollständig das ideale Ziel erreichend“, daß wir mit „einer gewissen moralischen Sicherheit“ wissen, daß Gott selbst will, daß wir, um „größere Übel zu verhindern“, weiterhin in sich schlechte Handlungen begehen, wie Ehebruch oder aktive Homosexualität.

Demnach könnten wir erkennen, daß wir in bestimmten Situationen Handlungen begehen dürfen, ja sogar, wie aus einer anderen Stelle von AL hervorgeht, begehen sollen, die in sich schlecht sind und immer von der Kirche als solche betrachtet wurden.

Da man Gott sicherlich nicht ein fehlendes oder mangelhaftes ethisches Erkennen, ein „irrendes Gewissen“ oder eine Schwäche des freien Willens zuschreiben kann, geht es hier nicht um einen rein subjektiven Glauben des Gewissens, oder gar um ein irrendes Gewissen.

Der Papst spricht hier ferner nicht von einer (potentiell falschen) Überzeugung des Gewissens, sondern von einer Erkenntnis. Und eine Erkenntnis kann man nie von etwas Falschem haben. Der Grad der Gewißheit hat damit nichts zu tun. Er bestimmt nur, ob ein problematisches, assertorisches oder apodiktisches Urteil begründet werden kann. Doch hat dies nichts mit der Wahrheit zu tun. Denn aus der Wahrheit eines problematischen oder assertorischen Urteils folgt auch die Wahrheit eines apodiktischen Urteils. Und sicher kann der von uns betrachtete Text nicht meinen, daß die Erkenntnis, daß Gott einen in sich schlechten Akt erlaubt oder gar fordert, niemals wahr sein und dieser Fall nie eintreten kann.

Kann und muß reine Logik unter dieser Annahme nicht fragen:

„Wenn nur ein Fall einer in sich unsittlichen Handlung von Gott erlaubt und sogar gewollt werden kann, muß dies nicht für alle Handlungen, die vom Lehramt der Kirche bisher als „intrinsece malum“ („intrinsisch schlecht“) bezeichnet wurden, gelten? Wenn es stimmt, daß Gott wollen kann, daß ein ehebrecherisches Paar weiterhin im Ehebruch leben soll, sollte dann nicht auch das Gebot „Du sollst nicht ehebrechen!“ neu formuliert werden: „Wenn Ehebruch in Deiner konkreten Situation nicht das kleinere Übel ist, begehe keinen Ehebruch!Wenn Ehebruch in Deiner Lage das kleinere Übel ist, lebe ihn weiter!“?

„Müssen dann nicht auch die anderen 9 Gebote, Humanae Vitae, Evangelium Vitae, und alle vergangenen, gegenwärtigen und künftigen kirchlichen Dokumente, Dogmen oder Konzilsbeschlüsse, die die Existenz von in sich schlechten Handlungen lehren, fallen? Muß dann nicht die neue, von Papst Franziskus zur Überprüfung von Humanae Vitae einberufene Kommission schlußfolgern, daß dieVerwendung von Verhütungsmitteln in manchen Situationen gut oder sogar obligatorisch und von Gott gewollt sein kann? Stimmt es dann nicht mehr, wenn die Kirche unter Berufung auf das Naturrecht verboten hat, Verhütungsmittel zu verwenden, und war dann nicht die Lehre von Humanae Vitae ein gewaltiger Fehler, eine Lehre, die unzweideutig besagt hat, daß (absichtliche) Empfängnisverhütung in keiner Situation moralisch gerechtfertigt ist, geschweige denn von Gott befohlen werden kann?

„Können dann nicht auch Abtreibungen, wie Mons. Fisichella, der damalige Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, behauptete, in einigen Fällen gerechtfertigt und jene Antwort sein, ‘die Gott selbst inmitten der konkreten Vielschichtigkeit der Begrenzungen fordert, auch wenn sie noch nicht völlig dem objektiven Ideal entspricht’“? (AL 303) „Müssen dann nicht nach den Gesetzen reiner Logik Euthanasie, Selbstmord und Beihilfe zum Selbstmord, Lügen, Diebstähle, Meineide,Verleugnungen Christi, wie die des hl. Petrus oder auchMord, unter manchen Umständen und nach sorgfältigen ‘Unterscheidungen’, aufgrund der Komplexität einer konkreten Situation gut und lobenswert genannt werden? Kann dann nicht Gott auch verlangen, daß ein Sizilianer, der sich verpflichtet fühlt, die unschuldigen Glieder einer Familie auszulöschen, deren Haupt ein Mitglied seiner Familie ermordet hat, mit seinem Mordplan getrost voranzuschreiten?

Wenigstens dann, wenn z.B. sein Handeln verhindert, daß sein radikalerer Bruder gleich vier Familien auslöscht? Kann dann auch Mord jene Antwort sein, ‘die Gott selbst inmitten der konkreten Vielschichtigkeit der Begrenzungen fordert, auch wenn sie noch nicht völlig dem objektiven Ideal entspricht’“ (AL 303)?

„Verlangt die reine Logik also nicht, daß wir diese Konsequenz aus der zitierten Aussage von AL ziehen?“

Wenn jedoch die Titelfrage dieses Aufsatzes bejahend beantwortet werden muß, wie es der Fall zu sein scheint, würde es dann nicht folgen, daß die gesamte Morallehre der Kirche von Amoris Laetitia zerstört würde? Wenn die Titel-Frage dieses Essays bejaht wird, muß dann nicht eine eiserne und kühle Logik unweigerlich verlangen, die zitierte Aussage von Papst Franziskus zurückzuziehen? Sollte dieser Satz daher nicht zurückgezogen und von Papst Franziskus selbst, der zweifellos solche ethischen Folgen verabscheut, verurteilt werden?

Wenn Papst Franziskus dieser logischen Schlußfolgerung zustimmt, und die Titelfrage dieses Aufsatzes bejahend beantwortet, so möchte ich mit der Heiligen Katharina von Siena unseren obersten geistlichen Vater auf Erden, unseren ‘süßen Christus auf Erden’, wie diese Heilige einen der Päpste nannte, unter dessen Pontifikat sie lebte, während sie ihn heftig kritisierte, leidenschaftlich bitten, die genannte Aussage zurückzuziehen. Wenn die eisernen logischen Konsequenzen dieser Aussage nichts weniger als eine totale Zerstörung der Morallehren der katholischen Kirche androhen, sollte dann nicht der ‘geliebte Christus auf Erden’ seine eigene Aussage zurückziehen? Wenn die genannte These die unweigerliche logische Konsequenz mit sich führt, die Existenz in sich moralisch unrechter Handlungen zu leugnen, die unter allen Umständen und in allen Situationen verboten sind, und wenn diese Behauptung daher, nach Familiaris Consortio und Veritatis Splendor, ebenso Humanae Vitae und viele andere feierliche Lehren der Kirche niederrisse, sollte sie dann nicht verworfen werden?

Gibt es nicht offenbar solche Handlungen, die immer in sich schlecht und daher niemals gerechtfertigt oder gottgewollt sein können, so wie es andere Handlungen gibt, die immer gut sind? (5) Und sollte dann nicht jeder Kardinal und Bischof, jeder Priester, Mönch, jede geweihte Jungfrau und jeder Laie in der Kirche ein sehr lebhaftes Interesse an diesem Thema haben und dieses leidenschaftliche Plädoyer eines „armseligen Laien“, eines einfachen Professors der Philosophie, und unter anderem der Logik, sich zu eigen machen?


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(1)
(Ich überlege, auch dies noch in einer Antwort auf einige kritische Bemerkungen meines engen persönlichen Freundes Rocco Buttiglione, mit dem ich hinsichtlich fast aller anderen philosophischen und kirchlichen Fragen übereinstimme, zu tun.) Siehe Josef Seifert, „Amoris Laetitia. Joy, Sadness and Hopes“. In: Aemaet 5.2 (2016), 160-249, http://aemaet.de, urn:nbn:de:0288-2015080654. Josef Seifert „Die Freude der Liebe: Freuden, Betrübnisse und Hoffnungen“. In: Aemaet 5.2 (2016), 2-84, http://aemaet.de, urn:nbn:de:0288-2015080660. Josef Seifert „La Alegría del Amor: Alegrías, Tristezas y Esperanzas“. In: Aemaet 5.2 (2016), 86-158, http://aemaet.de, urn:nbn:de:0288-2015080685.

(2)
Nämlich, auf Grund gewissenhafter Unterscheidung, manche Ehebrecher, aktive Homosexuelle und andere „irreguläre“ Paare in ähnlichen Situationen zu den Sakramenten der Beichte und der Eucharistie (und logischerweise auch der Taufe, der Firmung und der Ehe) zuzulassen, ohne deren Bereitschaft, ihr Leben zu ändern und in voller sexueller Enthaltsamkeit zu leben. (Dies hat Papst Johannes Paul II in Familiaris Consortio als Bedingung der Zulassung solcher Paare zu den Sakramenten gefordert).

(3)
Amoris Laetitia 303. Aus dem vorherigen ebenso wie aus dem späteren Kontext geht klar hervor, daß dieser „Wille Gottes“ sich hier darauf bezieht, weiterhin das, was objektiv eine schwere Sünde ist, zu leben. Vgl. z. B. AL 298, Fußnote 329:
„Viele, welche die von der Kirche angebotene Möglichkeit, ‘wie Geschwister’ zusammenzuleben, kennen und akzeptieren, betonen, dass in diesen Situationen, wenn einige Ausdrucksformen der Intimität fehlen, ‘nicht selten die Treue in Gefahr geraten und das Kind in Mitleidenschaft gezogen werden’ [kann].“ (Zweites Vatikanisches Konzil, Past. Konst. Gaudium et spes über die Kirche in der Welt von heute, 51).

In Gaudium et Spes, 51, woher das letzte Zitat entnommen ist, wird dieser Gedanke als ungültiger Einspruch gegen die moralische Forderung, nie einen Akt der Empfängnisverhütung zu begehen, genommen. AL hingegen löst sie erstens vom Zusammenhang mit der Ehe, in dem sie in GS steht, los, und wendet sie auf die „Treue“ ehebrecherischer Paare einander gegenüber an, und versteht sie zweitens in dem oben erläuterten Sinne als eine Rechtfertigung, weiterhin objektiv gesehen schwer sündhafte, ehebrecherische Handlungen zu begehen. Und zwar versteht AL diese nicht nur als subjektiv entschuldbare Folgen eines Gewissensirrtums, sondern behauptet, daß es sogar dem objektiven Willen Gottes entspricht und als gottgewollt erkannt werden kann, Akte des Ehebruchs und andere, die ein intrinsece malum sind, zu begehen.

(4)
346 Relatio Finalis 2015 85.235.

(5)
Dies ist die Grundaussage von Veritatis Splendor. Vgl. auch Josef Seifert, „The Splendor of Truth and Intrinsically Immoral Acts: A Philosophical Defense of the Rejection of Proportionalism and Consequentialism in ‘Veritatis Splendor’.“ In: Studia Philosophiae Christianae UKSW 51 (2015) 2, 27-67. „The Splendor of Truth and Intrinsically Immoral Acts II: A Philosophical Defense of the Rejection of Proportionalism and Consequentialism in ‘Veritatis Splendor’.“ In: Studia Philosophiae Christianae UKSW 51 (2015) 3, 7-37.




* Der Autor ist Gründungsrektor der Internationalen Akademie für Philosophie im Fürstentum Liechtenstein; Inhaber des Dietrich von Hildebrand Lehrstuhls für realistische Phänomenologie an der IAP-IFES Granada, Spanien; vom heiligen Papst Johannes Paul II als ordentliches (lebenslanges) Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben berufen; (eine Aufgabe, die mit der Statutenänderung und der Entlassung aller PAV Mitglieder durch Papst Franziskus im Jahr 2016 und der Nicht-Wiederwahl als Mitglied einer, grundlegend veränderten, PAV im Jahr 2017 endete).

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Der Autor ist postalisch zu erreichen über: Calle Angel Ganivet 5/7 D - 18009
Granada (Granada) - Spanien/España.


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Weiterführende Links:




Samstag, 15. März 2014

Wir ermahnen euch, Brüder!

Wir bitten euch, Brüder: Erkennt die unter euch an, die sich solche Mühe geben, euch im Namen des Herrn zu leiten und zum Rechten anzuhalten. Achtet sie hoch und liebt sie wegen ihres Wirkens!

Haltet Frieden untereinander! Wir ermahnen euch, Brüder: Weist die zurecht, die ein unordentliches Leben führen, ermutigt die Ängstlichen, nehmt euch der Schwachen an, seid geduldig mit allen! Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergilt, sondern bemüht euch immer, einander und allen Gutes zu tun.

Freut euch zu jeder Zeit! Betet ohne Unterlass! Dankt für alles; denn das will Gott von euch, die ihr Christus Jesus gehört. Löscht den Geist nicht aus! Verachtet prophetisches Reden nicht! Prüft alles und behaltet das Gute! Meidet das Böse in jeder Gestalt!

Der Gott des Friedens heilige euch ganz und gar und bewahre euren Geist, eure Seele und euren Leib unversehrt, damit ihr ohne Tadel seid, wenn Jesus Christus, unser Herr, kommt. 


Lesung zum Quatember-Samstag in der Fastenzeit nach altem Liturgischen Kalender, 1 Thess 5,14-23




 Foto: FW

Mittwoch, 8. Januar 2014

Über Tugend und Untugend



Das, wonach man streben muss,
wird besser ins Licht gesetzt werden,
wenn dargelegt ist, was man folgerecht zu meiden hat.


Tertullian († um 220) - Über die Geduld (De patientia); Kap. 5



Foto: privat

Dienstag, 27. August 2013

Göttliche Vorsehung und menschliche Freiheit

Dies ist eine Antwort für "Lothars Sohn", der in einem Kommentar auf ein Post vom 25.08.2013 über die göttliche Vorsehung meinte, dass "dieses Konzept von Vorherbestimmung zu den schlimmsten Gotteslästerungen unter der Sonne führt. Denn dann würde Gott einen Mann vorherbestimmen, eine Frau zu vergewaltigen, und ihn dann ewiglich dafür bestrafen."

Dieser Kommentar enthält mehrere Irrtümer.

Zum einen: Dass ein Mensch, der gegen Gottes Gebot anderen Gewalt angetan hat, auf ewig verloren geht, ist nicht zwingend. Es besteht die Möglichkeit, dass dieser Mensch die Bosheit seines Tuns erkennt, umkehrt und sich mit Gott versöhnt. Gottes Barmherzigkeit steht jedem Menschen offen, der sich Gott zuwendet und seine Sünden bereut, ganz gleich wie schwer diese Vergehen waren.

Zum zweiten:
Die Engel und die Menschen, intelligente und freie Geschöpfe, müssen ihrer letzten Bestimmung aus freier Wahl entgegengehen und ihr aus Liebe den Vorzug geben. Sie können darum auch vom Weg abirren und sie haben auch tatsächlich gesündigt. So ist das moralische Übel in die Welt gekommen, das unvergleichlich schlimmer ist als das physische Übel. Gott ist auf keine Weise, weder direkt noch indirekt, die Ursache des moralischen Übels [Vgl. Augustinus, lib. 1,1,1; Thomas v. A., s. th. 1-2,79, 1. ]. Er lässt es jedoch zu, da er die Freiheit seines Geschöpfes achtet, und er weiß auf geheimnisvolle Weise Gutes daraus zu ziehen:

,,Der allmächtige Gott ... könnte in seiner unendlichen Güte unmöglich irgend etwas Böses in seinen Werken dulden, wenn er nicht dermaßen allmächtig und gut wäre, dass er auch aus dem Bösen Gutes zu ziehen vermöchte" (Augustinus, enchir. 11,3)

So kann man mit der Zeit entdecken, dass Gott in seiner allmächtigen Vorsehung sogar aus den Folgen eines durch seine Geschöpfe verursachten moralischen Übels etwas Gutes zu ziehen vermag. Josef sagt zu seinen Brüdern: ,,Nicht ihr habt mich hierher geschickt, sondern Gott ... Ihr habt Böses gegen mich im Sinne gehabt, Gott aber hatte dabei Gutes im Sinn ... um ... viel Volk am Leben zu erhalten" (Gen 45,8; 50,20) [Vgl. Tob 2, 12-18 Vg.].

Aus dem schlimmsten moralischen Übel, das je begangen worden ist, aus der durch die Sünden aller Menschen verschuldeten Verwerfung und Ermordung des Sohnes Gottes, hat Gott im Übermaß seiner Gnade [Vgl. Röm 5,20.] das größte aller Güter gemacht: die Verherrlichung Christi und unsere Erlösung.
Freilich wird deswegen das Böse nicht zu etwas Gutem.
(vgl. Katechismus der katholischen Kirche KKK Nr. 309ff)

Dies sollte als  Antwort ausreichen, um deutlich gemacht zu haben, dass die göttliche Vorsehung nicht gotteslästerlich ist, sondern im Gegenteil von der Allmacht und Größe Gottes, wie auch von seiner unendlichen Barmherzigkeit zeugt.


(Hervorhebngen durch Fettdruck von FW)


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Samstag, 24. August 2013

Papst Franziskus ruft auf zum geistlichen Kampf



Der Abschnitt aus der Offenbarung (Offb 12) stellt die Vision eines Kampfes zwischen der Frau und dem Drachen vor Augen. Die Gestalt der Frau, die für die Kirche steht, ist einerseits herrlich, triumphierend, und andererseits liegt sie noch in Geburtswehen. So ist die Kirche tatsächlich: Auch wenn sie im Himmel schon an der Herrlichkeit ihres Herrn teilhat, erlebt sie in der Geschichte unablässig die Prüfungen und die Herausforderungen, die der Konflikt zwischen Gott und dem Bösen – dem Feind von jeher – mit sich bringt. Und in diesem Kampf, dem die Jünger Jesu sich stellen müssen – wir alle, wir, alle Jünger Christi müssen diesen Kampf aufnehmen –, lässt Maria sie nicht allein; die Mutter Christi und der Kirche ist immer bei uns. Immer ist sie mit uns unterwegs, ist bei uns.

In gewissem Sinne teilt auch Maria diesen zweifachen Zustand. Natürlich ist sie bereits ein für allemal in die Herrlichkeit des Himmels eingetreten. Doch das bedeutet nicht, dass sie fern, dass sie von uns getrennt ist; im Gegenteil, Maria begleitet uns, sie kämpft an unserer Seite, sie unterstützt die Christen im Kampf gegen die Kräfte des Bösen. Das Gebet mit Maria, besonders der Rosenkranz – (...) besitzt auch diese „kämpferische“ Dimension des Ringens; es ist ein Gebet, das in der Schlacht gegen den Bösen und seine Helfershelfer Unterstützung bietet. Auch der Rosenkranz unterstützt uns im Kampf!


Papst Franziskus, Predigt am Hochfest Mariae Himmelfahrt, den 15.08.2013 




Weiteres zum Thema "geistlicher Kampf": 


Samstag, 29. Juni 2013

Endgültiges Reich des Guten in dieser Welt widerspricht der Freiheit des Menschen


Weil der Mensch immer frei bleibt und weil seine Freiheit immer auch brüchig ist, wird es nie das endgültig eingerichtete Reich des Guten in dieser Welt geben. Wer die definitiv für immer bleibende bessere Welt verheißt, macht eine falsche Verheißung; er sieht an der menschlichen Freiheit vorbei. Die Freiheit muß immer neu für das Gute gewonnen werden. 


Benedikt XVI. in der Enyklika "Spe salvi" vom 30.11.2007

Freitag, 12. April 2013

Von der Verkümmerung des innerlichen Menschen


Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit (2)

Fortsetzung von hier

Das Evangelium bietet uns so die großen Linien, um die es in der Menschheitsgeschichte und in jedem einzelnen Menschenleben geht. Paulus hilft uns mit der Lesung (Eph 3,13 -21), diese Botschaft ins Praktische unseres täglichen Lebens zu übersetzen. Er betet für uns und zeigt uns mit seinem Beten die Richtung, in die wir gehen müsen.

Seine erste Bitte ist es, der Herr möge uns geben, dass wir stark werden dem inneren Menschen nach. Paulus beleuchtet damit von einer anderen Seite her, worin die wesentliche Krankheit des Menschen besteht: in der Verkümmerung des inneren Menschen.

Diese Krankheit ist in den letzten zweihundert Jahren in einer bedrohenden Weise immer weiter fortgeschritten und heute an einem wahrhaft lebensgefährlichen Punkt angelangt. Der innere Mensch, das heißt jene Tiefe des Menschen, in der sein Herz den verborgenen Gott anrührt und so sein Blick hell wird, wurde immer mehr als unnütz, weil unproduktiv angesehen.

Zusehends zählte nur noch, was man messen und wägen kann; was einen greifbaren Nutzen in der Ausgestaltung der Welt bringt. Innerlichkeit erschien als Flucht vor der Aufgabe, eine neue Welt zu bauen. Alle Kräfte mussten dazu dienen, die Gesetze der Natur und des gesellschaftlichen Lebens zu erkennen, um dann die schlechte Welt zu verändern und eine bessere aufzubauen.

Aber woher weiß man, was besser ist und wie soll die Besserung zustande kommen, wenn die Quellen der Güte und des Guten verstopft werden? Nach der Wahrheit und nach dem Guten, gar nach Gott zu fragen, erschien als Zeitverlust. Nur die nach außen gerichtete Aktion zählte.

So sind unsere Erkenntnisse über die materielle Welt und unsere technischen Möglichkeiten ins Ungeheure gewachsen, aber der Mensch ist dabei zum Krüppel geworden. Einige Organe sind überdimensioniert, aber das Herz ist fast verdorrt. (weiterlesen)



Joseph Kardinal Ratzinger in einer Predigt vom 24.09.1995 in der Benediktinerabtei Sainte-Madeleine in Le Barroux anlässlich eines feierlichen Pontifikalamtes im alten Ritus (Teil 1, 3, 4, 5)

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Lesung und Evangelium des 16. Sonntags nach Pfingsten:


Deshalb bitte ich euch, nicht wegen der Leiden zu verzagen, die ich für euch ertrage, denn sie sind euer Ruhm. Daher beuge ich meine Knie vor dem Vater, nach dessen Namen jedes Geschlecht im Himmel und auf der Erde benannt wird, und bitte, er möge euch aufgrund des Reichtums seiner Herrlichkeit schenken, dass ihr in eurem Innern durch seinen Geist an Kraft und Stärke zunehmt. Durch den Glauben wohne Christus in eurem Herzen. In der Liebe verwurzelt und auf sie gegründet, sollt ihr zusammen mit allen Heiligen dazu fähig sein, die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe zu ermessen und die Liebe Christi zu verstehen, die alle Erkenntnis übersteigt. So werdet ihr mehr und mehr von der ganzen Fülle Gottes erfüllt. Er aber, der durch die Macht, die in uns wirkt, unendlich viel mehr tun kann, als wir erbitten oder uns ausdenken können, er werde verherrlicht durch die Kirche und durch Christus Jesus in allen Generationen, für ewige Zeiten. Amen.

Die Heilung eines Wassersüchtigen am Sabbat

Als Jesus an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen kam, beobachtete man ihn genau. Da stand auf einmal ein Mann vor ihm, der an Wassersucht litt. Jesus wandte sich an die Gesetzeslehrer und die Pharisäer und fragte: Ist es am Sabbat erlaubt zu heilen, oder nicht? Sie schwiegen. Da berührte er den Mann, heilte ihn und ließ ihn gehen. Zu ihnen aber sagte er: Wer von euch wird seinen Sohn oder seinen Ochsen, der in den Brunnen fällt, nicht sofort herausziehen, auch am Sabbat? Darauf konnten sie ihm nichts erwidern.

Mahnung zur Bescheidenheit

Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, nahm er das zum Anlass, ihnen eine Lehre zu erteilen. Er sagte zu ihnen: Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen bist, such dir nicht den Ehrenplatz aus. Denn es könnte ein anderer eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen. Wenn du also eingeladen bist, setz dich lieber, wenn du hinkommst, auf den untersten Platz; dann wird der Gastgeber zu dir kommen und sagen: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Donnerstag, 11. April 2013

Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit

Im Folgenden eine Predigt des ehemaligen Kardinals Joseph Ratzinger und späteren, nun emeritierten, Papstes Benedikt XVI., die dieser am 24. September 1995 in der französischen Benediktinerabtei Sainte-Madeleine in Le Barroux im Rahmen eines von ihm zelebrierten feierlichen Pontifikalamtes im alten Ritus gehalten hat. (vgl. Informationsblatt der Priesterbruderschaft St. Petrus Nr. 55). Die Predigt wurde dokumentiert in der "Umkehr" Nr. 5, Februar 1996.


Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit (1)

Der wassersüchtige Mann des heutigen Evangeliums (Lk 14,1-11; 16. Sonntag nach Pfingsten) ist ein Bild für Adam, für den Menschen nach dem Sündenfall, für uns alle. Wer könnte heute übersehen, dass die Menschheit krank ist? Der große Optimismus der Aufklärung, nun werde in einer Zeit der sozialen und geistigen Freiheit der neue Mensch und eine glücklichere neue Welt erscheinen - dieser Optimismus hat Schiffbruch erlitten. 

Der technische Fortschritt hat die Möglichkeit zum Bösen nicht weniger vermehrt als zum Guten; aber auch jene, die von ihm begünstigt werden, sind nicht glücklicher geworden. Der Mensch ist krank. Eine innere Störung wirkt in ihm, die keiner der Ingenieure der neuen Zeit zu beheben vermag. So stehen wir erneut vor Jesus, der freilich nocht immer wie im Evangelium von einer Welle der Feindseligkeit und der Besserwisserei umgeben ist.

Worin aber besteht die Krankheit des Menschen und welches kann der Weg ihrer Heilung sein? Der zweite Teil des Evangeliums gibt uns eine erste Antwort: Die Krankheit des Menschen rührt davon her, dass er sich einen falschen Platz im Gastmahl Gottes aneignet. Sie beruht darauf, dass jeder der erste sein will und den anderen als Konkurrenten ansieht. 

Die Sünde Adams geht immer weiter, der keinen Gott über sich anerkennen, sondern selbst ein Gott sein wollte und der damit auch sein Menschsein erniedrigte, weil er die Wahrheit verkehrte; weil er die Grundbeziehung zerstörte, auf der das Gleichgewicht und die Schönheit menschlichen Lebens beruht: das Geliebtsein von Gott.

Die Sünde des Menschen ist, was die Alten Hybris nannten. Das ist mehr, als wir noch mit dem Wort Hochmut auszudrücken vermögen. Denn Hybris bedeutet mehr als eine moralische, es ist eine theologische Kategorie: Das Aufbegehren gegen Gott; die Selbstherrlichkeit, die nicht möchte, dass Gott mich sieht, weil er als Störung meiner eigenen Freiheit und meiner Größe erscheint.

Die Heilung besteht dann im Gegenteil zur Hybris; in jenem Gegenteil, das wir gewöhnlich Demut nennen. Aber auch hier sagt unser modernes Wort viel zu wenig. Was Demut wirklich ist, müssen wir von Christus her neu verstehen lernen. (weiterlesen)


(Teil 2, 3, 4, 5)

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Dienstag, 2. April 2013

Forever Young - Mit immer jungem Herzen...


[Wir müssen] den Glauben mit einem jungen Herzen leben [...], immer: mit jungem Herzen, auch mit siebzig, achtzig Jahren! Ein junges Herz!

Mit Christus wird das Herz niemals alt! Doch wir alle wissen – und ihr wisst es sehr wohl –, dass der König, dem wir folgen und der uns begleitet, ein ganz besonderer König ist: ein König, dessen Liebe bis zum Kreuz geht und der uns lehrt zu dienen, zu lieben.

Und ihr schämt euch des Kreuzes nicht! Nein, Ihr bekennt euch zu ihm, denn ihr habt begriffen, dass in der Selbsthingabe – im Verschenken des eigenen Selbst, im Herausgehen aus sich selbst – die wahre Freude liegt und dass Er mit der Liebe Gottes das Böse überwunden hat. 

Papst Franziskus am Palmsonntag, 24.03.2013



Wenn du jung bleiben willst, dann suche Christus!

(dem hl. Augustinus (354-430) zugeschrieben)



Weiteres zum Thema: 
Foto: Kopie eines Triumph-Kreuzes aus dem 12. Jh. in der Kirche von Linde, Gotland; Mg-k; wikimedia commons

Montag, 4. März 2013

Mehrheiten

"Die Offenbarungswahrheiten haben mit der Botschaft Jesu Christi ihren Abschluss gefunden. Wegen der von Gott eingesetzten Hierarchie sind außerhalb eines Konzils Mehrheitsbeschlüsse (Plebiszite) in der Kirche gegenstandslos. Es gibt deshalb keine "Kirche von unten", es gibt nur die eine heilige katholische und apostolische Kirche. In dieser Kirche haben alle und besonders jene, die unten sind, Platz.

In der Kirche geht es nicht um den Willen einer Mehrheit, sondern um den Willen Gottes. Der Wille der Mehrheit kann gut oder böse sein. Böse ist er ganz gewiss dann, wenn die Mehrheit (...) den Willen Gottes missachtet. Und wer sich gegen die Kirche wendet, missachtet den Willen Gottes. Wenn die Anhänger einer "Kirche von unten" ein heiligmäßiges Leben führen, rücken sie in der Hierarchie nach oben, um - möglicherweise - nach dem Tod ganz oben anzugelangen."


Max Thürkauf: Glaube oder Aufklärung - Vom Licht des Evangeliums und der Finsternis der "Aufklärung"; Johannes-Verlag Leutesdorf; AD 1988; S. 30/31 (s. Quellen)



Weiteres zum Thema:


Bild: Christus; Mosaik in der  Haghia Sophia, Istanbul, Detail; 11. Jh.

Mittwoch, 27. Februar 2013

Böses zum Guten wenden

 
Da Gott Macht und Weisheit hat, das Böse zum Guten zu lenken, für wen sollte er das wohl tun, wenn nicht für jene, die sich ihm rückhaltlos geschenkt haben?

Hl. Franz von Sales

Montag, 18. Februar 2013

Bischof Hanke: Realität der Sünde anerkennen und in der Beichte Gottes liebendem Blick begegnen

Im apostolischen Glaubensbekenntnis bekunden wir den Glauben an die Vergebung der Sünden. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige Katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden.

Realismus und Optimismus kommen darin zum Ausdruck. Das Bekenntnis von der Vergebung der Sünden macht ja nur Sinn, wenn die Sünde als Realität im Leben anerkannt wird. Zugleich glauben wir an Gottes Barmherzigkeit und bekennen unsere Hoffnung auf Vergebung
 
Liebe Schwestern und Brüder, der Artikel von der Vergebung der Sünden im Glaubensbekenntnis macht uns indirekt aufmerksam auf die Dimension der Gefährdung unseres Lebens durch die Mächte des Bösen und durch unseren schwachen Willen. Der Mensch kann sich Gottes Heilswillen und Gottes Wegweisung verweigern. Aus dem Wissen um die Dimension der Gefährdung unseres Lebens befragt die Kirche die Kandidaten für die Taufe und bei der Tauferneuerung: Widersagt ihr dem Satan? Widersagt ihr den Verlockungen des Bösen? (...)

Als Getaufte, die in Beziehung mit Christus und seiner Kirche leben, sind wir der Gefährdung durch das Böse nicht einfach ausgeliefert. Gott hat die Antwort seiner barmherzigen Liebe gegeben, die sich der Welt im Antlitz des Gekreuzigten und Auferstandenen offenbart hat. Diese Liebe ist stärker als die Sünde.

Der liebende Blick des Antlitzes Christi legt sich im Handeln der Kirche immer neu in unser Herz. Ich bin ein von Gottes liebendem Blick Angeschauter. Gnade nennen wir diese heilende und stärkende Wirklichkeit, die uns die Kirche vor allem durch die Sakramente vermittelt.

Besonders in der sakramentalen Beichte werde ich und mein Leben dem liebenden Blick Gottes vorgestellt. Während die Sünde den liebenden Blick Gottes auf mich verdunkelt, reinigt die sakramentale Beichte und setzt mich wieder neu dem liebenden Blick Gottes aus. Beichte ist Umkehr in die größere Liebe. Die Gottesgabe der Liebe will in mir erstarken. Der Empfang des Bußsakramentes dient letztlich dem Wachstum der Liebe Gottes in mir. 


aus dem Hirtenwort des Bischofs von Eichstätt Gregor Maria Hanke OSB zur Österlichen Bußzeit am 1. Fastensonntag, dem 17. Februar 2013




Sonntag, 17. Februar 2013

Nachfolge Christi im Kampf gegen die Sünde

Ein (...) Aspekt der Spiritualität der Fastenzeit ist der – wir könnten sagen – "kämpferische". Er tritt im Tagesgebet, der "Kollekte", hervor, wo von "Waffen" der Buße und vom "Kampf" mit dem Bösen die Rede ist.

Jeden Tag, besonders aber in der Fastenzeit, muß der Christ einen Kampf bestehen, der dem gleicht, den Christus in der Wüste von Judäa durchgestanden hat, wo er vierzig Tage lang vom Teufel versucht wurde, und in Getsemani, als er die schwerste Versuchung zurückwies und den Willen des Vaters bis zum letzten annahm.

Es geht um einen geistlichen Kampf, der gegen die Sünde und letztlich gegen den Satan gerichtet ist. Es ist ein Kampf, der die ganze Person einbezieht und ständig aufmerksame Wachsamkeit erfordert. Der hl. Augustinus bemerkt, daß derjenige, der in der Liebe Gottes und in seiner Barmherzigkeit wandeln will, sich nicht mit der Befreiung von schweren Sünden und Todsünden begnügen darf, sondern "die Wahrheit tut, indem er auch die Sünden erkennt, die als weniger schwer betrachtet werden … und er kommt ans Licht, indem er gute Werke vollbringt. Auch die weniger schweren Sünden verbreiten sich und führen zum Tod, wenn sie vernachlässigt werden" (vgl. In Io. evang. 12.13,35)

Die Fastenzeit erinnert uns also daran, daß das Leben des Christen ein ununterbrochener Kampf ist, in dem die "Waffen" des Gebets, des Fastens und der Buße eingesetzt werden. Das Böse, jede Form von Egoismus und Haß bekämpfen und sich selbst entsagen, um in Gott zu leben, das ist der aszetische Weg, den jeder Jünger Jesu zu gehen berufen ist – mit Demut und Geduld, mit Großmut und Beharrlichkeit.

Die gehorsame Nachfolge des göttlichen Meisters macht die Christen zu Zeugen und Aposteln des Friedens. Wir könnten sagen, daß diese innere Haltung uns hilft, auch besser deutlich zu machen, was die christliche Antwort auf die Gewalt sein muß, die den Frieden in der Welt bedroht. Sicher nicht Rache, Haß, ebensowenig Flucht in einen falschen Spiritualismus. Die Antwort dessen, der Christus nachfolgt, ist vielmehr, den Weg zu gehen, den er gewählt hat, als er angesichts der Übel seiner Zeit und aller Zeiten entschlossen das Kreuz auf sich nahm und den längsten, aber wirksamsten Weg der Liebe ging. Auf seinen Spuren und mit ihm vereint müssen wir alle uns bemühen, dem Bösen mit dem Guten, der Lüge mit der Wahrheit, dem Haß mit der Liebe zu begegnen.


Papst Benedikt XVI., aus der Predigt am Aschermittwoch 2006


Freitag, 7. Dezember 2012

Der Gifttropfen namens Erbsünde

Wenn wir über uns und über unsere Geschichte aufrichtig nachdenken, müssen wir sagen, daß mit diesem Bericht (Gen 3,9-24) nicht nur die Geschichte des Anfangs, sondern die Geschichte aller Zeiten beschrieben wird und daß wir alle einen Tropfen des Giftes von jener Denkweise in uns tragen, wie sie in den Bildern aus dem Buch Genesis veranschaulicht wird. Diesen Gifttropfen nennen wir Erbsünde.

Gerade am Hochfest der Unbefleckten Empfängnis taucht in uns der Verdacht auf, daß eine Person, die gar nicht sündigt, im Grunde genommen langweilig sei; daß etwas in ihrem Leben fehle, nämlich die dramatische Dimension, autonom zu sein; daß die Freiheit, nein zu sagen, hinabzusteigen in die Dunkelheiten der Sünde und des Selber-machen-Wollens zum wahren Menschsein gehöre; daß man nur dann die ganze Weite und Tiefe unseres Menschseins, des wahren Wir-selbst-Seins bis zum Letzten ausnützen könne; daß wir diese Freiheit auch gegen Gott auf die Probe stellen müssen, um wirklich voll und ganz wir selbst zu werden.

Mit einem Wort, wir meinen, daß das Böse im Grunde genommen gut sei, daß wir es, zumindest ein wenig, brauchen, um die Fülle des Seins zu erleben. Wir meinen, daß Mephistopheles – der Versucher – Recht habe, wenn er sagt, daß er die Kraft sei, die »stets das Böse will und stets das Gute schafft« (J. W. von Goethe, Faust I, 3). Wir meinen, ein wenig mit dem Bösen zu paktieren, sich ein wenig Freiheit gegen Gott vorzubehalten, sei im Grunde genommen gut, vielleicht sogar notwendig.

Wenn wir uns allerdings die Welt um uns herum anschauen, können wir sehen, daß es sich eben nicht so verhält; daß vielmehr das Böse den Menschen immer vergiftet, ihn nicht erhöht, sondern ihn erniedrigt und demütigt, ihn nicht größer, reiner und reicher macht, sondern ihm schadet und ihn kleiner werden läßt.

Das müssen wir vor allem am Tag der Unbefleckt Empfangenen lernen: Der Mensch, der sich vollkommen in die Hände Gottes übergibt, wird keine Marionette Gottes, keine langweilige, angepaßte Person; er verliert seine Freiheit nicht. Nur der Mensch, der sich ganz Gott anvertraut, findet die wahre Freiheit, die große und schöpferische Weite der Freiheit des Guten.

Papst Benedikt XVI. in der Predigt am 08.12.2005


Mittwoch, 8. August 2012

Durch Gewissensbildung zur Gewissensfreiheit

Von Alois Sustar in: Gewissensfreiheit

"... Nur der Mensch, der ein echtes, richtiges, sicheres, mit einem Wort, ein mündiges Gewissen hat, kann die Gewissensfreiheit für sich voll in Anspruch nehmen. Wann ist man so weit? Wer kann von sich behaupten, sein Gewissen sei so entfaltet und gebildet, daß es seine Aufgabe ganz erfüllen kann?

Weder das gewöhnliche Glied der Kirchengemeinschaft noch irgendeiner ihrer Diener! Die Gewissensanlage und das Urgewissen im Sinne der Ausrichtung des Menschen auf das Gute, der Unterscheidungsfähigkeit zwischen Gut und Bös und des Bewußtseins der Verpflichtung, das Gute zu tun und das Böse zu meiden, sind zwar jedem Menschen mit seiner geistigen Natur mitgegeben. Aber dieses Gewissen muß entfaltet werden. Es muß vom Menschen selber, von anderen und von der Gemeinschaft gebildet werden.

Durch verschiedene Einflüsse kann es auch verbildet werden. Es kann auch unterentwickelt bleiben oder sogar verkümmern bis zur sittlichen Abgestumpftheit und Unempfindlichkeit.

Da wir heute oft einen Zusammenbruch der tragenden sittlichen Umwelt in Familie und Öffentlichkeit erleben und zugleich die Relativierung der sittlichen Werte und Normen, ist das Gewissen besonderen Gefahren ausgesetzt.

Die Demokratisierung der Gesellschaft, die Gleichstellung aller, das Bestreben, nach Mehrheitsbeschlüssen zu entscheiden und die Entscheidung durch Kompromisse zu finden, die Diktatur des Durchschnittes und der Statistiken bedeuten ernste Bedrohungen des Gewissens.

Falschverstandene Toleranz und Neutralität, in der es keine klaren allgemeinverbindlichen Gebote mehr gibt, können das Gewissen und den Menschen bei der Gewissensbildung irreleiten. Dazu kommt noch so manche Unsicherheit auf dem sittlichen Gebiet, das ständige Experimentieren in vielen Bereichen, zahlreiche Änderungen auf allen möglichen Gebieten. 

Andererseits ist das Gewissen viel stärker allen möglichen Einflüssen ausgesetzt als früher. Wenn auch der moralische Druck und der physische Zwang heute seltener geworden sind, kann man kaum behaupten, daß der Mensch in der Welt der Propaganda, der Reklame und der Kommunikationsmittel mehr Raum hat für seine Gewissensentscheidung als in der Vergangenheit.

Der Christ weiß dazu aus dem Glauben wie auch aus der Erfahrung, um die Belastung durch seine Mangelhaftigkeit und Sündhaftigkeit, von denen er sich nie völlig frei machen kann.

Gerade im Gewissen, wo sich die Person am stärksten einsetzt, wo der Mensch als endlicher Geist, der auf das Unendliche hin angelegt ist, letztgültige Entscheidungen treffen kann und soll, von denen sein Heil und sein Unheil abhängen, kommt ihm die Möglichkeit und die Tatsache des Mißbrauches der Freiheit besonders schmerzlich zum Bewußtsein.

Die Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute beklagt den Mißbrauch der Freiheit unter dem Einfluß des Bösen. "Der Mensch erfährt, wenn er auf sein Herz schaut, daß er zum Bösen geneigt ist, verstrickt in vielfältige Übel, die nicht von seinem guten Schöpfer kommen können... Der Mensch ist in sich selber zwiespältig... Er findet sich unfähig, sich von der Macht des Bösen selber zu befreien" (Nr. 13).

Die Gewissensbildung als Weg zur Gewissensfreiheit ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben des einzelnen an sich selber und eine der wichtigsten Hilfen, die man einander zu leisten hat."


aus: Theologische Meditationen; Alois Sustar, Gewissensfreiheit Benziger Verlag, AD 1967

Weiteres zum Thema:
 
(Hervorhebungen durch Fettdruck von Admin)

Montag, 23. Juli 2012

Zum heiligen Erzengel Michael

Von Papst Leo XIII. (1810 - 1903)

Heiliger Erzengel Michael,
Du ruhmreicher Prinz der himmlischen Heerscharen,
verteidige uns in diesem schlimmen Krieg, den wir gegen Mächte und Gewalten, gegen die Beherrscher der Welt der Finsternis und gegen die bösen Geister in den Himmelshöhen führen müssen.

Komme den Menschen zu Hilfe,
die Gott nach seinem Bild und Gleichnis gemacht, unsterblich erschaffen, und aus der Tyrannei des Teufels um einen teuren Preis erkauft hat.

Kämpfe - vereint mit dem Heer der seligen Engel – heute wieder so die Schlachten des Herrn, wie Du einst gegen Luzifer, den Anführer des teuflischen Stolzes und seine abtrünnigen Engel gekämpft hast! Denn sie siegten nicht! Ihre Stätte ward nicht mehr gefunden im Himmel.


Hinab gestürzt wurde stattdessen der grausame Drache, die alte Schlange, die Teufel und Satan genannt wird und der die ganze Welt verführt.
Er wurde vom Himmel hinabgeworfen auf die Erde, und mit ihm all seine Engel.

Doch sieh! Der Urfeind hat sich wieder erhoben.
Der Menschenmörder hat wieder Mut gefasst.
Als Engel des Lichts verwandelt und getarnt schweift er mit einer Vielzahl böser Geister
in Raubzügen auf der Erde umher,
um hier den Namen Gottes und seines Gesalbten auszumerzen
und sich der Seelen zu bemächtigen, die für die Krone ewigen Ruhms bestimmt waren,
um sie umzubringen und dem ewigen Untergang zu weihen.
Wie Abwasser gießt der feindselige Drache
das Gift seiner Bosheit auf Menschen, deren Geist und Herzen er verführt verdorben hat:
Den Geist der Lüge, der Ehrfurchtslosigkeit und Gotteslästerung;
den todbringenden Hauch der Ausschweifung und aller Laster und Gemeinheit.

Die überaus durchtriebenen Feinde erfüllen die Kirche,
die Braut des unbefleckten Lammes,
mit Galle und Bitterkeit und berauschen sie mit Wermut.
Ihre frevlerischen Hände haben sie an die heiligsten Schätze gelegt.
Selbst am heiligen Ort, wo der Sitz des heiligen Petrus und der Lehrstuhl der Wahrheit
zur Erleuchtung der Völker errichtet ist,
haben sie den Thron ihrer abscheulichen Gottlosigkeit aufgestellt,
voller Heimtücke, damit, nachdem der Hirt geschlagen ist,
sie auch die Herde zerstreuen können.

Erhebe Dich also, unbesiegbarer Prinz,
und stehe dem Gottesvolk gegen den Ansturm der bösen Geister bei!
Gib Du ihm den Sieg!
Die heilige Kirche verehrt Dich als ihren Hüter und Beschützer.
Du bist ihr Ruhm, weil Du sie gegen die bösen Mächte der Erde und Unterwelt verteidigst.
Dir hat der Herr die Seelen der Menschen anvertraut,
um sie in die himmlische Glückseligkeit zu geleiten.

Bitte inständig den Gott des Friedens,
Er möge den Satan unter unseren Füßen zermalmen,
damit er die Menschen nicht länger gefangen halten und der Kirche schaden könne!
Bringe Du unsere Bitten vor das Angesicht des Allerhöchsten,
lass sie zur Aussöhnung mit der Gnade und dem Erbarmen des Herrn kommen,
während Du den Drachen ergreifst,
die alte Schlange, die der Teufel und der Satan ist,
und ihn gefesselt in den Abgrund stürzt und bindest,
damit er die Völker nicht mehr verführe.
Amen.




Foto: privat

Donnerstag, 28. Juni 2012

Lehramt und Gewissen, Teil 3


Fortsetzung von hier

5. Gewissenlosigkeit, Gewissen des Einzelnen und Lehramt

Das Gegenteil vom Gewissen ist die Gewissenlosigkeit. Gewissenlos ist der Mensch, der bezüglich der Frage, ob etwas gut oder böse, ob es Sünde oder erlaubt sei, gleichgültig ist. Gewissenlos ist der Mensch, der für den letzten Ernst des Sittlichen, für die Beleidigung Gottes durch die Sünde blind ist. Gewissenlos ist derjenige, der sich der Stimme des Gewissens ausdrücklich verschließt, der leichtsinnig, ohne zu prüfen, ob etwas gut oder böse ist, seinem Impuls im Handeln folgt.

Aber die wahre Kooperation des Gewissens, seine zur vollen Verantwortlichkeit aufrufende Stimme setzt die Kenntnis  dessen voraus, was prinzipiell gut oder böse, gottgefällig oder Sünde, erlaubt oder unerlaubt ist, und derjenige, der sich der Täuschungsmöglichkeit des Menschen, der Gefahr der sittlichen  Wertblindheit nicht bewußt ist, ist auch gewissenlos und handelt unverantwortlich.

Nur derjenige, der das von Gott geoffenbarte Sittengesetz, die von der Kirche eindeutig proklamierte sittliche Erlaubtheit und Unerlaubtheit einer Sache demütig und dankbar aufnimmt, ist der wahrhaft Gewissenhafte, der wahrhaft Verantwortliche.

Die Stimme der heiligen Kirche tritt nicht an die Stelle des Gewissens, sie erstickt unser Gewissen nicht, sie ruft uns nicht auf, die Verantwortlichkeit abzuschieben, sondern sie bietet dem Gewissen die notwendige Unterlage dessen, was gut und böse ist. Sie behütet und stützt unser Gewissen gegenüber all den Tendenzen unserer gefallenen Natur, die es zu übertönen versuchen.


aus: Dietrich von Hildebrand, Die Enzyklika "Humanae Vitae" - ein Zeichen des Widerspruchs; Verlag Josef Habbel Regensburg; AD 1968




Foto: privat

Mittwoch, 27. Juni 2012

Lehramt und Gewissen, Teil 1

 
Die folgende Betrachtung entstammt der Schrift "Die Enzyklika "Humanae Vitae" - ein Zeichen des Widerspruchs" von Dietrich von Hildebrand und befasst sich mit dem Begriff des Gewissens, denn der Terminus wird oft falsch verstanden, was zu problematischen Voraussetzungen für ein sittliches Handeln führt.




1. Gewissen und Erkenntnis des Sittengesetzes

Weitverbreitet ist auch die These, daß es dem Gewissen des Einzelnen überlassen werden müsse, ob er die Pille zur Verhütung der Empfängnis anwende oder nicht (1). Eine verhängnisvolle Verwirrung kommt in dieser These zum Ausdruck, eine völlig irrige Verwendung des Terminus Gewissen.

Die Frage, ob etwas an sich gut oder böse ist, kann nie vom Gewissen beantwortet werden; sie ist für das Sprechen des Gewissens immer schon vorausgesetzt. Es ist ein ganz anderes geistiges Organ, mit dem  wir sittliche Werte und Unwerte erfassen. Das Gewissen spricht erstens immer nur dann, wenn es sich um unser eigenes Tun und Lassen handelt; es sagt uns nicht, ob das Verhalten eines anderen sittlich richtig ist. Wenn wir einsehen, daß jemand ungerecht gehandelt hat oder wenn uns die Güte und Reinheit eines Menschen tief beeindruckt, so ist es nicht unser Gewissen, das uns den Wert oder Unwert der fremden Person erschließt. Dasselbe gilt für die prinzipielle Einsicht, daß Morden böse ist, daß Stehlen sittlich schlecht ist, daß Gerechtigkeit gut ist usw. Über all dies belehrt uns die sittliche Fähigkeit, sittliche Werte und Unwerte zu erfassen - unsere Wertsichtigkeit.

Zweitens spricht die geheimnisvolle Stimme des Gewissens primär, indem sie uns warnt, in einer konkreten Situation das sittlich Schlechte zu tun, von dem wir bereits prinzipiell wissen, daß es sittlich schlecht und unerlaubt ist. Es bezieht sich mehr auf die Vermeidung eines sittlichen Übels als auf das rein sittlich Positive, das zu tun wir nicht verpflichtet sind.

Das Gewissen ist der  advocatus Dei in der Seele des Menschen - es spricht warnend, wenn wir in einer bestimmten Situation in Versuchung sind, etwas Schlechtes zu tun oder wenn jemand uns zu überreden sucht, in etwas sittlich Schlechtes einzuwilligen. Es ist die geheimnisvolle Stimme, die uns den einzigartigen Ernst der sittlichen Frage zu Bewußtsein bringt, die uns allen üblen Wünschen, allem schwachen  Nachgeben gegenüber die Forderung, Gott nicht durch eine sittlich unrechte Tat zu beleidigen, in ihrer ganzen Majestät vor Augen stellt.

Es setzt aber immer ein Wissen um den prinzipiellen sittlichen oder vermeintlich sittlichen Charakter eines Verhaltens voraus. Es sagt uns: Tu das nicht, weil es böse ist - es fordert uns auf, genau zu prüfen, ob unser Verhalten in diesem konkreten Fall mit dem Sittengesetz übereinstimmt. Die Gewissenserforschung über Vergangenes sowie die Prüfung vor dem Gewissen, die einem Handeln vorausgeht, bezieht sich immer auf das Verhalten der eigenen Person und auf die konkrete Anwendung auf den Einzelfall und primär auf das Vermeiden des sittlich Negativen oder auf begangene sittliche Verfehlungen.

Es setzt aber immer eine nicht vom Gewissen stammende Überzeugung über den prinzipiellen sittlichen Wert oder Unwert eines Verhaltens voraus. Nun dürfen wir nicht vergessen, daß der Mensch in seiner Wertsichtigkeit durch viele Faktoren bedroht ist. Es gibt viele Formen sittlicher Wertblindheit. Omnis homo mendax (jeder Mensch ist ein Lügner) gilt hier in besonderer Weise. (weiterlesen)

Fortsetzung folgt

(1)  Anm.: Genauso könnte es heißen: "Weitverbreitet ist auch die These, daß es dem Gewissen des Einzelnen überlassen werden müsse, ob und wie er die hl. Kommunion empfängt, obwohl er geschieden und wiederverheiratet ist und in schwerer Sünde lebt."


aus: Dietrich von Hildebrand, Die Enzyklika "Humanae Vitae" - ein Zeichen des Widerspruchs; Verlag Josef Habbel Regensburg; AD 1968



Foto: privat 

Freitag, 23. März 2012

Relativismus und wahre Erziehung


(...) Die Freiheit ist ein kostbarer, aber heikler Wert; sie kann mißverstanden und mißbraucht werden. „Ein besonders tückisches Hindernis für die Erziehungsarbeit stellt heute in unserer Gesellschaft und Kultur das massive Auftreten jenes Relativismus dar, der nichts als definitiv anerkennt und als letzten Maßstab nur das eigene Ich mit seinen Gelüsten gelten läßt und unter dem Anschein der Freiheit für jeden zu einem Gefängnis wird, weil er den einen vom anderen trennt und jeden dazu erniedrigt, sich ins eigene »Ich« zu verschließen.

Innerhalb eines solchen relativistischen Horizonts ist daher wahre Erziehung gar nicht möglich: Denn ohne das Licht der Wahrheit sieht sich früher oder später jeder Mensch dazu verurteilt, an der Qualität seines eigenen Lebens und der Beziehungen, aus denen es sich zusammensetzt, ebenso zu zweifeln wie an der Wirksamkeit seines Einsatzes dafür, gemeinsam mit anderen etwas aufzubauen“ [4].

Um seine Freiheit auszuüben, muß der Mensch also den relativistischen Horizont überwinden und die Wahrheit über sich selbst und die Wahrheit über Gut und Böse erkennen. Im Innern seines Gewissens entdeckt der Mensch ein Gesetz, das er sich nicht selbst gibt, sondern dem er gehorchen muß und dessen Stimme ihn zur Liebe und zum Tun des Guten und zur Unterlassung des Bösen aufruft und dazu, die Verantwortung für das vollbrachte Gute und das getane Böse zu übernehmen.[5]

Deswegen ist die Ausübung der Freiheit zuinnerst an das natürliche Sittengesetz gebunden, das universaler Art ist, die Würde eines jeden Menschen ausdrückt, die Basis seiner fundamentalen Rechte und Pflichten und also letztlich des gerechten und friedlichen Zusammenlebens der Menschen bildet. Der rechte Gebrauch der Freiheit steht also im Mittelpunkt der Förderung von Gerechtigkeit und Frieden, welche die Achtung vor sich selbst und gegenüber dem anderen verlangen, auch wenn dieser weit von der eigenen Seins- und Lebensweise abweicht.


(Hervorhebungen durch Administrator)

Donnerstag, 26. Januar 2012

Der kämpfende Mensch (8, Schluß)



Josef Seifert  (1975)

Fortsetzung, Teil 8, Schluß

Kampfmittel und Bundesgenossen

Ein letztes Wort noch zu der Art unseres Kampfes und zu den Mitteln, deren wir uns dabei bedienen müssen. Ich habe schon mehrmals erwähnt, daß der Kampf des Christen ganz verschieden sein muß von natürlicher Agressivität und ihrer gereizten bitteren Art.

Er muß beherrscht sein von der entschiedenen Zustimmung zum Guten und muß die Absage an  alles Böse in uns selbst enthalten, das sich so leicht einmischt und die Reinheit der Absicht verdirbt; er muß die Liebe, die Güte in uns wachsen lassen und die Geduld, die vertrauend den Ausgang Gott überläßt und nicht gewaltsam den Sieg erzwingen will; er muß geführt werden mit dem Respekt vor der Freiheit der Mitmenschen und mit dem inneren Frieden trotz aller Misserfolge.

Der Kampf muß nicht nur in seinem Ziel sondern in seiner ganzen Art gut sein, in seinem ganzen Wesen lichtvoll, geführt mit den "Waffen des Lichts" (Röm 13,12).

Das Urbild eines solchen Kämpfers ist St. Michael, der leuchtende Engelfürst, und auf Erden Christus selbst, der in seiner gehorsamen Hingabe in Leiden und Tod alle Gesetze natürlichen Kampfes umgekehrt hat, der die Mächte der Finsternis zertrümmert hat, indem er sich ihrem Haß auslieferte, der am Kreuze siegte, durch das der Satan seinen höchsten Triumpf zu erringen schien.

"Devictus vicit" - diesen Spruch auf einem Christusbild hatte Kardinal Mindszenty täglich vor Augen -: daß wir auch als Besiegte siegen, wenn wir mit Christus, in seiner Liebe kämpfen, das wird in den Stunden äußerer Niederlage unsere Zuversicht sein.

Wenn wir diesen Höhepunkt des guten und bösen Kampfes zugleich vor Augen haben, der in einem einzigen Ereignis, in der Kreuzigung des Herrn zusammentrifft, werden wir am sichersten die entscheidenden und angemessenen Waffen in dem guten Kampf erkennen und wählen.

Wir müssen ohne Frage im öffentlichen Leben mit allen legitimen Mitteln einsetzen, jeder nach seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten, das riesige in Gang gesetzte Zerstörungswerk zu verhindern. Wir müssen Menschen zu gewinnen versuchen, und sie wach machen für diesen Kampf.

Wir müssen kämpfen gegen zersetzende Irrtümer, und destruktive Gesetze und Gewohnheiten. Wir wissen aber, daß der Kampf ganz wesentlich im eigenen Herzen ausgetragen wird, im Neinsagen zu allem Bösen in uns selber. Mehr als alle eigene Anstrengung aber wirkt in uns die Gnade Gottes, und darum heißt es beten, sühnen, die Gnadenquellen der hl. Sakramente erschließen.

Und weil wir nicht gegen Fleisch und Blut allein kämpfen, sondern gegen "die bösen Geister in den Himmelshöhen", gegen den "Menschenmörder von Anbeginn", so sollen wir uns auch übernatürliche Helfer suchen bei den leuchtenden Kämpfern Gottes, den heiligen Engeln, bei allen Heiligen und Maria, der Königin aller Engel und Heiligen, und durch sie bei Gott, von dem letztlich jede gute Gabe kommt.
Ende des Kampfes: Die Anbetung Gottes

Der letztlich entscheidende Kampf wird also in uns selber ausgetragen; wie weit wir in uns das Böse durch das Gute überwinden, das entscheidet über Sieg oder Niederlage auch des Gottesreiches, soweit es an uns liegt.

Wenn wir bedenken, daß keine äußere Handlung, nicht einmal eine eigentliche Tätigkeit die Welt entscheidend verändert hat, sondern das Leiden, daß im Ja von Gethsemani und im blutigen Opfer am Kreuz der größte aller Siege errungen wurde, oder auch dies, daß die entscheidende Mitwirkung der Menschheit zu diesem Sieg in der stillen Kammer von Nazareth und im Mitleiden der Mutter unter dem Kreuz geleistet wurde, dann wissen wir Christen, wo die eigentliche Entscheidung fällt und welches die stärksten "Waffen des Lichtes" sind.

Ich möchte nicht schließen ohne den Hinweis darauf, daß das Böse wesenhaft aus dem Kampf lebt, während das Gute nur in der Konfrontation mit dem Bösen zum Kampf gezwungen ist. Das Böse kann nicht ohne das Gute existieren, gegen das es gleichwohl in seiner Bosheit kämpft. Das Gute jedoch steht in sich selber, ist reine  Harmonie, und der Kampf ist mit ihm nicht wesenhaft verbunden.

Darum vollzieht auch der kämpfende Christ, und das ist wesentlicher und eigentlicher als alles Kämpfen, Akte, die den letzten Sinn der Schöpfung ausmachen über und nach allen Kämpfen: die Anbetung Gottes, die Verherrlichung Gottes, das, was der Prophet im Alten Bunde geschaut hat als das dreifach Sanctus der Engel, die sich ihm im Tempel Gottes zeigten.

Und mit dieser Erkenntnis, daß aller Kampf leben soll aus der Sehnsucht nach jenem Zustand, in dem das Gute herrschen wird ohne Kampf, und in der Zuversicht, daß er in der Gnade Gottes darein münden wird, können wir diese Betrachtung über den Kampf des Christen schließen.

Diese Hoffnung hat einen unvergleichlichen Ausdruck gefunden in den Worten, mit denen Augustinus sein vielleicht größtes philosophisch-theologisches Werk beschließt. Was den Glaubenden, Liebenden am Ende des Kampfes der "zwei Staaten" erwartet, schildert er so:

"Ibi vacabimus et videbimus, videbimus et amabimus, amabimus et laudabimus. Ecce quod erit in fine sine fine" (De Civitate Dei XXII, XXX). - 
"Dort werden wir frei sein und schauen, schauen und lieben, lieben und loben. Siehe, das wird sein am Ende ohne Ende."



Dieser Vortrag erschien in "Der Fels", Nr. 10 und 11 des Jahrgangs 1975
Herzlichen Dank dem Fels e.V. für die Genehmigung der Veröffentlichung des Vortrages auf diesem Blog.

Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 1)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 2)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 3)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 4)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 5)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 6)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 7)    (bitte HIER klicken!)


Über den Philosophen Josef Seifert (geb. 1945) bei wikipedia (bitte HIER klicken!)


 (Hervorhebungen durch Administrator) 
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