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Samstag, 23. August 2014

Die Rettung des Menschen, der in seiner Würde bedroht ist - In Maria erkennen wir Ziel und Sinn unseres irdischen Lebens


In unserer Zeit bewegt sich alles um den Menschen. Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit sind die großen Leitworte unserer Zeit. Aber genauer besehen, bleiben es doch nur Worte; denn in Wirklichkeit hat man das Wissen um die Größe und Würde des Menschen verloren. Im Grunde versteht man in der Freizeit-, in der Erlebnis- und Spaßgesellschaft den Menschen vor allem von seiner Fähigkeit her, Lust zu erleben und genießen zu können. Wenn er das noch nicht oder nicht mehr kann, wie im Mutterleib oder im Greisenalter, dann darf man ihn auch beseitigen.

So bestätigt sich bei allem Gerede von Freiheit und Würde des Menschen die Erkenntnis, dass die Gesellschaft dem Menschen die Freiheit und die Würde tatsächlich aberkennt. Deshalb darf man unter christlichem Blickwinkel von der heutigen Zeit sagen: Es geht in ihr um die Rettung des Menschen, der in seiner Würde bedroht ist. Man kann dem Menschen aber seine unbedingte Würde nur erhalten, wenn man ihn von Gott her und auf Gott hin denkt; denn vollkommene, unbedingte Würde kann dem Menschen nur von einem vollkommenen und unbedingten Wesen her kommen. Das freilich ist nur Gott.

An der Gestalt Marias, der in den Himmel Aufgenommenen, geht uns nun aber die höchste Würde des Menschen auf, der von Gott her kommt und für die Vereinigung mit Gott geschaffen ist; denn das selige Einssein mit Gott ist der Himmel. Auf dieses Ziel hin muss auch unser Leben ausgerichtet sein. Sonst gleichen wir Wanderern, die nicht wissen, wohin sie gehen, deren Leben deshalb ziel- und sinnlos wird. Leider leben viele in dem Irrtum, dass der Gedanke an den Himmel das irdische Dasein irgendwie behindere, es schmälere oder es untüchtig mache. Sie lassen sich nicht beeindrucken von dem Wort des Dichters: „Wir bauen hier so feste, und sind doch nichts als Gäste. Doch, wo wir werden ewig sein, da richten wir uns wenig ein“.

Der Blick auf die verherrlichte Gottesmutter, die auch uns das Ziel weist, sollte uns wieder überzeugen: Das Wissen um die zukünftige restlose Gemeinschaft mit dem Herrn ist dem irdischen Dasein nicht hinderlich. Im Gegenteil: Es bewahrt uns vor der Verkrampfung in diese Welt, als ob sie das Ein‑und‑Alles wäre; es gibt uns Kraft, Zuversicht und Hoffnung auf das eigentliche vollendete Leben bei Gott.

Diese Hoffnung sollte am heutigen Festtag (Anm.: Maria Himmelfahrt) mit neuer Kraft in uns aufbrechen; denn Maria zeigt uns nicht nur das Vollendungsziel auf; nach einem uralten marianischen Titel ist sie auch die „Himmelsleiter“, die uns mit dem himmlischen Leben verbindet und uns zum Himmel führt. Vertrauen wir uns heute wieder dieser Leiter an. Dann wird uns dieses Leben gelingen und für uns die Vorstufe zum eigentlichen Leben werden, das uns Maria durch die Gnade Christi schenken will.


aus der Predigt von Leo Kardinal Scheffczyk zum Fest Mariä Himmelfahrt im Jahre 2001 (Quelle: Das Werk FSO)

Mittwoch, 13. August 2014

Nicht Lüge, Mord und Terror, sondern Wahrheit, Heil und Liebe will Gott den Menschen schenken

Ein Gott, der Lüge, Mord und Terror will, ist ein menschlicher Götze - oder ein Teufel, der die Menschen vernichten und ihnen die ewige Glückseligkeit rauben will. "Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann." (Matthäus 10,28) Unser Gott aber, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, ist gut und liebt alle Menschen.

In Jesus Christus erfüllte sich, was im Alten Testament den Menschen prophezeit war: "Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; man nennt ihn: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens." (Jesaja 9,5)

Allein Jesus Christus ist der Friedensfürst. Seine Kirche sammelt alle, die guten Willens sind und ihm folgen wollen. Die heilige Taufe und die übrigen Sakramente ermöglichen uns, dass Gott durch das Geschenk der Gotteskindschaft in uns wohnt und sein Friedensreich schon hier in uns und durch uns zu wachsen beginnt (vgl. Joh 1,12). In Jesus Christus finden wir Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, Wahrheit und Liebe und ewige Freude. Er ist das Heil der Welt!




"Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze." (Luk 4,18; Jesaja 61,1)

Jesus Christus sagt: 
"Wer an mich glaubt, glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat, und wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat. Ich bin das Licht, das in die Welt gekommen ist, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt. Wer meine Worte nur hört und sie nicht befolgt, den richte nicht ich; denn ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern um sie zu retten. Wer mich verachtet und meine Worte nicht annimmt, der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich gesprochen habe, wird ihn richten am Letzten Tag. Denn was ich gesagt habe, habe ich nicht aus mir selbst, sondern der Vater, der mich gesandt hat, hat mir aufgetragen, was ich sagen und reden soll. Und ich weiß, dass sein Auftrag ewiges Leben ist. Was ich also sage, sage ich so, wie es mir der Vater gesagt hat." (Johannes 12,45-50)


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Montag, 11. August 2014

Friede auf Erden den Menschen

"Der Friede auf Erden, nach dem alle Menschen zu allen Zeiten sehnlichst verlangten, kann nur dann begründet und gesichert werden, wenn die von Gott gesetzte Ordnung gewissenhaft beobachtet wird."

"Der Friede muß jedoch ein leeres Wort bleiben, wenn er sich nicht in jenem Ordnungsgefüge entwickelt, das Wir voller Hoffnung in diesem Rundschreiben in den Umrissen angedeutet haben: Wir meinen ein Ordnungsgefüge, das in der Wahrheit gegründet, nach den Richtlinien der Gerechtigkeit erbaut, von lebendiger Liebe erfüllt ist und sich schließlich in der Freiheit verwirklicht."
 
Papst Johannes XXIII. in der Enzyklika "Pacem in terris" (11.04.1963) 1 bzw. 89


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Montag, 30. Juni 2014

Für den Schutz von Ehe und Familie bei der vierten "DEMO FÜR ALLE" am 28. Juni 2014 in Stuttgart

Für Zukunft und Nachhaltigkeit: Ehe und Familie vor! 
Stoppt Gender-Ideologie und Sexualisierung unserer Kinder! 

Am vergangenen Samstag (28. Juni 2014) fand in Stuttgart zum vierten Mal die "DEMO FÜR ALLE" für den Schutz für Ehe und Familie statt. Aufgerufen hatte das Aktionsbündnis "DEMO FÜR ALLE", eine Vereinigung von derzeit 17 Vereinen, Initiativen und Personen, die sich für Ehe und Familie engagieren. Trotz schlechten Wetters waren etwa 1000 Personen zum Schillerplatz gekommen um sich gegen einen Zugriff auf das Recht der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder und der Frühsexualisierung (beginnend schon im Kindergarten!) zu verwahren.

Bei der DEMO FÜR ALLE geht es den Teilnehmern zuallererst darum, den von der rot-grünen Landesregierung geplanten Bildungsplan 2015 zu verhindern, der "sexuelle Vielfalt" als Leitbild beinhaltet und vorsieht, dieses Thema fächerübergreifend im Unterricht zu bearbeiten und die Kinder und Jugendlichen immer wiederkehrend  mit diesen Inhalten zu konfrontieren. Inzwischen hat die Landesregierung die Verabschiedung des Bildungsplans um ein Jahr verschoben, inhaltlich hat sich bis jetzt aber offensichtlich noch nicht viel geändert. Wahrscheinlich hofft man auf ein nachlassendes öffentliches Interesse und eine Einschlafen der Proteste gegen den Bildungsplan, so dass man im kommenden Jahr das Vorhaben wie geplant beschließen kann.

Aber es geht um mehr als nur um einen Bildungsplan: Die antichristliche Gender-Ideologie soll bzw. wird in allen Lebensbereichen das Leben der Menschen in Deutschland bestimmen. Alles soll auf Genderrelevanz untersucht und Berichte gendergerecht abgefasst werden. Auch Bücher sollen gegendert werden. Ein normaler Sprachgebrauch ist zumindest in staatlichen Institutionen nicht mehr möglich. Die ideologische Auflösung der Geschlechter ist das Ziel von Gender mainstreaming, ebenso die Zersetzung von Ehe und Familie und die aktive Sexualisierung unserer Kinder in Kindergarten und Schule.

Leider haben bereits auch nominell katholische Einrichtungen und Verbände, wie der "Deutsche Caritasverband", die "Katholische junge Gemeinde (KjG)", der "Bund der katholischen Jugend" (BDKJ), das "Zentralkomitee der deutschen Katholiken" (ZdK) u.v.a. sich dem Einfluß des Gender mainstreamimng geöffnet und setzen, von EU und deutschen Ministerien finanziell dafür belohnt,  mit großem Aufwand die von der UN und EU vorgegebenen Richtlinien um. Diese Gruppen fehlten darum auch bei der DEMO FÜR ALLE.

Deutliche Worte von (deutschsprachigen) Bischöfen sind nicht zu vernehmen. Eine deutliche Stellungnahme gegen Gender/ Gender mainstreaming hat bis jetzt nur Bischof Huonder von Chur in der Schweiz (neben dem Salzburger Weihbischof Andreas Laun) vorgelegt. Papst Franziskus bezeichnet die Gender-Ideologie als dämonisch.

Am Samstag fand sich ein buntgemischtesVölkchen auf dem Schillerplatz ein: Jung und Alt, von nah und fern, mit und ohne Regenschirm, Laien und auch einige Priester. Die Stimmung war bestens. Ein herzliches Dankeschön an die Organisatoren und Ordnungskräfte, die  Redner verschiedener Aktionsbündnis-Partner und nicht zuletzt an die Polizei, ohne deren Schutz es wohl auch dieses Mal (wieder) zu Übergriffen und Aggressionen gegen die Teilnehmer der DEMO FÜR ALLE gekommen wäre.


Bilder von der Stuttgarter DEMO FÜR ALLE am 28. Juni 2014:


Massives Polizei-Aufgebot zum Schutz der 
Demonstranten vor Befürwortern des Bildungsplans 2015/16...
























Hedwig von Beverfoerde
Sprecherin der Initiative Familienschutz und
Mitinitiatorin der DEMO FÜR ALLE


Prof. Dr. Hubert Gindert


Eckhard Kuhla
Vorsitzender Agens e. V.


Hans-Christian Hausmann
AK Familie in der CDU Stuttgart


Dr. Emre Tanay
Vertreter einer muslimischen Gruppe (M.I.H.M.)


Hans-Christian Fromm
beim Verlesen des Grußwortes des russisch-orthodoxen Erzpriesters Ilya Limberger





















Medienberichte zum 28.06.2014:


Videos:

 

Augenzeugenberichte/ Bilder:


(Wird fortlaufend ergänzt; Hinweise auf weitere Berichte erwünscht!)


Weiteres zum Thema "Bildungsplan 2015/2016 und Gender/ Gender mainstreaming":



Bilder: eigene Fotos

Samstag, 31. Mai 2014

"Deus providebit - Gott wird sorgen" - Die Hingabe an Gottes Vorsehung

 
Ein Gastbeitrag von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad über die göttliche Vorsehung (lat. Divina providentia)


1. Verlorene Vorsehung

Ich gehe mit traumwandlerischer Sicherheit den Weg, den mich die Vorsehung gehen heißt.“ Die Aussage könnte von einem Heiligen stammen; einem Menschen, der im Vertrauen auf die weise und gütige Führung Gottes seinen Frieden gefunden hat, da er sich machtvoll und mild durch das Erdenleben geführt weiß, dem ewigen Ziel entgegen.

In Wahrheit aber stammen die Worte weder von einem Heiligen noch von sonst einem vorbildlichen Christen, sondern - von Adolf Hitler. Und seitdem ausgerechnet er immer wieder die „Vorsehung“ für sein Auftreten und Wirken verantwortlich gemacht, ja beschworen hat, ist dieser Begriff - zumindest im deutschen Sprachraum - verdächtig geworden.

Man tut sich schwer mit der Vorsehung. Sang man früher unbeschwert das beliebte Kirchenlied aus der Feder Joachim Neanders (+ 1680): „Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret, der dich auf Adelers Fittichen sicher geführet...“, so wurden nach den Erfahrungen der NS-Zeit andere Stimmen laut. Z.B. die der 2003 verstorbenen Dorothee Sölle, einer angeblich „atheistisch an Gott glaubenden“ Vertreterin der „Gott-ist-tot-Theologie“, die behauptete, nach Auschwitz könne man nicht mehr einen Herrn loben, „der alles so herrlich regieret“.

Darauf ist verschiedentlich geantwortet worden, und das schon längst, bevor irgendjemand ein Drittes Reich und eine „Gott-ist-tot-Theologie“ für möglich hielt. Und dennoch hat ein unheilvolles Zusammenspiel verschiedener Kräfte es fertiggebracht, das lichte Mysterium der göttlichen Vorsehung für viele unserer Zeitgenossen zweifelstrübe, ja finster werden zu lassen. Man spricht nur noch selten von der Vorsehung. Mit dem Wort aber verschwindet bald auch der Inhalt. So erstaunt es nicht, dass einem Großteil der Menschen der christliche Vorsehungsglaube wenig bis nichts mehr sagt.

Eine wichtige Stelle innerhalb unserer Weltanschauung bleibt, einmal leergeräumt, nicht lange unbesetzt. Schnell drängen sich andere Ideen ein. Daher neigt, wer nicht mehr mit einer höheren Macht rechnen will, die uns weise lenkt und leitet, ohne uns dabei die persönliche Freiheit zu nehmen, ganz anderen Auffassungen zu. Diese sind – typisch für jeden Abfall von der Wahrheit! – durch ihre Einseitigkeit und Widersprüchlichkeit gekennzeichnet: Man hält sich für völlig frei, seine Existenz nach eigenem Gutdünken zu entwerfen und dann zu verwirklichen (vgl. die perversen Ausgeburten der sog. Gender-Ideologie); zugleich aber meint man, der Mensch sei in allen Dimensionen des Daseins, bis in das geistige Leben hinein, biologisch programmiert und determiniert.

Die Auswirkungen des verlorengegangenen Vorsehungsglaubens sind überaus verhängnisvoll. Als praktische Folgerungen einer Weltanschauung, die sich vom angeblichen „Gotteswahn“ emanzipiert hat, haben sie an deren Widersprüchen teil. Daher erleben wir in der Gegenwart direkt nebeneinander, ja häufig ineinander verwoben, einen enthusiastischen Machbarkeitswahn und eine geradezu fatalistische Resignation.

Machbarkeitswahn: Man meint, alles selbst gestalten zu können. Dies nicht erst, seit man begonnen hat, in das menschliche Erbmaterial einzugreifen, um die Zukunft unseres Geschlechtes ganz in die eignen Hände zu nehmen. Auch andere, viel ältere Einrichtungen zeugen von vermessener Selbstsicherheit. Romano Guardini hat das 1950 in seiner berühmten Schrift „Das Ende der Neuzeit“ am Beispiel des modernen Versicherungswesens zu zeigen versucht: „Betrachtet man es in jener letzten Ausbildung, die es bereits in manchen Ländern erfahren hat, so erscheint es geradezu als Beseitigung jeglichen religiösen Hintergrundes. Alle Eventualitäten des Lebens werden ‚vorgesehen’, nach Häufigkeit und Wichtigkeit berechnet und unschädlich gemacht.“

Die Versicherung als neue Vorsehung! Ein offensichtlicher Widerspruch zu der Anweisung des Apostels Jakobus, dass wir nicht leichthin davon sprechen dürfen, was wir demnächst tun werden, da doch die Zukunft ungewiß ist, sondern stattdessen sagen sollen: „Wenn der Herr will, werden wir am Leben bleiben und das oder jenes tun.“ Diese Stelle aus dem Jakobusbrief (4,13-15) begründet übrigens die Gepflogenheit gläubiger Menschen, ihren Plänen stets ein demütiges „So Gott will“ voranzustellen.

Fatalistische Resignation: Sie ist nur die andere Seite des Machbarkeitsdünkels. Allzu häufig bemächtigt sie sich schon junger Menschen, die doch eigentlich von Hoffnung und hoher Erwartung erfüllt sein sollten. Weil sie sich aber einem riesenhaften Apparat gegenübersehen, der ohne Berücksichtigung ihrer Person und Wünsche abläuft, unaufhaltsam alles in sein Getriebe hineinzerrend und vieles gnadenlos zermalmend, deshalb verfallen sie in jene No-future-Haltung, die ebenso die Form rebellischer Verweigerung wie lustlosen Sich-Anpassens annehmen kann. Solche Menschen erstreben und ersehnen kaum noch etwas, es sei denn die hastig vorüberhuschenden Vergnügungen, mit denen die Welt der Werbung und des Entertainments lockt: „Was wollen sie? Sie wollen: to live and to have a fun, gut leben und ihr Späßchen haben. Man wird euch damit bedienen; mit Nahrung und Freizeitgestaltung, mit Kalorien und Kinos“, notierte der Staatsdenker Carl Schmitt schon 1949...

Die Verheerungen und Zerstörungen, die durch den Verlust der Vorsehung in immer neuem und schlimmerem Maße hervorgerufen werden, können keinem wachen Beobachter der Zeit verborgen bleiben. Daher tut es not, die Wahrheit über die weise, gütige und machtvolle Sorge Gottes für Welt und Menschen neu zu erkennen, sie gegen falsche Auffassungen abzugrenzen und ihre Folgen für das Leben zu bedenken.

2. Angemaßte „Vorsehung“

Hitler hat sich, wie eingangs bemerkt, der „Vorsehung“ bedient. Sie war ihm ein geeignetes Mittel, viele Christen und sogar hohe Kirchenvertreter für einige Zeit über seine Ideologie und Absichten zu täuschen. Selbst ein Kardinal Faulhaber, später so überaus mutig im Widerstand gegen den antichristlichen Nationalsozialismus, äußerte nach einer Obersalzberger Begegnung im November 1936: „Der Reichskanzler lebt ohne Zweifel im Glauben an Gott.“

Neben der Funktion als Maske stellte die „Vorsehung“ auch eine „zentrale geschichtstheologische Begründungskategorie“ dar, wie Rainer Bucher, Verfasser des Werkes „Hitlers Theologie“ (Würzburg 2008) bemerkt: „Die Vorsehung ist es, welche Hitlers Weg als gerechtfertigt erweist, denn von ihr werden die Erfolge geschenkt, von ihr die Prüfungen auferlegt.“

Manche Aussagen, die Hermann Rauschning in seinen historisch nicht unumstrittenen „Gesprächen mit Hitler“ (1940) anführt, könnten tatsächlich mit Aussprüchen großer Christen verwechselt werden: „Ich habe auch die Überzeugung und das sichere Gefühl, dass mir nichts zustoßen kann, weil ich weiß, dass ich von der Vorsehung zur Erfüllung meiner Aufgabe bestimmt bin. (...) Was wir sind, sind wir nicht gegen, sondern mit dem Willen der Vorsehung geworden, und solange wir treu, ehrlich und kampfmutig sind, an unser großes Werk glauben und nicht kapitulieren, werden wir auch weiterhin den Segen der Vorsehung haben. (...) So gehen wir auch mit der tiefsten Gottgläubigkeit in die Zukunft. Wäre das, was wir erreichten, möglich gewesen, wenn die Vorsehung uns nicht geholfen hätte? Ich weiß es, alles Menschenwerk ist schwer und vergänglich, wenn es nicht gesegnet wird von dieser Allmacht.“

Das klingt nicht schlecht. Doch bald schon offenbaren sich die Abgründe, die zwischen der christlich verstandenen und der völkisch verfälschten „Vorsehung“ liegen: „Ich möchte der Vorsehung und dem Allmächtigen danken dafür, dass er gerade mich ausersehen hat, diesen Kampf für Deutschland führen zu dürfen. (...) Die Vorsehung hat mich zu dem größten Befreier der Menschheit vorbestimmt. Ich befreie den Menschen von dem Zwange eines Selbstzweck gewordenen Geistes; von den schmutzigen und erniedrigenden Selbstpeinigungen einer ‚Gewissen‘ und ‚Moral‘ genannten Chimäre und von den Ansprüchen einer Freiheit und persönlichen Selbständigkeit, denen immer nur ganz wenige gewachsen sein können. (. . .) An die Stelle des Dogmas von dem stellvertretenden Leiden und Sterben eines göttlichen Erlösers tritt das stellvertretende Leben und Handeln des neuen Führergesetzgebers, der die Masse der Gläubigen von der Last der freien Entscheidung entbindet.“
Der „Vorsehungsglaube“, der sich in Hitlers Worten ausspricht, hat nichts Erlöstes und Frohes an sich. Er wirkt im Gegenteil hart, rücksichtslos und anmaßend. Mit der Vorsehung eines Gottes, der sich vom Himmel aus den Geringen und Armen zuwendet, um sie aus dem Staub zu erheben und der Verachtung zu entreißen (vgl. Ps 113, 7), hat er nichts zu tun. Daher konnte seine Folge nur Tod statt Leben sein, Untergang statt Heil, Fluch statt Segen.

3. Dunkles Schicksal und lichte Vorsehung

Der Mißbrauch, den Hitler mit der „Vorsehung“ trieb, stellt für uns keine nennenswerte Versuchung mehr dar. Doch speisen sich gewisse Mißverständnisse, die das Verhältnis gläubiger Menschen zur Vorsehung auch heute noch belasten, zum Teil aus den gleichen Quellen. Allzu oft nämlich hat sich in das christliche Denken eine Auffassung von Vorsehung eingeschlichen, die mehr mit der Philosophie der Stoiker als mit der biblischen Offenbarung gemein hat. Der frohe und kraftvolle Vorsehungsglaube wich dann komplizierten Spekulationen über Vorherwissen und Vorherbestimmung, und nicht selten nistete sich ein verdüstertes Gottesbild in den Herzen ein: Statt der festen Überzeugung, dass Gott Licht ist ohne Finsternis (vgl. 1 Joh 1,5) und dass Er Rettung und Wahrheitserkenntnis aller Menschen will (vgl. 1 Tim 2,4), spekulierte man über Gottes willkürliche Auswahl der Verdammten, ja grübelte im Anschluß an den bizarren protestantischen Mystiker Jakob Böhme (+ 1624) sogar darüber, ob sich im lichten Urgrund aller Dinge nicht auch ein dunkler, schrecklicher „Ungrund“ befinde, der sich gleichsam in das Böse der menschlichen Geschichte hinein entfalte.

Für die Stoa – jene Philosophenschule des Altertums, die auf Zenon von Kition (+ 264 v. Chr.) zurückgeht und deren Einfluß bis in die Neuzeit reicht – bildet die Vorsehungslehre eine Art Grunddogma. Das Geschick des Kosmos wie der einzelnen Wesen, so die Stoiker, folgt den Gesetzen eines unverrückbaren Plans. Dieser ist in der alles beseelenden Weltvernunft, die zugleich Vorsehung und Schicksal genannt wird, hinterlegt. Die Aufgabe des Menschen kann demnach nur darin bestehen, sich in den vorherbestimmten Lauf der Dinge einzufügen:

„Bedenke, du bist Darsteller eines Stückes, dessen Charakter der Autor bestimmt, und zwar eines kurzen, wenn er es kurz, und eines langen, wenn er es lang wünscht“, schreibt der Stoiker Epiktet (+ 138 n. Chr) und fährt fort: „Will er, dass du einen Bettler darstellst, so spiele diesen einfühlend; und ein Gleiches gilt für einen Krüppel, einen Herrscher oder einen gewöhnlichen Menschen. Deine Aufgabe ist es nur, die dir zugeteilte Rolle gut zu spielen; sie auszuwählen, steht einem anderen zu.“ (Handbüchlein, 17) In gleichem Sinne fordert der römische Philosophenkaiser Mark Aurel (+ 180 n. Chr.) zur Übereignung an die Vorsehung auf, die er in das Bild der Schicksalsgöttin faßt: „Freiwillig gib dich der Parze hin, damit sie dich verflechte, in welche Verhältnisse sie will.“ (Selbstbetrachtungen IV,34)

Die stoische Lehre mit ihrem stark lebenskünstlerischen Akzent hat durchaus manche Ähnlichkeiten mit dem christlichen Glauben. Sind nicht auch wir überzeugt davon, dass Gott es ist, der unsere Wege bestimmt? Dass wir in heiliger Indifferenz die uns übertragene Aufgabe zu erfüllen haben, sei sie nun hoch oder gering? Und dass die Pläne des Herrn unserem Geist unerforschlich sind?

Tatsächlich finden sich in der Heiligen Schrift Aussagen, welche die Unergründlichkeit der göttlichen Ratschlüsse und Seines Waltens hervorheben. „Ich sah ein“, heißt es im Buch des Predigers (8,17), „dass der Mensch das gesamte Walten Gottes, das sich unter der Sonne vollzieht, nicht ergründen kann. Wie sehr er sich auch bemüht, es zu erforschen, er kann es doch nicht durchschauen. Mag auch der Weise meinen, er habe es erkannt – er kann es trotzdem nicht finden.“ Und Paulus stimmt im Römerbrief die hymnischen Verse an: „O Tiefe des Reichtums und der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind Seine Entscheidungen und wie unaufspürbar Seine Wege! Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt? Oder wer ist Sein Ratgeber gewesen? Oder wer hat Ihm zuerst gegeben, dass Er es ihm vergelten müßte? Denn aus Ihm und durch Ihn und für Ihn ist alles. Ihm die Ehre in Ewigkeit! Amen.“ (Röm 11,33-36)

Solche Schriftstellen reden aber, so sehr sie die Geheimnishaftigkeit der göttlichen Vorsehung betonen, nicht der Vorstellung eines abstrakten Weltengesetzes oder eines blinden Schicksals das Wort. Im Unterschied zur Stoa liegt der Plan nämlich im persönlichen Gott gegründet. „Die Vorsehung ist“, schreibt der heilige Thomas von Aquin, „nichts anderes als das Bild der Ordnung der Dinge, wie es in der göttlichen Vernunft lebt.“ (Quaest. quodl. XII,4) Dieses Innere Gottes bleibt uns Menschen zwar unerforschlich, doch seitdem Er sich als vertrauenswürdiger, überaus liebevoller Vater geoffenbart hat, besitzt es für uns nichts Finsteres und Bedrohliches mehr, denn wir wissen, wem wir uns glaubend anvertraut haben (vgl. 2 Tim 1,13). Und so sehen wir uns nicht, wie die Stoiker, einem verborgenen, dunklen Ratschluß gegenüber, sondern sehen diesen geborgen in Gott, in Seinem Herzen, das „von Geschlecht zu Geschlecht bedacht ist, unsere Seelen dem Tode zu entreißen und sie im Hunger zu nähren“ (Introitus vom Herz-Jesu-Fest, nach Ps. 32, Vulg.).

Deshalb auch ist der Tonfall, mit dem stoische Philosophen über die Vorsehung sprechen, so verschieden von dem der Psalmen und Weisheitsbücher des Alten Testamentes, der Bergpredigt Jesu und der Briefe des heiligen Paulus. Aussagen über einen Gott, der unseren Fuß nicht wanken läßt, sondern unser Gehen und Kommen am Tag und in der Nacht behütet (Ps 121) und ohne den kein Sperling vom Dach fällt, ja der alle Haare unseres Hauptes gezählt hat (Mt 10,29f.) – Aussagen also über die ganz persönliche Sorge des Allmächtigen in den kleinen, scheinbar unbedeutenden Belangen sucht man in den Schriften der Stoiker vergeblich.

Die Vorsehung wird uns in der Bibel also niemals wie eine unpersönliche Schicksalsmacht oder eine hochkomplexe, dabei kalte Vernunft vorgestellt, nach deren Plänen alles gleich einem Uhrwerk abläuft. Wohl betont die Offenbarung die überweltliche Macht des Schöpfers, dem ausnahmslos alles unterworfen ist. Doch zugleich unterstreicht sie immer Seine persönliche, gütige Sorge für Seine Schöpfung, für Sein Volk und für jeden einzelnen Menschen.

Und während die menschliche Freiheit gemäß stoischer Lehre von der Vorsehung nahezu erdrückt und beseitigt wird, kann sie nach christlichem Glauben trotz, ja durch die unendliche Macht und Wirksamkeit Gottes weiterbestehen. Der heilige Thomas von Aquin erklärt dazu, Gott sorge für jedes Geschöpf seiner Weise entsprechend, und da dem Menschen nun einmal der Gebrauch des Willens eigentümlich sei, nötige ihn die Vorsehung niemals dazu, das Rechte zu tun (vgl. Contra Gentiles, III,148). Gerade darin also erweist sich die Überlegenheit und Übermacht der Vorsehung Gottes, dass Er das freie Eigenwirken der Geschöpfe zuläßt und es sogar dann, wenn es sich gegen Seine Ordnung richtet, in Seine ewigen Pläne einzubeziehen weiß!

4. Hingabe an Gottes Vorsehung

Die Betrachtung dieser Zusammenhänge bewegt uns Menschen zu der einzig angemessenen, dabei sehr schlichten Konsequenz, die der geistliche Schriftsteller Jean Pierre de Caussade S.J. (+ 1751) in seinem gleichnamigen Buch auf die klassische Formel gebracht hat: „Hingabe an Gottes Vorsehung“.
Nicht das Sinnieren über verborgene Geheimnisse ist von uns verlangt. Vielmehr sollen wir uns von unserem Herrn immer neu belehren lassen (nach Mt 6,25ff.): Wer sich ganz auf die Vorsehung stützt, der braucht sich nicht gleich den Heiden und Kleingläubigen mit Gedanken über die ungewisse Zukunft herumzuplagen; der himmlische Vater weiß ja, wessen wir bedürfen, Er selbst übernimmt die Sorge für uns; und so bleibt letztlich nur die eine Sorge: „Suchet zuerst das Reich und seine Gerechtigkeit, und das andere wird euch hinzugegeben werden.“ (Mt 6,33) 

Gestützt auf die Verheißung, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht (vgl. Röm 8,28), ergibt sich so eine vollkommene Ruhe und Sicherheit. Weder Trübsal noch Bedrängnis, Verfolgung, Hunger, Blöße, Gefahr oder Schwert können uns ja von der Liebe Christi scheiden (Röm 8,35)! Hier sei an die 1935 verstorbene Dichterin Hedwig von Redern und ihre Verse erinnert, die schon vielen Menschen in schwerer Lage Trost und Zuversicht geschenkt haben:
Weiß ich den Weg auch nicht, Du weißt ihn wohl;
das macht die Seele still und friedevoll.
Ist´s doch umsonst, dass ich mich sorgend müh,
dass ängstlich schlägt das Herz, sei´s spät, sei´s früh.
 
Du weißt den Weg ja doch, Du weißt die Zeit,
Dein Plan ist fertig schon und liegt bereit.
Ich preise Dich für Deiner Liebe Macht,
ich rühm’ die Gnade, die mir Heil gebracht.

Du weißt, woher der
Wind so stürmisch weht,
und Du gebietest ihm, kommst nie zu spät;
drum wart ich still, Dein Wort ist ohne Trug,
Du weißt den Weg für mich, - das ist genug.

Solche Hingabe an Gottes Vorsehung ist eine innere Haltung mit reichen praktischen Auswirkungen. Das zeigen uns große Gestalten des Glaubens wie der heilige Joseph, der sich in höchster Gefahr für die Heilige Familie gänzlich der Führung des Himmels überließ, und der heilige Cajetan von Thiene (+ 1547), Mitbegründer des Theatinerordens, der seinen Brüdern jegliche Sorge für zeitliche Güter, ja sogar das Betteln untersagte und dafür andauernd das Eingreifen der Vorsehung erfahren durfte; Leuchten unserer Religion wie die heilige Theresia von Lisieux (+ 1897), die allein das Heute aus Gottes Hand annehmen und sich keine Gedanken über das Morgen machen wollte, und der heilige Papst Pius X. (+ 1914), der in der Not der Kirche beständig die Kraft seines Leitspruchs „Deus providebit – Gott wird sorgen“ erlebte.

„Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen!“ Dieses Wort des heiligen Don Bosco (+ 1888) beschreibt prägnant, wozu die Hingabe an Gottes Vorsehung schlußendlich führt. Fern von der Anmaßung eines Vorsehungswahns à la Hitler und fatalistischen Vorsehungsvorstellungen der Stoiker, befreit sie den Menschen nicht nur von drückenden Sorgen und Ängsten, sondern auch vom Schwergewicht seines Ich. Wer Gott vertraut, der kann sich leicht nehmen! Und so wird ihn die Vorsehung sicher durch das Leben führen und ihn hoffnungsfroh der ewigen Heimat entgegenschweben lassen.


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Herr, wie Du willst, soll mir gescheh'n,
und wie Du willst, so will ich geh'n,
hilf Deinen Willen nur versteh'n.

Herr, wann Du willst, dann ist es Zeit,
und wann Du willst, bin ich bereit,
heut und in alle Ewigkeit.

Herr was Du willst, das nehm ich hin,
und was Du willst, ist mir Gewinn,
genug, dass ich Dein Eigen bin.

Herr, weil Du's willst, drum ist es gut
und weil Du's willst, drum hab' ich Mut,
mein Herz in Deinen Händen ruht.


Pater-Rupert-Mayer-Gebet




Freitag, 2. Mai 2014

Die Freiheit zur Umkehr

Du aber, Menschensohn, sag zum Haus Israel: Ihr behauptet: Unsere Vergehen und unsere Sünden lasten auf uns, wir siechen ihretwegen dahin. Wie sollen wir da am Leben bleiben? Sag zu ihnen: So wahr ich lebe - Spruch Gottes, des Herrn -, ich habe kein Gefallen am Tod des Schuldigen, sondern daran, dass er auf seinem Weg umkehrt und am Leben bleibt. Kehrt um, kehrt um auf euren bösen Wegen! Warum wollt ihr sterben, ihr vom Haus Israel?

Du aber, Menschensohn, sag zu den Söhnen deines Volkes: Den Gerechten wird seine Gerechtigkeit nicht retten, sobald er Böses tut. Und der Schuldige wird durch seine Schuld nicht zu Fall kommen, sobald er sein schuldhaftes Leben aufgibt. Der Gerechte aber kann trotz seiner Gerechtigkeit nicht am Leben bleiben, sobald er sündigt. Wenn ich zu dem Gerechten sage: Du wirst am Leben bleiben!, er aber im Vertrauen auf seine Gerechtigkeit Unrecht tut, dann wird ihm seine ganze (bisherige) Gerechtigkeit nicht angerechnet. Wegen des Unrechts, das er getan hat, muss er sterben.

Wenn ich aber zu dem Schuldigen sage: Du musst sterben!, und er gibt sein sündhaftes Leben auf, handelt nach Recht und Gerechtigkeit, gibt (dem Schuldner) das Pfand zurück, ersetzt, was er geraubt hat, richtet sich nach den Gesetzen, die zum Leben führen, und tut kein Unrecht mehr, dann wird er gewiss am Leben bleiben und nicht sterben. Keine der Sünden, die er früher begangen hat, wird ihm angerechnet. Er hat nach Recht und Gerechtigkeit gehandelt, darum wird er gewiss am Leben bleiben.

Die Söhne deines Volkes aber sagen: Das Verhalten des Herrn ist nicht richtig. Dabei ist gerade ihr Verhalten nicht richtig. Wenn der Gerechte seine Gerechtigkeit aufgibt und Unrecht tut, muss er dafür sterben. Und wenn der Schuldige sein sündhaftes Leben aufgibt und nach Recht und Gerechtigkeit handelt, so wird er deswegen am Leben bleiben. Ihr aber sagt: Das Verhalten des Herrn ist nicht richtig. Doch ich werde euch richten, ihr vom Haus Israel, jeden nach seinem Verhalten.


Samstag, 12. April 2014

Ehe, Ordensprofess und Priesterweihe: Endgültige Entscheidung

Wie soll sich denn ein Mann – oder besser: ein Jüngling – von 25 Jahren, dem kirchenrechtlichen Mindestalter, endgültig für den Priesterberuf mit allen seinen Konsequenzen entscheiden können? Fehlt es ihm für einen derartigen Schritt nicht an der nötigen Erfahrung? Und was, wenn ihm am Tag nach der Weihe die Frau seines Lebens begegnen würde…? Man kann eine ähnliche Frage auch im Hinblick auf junge Brautleute stellen: Gerade erst – oder nicht einmal – 25 Jahre alt, und schon ein Ja-Wort wagen, das dann binden soll, „bis das der Tod euch scheidet“? Vielleicht lernt man doch später, älter und reifer geworden, einen Menschen kennen, zu dem man eine weitaus tiefere Liebe empfindet, der eine bessere Ergänzung und größere Bereicherung für das eigene Leben darstellt als der Ehepartner – und was dann? 

Freilich fällt es schwer, ein Alter anzugeben, in dem diese Möglichkeit gänzlich ausgeschlossen wäre. Ist man mit 30, 40 oder erst mit 50 Jahren zu einer letzten Verbindlichkeit fähig? Oder überhaupt nie? Das ist die Meinung vieler unserer Zeitgenossen. Sie sagen: Weil wir uns im Strom der Zeit unablässig wandeln und unsere einzige Beständigkeit in der Unbeständigkeit liegt, deshalb macht die Vorläufigkeit allen Erkennens und Erlebens offensichtlich unsere Existenz aus. Und deshalb ist es eine illusorische Vorstellung, dass sich zwei Menschen ein für allemal in der Ehe miteinander verbinden oder dass jemand sich gültig für den geistlichen Stand mit seinen „ewigen Gelübden“, für den Priesterberuf mit seinen Zölibats- und Gehorsamsversprechen entscheiden kann. 

Die Argumentation gegen eine letztverbindliche Wahl erfährt auch soziologische Schützenhilfe: Früher, so sagt man, bestand noch ein sozialer Rahmen, der den Ehen und dem geistlichen Stand von aussen her Festigkeit verlieh, weil Scheitern damals als Schande galt und gesellschaftliche Ächtung nach sich zog. Mittlerweile ist das aber ganz anders geworden, und das Rad der geschichtlichen Entwicklung lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Glücklicherweise nicht, fügt man hinzu; denn die heutige Situation wird ja, indem sie die Freiheit der einzelnen Person betont, der Würde des Menschen viel besser gerecht als die repressiven Systeme alter Zeiten… 

Was ist dazu zu sagen? Zunächst ist es wahr, dass man in jungen Jahren – und ebenso in vorgerücktem Alter – manche unausgegorene Wahl treffen kann und wohl auch tatsächlich trifft. Erfreulich, wenn sie sich im nachhinein noch abändern und sogar rückgängig machen lässt. Oft aber liegen solche Entscheidungen, einmal gefällt, außerhalb unserer Verfügungsgewalt. Das gilt vor allem von den wichtigen Weichenstellungen in jungen Jahren, die naturgemäß den Radius unserer Wahlfreiheit einschränken und dadurch dem gesamten Leben seine Richtung geben. Als Beispiel möge ein reich begabtes Kind dienen, das sich im Alter von sechs Jahren durchaus noch zum bedeutenden Atomphysiker, zum Staranwalt oder zum Konzertpianisten entwickeln könnte. Wird es aber von den Eltern frühzeitig auf die musikalische Bahn geführt und setzt es selbst aus freiem Willen seine Zeit und Energie für die Perfektionierung des Klavierspiels ein, dann schwinden die anderen Möglichkeiten nach und nach dahin, und mit 20 Jahren ist es für die Karriere als Atomphysiker oder Anwalt einfach zu spät. 

Ohne Zweifel ist es der Wille des Herrn unseres Lebens, dass wir die Freiheit, die er uns eröffnet, in fruchtbarer Weise nutzen. Das aber kann nicht gelingen, wenn wir uns alle Möglichkeiten offenlassen möchten und dafür, anstatt einen Weg einzuschlagen, auf der Stelle stehenbleiben. Sicherlich erfordern wichtige und folgenreiche Entscheidungen eine gute Überlegung, kompetenten Rat und vor allem Licht und Kraft von oben. Doch ist es nicht einzusehen, weshalb ein junger Mensch noch nicht dazu befähigt sein sollte. Gerade wenn er sich um Gottverbundenheit bemüht, sich von erfahrenen Personen etwas sagen lässt und die Geister, welche ihm Seele und Herz bewegen, aufrichtig prüft, sollte er es bis zu einem hohen Gewissheitsgrad bringen können, dies insbesondere in Dingen, die für die Sinngebung des ganzen Lebens von Gewicht sind. Also vor allem im Bereich der Wahl des Berufes und des Partners. 

Nicht der Mangel an Alter und Lebenserfahrung ist das eigentliche Problem, sondern die fehlende Vorbereitung – man denke an die Art der Ehevorbereitung in vielen kirchlichen Einrichtungen! –, die Unüberlegtheit und das geringe Vertrauen in Gottes Vorsehung. Wer sich von Ihm geführt weiß, dem ist klar, dass ihm nicht nach erfolgter Diakonenweihe (die ja den künftigen Priester bereits zum Zölibat verpflichtet) die „Frau seines Lebens“ begegnen oder nach der Hochzeit ein besserer Partner über den Weg laufen wird. Und wie herrlich ist es doch, wenn gerade ein junger Mensch schon Gott seine ganze Freiheit schenkt… 

P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad



Hinweise:


- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers

- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)
- Foto: Ablegen des Ordensversprechens; Benediktinerabtei Le Barroux (F)

Mittwoch, 19. Februar 2014

Warum man nicht nur vor Gott, sondern vor einem Priester der Kirche seine Sünden bekennen muss

Das neue Leben in Christus, das wir durch die Sakramente der christlichen Initiation empfangen haben, kann durch die Gebrechlichkeit der menschlichen Natur geschwächt werden, ja durch die Sünde sogar verloren gehen. Daher stellte Papst Franziskus in seiner Katechesenreihe zu den Sakramenten am heutigen Mittwoch vor über 20.000 Pilgern und Besuchern die Sakramente der Beichte und der Krankensalbung — Sakramente der Heilung — in den Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit und beschäftigte sich mit dem Bußsakrament.

„Wenn ich zum Beichten gehe, so tue ich das, um mich zu heilen“, so Franziskus: „um die Seelen zu heilen, um das Herz zu heilen von etwas, das ich getan habe, das nicht in Ordnung ist“. Das biblische Bild, das dies am Besten zum Ausdruck bringe, sei das der Heilung des Gelähmten, wo sich Jesus gleichzeitig als Heiler des Leibes und der Seele zeige.

Christus habe der Kirche, die sein Heilswerk fortsetze, diese beiden Sakramente der Heilung gegeben. Im Sakrament der Buße und der Versöhnung „erlangen wir die Vergebung der Sünden“. Diese sei nicht Frucht unseres Mühens, sondern Gabe des Heiligen Geistes, der uns in die Barmherzigkeit und Gnade eintauche, „die vom geöffneten Herzen des gekreuzigten Christus ausströmt“.

Dies geschehe in der Gemeinschaft der Gläubigen, der Kirche, wo der Heilige Geist gegenwärtig sei. Daher genüge es nicht, den Herrn bloß still im Herzen um Vergebung zu bitten. Es sei notwendig, die eigenen Sünden dem Diener der Kirche zu beichten. Der Priester „vertritt dabei nicht nur Gott, sondern die Gemeinschaft der Kirche, die dem Beichtenden Versöhnung schenkt und ihn auf dem Weg der Umkehr begleitet.

„Einer könnte sagen: ich beichte nur vor Gott’“, so der Papst: „Ja, du kannst zu Gott sagen: ‚Vergib mir‘ und ihm deine Sünden bekennen. Aber unsere Sünden sind auch gegen unsere Brüder, gegen die Kirche, und deshalb ist es notwendig, in der Person des Priesters die Kirche und und die Brüder um Vergebung bitten“.

Die damit verbundene Scham sei gut, „es ist gesund, sich ein bisschen zu schämen. Die Scham tut uns gut, weil sie uns demütiger macht. Und der Priester empfängt voll Liebe und Zärtlichkeit diese Beichte, und im Namen Gottes vergibt er“. Das Schöne der Beichte sei, dass man danach frei, „weiß und glücklich“ sei.

Franziskus rief alle dazu auf, in sich auf die Frage zu antworten: „Wann war meine letzte Beichte? Vor zwei Tagen — zwei Wochen — zwei Jahren — zwanzig Jahren — vierzig Jahren?“. Und wenn viel Zeit vergangen sei, dürfe kein Tag mehr verloren werden: „Geh zum Priester, der gut sein wird. Jesus ist dort, und Jesus ist gütiger als die Priester, Jesus empfängt dich. Er empfängt dich mit so viel Liebe. Sei mutig, und geht zum Beichten!“.

Allzu oft werde dieses Sakrament vergessen oder beiseite geschoben: aus Bequemlichkeit, aus eben dieser Scham oder wegen eines fehlenden Sündenbewusstseins, dem ein mangelndes Gottesbewusstsein zugrunde liege: „Wir machen uns selbst zum Maß der Dinge, verschließen uns gegenüber Gott und den Mitmenschen, und unser Gewissen stirbt letztlich ab“, so der Papst, der dazu aufrief, häufiger den Schatz zu nutzen, den der Herr seiner Kirche im Bußsakrament anvertraut habe.

Abschließend erinnerte Franziskus an das Gleichnis vom verlorenen Sohn, der so viel Schuld auf sich geladen und so viel Scham im Herzen gehabt habe: „Und die Überraschung war, dass der Vater, als dieser zu reden begann und um Vergebung bitten wollte, ihn nicht ausreden ließ: er hat ihn umarmt, er hat ihn geküsst und ein Fest gefeiert. Ich sage euch: jedes Mal, wenn wir zur Beichte gehen, umarmt uns Gott“.


Papst Franziskus bei der Generalaudienz am 19.02.2014; Zusammenfassung von Armin Schwibach; hier der Original-Wortlaut der Katechese des Heiligen Vaters in deutscher Übersetzung)


Weiteres zum Thema "Beichte/ Umkehr":

Donnerstag, 12. Dezember 2013

Die Macht und Freiheit des Menschen: Gott hat uns ohne uns erschaffen, doch er befreit uns nicht ohne uns


Fortsetzung (Teil 3) des Gebetes der hl. Katharina von Siena zum Geheimnis der Menschwerdung Gottes (Mariä Verkündigung):

O Maria, schau dieses Wort, wie es dir anvertraut wird und dir einwohnt! Trotzdem bleibt es nicht vom Vater getrennt, so wie auch das Wort, das der Mensch im Geiste bildet, keineswegs aufhört, im Innern zu sein, obgleich es nach außen anderen mitgeteilt wird. Darin zeigt sich die Würde des Menschen, für den Gott so viele große Dinge getan hat.

In dir, o Maria, zeigt sich die Macht und Freiheit des Menschen. Nach der Beratschlagung des erhabenen göttlichen Ratschlusses wurde der Engel zu dir gesandt, um dir das Geheimnis des göttlichen Ratschlusses zu verkünden und deine Zustimmung einzuholen. Der Sohn Gottes stieg nicht eher in deinen Schoß herab, bevor du nicht mit deinem Willen zugestimmt hattest. Er wartete an der Pforte deines Willens, ob du ihm öffnen würdest, wenn er zu dir kommen wollte. 

Er wäre dort nicht eingetreten, wenn du ihm nicht geöffnet hättest, als du sprachst: "Sieh, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Worte" (Luk 1,38). Hier zeigt sich offen Macht und Freiheit des Willens, ohne den weder Gutes noch Böses zustande kommen kann. Weder ein Teufel noch ein Geschöpf kann ihn zur Todsünde zwingen, wenn er nicht will, wie auch niemand ihn nötigen kann, das Unvollkommenere zu tun, wenn er sich weigert. 

Der Wille des Menschen ist also frei, da niemand ihn weder zum Guten noch zum Bösen ohne seine Zustimmung zwingen kann.

O Maria! Die ewige Gottheit klopfte an deine Pforte. Wenn du ihr nicht die Türe deines Willens geöffnet hättest, wäre Gott nicht in dir Mensch geworden. Schäme dich also, meine Seele, wenn du siehst, wie Gott in Maria einen Bund mit dir geschlossen hat. Heute zeigt er dir, wie du nicht ohne dich gerettet wirst, wenn er dich auch ohne dich erschaffen hat. Denn heute klopft er an die Tür des Willens Mariens und erwartet, dass sie ihm öffnet.

O Maria, meine süßeste Liebe!
In dich hat sich das Wort eingeprägt, das uns die Lehre des Lebens gab. Du bist die Tafel, in die er diese Lehre eingrub.

Wie ich sehe, war dieses Wort, kaum, dass es in dich eingeschrieben war, nicht ohne heilige Begierde nach dem Kreuze. Kaum war es in dir empfangen, so wurde es schon von dem Verlangen ergriffen,  für das Heil des Menschen zu sterben, für den es in dir Fleisch annahm. Daher war es ein Kreuz für ihn, dieses Verlangen so lange Zeit zu tragen, weil er gewünscht hätte, es gleich verwirklicht zu sehen.


aus: Katharina von Siena - Gebete; Übertragen und eingeleitet von P. Dr. Joseph Maria Scheller O.P.; Albertus-Magnus Verlag Vechta i.O.; AD 1936, S. 151ff, Von Mariä Verkündigung (s. Quellen)


Teil 1, Teil 2 und Teil 4 des Gebetes



Weiteres zur und von der hl. Katharina von Siena:



Sonntag, 17. November 2013

Nicht Verderben, sondern Frieden




So spricht der Herr: "Ich denke Gedanken des Friedens, nicht des Verderbens. Ihr werdet zu mir rufen, und ich werde euch erhören. Heimführen werde ich euch aus der Gefangenschaft von überall her."

(Jer 29)


aus dem Introitus des 6. (nachgeholten) Sonntags nach Erscheinung




eigenes Foto

Samstag, 14. September 2013

Am Ende der Spaßgesellschaft?

9/11 am 10/10

Wir erinnern uns noch gut an die Ereignisse des 11. September 2001. Damals stand die Weltöffentlichkeit unter Schock. Es herrschte Einigkeit: „Nichts ist mehr so, wie es vorher war. Also kann es auch nicht weitergehen wie bisher.“ Weite Zustimmung fand die Formulierung des Schriftstellers Peter Scholl-Latour, der vom „Ende der Spaßgesellschaft“ sprach. Und der christliche Journalist Peter Hahne konnte mir seinem Buch „Schluss mit lustig. Das Ende der Spaßgesellschaft“ eine beachtliche Leserschaft erreichen.

„Spaßgesellschaft“ – diese Wortprägung hat die vorangegangenen Ausdrücke „Konsumgesellschaft“ und „Freizeitgesellschaft“ abgelöst. Insgesamt ist dasselbe Phänomen gemeint, doch „Spaßgesellschaft“ bringt die Sache besser auf den Punkt. „Freizeit“ konnte noch im Sinne des lateinischen „otium“ als „Muße“ verstanden werden, also als Freiraum für geisterfüllte und -erfüllende Betätigung und Kontemplation. „Spaß“ hingegen ruft ganz andere Gedanken wach. „Was wollen sie? Sie wollen: to live and to have a fun, gut leben und ihr Späßchen haben. Man wird Euch damit bedienen; mit Nahrung und Freizeitgestaltung, mit Kalorien und Kinos“, notierte schon in den Nachkriegsjahren der Staatsdenker Carl Schmitt.

Seit dem 11. September 2001 sollte die Spaßgesellschaft nun also am Ende sein. Beinahe hätte man es glauben können. Die perfekt inszenierte Betroffenheit über das Vorgefallene und die wirkliche Angst vieler vor neuem Terror raubte für Momente den Appetit auf spassige Häppchen. Aber wenig später war alles wieder wie gehabt. Der oberflächliche Schrecken war vergeklungen, die Verdrängungsmechanismen vertrieben die tiefersitzende Angst von der Bildfläche, das gewohnten Bedürfnis nach Fun behauptete sich neu. Dass dabei auch wirtschaftliche Interessen mit im Spiel waren, wer wollte das bezweifeln?

Also blieb alles beim Bisherigen. Zwar wurde und wird die Spaßgesellschaft gelegentlich durch spektakuläre Ereignisse, zuletzt die Bankenkrise, kurzzeitig in eine Angstgesellschaft verwandelt; denn Angst lauert ja unter der ach so lebenslustigen Oberfläche, stets bereit, zu gegebenem Anlass hervorzubrechen. Doch die räumliche und zeitliche Entfernung von katastrophalen Einbrüchen wirkt sich lindernd aus: Solange man nur andere, nicht sich selbst gefährdet sieht, findet man die Ruhe leicht wieder, und ansonsten heilt ja die Zeit alle Wunden. 

Welche Alternative hält der christliche Glaube dem Schaukeln zwischen Spass- und Angstgesellschaft entgegen? Und was sollte die Kirche als wirksame Therapie verkündigen? Dass sie auf den Plan gerufen ist, und zwar nicht als Komplizin der Spaßgesellschaft, sondern als Künderin der Wahrheit und des Heils, das ist ja klar. Doch mit welcher Botschaft?

Es kommen uns als Gegenentwurf zur Spaßgesellschaft vielleicht Ausdrücke wie „Zivilisation der Liebe“ oder – weniger klangvoll, dafür konkreter - „Verantwortungsgesellschaft“ in den Sinn. Der Nachteil solcher Entwürfe: Sie wollen die gegenwärtige Gesellschaft durch eine idealere ersetzen und müssen dafür den vielbeschworenen „Wandel des öffentlichen Bewußtseins“ bemühen. Doch wo lässt sich in den letzten Jahrzehnten ein allgemeiner Trend nach oben feststellen? Er gehört dem Wunschdenken, nicht der Realität an.

Soziale Utopien passen ohnehin nicht zu einer Religion, die um die Verwundung der Menschennatur weiß, an die Erlösung durch den Gekreuzigten glaubt und von Ihm allen Segen erhofft. Es mag ja sein, dass man heute sogar innerkirchlich als Ketzer abgestempelt wird, wenn man weniger auf den Dialog zwischen den Religionen als vielmehr auf die Kraft der Wahrheit und der Gnade setzt. Aber so entspricht es nun einmal der Heiligen Schrift: Noch immer ist den Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, in dem sie gerettet werden könnten, als der Name Jesus (vgl. Apg 4,12). Daran wird sich auch zukünftig nichts ändern.

Weil sie realistisch ist, wendet sich die Kirche weniger an „die Gesellschaft“ als an den Einzelmenschen. Ihn ruft sie heraus aus dem alten Babylon in das neue Jerusalem. Sie fordert seine Abkehr von den Götzen, den „stummen“ (vgl. 1 Kor 12,2) ebenso wie den lautstarken, geschwätzigen, plärrenden. Damit der Mensch seine unterschwellige oder beklemmend hervortretende Lebensangst besiege, heißt sie ihn das Tor zur Stadt Gottes durchschreiten. Über diesem steht zwar, nicht sehr einladend, geschrieben: „Umkehr und Buße“. Dahinter aber tut sich weit die Freiheit auf.

So ergibt sich eine Forderung, die den Grundsätzen der Spaßgesellschaft entgegengesetzt ist: Vertausche den Spaß durch Umkehr und Buße, und du wirst anstelle der bisherigen Angst bleibende Freude empfangen! Menschen solcher Freiheit und Freude bilden die lebendigen Bausteine einer höheren Gemeinschaft, die nicht von unten, aus dem Begehren des Fleisches oder aus menschlichem Wollen, sondern aus Gott stammt (vgl. Joh 1,13). Sie bleibt, wenn die Spaßgesellschaft schon längst unter den Trümmern ihrer einstürzenden Tempel begraben sein wird.



P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)
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