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Donnerstag, 11. April 2013

Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit

Im Folgenden eine Predigt des ehemaligen Kardinals Joseph Ratzinger und späteren, nun emeritierten, Papstes Benedikt XVI., die dieser am 24. September 1995 in der französischen Benediktinerabtei Sainte-Madeleine in Le Barroux im Rahmen eines von ihm zelebrierten feierlichen Pontifikalamtes im alten Ritus gehalten hat. (vgl. Informationsblatt der Priesterbruderschaft St. Petrus Nr. 55). Die Predigt wurde dokumentiert in der "Umkehr" Nr. 5, Februar 1996.


Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit (1)

Der wassersüchtige Mann des heutigen Evangeliums (Lk 14,1-11; 16. Sonntag nach Pfingsten) ist ein Bild für Adam, für den Menschen nach dem Sündenfall, für uns alle. Wer könnte heute übersehen, dass die Menschheit krank ist? Der große Optimismus der Aufklärung, nun werde in einer Zeit der sozialen und geistigen Freiheit der neue Mensch und eine glücklichere neue Welt erscheinen - dieser Optimismus hat Schiffbruch erlitten. 

Der technische Fortschritt hat die Möglichkeit zum Bösen nicht weniger vermehrt als zum Guten; aber auch jene, die von ihm begünstigt werden, sind nicht glücklicher geworden. Der Mensch ist krank. Eine innere Störung wirkt in ihm, die keiner der Ingenieure der neuen Zeit zu beheben vermag. So stehen wir erneut vor Jesus, der freilich nocht immer wie im Evangelium von einer Welle der Feindseligkeit und der Besserwisserei umgeben ist.

Worin aber besteht die Krankheit des Menschen und welches kann der Weg ihrer Heilung sein? Der zweite Teil des Evangeliums gibt uns eine erste Antwort: Die Krankheit des Menschen rührt davon her, dass er sich einen falschen Platz im Gastmahl Gottes aneignet. Sie beruht darauf, dass jeder der erste sein will und den anderen als Konkurrenten ansieht. 

Die Sünde Adams geht immer weiter, der keinen Gott über sich anerkennen, sondern selbst ein Gott sein wollte und der damit auch sein Menschsein erniedrigte, weil er die Wahrheit verkehrte; weil er die Grundbeziehung zerstörte, auf der das Gleichgewicht und die Schönheit menschlichen Lebens beruht: das Geliebtsein von Gott.

Die Sünde des Menschen ist, was die Alten Hybris nannten. Das ist mehr, als wir noch mit dem Wort Hochmut auszudrücken vermögen. Denn Hybris bedeutet mehr als eine moralische, es ist eine theologische Kategorie: Das Aufbegehren gegen Gott; die Selbstherrlichkeit, die nicht möchte, dass Gott mich sieht, weil er als Störung meiner eigenen Freiheit und meiner Größe erscheint.

Die Heilung besteht dann im Gegenteil zur Hybris; in jenem Gegenteil, das wir gewöhnlich Demut nennen. Aber auch hier sagt unser modernes Wort viel zu wenig. Was Demut wirklich ist, müssen wir von Christus her neu verstehen lernen. (weiterlesen)


(Teil 2, 3, 4, 5)

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Samstag, 24. November 2012

Die Suche nach der Wahrheit

Seit Kurzem gibt es eine neue wissenschaftliche Zeitschrift für Philosophie und Theologie:


Wissenschaftliche Zeitschrift für Philosophie und Theologie
ISSN: 2195-173X  http://aemaet.de


Aus der Info-Mail:

Die Gründung dieser Open-Access-Fachzeitschrift ist eine Initiative zur Förderung der Philosophie und der christlichen Theologie in ihrer jeweils genuinen Aufgabe. AEMAET möchte also einen kleinen Beitrag zur größeren Liebe der Weisheit und der Wahrheitsfindung leisten. »AEMAET« ist ein hebräisches Wort und kann mit »Festigkeit«, »Treue« und »Wahrheit« übersetzt werden.
AEMAET garantiert dem Leser den freien Zugriff auf alle Beiträge. Vom Autor werden keine Gebühren für die Publikation seiner Aufsätze verlangt. Jeder kann online eigene Beiträge einreichen.

AEMAET veröffentlicht Artikel und Rezensionen aus den Themengebieten der Philosophie und der Theologie. Hierdurch soll die interdisziplinäre Kommunikation im Sinne des »fides quærens intellectum« gefördert werden. Aktuell ist der erste Band erschienen hierin schreibt u. a. Prof. Dr.  Seifert über „Diktatur des Relativismus“ und dessen Widersprüchlichkeit.


Für die Herausgabe zeichnet  Raphael E. Bexten

Dienstag, 13. November 2012

Mythos Scientismus

Der Apostel Paulus nennt den Glauben ein "rationabile obsequium" einen "vernünftigen Gehorsam". Es gab in der frühen Neuzeit das Problem, dass es so schien, als ob die Vernunft, die aufgeklärte Vernunft, den Glauben unmöglich mache.

Heute ist die Situation ähnlich, nur umgekehrt: Der Scientismus, die Wissenschaftsgläubigkeit der Gegenwart, führt eigentümlicherweise dazu, dass der Vernunft nicht mehr getraut wird, d. h. so etwas wie Wahrheit soll es nicht geben; das letzte Wort soll der Relativismus sein: die Vernunft ist eigentlich ohnmächtig, die Wahrheit zu erkennen.

Jetzt sind es die Gläubigen, die paradoxerweise die Fähigkeit der Vernunft verteidigen. Wenn Sie heute jemanden finden, der mit Nachdruck die Wahrheitsfähigkeit der Vernunft behauptet, können Sie beinahe schon annehmen, dass es ein Katholik ist.

Da wo Gott geleugnet wird, bricht am Ende auch die Vernunft zusammen. Wer das am deutlichsten gesehen und ausgesprochen hat im 19. Jahrhundert war Friedrich Nietzsche. Friedrich Nietzsche schreibt einmal, "dass auch wir Aufklärer, wir freien Geister des 19. Jahrhunderts, noch unser Feuer nehmen aus dem Brand, den der Christenglaube entzündet hat - der auch der Glaube Platons war - dass Gott die Wahrheit, dass die Wahrheit göttlich ist".

Und dann sagt Nietzsche: Wenn dieser Glaube an die Göttlichkeit der Wahrheit schwindet, dann zerstört sich die Aufklärung selbst - denn die Aufklärung war angetreten mit dem Pathos der Wahrheit. Sie will die Menschen aufklären darüber, wie es in Wirklichkeit ist.

Nietzsche sagt: Und wenn es dann Gott nicht gibt, gibt es keine Wahrheit, sondern es gibt nur die individuellen Perspektiven jedes einzelnen Menschen ohne Wahrheitsanspruch - und das bedeutet die Selbstzerstörung der Aufklärung.

Dann gibt es auch keine Aufklärung mehr, sondern an die Stelle tritt dann ein Zeitalter neuer Mythen, eine Abdankung des Denkens, ein Zusammenbruch des Denkens - weil: entweder ist das Universum und ist der Mensch ein Wesen, hinter dem eine Absicht steht oder es ist alles ein Zufallsprodukt. Dann ist aber auch unser Denken ein Zufallsprodukt und hat mit Wahrheit garnichts zu tun.

Der Philosoph Robert Spaemann im Gespräch mit Radio Vatikan
(Das ganze Interview kann man HIER nachhören und HIER nachlesen.)

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Das Dasein eines Schöpfers zu leugnen, ist größerer Unsinn als der finsterste Aberglaube.

Gottfried Keller

Freitag, 20. Januar 2012

Der kämpfende Mensch (2)

Josef Seifert

Fortsetzung, Teil 2
Leugnung des Gegensatzes zwischen Gut und Böse

Wie auf dem Gebiet der Erkenntnis, so ist heute auch auf dem Gebiet der Sittlichkeit eine völlige Aufweichung festzustellen. Auch hier werden klare Gegensätze und die Pflicht zum Kampf  nicht mehr anerkannt.

Ein Redakteur, der am "Rheinischen Merkur" arbeitete, sagte mir gelegentlich, über gewisse Themen, etwa über den Kampf gegen die Versuchung, könne er kaum noch sprechen oder schreiben; so etwas werde als völlig altmodisch belächelt.

Man entwirft Theorien, die Gut und Böse nicht mehr als Urgegensätze betrachten, man glaubt, sie in eine höhere Einheit, in eine "neuen Ethik" integrieren zu können. Der Mensch muß sich selbst mit seinem "Positiven" und "Negativen" (seinem eigenen "Schatten" in der Jungschen Sprache) in ein den Dualismus zwischen Gut und Böse überwindendes einheitliches Menschenbild "integrieren".

Wohl spricht man noch vom "sogenannten Bösen", das von Konrad Lorenz auf den Agressionstrieb reduziert wird; diesen Trieb, der in jedem Menschen wirkt, nimmt man als etwas Naturgegebenes und Selbstverständliches hin, ohne daß man beim Begriff der Agression überhaupt einen Unterschied macht zwischen berechtigtem und notwendigem Kampfgeist und böser Agressivität.

Aber das Resultat (das man in anderer Weise auch bei Heidegger findet, in seinem Begriff der "Eigentlichkeit") ist dies, daß Gut und Böse keine letzten, keine Ur-Gegensätze sind, die den Menschen zum Kampfe verpflichten: dem Bösen abzusagen und allem Guten tapfer anzuhangen; daß er vielmehr einfach positive und negative Züge in sich vorfindet, die herausgelassen werden müssen.
Sie brauchen nur an das "sensitivity training" oder an "gruppendynamische " Schulungen zu denken, bei denen man alle Erlebnisse, seien sie gut oder schlecht, wie selbstverständliche, wertneutrale Fakten auspackt und sich ausleben läßt.

Man behauptet, jeder Kampf in uns zwischen Gut und Böse führe ja nur zu Verdrängungen, zu Neurosen, zu guter Letzt sogar zu Psychosen, zu negativen Erscheinungen also, die bis jetzt die Entwicklung des abendländischen Menschen beherrscht hätten.

Kein Gegensatz zwischen wahrem Glauben und Irrlehre?

Vor allem aber wird der Kampf auch, und das ist in unserem Rahmen das zentralste Thema, auf dem Gebiet der Religion entwertet und verdrängt. Man hat keinen Sinn mehr für das, wofür so viele Märtyrer in den christlichen Jahrhunderten gestorben sind: für den letzten Ernst des Gegensatzes zwischen Glauben und Irrglauben; man meint, ein Dogma sei ebenso relativ wie jede andere Meinung, also vielleicht überhaupt nicht wahr; ja, Hans Küng geht soweit zu sagen, ein Dogma grenze mehr als jede andere menschliche Aussage an den Irrtum, weil es sich polemisch gegen eine andere These stellt.

So entsteht also die Vorstellung, daß alle Dogmen, alle Anathemata und die darin erscheinende Ablehnung von religiösen Irrtümern nur Ausdruck eines lieblosen Verketzerns seien, das die verschiedenen Seiten der Wahrheit isoliert und Unfrieden stiftet.

Vor allem aber will man nichts mehr hören von einem letzten, metaphysischen Gegensatz und Kampf zwischen Gott und Satan. Eine personale Macht des Bösen, der Teufel existiert nicht.

Sie haben sicher alle von dem Buch des "katholischen" Theologen Haag, "Abschied vom Teufel" gehört: nach ihm ist der Teufel nur eine "Personifizierung", aber keine Person - was übrigens schon der Holländische Katechismus behauptet hat - ; nach der Leugnung von Hölle und Teufel wird als Gegenspieler des Teufels auch Gott als ewiger, der Geschichte transzendenter Gott geleugnet; so nimmt Friedrich Heer schon von "Himmeln und Höllen" Abschied; erst recht werden der Erzengel Michael oder überhaupt die heiligen Engel im heutigen religiösen Denken weitgehend übergangen oder ausdrücklich abgeleugnet.

Aber selbst Menschen, die an keinem Dogma zweifeln, verschließen vielfach die Augen vor der Notwendigkeit des Kampfes gegen den Irrtum, die ja logisch nur aus dem Glauben an Dogmen folgt.

Nicht selten begegnet man auf geistigem Gebiet eier Vogel-Strauß-Politik, wie man sie sich auf politischem Gebiet nur schwer vorstellen kann: man gleicht einem Generalstab, der vom Eindringen des Feindes, etwa durch einen Spionagedienst oder durch Luftlandetruppen im Hinterland, einfach keine Notiz nimmt; unvorstellbar, daß ein General die Bombardierung einer Stadt als Zufall, als ein im Dialog zu klärendes Mißverständnis ansähe.

Aber in der Kirche gibt es heute solche Dinge: die furchtbarsten Einbrüche eines zum letzten entschlossenen "bösen Feindes" will man einfach nicht mehr sehen. So erfolgreich hat sich der seit der Aufklärung datierende Trend durchgesetzt.

Dazu gehört etwa, daß ein führender Reformer, der für die neue Liturgie weitgehend mitverantwortlich ist, erklären konnte, der ganze Unfug der exorzistischen Riten müsse völlig aus der Liturgie verschwinden.

Um sich klarzumachen, wie weit diese Vernebelung der Fronten, diese Vertuschung des Kampfes zwischen Himmel und Hölle gediehen ist, braucht man nur daran zu erinnern, daß dieses Thema heut in Katechese und Verkündigung geradezu tabu ist.


Fortsetzung folgt

Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 1)    (bitte HIER klicken!)
Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 3)    (bitte HIER klicken!)
Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 4)    (bitte HIER klicken!) 
                                                                 ( Teil 5)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 6)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 7)    (bitte HIER klicken!)
                                                    ( Teil 8, Schluß)    (bitte HIER klicken!) 


Über den Philosophen Josef Seifert (geb. 1945) bei wikipedia (bitte HIER klicken!)

(Hervorhebungen durch Administrator)
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