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Dienstag, 25. März 2014

DvH 5: Barmherzigkeit

Fortsetzung von hier (4. Teil)

5. und letzter Teil

Weitere Antithesen zur Barmherzigkeit

Der pharisäische Typus

Endlich bietet die Haltung dessen einen spezifischen Gegensatz zur Barmherzigkeit, der alle sittlichen Verpflichtungen nur so weit anerkennt, als sie irgendwie juridisch fassbar sind. Er wird sich um einen Menschen, der seiner Obhut formell anvertraut ist, vielleicht mit großem Eifer bekümmern, der ihm nicht Anvertraute existiert hingegen nicht für ihn. Es ist der korrekte Typus, der vor seinem eigenen Gewissen als tadellos dasthehen will, der sich sonnt im Bewusstsein, alles, was man nach strengen Maßstäben einer legalen Gerechtigkeit verlangen kann, erfüllt zu haben.

Aber dies genügt ihm vollauf. So weit und keinen Schritt weiter. Er hat kein wirkliches Interesse an der Verwirklichung eines Wertvollen, keine wirkliche Liebe zum Nächsten, sondern nur das im Grunde hochmütige Interesse, seine Pflicht erfüllt zu haben, vor sich selbst als korrekt dazustehen. Wenn er einen Fremden im Elend sieht, wird er sagen: "Das geht mich nichts an, ich habe es ja nicht übernommen, für ihn zu sorgen." Ja, er wird einen Menschen neben sich ruhig ins Verderben rennen lassen, ohne einzugreifen, mit der Begründung: "Ja, hätte man mir die Sorge um ihn anvertraut, dann wäre es nicht so weit gekommen." Er wird nie eine Schuld nachlassen, fühlt er sich doch im Recht. Und wer kann von ihm verlangen, dass er auf sein gutes Recht verzichte?

 Der bürokratische Typus

Neben diesem pharisäischen Typus, der im Grunde nur für seine eigene Korrektheit interessiert ist und nie für einen Wert als solchen oder für das Wohl eines anderen Menschen, gibt es noch den Menschen, der ohne Selbstgefälligkeit so in die reine Rechtskategorie verliebt ist, dass er für ein Hinausgehen über das rechtlich Gebotene kein Verständnis hat.

Es ist dies der kühle, bürokratische Typus, der alles, soweit es rechtlich verpflichtend ist, mit größter Hingabe erfüllt, aber nie darüber hinausgeht. Er stellt von vornherein nur die Frage: "Gehört dies zu meinen formellen Verpflichtungen?" - und er wird auch nie wegen des Elends eines anderen auf ein Recht verzichten, weil er sich nicht dazu verpflichtet fühlt. Es ist die Haltung, die in dem Sprichwort "summum ius, summa iniuria", "höchstes Recht, höchste Ungerechtigkeit" ihren Ausdruck findet.

Der Barmherzige ist großmütig, sieht alles in Gott und ist selber frei

Der Barmherzige überspannt nicht den Unterschied zwischen dem, was streng verpflichtend und dem, was nicht streng verpflichtend ist. Nicht als ob er die Verpflichtungen nicht ganz ernst nähme; aber sie stellen in keiner Weise eine Grenze dar für seine Zuwendung.

Die Barmherzigkeit findet sich nur bei denen, die alles "in conspectu Dei" sehen, die in voller Wachheit alles mit übernatürlichen Maßstäben betrachten. Sie setzt ferner eine innere Gelöstheit voraus, ein Aufgeschmolzensein unseres Herzens.

Jede Narbe, jede Verhärtung infolge eines Erlebnisses, das wir nicht vor Gott geordnet haben, unterbindet das Strömen der Barmherzigkeit.  Ja alle Art der inneren Unfreiheit - z. B. das Befangensein in Angst oder im Ekel oder in einer Kränkung oder Beleidigung oder in einer zu großen Präokkupation - bildet ein Hindernis für die Barmherzigkeit. Denn jede Unfreiheit macht uns befangen und raubt uns jenes "Über-der-Situation-Stehen", das von der Barmherzigkeit vorausgesetzt wird.

Nur derjenige, der jene übernatürliche Souveränität erlangt hat, die aus der wahren Freiheit fließt, die den auszeichnet, der nur das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit sucht, der nichts von der eigenen Kraft, sondern alles von Gott erwartet, kann an dieser spezifisch göttlichen Tugend der Barmherzigkeit teilhaben.

Nur derjenige, bei dem die engen Grenzen des Eigenlebens gesprengt sind und der aus Christus lebt in jener restlosen Geöffnetheit und Wachheit, kann wirklich auf die fremde "miseria" eingehen und über alles Mitleid hinaus jenen Gestus der gütigen, sich herabneigenden Liebe vollziehen, die den im Elend Befindlichen einen Hauch von der Liebe Gottes verspüren lässt und ihn aus seinem Elend emporzieht.

Nur der Demütige kann Barmherzigkeit üben

"De stercore erigens pauperem: ut collocet eum cum principibus, cum principibus populi sui", "den Armen hebt er aus dem Kot: um ihn zu setzen neben Fürsten und neben Edle seines Volkes" (Ps 112,7). Und diese heilige Souveränität setzt zutiefst die Demut voraus. Nur der Demütige ist wirklich aufgeschmolzen und frei von jeglicher Verhärtung.

Die generelle Bedeutung, die die Demut als Voraussetzung für die Teilhabe am göttlichen Leben besitzt, offenbart sich hier in besonderer Weise. Diese höchste geschöpfliche Tugend ist das unerlässliche Fundament dafür, dass wir an jener spezifisch göttlichen Tugend teilhaben dürfen. Wir müssen uns selbst absterben, damit die Barmherzigkeit Christi uns erfüllen kann. Wir müssen mit dem hl. Johannes dem Täufer sprechen: "Ille autem opportet crescere, me autem minui", "Er muss wachsen, ich aber abnehmen" (Joh 3,30).

Die Barmherzigkeit ist eine spezifisch übernatürliche Tugend, die nur bei dem erblühen kann, der aus Christus lebt. Sie ist darum wie kaum eine andere Tugend ein untrügliches Stigma des Lebens aus Christus. Die Frage, ob wir barmherzig waren, muss darum in unserer Gewissenserforschung eine entscheidende Rolle spielen. Wie viele Gelegenheiten zur Barmherzigkeit versäumen wir, wie oft gehen wir, wie der Pharisäer, vorüber an dem Verwundeten, befangen in unseren Angelegenheiten, begrenzt durch unsere Unfreiheit!

Und doch müssten wir dieser Tugend am meisten eingedenk sein, von der wir ja stündlich leben. Wir leben von der Barmherzigkeit Gottes, sie durchsetzt unser ganzes Leben, sie ist die Ur-Wahrheit, auf der das ganze Sein des Christen ruht.

"Quoniam in aeternum misericordia eius", "denn ewig währet seine Barmherzigkeit" (Ps 135,1). Ja, das Licht, von dem der Psalmist sagt: "Signatum est super nos lumen vultus tui, Domine", "das Licht Deines Antlitzes ist wie ein Zeichen aufgerichtet über uns" (Ps 4,7), ist die Barmherzigkeit dessen, der "seine Sonne über Gute und Böse aufgehen lässt" und der "seines eigenen Sohnes nicht schonte", um uns zu erlösen.

Der Weg, barmherzig zu sein

Der Weg, barmherzig zu werden, ist das ständige Bewusstsein, dass wir von Barmherzigkeit umgeben sind, dass sie die Luft ist, die wir als Kinder Gottes atmen. Die Barmherzigkeit dessen, von dem die Kirche sagt: "In caritate perpetua dilexit nos Deus, ideo, exaltatus a terra, attraxit nos ad Cor suum, miserans", "mit ewiger Liebe liebte uns der Herr, daher zog er uns, erhöht von der Erde, an sein Herz, voll Erbarmung" (Offizium vom heiligsten Herzen Jesu), muss unser Herz durchbohren und umwandeln, muss uns in den Bannkreis seiner alles durchbrechenden, alle Ketten sprengenden sanften Gewalt ziehen, vor der alle Maßstäbe der Welt zerbrechen.

Denn nur in dem Maß, als wir selbst barmherzig werden, können wir auch die Früchte seiner Barmherzigkeit ernten, können wir das letzte Wort seiner Barmherzigkeit einst verkosten, "das kein Auge gesehen und kein Ohr vernommen hat und das in keines Menschen Seele gedrungen ist" (1 Kor 2,8), gemäß dem Wort des Paternoster: Dimitte nobis debita nostra, sicut et nos dimittimus debitoribus nostris", "vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern."


Beati misericordes: quoniam ipsi misericordiam consequentur.
Selig die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

 
(Zwischenüberschriften eingefügt von FW)

Teil 1, 2, 3, 4


aus: Dietrich von Hildebrand, Gesammelte Werke X - Die Umgestaltung in Christus; Verlag Josef Habbel Regensburg/ W. Kohlhammer Stuttgart; AD 1971; S.296-298;  (s. Quellen)



Montag, 12. August 2013

Politik und christliche Werte - Zu Äußerungen von Erzbischof Zollitsch zur "Alternative für Deutschland" (AfD)

Vor wenigen Tagen hatte der Erzbischof von Freiburg und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Dr. Robert Zollitsch, in einem Zeitungsinterview öffentlich geäußert, er wünsche, dass eine bestimmte, namentlich genannte Partei, ("Alternative für Deutschland (AfD)") bei der Bundestagswahl am 22. September 2013 an der Fünf-Prozent-Klausel scheitern und nicht in das Parlament einziehen solle. Seine Begründung: „Unsere Zukunft liegt in Europa und nicht in der Rückkehr in die Nationalstaaten.“ Er nannte die politisch engagierten Mitglieder der Partei "ein paar Nostalgiker" und begründete seine politische Überzeugung über die Alternativlosigkeit der europäischen Währungsunion mit dem Satz: „Denn der (Anm.: Euro) zwingt uns, weiter zusammenzukommen.“

Die Empfehlungen und politischen Vorstellungen des Freiburger Oberhirten lösen indessen bei Christen Befremden aus. In einem Video-Interview zu seinem 75. Geburtstag mit einem Vertreter der "Katholischen Nachrichten-Agentur" (KNA) freute er sich darüber, dass Angela Merkel inzwischen Positionen vertrete, die vor einigen Jahren noch die SPD vertreten hätte. Und zur Wählbarkeit der Partei Bündnis 90/ DIE GRÜNEN zitiert im August 2011 “ZeitOnline” die Meinung des Erzbischofs:
"Positiv äußerte sich der Freiburger Erzbischof zu den Grünen: “Auch bei den Grünen stelle ich immer wieder Übereinstimmungen mit christlichen Überzeugungen fest”, sagte Zollitsch, “da hat sich sicher einiges verändert seit den Anfängen der Grünen.” Sie seien “eine Partei, in der viele Christen sich beheimatet fühlen”.

Die Kandidatin der AfD, Beatrix von Storch, schrieb als Antwort auf die Äußerungen gegen die AfD einen offenen Brief an Erzbischof Zollitsch (freiewelt vom 09.08.2013):
Sehr geehrter Herr Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz,

von Ihnen hätten die deutschen Bürger eine Verteidigung christlicher Werte erwartet. Nun sehen sie mit Erstaunen einen katholischen Bischof, der das Einführen eines Machtstrukturprojektes dem Schutz christlicher Werte vorzieht. Sie warnen vor der Wahl der Alternative für Deutschland (AfD), nicht vor der der Piraten oder der Grünen, die – anders als die AfD – klar unchristliche Werte vertreten.

Herr Erzbischof Zollitsch, was vertritt die AfD, daß Sie so unkontrolliert gegen sie vorgehen? Für die AfD ist z.B. Familie die Keimzelle der Gesellschaft, also Vater, Mutter Kind. Die Piraten werben mit „Vater, Vater, Kind“- und sie wollen – als katholischer Bischof – daß wir scheitern? Sie missbrauchen Ihr Amt, um vor uns zu warnen?

Die Grünen wollen die Homo-Ehe. Und Sie warnen – als katholischer Bischof – nicht vor den Grünen, sondern der AfD? Was ist Ihre Aufgabe?

Die deutsche Verfassung bezieht sich auf Gott. Das dahinterstehende Menschenbild ist ein jüdisch-christliches. Die europäische Verfassung kennt keinen Gott. Das Menschenbild ist ein utilitaristisches, das den Nutzen in den Vordergrund stellt, nicht Werte. Und da sehen Sie – als katholischer Bischof – unsere Zukunft? Wo stehen Sie?

Der Euro spaltet Europa. Er bringt die Bürger und Völker gegeneinander auf. Er schafft von Tag zu Tag mehr Armut und Verzweiflung bei den Menschen. Er macht aus Nachbarn Schuldner und Gläubiger. Das ist, was Sie wollen?

Durch die sog. Euro-Rettungspolitik werden Menschen nicht gerettet. Das Gegenteil ist der Fall. Banken und Spekulanten, die Staaten erpressen und sich auf Kosten der Bürger bereichern, wird geholfen. Den Menschen im Süden geht es jeden Tag schlechter. Dem reden Sie das Wort?

Sie sagen „Unsere Zukunft liegt in Europa und nicht in der Rückkehr zu den Nationalstaaten“. „Rückkehr zu den Nationalstaaten“? Sind die denn schon abgeschafft? Von wem? Die Souveränität zur Abschaffung Deutschlands liegt ausschließlich beim deutschen Volk, nicht bei den Abgeordneten. Die Abgeordneten haben unsere Souveränität nur auf vier Jahre verliehen bekommen. Nach den vier Jahren fällt die Souveränität an den Bürger zurück. Und in der Zwischenzeit kann kein Politiker diese Souveränität an Dritte abgegeben. Das garantiert uns unsere Verfassung. Die AfD steht zu dieser Verfassung. Und Sie warnen vor uns?

Sie nennen uns „ein paar Nostalgiker”, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern sollten.

Erzbischof Zollitsch, nur noch ein paar Träumer, aber vor allem die Spekulanten, Bänker, Politiker und Lobbyisten verschließen ihre Augen vor der Realität. Sie nennen uns Nostalgiker? In der Tat: wir sehnen uns nach Anständigkeit, Redlichkeit und Ehrlichkeit gegenüber den Bürgern. Wir wollen, daß die Regierungen sich an die EU-Verfassung halten. Wir wollen nicht mehr, daß Macht vor Recht geht. Wir wollen nicht, daß die Bürger und ganze Völker durch die Verschuldung in die Knechtschaft gebracht werden. Das ist Fakt in Griechenland und Zypern, Portugal und anderen Ländern. Machen Sie die Augen auf, sehen Sie die Realität an.

Sie meinen, wir brauchen den Euro, “denn der (Euro) zwingt uns, weiter zusammenzukommen.“ Der Mammon als identitätsstiftendes Bindeglied für Europa, statt gemeinsamer Werte? Europa ist nicht eine Währungseinheit durch Zwang, sondern eine Wertegemeinschaft in Freiheit, die sich auf der Identität des christlichen Abendlandes begründet. Sehen Sie das anders?

Herr Erzbischof, ist es nicht Ihre Aufgabe, sich für den Schutz christlicher Werte einzusetzen und sich um die Armen und Schwachen zu kümmern, statt sich auf die Seite von Macht und Geld zu schlagen? Bitte stellen Sie unverzüglich klar, daß Sie von den deutschen Bischöfen kein Mandat haben, öffentlich gegen die AfD Stellung zu beziehen. Gerne erwarte ich Ihre Antwort.

Die Bürger sind müde ob der Lügen, des Betruges und des Machtmissbrauches der Politik zu Lasten ihrer Freiheit und ihrer Ersparnisse. Wir, die Alternative für Deutschland, treten am 22. September 2013 dagegen zur Wahl an. Sie wollen, daß wir scheitern?

Erzbischof Zollitsch- wir werden Sie enttäuschen.


Mit freundlichen Grüßen,

Beatrix von Storch

Eine Wahl-Empfehlung ganz anderer Art gab der Metropolit von Köln, Joachim Kardinal Meisner vor wenigen Monaten im Hinblick auf das "Superwahljahr 2013". Er gab Antwort auf die Frage, welche Partei ein Katholik wählen könne (Joachim Kardinal Meisner am 05. Oktober 2012 auf der Plattform "Direkt zum Kardinal"):
Sehr geehrter Herr NN
(...)
Nur diejenigen Politiker und Politikerinnen sind für uns Christen wählbar, die sich in ihren politischen Auffassungen für die Würde des Menschen einsetzen, und zwar in seiner Unantastbarkeit und Heiligkeit von der Empfängnis im Mutterleib bis zu seinem Tod. Der Mensch darf also nicht im Mutterleib abgetrieben und auch nicht in Krankheit und Alter durch Hilfe zur Selbsttötung in anderer Form am Ende seines Lebens „abgetrieben“ werden. 
Außerdem sind nur die Politiker für einen Christen wählbar, die für die Einmaligkeit und Unvergleichbarkeit von Ehe und Familie eintreten und die für eine familienorientierte Erziehung der Kinder Sorge tragen. Ebenfalls halte ich es für selbstverständlich, dass nur solche Politiker wählbar sind, die Ehrfurcht vor Gott haben und die Zehn Gebote Gottes respektieren. 
Der Apostel Paulus gibt uns die Mahnung: „Prüft alles, und behaltet das Gute!“ (1 Thess 5,21). Das gilt auch für die nächste Bundestagswahl. Prüfen Sie kritisch die Politiker und geben Sie nur denen Ihre Stimme, die der Wirklichkeit Mensch als Ebenbild Gottes entsprechen.
Mit freundlichen Grüßen


+ Joachim Kardinal Meisner

 

Ob die im April 2013 gegründete Partei "Alternative für Deutschland (AfD)" eine Alternative zu anderen Parteien - oder auch zu der von vielen bevorzugten Option, ihre Stimme zu verweigern, aus welchen Gründen auch immer, darstellt, möge der geneigte Leser selbst beantworten...


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Benedikt XVI. zur Frage einer politisch aktiven Kirche:

"Diese politische Arbeit fällt nicht in die unmittelbare Zuständigkeit der Kirche. Die Respektierung einer gesunden Laizität – einschließlich der Vielfalt politischer Einstellungen – hat in der authentischen christlichen Tradition ihren wesentlichen Platz. Wenn die Kirche sich direkt in ein politisches Subjekt zu verwandeln begänne, würde sie für die Armen und für die Gerechtigkeit nicht mehr tun, sondern weniger, weil sie ihre Unabhängigkeit und ihre moralische Autorität verlieren würde, wenn sie sich mit einem einzigen politischen Weg und mit diskutierbaren Parteipositionen identifiziert.

Die Kirche ist Anwältin der Gerechtigkeit und der Armen, eben weil sie sich weder mit den Politikern noch mit Parteiinteressen identifiziert. Nur wenn sie unabhängig ist, kann sie die großen Grundsätze und unabdingbaren Werte lehren, den Gewissen Orientierung geben und eine Lebensoption anbieten, die über den politischen Bereich hinausgeht.

Die Gewissen zu bilden, Anwältin der Gerechtigkeit und der Wahrheit zu sein, zu den individuellen und politischen Tugenden zu erziehen – das ist die grundlegende Berufung der Kirche in diesem Bereich. Und die katholischen Laien müssen sich ihrer Verantwortung im öffentlichen Leben bewußt sein; sie müssen in der notwendigen Konsensbildung und im Widerstand gegen die Ungerechtigkeiten präsent sein."

Ansprache am 13.05.2013 in Aparecida zur Eröffnung der Generalversammlung der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik



Weiteres zum Thema "Wahlen":
Welche Politiker kann man als Christ wählen?

Freitag, 23. März 2012

Relativismus und wahre Erziehung


(...) Die Freiheit ist ein kostbarer, aber heikler Wert; sie kann mißverstanden und mißbraucht werden. „Ein besonders tückisches Hindernis für die Erziehungsarbeit stellt heute in unserer Gesellschaft und Kultur das massive Auftreten jenes Relativismus dar, der nichts als definitiv anerkennt und als letzten Maßstab nur das eigene Ich mit seinen Gelüsten gelten läßt und unter dem Anschein der Freiheit für jeden zu einem Gefängnis wird, weil er den einen vom anderen trennt und jeden dazu erniedrigt, sich ins eigene »Ich« zu verschließen.

Innerhalb eines solchen relativistischen Horizonts ist daher wahre Erziehung gar nicht möglich: Denn ohne das Licht der Wahrheit sieht sich früher oder später jeder Mensch dazu verurteilt, an der Qualität seines eigenen Lebens und der Beziehungen, aus denen es sich zusammensetzt, ebenso zu zweifeln wie an der Wirksamkeit seines Einsatzes dafür, gemeinsam mit anderen etwas aufzubauen“ [4].

Um seine Freiheit auszuüben, muß der Mensch also den relativistischen Horizont überwinden und die Wahrheit über sich selbst und die Wahrheit über Gut und Böse erkennen. Im Innern seines Gewissens entdeckt der Mensch ein Gesetz, das er sich nicht selbst gibt, sondern dem er gehorchen muß und dessen Stimme ihn zur Liebe und zum Tun des Guten und zur Unterlassung des Bösen aufruft und dazu, die Verantwortung für das vollbrachte Gute und das getane Böse zu übernehmen.[5]

Deswegen ist die Ausübung der Freiheit zuinnerst an das natürliche Sittengesetz gebunden, das universaler Art ist, die Würde eines jeden Menschen ausdrückt, die Basis seiner fundamentalen Rechte und Pflichten und also letztlich des gerechten und friedlichen Zusammenlebens der Menschen bildet. Der rechte Gebrauch der Freiheit steht also im Mittelpunkt der Förderung von Gerechtigkeit und Frieden, welche die Achtung vor sich selbst und gegenüber dem anderen verlangen, auch wenn dieser weit von der eigenen Seins- und Lebensweise abweicht.


(Hervorhebungen durch Administrator)

Dienstag, 24. Januar 2012

Der kämpfende Mensch (6)

Josef Seifert  (1975)

Fortsetzung, Teil 6

Kein Widerspruch zur christlichen Liebe

Nun hört oder spürt man heute immer wieder den Einwand:
Widerspricht Kampf und kämpferischer Geist nicht der Liebe? Ist es darum nicht völlig in Ordnung, daß man kaum noch dem Ausdruck "ecclesia militans" begegnet, daß sich die "streitende Kirche" mehr und mehr in eine Kirche der Entspannung verwandelt?

Ist die Liebe nicht das größte aller Gebote, und ist sie nicht in sich der Gegensatz zu jedem Haß und zu jedem Kampf? Ist nicht die wahre Definition des Christen: "einer, der liebt", einer, der Liebe ausstrahlt, und zwar nicht nur auf den oder jenen, sondern auf alle Menschen, nicht nur auf den "Nächsten", sondern gerade auch auf die Fernsten?

Nun, es gibt natürlich einen Haß, der mit der Liebe unverträglich ist: jenen Haß, der aus Begierlichkeit und Hochmut entspringt und sich gegen das Gute, letztlich gegen Gott richtet. Dieser Haß ist der Urgegensatz zur Caritas, zur christlichen Liebe.

Auch der Haß gegen menschliche Personen ist mit der christlichen Liebe nicht zu vereinbaren, auch dann nicht, wenn es sich um böse Menschen handelt. Es gilt: Die Sünde hassen, den Sünder lieben! Das Verbot des Hassens schließt aber nicht ein Verbot des Kämpfens ein: um das Gute durchzusetzen, muß der Christ nicht selten gegen die Parteigänger des Bösen antreten.

Aber auch hierbei muß er sich vorsehen, daß er sich nicht durch Gereiztheit, Bitterkeit, unnötige Schärfe, unrechte Mittel u. dgl. "vom Bösen überwinden läßt", sondern klug und gerecht, zuchtvoll und tapfer und immer liebend "das Böse durch das Gute überwindet."

"Interficere errorem, diligere errantem", sagt der hl. Augustinus: "Töte den Irrtum, aber liebe den, der sich irrt!"

Doch gibt es auch einen Haß, den der Christ nicht genug haben kann. Dieser Haß verträgt sich nicht nur mit der christlichen Liebe, er geht vielmehr notwendig aus ihr hervor, er ist das Nein, das einfachhin zu ihrem Ur-Ja gehört. Der Psalmist sagt: "Vos qui diligitis Deum, odite malum" ("Ihr, die ihr Gott liebt, hasset das Böse").

Die Wahrheit können wir nur lieben, wenn wir zugleich Irrtum und Lüge hassen und verabscheuen, das Gute können wir nur lieben, wenn wir das Böse hassen und von uns stoßen. Schon die Liebe zum Mitmenschen verlangt das: wir lieben ihn nur wirklich, wenn wir das Böse an ihm, das ihn ins Unglück stürzt: seine Fehler und Sünden bekämpfen, in dem Maß und in der Weise, wie es uns möglich ist.

Und schließlich: Wenn wir Gott lieben, die absolute Wahrheit und Güte, so müssen wir notwendig seinen erklärten und unbekehrbaren Feind, die "verkörperte Lüge" und Bosheit hassen. Dieser Haß gegen den Teufel ist einfach die Kehrseite der Liebe zu Gott, ist reine "Wertantwort", d. h. hier die innere Stellungnahme, die dem in sich Bösen und Verabcheuungswürdigen der teuflischen Bosheit gebührt.

Aus diesem Haß fließt das "abrenuntio" ("ich widersage") des Taufversprechens: allen Werken und aller verlockenden Pracht des Teufels sollen wir ein heiliges "Nein" entgegenstellen, das notwendig aus dem "Ja" zu Gott fließt.

Dieser Haß des Bösen geht Hand in Hand mit dem reinen Schmerz der Liebe darüber, daß Böses, Hassenswertes überhaupt existiert. Es ist sozusagen ein von Liebe durchglühter Haß, ein heiliger Haß im Sinne des Psalmisten: "Mit vollkommenen Hasse, O Gott, werde ich deine Feinde hassen."

Größte Grausamkeit: Feiges Schweigen vor Irrtum und Bosheit

Sicher ist der heute oft vernommene Hinweis richtig, daß die Ablehnung des Irrtums nicht selten mit Bitterkeit und Härte zusammengeht, daß die Ablehnung des Bösen die Liebe noch keineswegs garantiert. Aber daraus zu schließen, wir dürften nicht gegen Irrtum und Sünde kämpfen, ist eine ganz falsche Reaktion.

Vielmehr ist es gerade heute notwendig, die viel wichtigere Wahrheit herauszustellen (wie es Dietrich von Hildebrand in seinem schon erwähnten Buch "Das trojanische Pferd in der Stadt Gottes" im Kapitel über den Irenismus getan hat), daß jeder, der liebt, den Irrtum und das Böse hassen muß, daß also die Liebe die Bekämpfung des Irrtums und des Bösen einschließt - notwendig gehört dies zu wahrer Liebe, obwohl es so selten geschieht.

Wir müssen uns klarmachen, wie unverantwortlich die heutige Verschleierung klarer Begriffe durch den falschen Irenismus ist, der dadurch ja eine unerläßliche Tat der Liebe verhindert: die Menschen von ihren Irrtümern und allem, was für sie vom Übel ist, zu befreien.

Was man vom Arzt als ganz selbstverständlich verlangt: die möglichst klare Diagnose der Krankheit, das will man auf geistigem Gebiet, wo es um viel größere Werte und Gefahren geht, "um des lieben Friedens willen" hintertreiben.

Und weiter: Wird man es einem Chefarzt hingehen lassen, wenn er nicht einschreitet gegen ihm unterstellte Ärzte, die laufend Patienten durch Medikamente vergiften oder durch "Kunstfehler" umbringen oder wenigstens gefährden? Kann man ihn als lieblos, intolerant, oder fanatisch bezeichnen, wenn er solche Leute entläßt?

Auf geistigem und religiösem Gebiet sind aber entsprechende Fehlhaltungen gang und gäbe, und dabei geht es hier doch um viel höhere Werte bzw. viel schlimmere Übel, nicht nur um das zeitliche, sondern um das ewige Leben des Menschen.

So vollbringt also, wer hier eine klare Diagnose stellt und die Nebelschleier der "Entspannung" zerreißt, eine wirkliche Tat der Liebe; während andererseits jeder, der auf verantwortlichem Posten steht und Irrlehrer ungehindert gewähren läßt, verantwortungslos eine Pflicht der Liebe verrät.

Fortsetzung folgt



Prof. Josef Seifert: Der kämpfende Mensch ( Teil 1)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 2)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 3)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 4)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 5)    (bitte HIER klicken!)
                                                                 ( Teil 7)    (bitte HIER klicken!)
                                                     ( Teil 8, Schluß)    (bitte HIER klicken!) 


Über den Philosophen Josef Seifert (geb. 1945) bei wikipedia (bitte HIER klicken!)


 (Hervorhebungen durch Administrator) 

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Ehrfurcht


"Die ehrfürchtige Grundhaltung ist die Vorraussetzung jeder wahren Liebe, vor allem jeder Nächstenliebe, weil sie allein den Blick für den Wert des Menschen als geistiger Person erschließt, und weil ohne dieses Wert-Erfassen keine Liebe möglich ist.

Ehrfurcht vor dem geliebten Wesen steckt aber auch als wesentlicher Bestandteil in jeder Liebe. Das Lauschenkönnen auf die Eigenart des anderen, auf den besonderen Sinn und Wert seiner Individualität, das Rücksichtnehmen auf ihn, statt diese Eigenart nach den eigenen Wünschen zu vergewaltigen, das dem Wesen des Geliebten Raumlassen, all diese Wesensbestandteile jeder echten Liebe fließen aus der Ehrfurcht." 

Dietrich von Hildebrand in: Sittliche Grundhaltungen; AD 1969 (s. Quellen)


Foto: Lawrence OP; Harvington Catholic church, England, 2008

Mittwoch, 26. Oktober 2011

Weltbild Verlag

Weihbischof em. Max Ziegelbauer (Augsburg) konstatiert in seiner Schrift "Angst vor der Tradition?" ( 2009) vor allem zwei Erscheinungen in der heutigen Kirche: erstens, dass ein Großteil der Katholiken kaum mehr einen Unterschied mache zwischen katholischer Kirche und anderen Religionen und zweitens, dass auch das Gespür für die Religion überhaupt schwindet. Dazu führt er folgendes Beispiel an:

"Siehe da: Der Geschäftsführer von "Weltbild" (zu 100 Prozent in der Hand deutscher Bistümer), Carel Halff, argumentiert, es seien Bücher in dem Sinne religiös, wenn sie eine positive Lebenseinstellung vermitteln. "Ich würde sogar ein Bastelbuch dazuzählen." (FAZ v. 18.11.2004)
Ganz abgesehen von unsäglichen Werken bei Weltbild, die sogar satanistische Musik oder Schamanismus und New-Age-Artikel verkaufen. Eine Wende ist überfällig."



Bei dieser Gelegenheit noch ein interessantes Zitat aus dem oben zitierten FAZ-Artikel vom 18.11.2004:
Warum aber Bücher und nicht Benzin oder Immobilien? Ein kirchlicher Wirtschaftsbetrieb steht naturgemäß unter besonders scharfer Beobachtung, was seine Inhalte angeht. Nicht nur Katholiken fragen sich, ob denn die in der Satzung der Gesellschaft festgeschriebene christliche Wertorientierung so recht erkennbar ist - bei einer Woge aus Unterhaltungsliteratur, Actionfilmen und elektrischen Heinzelmännchen. Im aktuellen Katalog sind gerade einmal vier Seiten von 190 für den christlichen Haushalt reserviert.

Aber die Begriffe sind eben dehnbar. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, hat in einem Interview mit dem „Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel“ befunden: „Ob dieses oder jenes Buch nun wirklich den Werten entspricht, die die Kirche fördern möchte - diese Frage sorgt natürlich immer wieder für Diskussionen. Ich denke aber, die Möglichkeit, durch Weltbild mit der ganzen Gesellschaft zu kommunizieren, ist dieses Wagnis wert.“



Nachlese:

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Samstag, 8. Oktober 2011

Bischöfe für Organspende?

"Die Deutsche Bischofskonferenz hat für mehr Organspenden in Deutschland geworben."

"Der Augsburger Weihbischof (Anm.: Losinger) sprach sich deshalb für die Einsetzung von Transplantationsbeauftragten in den Kliniken aus. Damit könne der Mangel an Organen vermutlich weitgehend behoben werden."

Nicht aus ethischen Gründen sondern deshalb, weil Zwang Angst auslöse, in deren Folge sich Menschen einer möglichen Organspende entziehen könnten, plädieren der Vorsitzende der Unterkommission Bioethik der Bischofskonferenz, Bischof Gebhard Fürst und das Mitglied im Deutschen Ethikrat, der Augsburger Weihbischofs Anton Losinger für eine strikte Freiwilligkeit zur Organspende.

Das heißt, dass die deutschen Bischöfe, in deren Namen Bischof Fürst und Weihbischof Losinger sprechen, sich eindeutig für Organspende aussprechen, d.h. für eine Tötung des Menschen um dessen  - aus dem lebenden Organismus entnommenen - Organe an Organisationen zu verkaufen und damit unter dem Deckmantel der Menschlichkeit und Barmherzigkeit den Handel mit menschlichen Organen zu unterstützen.


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Der Mensch ist Mensch - von Anfang an bis zu seinem natürlichen Tod.
Die Frage, ob ein Mensch mit dem Hirntod wirklich tot ist, ist mehr als umstritten. Vieles spricht dagegen.

Deswegen haben die deutschen Bischöfe KEIN RECHT, Menschen zu empfehlen oder sogar moralisch dazu zu verpflichten, sich dem Druck einer unchristlichen und unverantwortlichen Organspende-Lobby zu beugen, mit dem drohenden Stigma, dass sie ansonsten unmenschlich oder sogar unchristlich handeln. Das Gegenteil ist der Fall.


Siehe auch HIER und HIER.

Im Zweifel für den sterbenden aber lebendigen Menschen. Eine andere Alternative gibt es für Christen nicht - oder?

Weitere Informationen finden Sie z. B. bei der  Aktion Leben und der EEG!
 

Zum Thema 

1.)  Kolumne "Hirn oder Herz" von Alexander Kissler in "The European" vom 18.10.2011

2.)  "Dialogangebot an die Bischöfe Gebhard Fürst und Anton Losinger" von Marcus Knaup bei kath.net am 11.10.2011

3.)  http://www.diagnose-hirntod.de/ 

4.)  Arztirrtum: Jugendlicher war vor vier Jahren hirntot erklärt worden

5.)  Politiker wollen nicht einmal wissen, ob sie tatsächlich tot sind...

6.)  Organspende und Nächstenliebe 

7.)  SZ: Vorwürfe gegen Stiftung Organtransplantation: "Man kam sich vor wie bei Scientology" 

8.)  Organspende nach Hirntod? ein Klartext von P. Engelbert Recktenwald FSSP 

9.)  Mutmaßlicher Organspende-Skandal soll 'schonungslos aufgeklärt' werden (23.07.2012)

10.) Ich sage «nein zur Organspende», weil... 


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Donnerstag, 29. September 2011

Staat, Kirche, Kirchensteuer

Die Lage in Deutschland

"Die Frage, wie das richtige Verhältnis zwischen Kirche und Staat beschaffen sein muß, muß natürlich immer neu gestellt werden. Solange es einen gesellschaftlichen Konsens darüber gibt, daß die Grundwerte des Christentums auch Vorgabe für die Gesetzgebung sind, kann eine relativ nahe Verflechtung von Staat, Gesellschaft und Kirche durchgehalten werden, gibt Sinn und steht der Freiheit der Religion nicht entgegen.

Aber wenn da keine Überzeugungen mehr dahinterstehen, kann natürlich eine zu starke institutionelle Verflechtung zur Gefahr werden. Deswegen bin ich nicht grundsätzlich dagegen, daß man in entsprechenden Situationen auch zu stärkeren Trennungsmodellen schreitet. Es hat insgesamt der Kirche eher gutgetan, daß sie sich nach dem Ersten Weltkrieg aus den staatskirchlichen Systemen lösen mußte.

Die zu starken Verbindungen sind ihr immer schlecht bekommen. Insofern, denke ich, müssen die Bischöfe in Deutschland ganz realistisch überlegen, welche Formen der Verbindung von Staat und Kirche wirklich von innen her durch Überzeugungen gedeckt und dadurch fruchtbar sind, und wo wir nur Positionen aufrechterhalten, auf die wir eigentlich kein Recht mehr haben. Eine solche Bestands-aufnahme ist sicher angebracht und nötig.
 (...) die Frage der Kirchensteuer, das sind alles Fragen, die man sorgsam und bedachtsam überlegen muß.

(Peter Seewald:) Eine brisante Frage; wie könnte die Antwort aussehen?

Das wage ich nicht zu beurteilen. Im großen ganzen wird,wie mir scheint, das deutsche Kirchensteuersystem heute noch von einem ziemlich breiten Konsens getragen, weil man die Sozialleistung der Kirchen anerkennt.

Vielleicht könnte in Zukunft einmal der Weg in die Richtung des italienischen Systems gehen, das zum einen einen viel niedrigeren Hebesatz hat, zum anderen aber – das scheint mir wichtig – die Freiwilligkeit festhält. In Italien muß zwar jeder einen bestimmten Satz seines Einkommens – 0,8%, glaube ich – einem kulturellen bzw. wohltätigen Zweck zuführen, worunter die katholische Kirche figuriert. Aber er kann den Adressaten frei wählen. Faktisch wählt die ganz große Mehrheit die katholische Kirche, aber die Wahl ist freiwillig."


aus:  Joseph Kardinal Ratzinger, Salz der Erde, Christentum und katholische Kirche an der Jahrtausendwende; Ein Gespräch mit Peter Seewald, Seite 126/127; AD 1996; s. Quellen

(Hervorhebungen durch Administrator)  

Weiteres zum Thema Kirchensteuer:



Foto: Times; Plenarsaal des Dt. Bundestages, Berlin
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