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Freitag, 31. Januar 2014

Präfekt der Glaubenskongregation: Warnung vor Machtkampf zwischen zentralistischen und partikularistischen Kräften

Der Präfekt der Glaubenskongregation, Erzbischof Prof. Dr. Gerhard Ludwig Müller, hat ein Schreiben vorgelegt, in dem er das Verhältnis von (universaler) Kirche zu den (Orts-) Kirchen und zwischen dem Primat des Bischofs von Rom und dem Bischofskollegium in der Tradition der kirchlichen Lehre beleuchtet.

In den deutschsprachigen Diözesen scheint es in der jüngeren Vergangenheit diesbezüglich offensichtlich Unsicherheiten und Defizite im richtigen Verständnis gegeben zu haben, erkennbar nicht zuletzt an den Äußerungen mancher Bischöfe, die meinten, die Einheit der Lehre ablehnen und eigene Vorstellungen - z. B. im Hinblick auf den Kommunionempfang zivil wiederverheirateter Geschiedener, in der Relativierung von Glaubenswahrheiten (die Letzten Dinge; Opfercharakter der Hl. Messe) - durchsetzen zu können. Erzbischof Müller schreibt:
"Der Bezug zum Nachfolger Petri, dem sichtbarem Prinzip der Einheit der Kirche, ist für jedes ökumenische Konzil, jede Partikularsynode und für jede Bischofskonferenz konstitutiv und göttlichen Rechtes, das allem kodikarischen Recht zugrundeliegen muss. Eine Bischofskonferenz kann niemals separate verbindliche dogmatische Erklärung abgeben oder gar definierte Dogmen und konstitutive sakramentale Strukturen relativieren (z.B. das eigene Lehr- und Hirtenamt abhängig machen von Gremien rein kirchlichen Rechtes).
Separatistische Tendenzen und präpotentes Verhalten würden der Kirche nur schaden. Die Offenbarung ist der einen und universalen Kirche zur treuen Verwahrung übergeben worden, die vom Papst und den Bischöfen in Einheit mit ihm geleitet wird (LG 8; DV 10). "

Das Dokument ist eine deutliche Warnung in Richtung der Deutschen Bischofskonferenz, dessen Vorsitzender Dr. Robert Zollitsch,  der ehemalige Erbischof der Diözese Freiburg, für dieses Frühjahr angekündigt hatte, in der Bischofskonferenz die Weichen  in Bezug auf die Pastoral mit zivil wiederverheirateten Geschiedenen auf eine von Rom abweichende Linie stellen und festschreiben zu wollen.

Im Vorspiel dazu hatte das Seelsorgeamt der Diözese Freiburg Anfang Oktober 2013 mit Zustimmung und Beteiligung des (da- und ehemaligen) Erzbischofs Zollitsch deutschlandweit eine Handreichung unter die Seelsorger gestreut, die Richtlinien für die Pastoral mit oben genannten Betroffenen enthält. Die Glaubenskongregation des Papstes mahnte daraufhin (nach bereits erfolgter nochmaliger Vorlage der kirchlichen Lehre) eine Rücknahme und Überarbeitung der Handreichung an, was von deutscher Seite - auch von Bischöfen - allerdings schlichtweg ignoriert oder als "Privatmeinung" Müllers abgetan wurde.

Müller erläuterte in seinem Schreiben auch, wie die Aussagen von Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben "Evangelii gaudium" vom 24.11.2013 über Kollegialität der Bischöfe und Dezentralisierung richtig zu verstehen sind:
"Eine Kirche, die nur um eigene Strukturprobleme kreiste, wäre erschreckend anachronistisch und weltfremd. Denn in ihrem Sein und ihrer Sendung ist sie nichts anderes als die Kirche des dreifaltigen Gottes, dem Ursprung und Ziel jedes Menschen und des ganzen Kosmos. Eine Neujustierung von Eigenständigkeit und Zusammenarbeit der Ortskirchen, von bischöflicher Kollegialität und Primat des Papstes darf die epochale Herausforderung der Gottesfrage nie aus den Augen lassen.

In seinem Apostolischen Mahnschreiben Evangelii gaudium spricht Papst Franziskus von einer heilsamen "Dezentralisierung". Das Leben der Kirche kann nicht derart auf den Papst und seine Kurie konzentriert sein, als ob sich in den Pfarreien, Gemeinschaften und Diözesen nur etwas Sekundäres abspiele. Papst und Bischöfe verweisen vielmehr auf Christus, der allein den Menschen Hoffnung gibt. Der Papst kann und muss nicht die vielfältigen Lebensbedingungen, die für die Kirche in den einzelnen Nationen und Kulturen sich zeigen, zentral von Rom aus erfassen und jedes Problem vor Ort selbst lösen. Eine übertriebene Zentralisierung der Verwaltung würde der Kirche nicht helfen, sondern vielmehr ihre missionarische Dynamik behindern (EG 32).

Deshalb gehört zur Neuevangelisierung, wie sie Thema der letzen Bischofssynode war (7.-28.10. 2012), auch eine reformierte Primatsausübung. Dies betrifft die Einrichtungen der universalen Leitung der Kirche, also besonders die Dikasterien der Römischen Kurie, deren sich der Papst bei der Ausübung der höchsten, vollen und unmittelbaren Gewalt über die Gesamtkirche bedient. "Diese versehen folglich ihr Amt in seinem Namen und mit seiner Vollmacht zum Wohle der Kirche und als Dienst, den sie den geweihten Hirten leisten" (CD 9).

Im Sinne der Neuevangelisierung müssen auch die Bischöfe, die Synoden und Bischofskonferenzen eine größere Verantwortung wahrnehmen inklusive "einer gewissen lehramtlichen Kompetenz". Denn diese kommt ihnen zu durch Weihe und kanonische Sendung und nicht erst durch eine spezielle päpstliche Bevollmächtigung. "Die Bischöfe, die in Gemeinschaft mit dem römischen Bischof lehren, sind von allen als Zeugen der göttlichen und katholischen Wahrheit zu verehren" (LG 25). Das päpstliche Lehramt ersetzt nicht das Lehramt der Bischöfe und ihr gemeinsames Wirken auf der nationalen oder auch kontinentalen Ebene (z.B. der Dokumente der CELAM: Puebla, Medellin, Santo Domingo, Aparecida), sondern setzt es voraus und fördert es in der Verantwortung für die ganze Kirche (EG 16).

Der Papst beruft sich ausdrücklich auf das Motu proprio Apostolos suos ( 1998), in dem Johannes Paul II. auf der Grundlage des II. Vatikanischen Konzils die Aufgaben der Bischofskonferenzen näher umschrieben hat. Im Gegensatz zu oberflächlichen Interpretationen ist damit nicht das Signal für einen Richtungswechsel oder eine "Revolution im Vatikan" gegeben. Machtkämpfe und Kompetenzstreitigkeiten könnte sich die Kirche nur unter Verlust ihrer missionarischen Aufgabe leisten.

Nach der ekklesiologischen Synthese des II. Vatikanums ist eine antagonistische oder dialektische Interpretation der Beziehung von Universalkirche und Ortskirchen ausgeschlossen. Die historischen Extreme von Papalismus / Kurialismus einerseits und von Episkopalismus/  (Konziliarismus/ Gallikanismus/ Febronianismus/ Altkatholizismus) andererseits können uns nur zeigen, wie es nicht geht, und dass die Verabsolutierung eines konstitutiven Elementes zu Lasten des anderen dem Bekenntnis zur Ecclesia una sancta catholica et apostolica widerspricht.

Die brüderliche Einheit der Bischöfe der universalen Kirche cum et sub Petro ist in der Sakramentalität der Kirche begründet und somit göttlichen Rechtes. Nur um den Preis einer Entsakramentalisierung der Kirche könnte ein Machtkampf zwischen zentralistischen und partikularistischen Kräften geführt werden. Am Ende bliebe eine säkularisierte und politisierte Kirche zurück, die sich von einer NGO nur noch graduell unterschiede. Das wäre der komplette Kontrast zu dem Apostolischen Mahnschreiben Evangelii gaudium.

Dem literarischen Genus nach ist dieses Schreiben kein dogmatischer, sondern ein paräntischer Text. Als seine dogmatische Basis ist die mit höchster lehramtlicher Verbindlichkeit dargelegte Lehre über die Kirche in Lumen gentium voraussetzt (EG 17). Es geht dem Papst um eine Überwindung der Lethargie und Resignation angesichts der extremen Säkularisierung und um ein Ende der lähmenden innerkirchlichen Auseinandersetzungen zwischen traditionalistischen und modernistischen Ideologien. Trotz aller Stürme und Gegenwinde soll das Schifflein Petri wieder die Segel der Freude über Jesus, der bei uns ist, aufziehen. Und die Jünger sollen ohne Angst in die Ruder greifen, um die Mission der Kirche kraftvoll voranzubringen."
 
Die Aufgabe der Glaubenskongregation ist es, "die Glaubens- und Sittenlehre in der ganzen katholischen Kirche zu fördern und schützen". Als Präfekt dieser Einrichtung äußert sich Erzbischof Müller nicht als Privatperson, sondern, wie oben zu lesen ist, "im Namen des Papstes und mit seiner Vollmacht zum Wohle der Kirche" - ist doch der Bischof von Rom und Nachfolger Petri "das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit der Bischöfe und Gläubigen":
Die eine und einzige Kirche Gottes ist als universale Kirche präsent in den Kirchen Gottes zu Korinth, Rom, Thessalonich etc. Und vor Ort haben es die Glaubenden mit nichts anderem zu tun als mit der einen Kirche Christi, in der der Heilige Geist alle Getauften untereinander verbindet und sie in die Einheit des Leibes Christi einfügt, so dass alle einer sind in Christus und als Söhne und Töchter Gottes in Christus die eine familia Dei bilden.

Es geht also nicht um eine schwebende geistliche Vollmacht, die nach Erwägungen politischer und strategischer Zweckmäßigkeit zwischen dem Papst und den Bischöfen, der Universalkirche und den Ortskirchen aufgeteilt würde. Vielmehr hat Christus die Apostel insgesamt – als Kollegium – berufen. Er selbst hat ihnen den Apostel Petrus vorangestellt als Grundlage und Prinzip der Einheit der einen apostolischen Vollmacht und Sendung für die gesamte Kirche.
Die Bischofsweihe zeigt die kollegiale Natur des Bischofsamtes in der Zuordnung des einzelnen Bischofs zum Gesamtkollegium mit dem Papst als dem Haupt, ohne den das Kollegium keine universale Vollmacht in Lehr- und Hirtenamt ausüben kann. "Die kollegiale Einheit tritt auch in den wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Bischöfe zu den Teilkirchen wie zur Gesamtkirche in Erscheinung. Der Bischof von Rom ist als Nachfolger Petri das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit der Bischöfe und Gläubigen. Die Einzelbischöfe hinwiederum sind sichtbares Prinzip und Fundament der Einheit in ihren Teilkirchen, die nach dem Bild der Gesamtkirche gestaltet sind. In ihnen uns aus ihnen besteht die eine und einzige katholische Kirche. Daher stellen die Einzelbischöfe je ihre Kirche, alle zusammen aber in der Einheit mit dem Papst die ganze Kirche im Band des Friedens, der Liebe und der Einheit dar" (LG 23).
Man kann nur hoffen, dass das Schreiben auch in Deutschland auf offene Ohren und Herzen trifft und sich die Verantwortlichen der Kirche in Deutschland, die zur Zeit fest in der Hand von Kirchenfunktionären des Kirchensteuervereins "Katholische Kirche - Körperschaft des öffentlichen Rechts" ist, noch besinnen, bevor aus "separatistischen Tendenzen" ein handfestes Schisma wird, das längst bereits latent besteht. Viel Hoffnung allerdings scheint es nicht zu geben, wenn nicht Rom seinen Worten auch Taten folgen lässt und die stillen, macht- und sprachlosen, zumeist nicht in Gremien organisierten Gläubigen, die Familien, Kinder und Jugendlichen vor den reißenden Wölfen und falschen Lehren und Ideologien zu schützen bereit ist. Doch davon hängt in vielen Fällen nicht weniger ab als das Heil der Seelen.



Weiteres zum Thema "Schismatische Tendenzen":


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Sonntag, 30. September 2012

Kirchenrechtler Hartmut Zapp bekommt vor Gericht recht

Das Bistum Freiburg ist mit seiner Klage gegen den Kirchenrechtler Hartmut Zapp vor dem Bundesverwaltungsgericht unterlegen. Die Richter stellten fest, dass Zapp mit der Erklärung des Austritts aus der „römisch-katholischen Kirche, Körperschaft des öffentlichen Rechts“ ohne Wenn und Aber nach staatlichen Maßgaben gültig aus der katholischen Kirche ausgetreten ist.

Der emeritierte Freiburger Professor für Kirchenrecht hatte bei seinem rechtlich-administrativen Kirchenaustritt vor dem Standesamt  seiner schriftlichen  Erklärung den Zusatz "Körperschaft des öffentlichen Rechts" als Konkretisierung eingefügt und gleichzeitig vor kirchlichen Instanzen erklärt, dass er weiterhin aktives Mitglied der römisch-katholischen Kirche bleiben wolle und nicht beabsichtige, sich seinen "Pflichten als Mitglied der römisch-katholischen Kirche gemäß den innerkirchlichen Normen zu entledigen" (Presseerklärung der Anwälte Zapps). Auch zur Zahlung eines Beitrags für kirchliche Zwecke "in etwa der Höhe der durchschnittlichen Kirchenbeiträge in vergleichbaren westeuropäischen Ländern" (H. Zapp), erklärte sich der Katholik bereit. Diese betragen etwa ein Zehntel der deutschen Kirchensteuer. Zapp will dabei den Unterschied zwischen einem "Körperschaftsaustritt" und einem "Kirchenaustritt" deutlich machen.

Die Erzdiözese Freiburg dagegen behauptet die Kongruenz von Körperschafts- und Kirchenaustritt. Sie wollte die Bestätigung des Gerichtes über Nichtigkeit von Zapps einschränkender Erklärung: Der Austritt sei wegen des nicht statthaften Zusatzes "Körperschaft des öffentlichen Rechts" nicht gültig und Zapp somit weiterhin kirchensteuerpflichtig. Dem widersprach nun das Gericht: Es sah den Zusatz als nicht relevant und die Erklärung als gültig an. Die Richter bestätigten, dass Zapp nach deutschem Staatsrecht somit nicht mehr der Kirchengemeinschaft angehöre.

Nach Ansicht der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) erfüllt H. Zapp damit (trotz dessen ausdrücklichem gegenteiligen Bekundens) den Tatbestand des formalen Abfalls vom Glauben, eine "schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft". Er ist somit auch aus der Sakramentengemeinschaft der Kirche ausgeschlossen und geht sämtlicher kirchlicher Rechte verlustig. (vgl. Statement von Erzbischof R. Zollitsch)

Dieses deutsche Sonderrecht aber widerspricht den für die gesamte Weltkirche geltenden kirchenrechtlichen Bestimmungen, nach denen für einen formalen Abfall bestimmte Vorraussetzungen erfüllt sein müssen.
1. Der Abfall von der katholischen Kirche muss, damit er sich gültig als wirklicher actus formalis defectionis ab Ecclesia darstellen kann (...) konkretisiert werden in:

a) einer inneren Entscheidung, die katholische Kirche zu verlassen;
b) der Ausführung und äußeren Bekundung dieser Entscheidung;
c) der Annahme dieser Entscheidung von seiten der kirchlichen Autorität.

2. Der Inhalt des Willensaktes muss bestehen im Zerbrechen jener Bande der Gemeinschaft – Glaube, Sakramente, pastorale Leitung –, die es den Gläubigen ermöglichen, in der Kirche das Leben der Gnade zu empfangen. Das bedeutet, dass ein derartiger formaler Akt des Abfalls nicht nur rechtlich-administrativen Charakter hat (das Verlassen der Kirche im meldeamtlichen Sinn mit den entsprechenden zivilrechtlichen Konsequenzen), sondern dass er sich als wirkliche Trennung von den konstitutiven Elementen des Lebens der Kirche darstellt: Er setzt also einen Akt der Apostasie, Häresie oder des Schisma voraus.

3. Der rechtlich-administrative Akt des Abfalls von der Kirche kann aus sich nicht einen formalen Akt des Glaubensabfalls in dem vom CIC verstandenen Sinn konstituieren, weil der Wille zum Verbleiben in der Glaubensgemeinschaft bestehen bleiben könnte.

Andererseits konstituieren formelle oder (noch weniger) materielle Häresie, Schisma und Apostasie nicht schon von selbst einen formalen Akt des Abfalls, wenn sie sich nicht im äußeren Bereich konkretisieren und wenn sie nicht der kirchlichen Autorität gegenüber in der gebotenen Weise bekundet werden.
Das Dokument stellt zweifelsfrei fest, dass, um einen gültigen Kirchenaustritt im Sinne des (weltkirchlichen) Kirchenrechts zu produzieren, die Willensbekundung des Austrittswilligen "schriftlich vor der zuständigen kirchlich katholischen Autorität bekundet wird", und der "Ordinarius oder der eigene Pfarrer, dem allein das Urteil darüber zusteht, ob wirklich ein Willensakt des in Nr. 2 beschriebenen Inhalts vorliegt oder nicht", über den Tatbestand entscheidet.

Im Falle des Kirchenrechtlers Zapp dürfte der zuständige Pfarrer kaum zu dem Urteil kommen, dass Herr Zapp willens ist, sich von der römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft zu trennen. Weder Punkt a) noch b) noch c) der vatikanischen Mitteilung sind damit erfüllt und folglich handelt es sich auch nicht um einen formalen Abfall vom Glauben und deshalb auch nicht um einen Kirchenaustritt oder eine Trennung von der Glaubens- und Sakramentengemeinschaft der römisch-katholischen Kirche.

"Mit dem Körperschaftsaustritt wollte ich auf die Klärung der Frage nach dem "Formalakt des Abfallens von der katholischen Kirche" durch die authentische Inter­pretation des Päpstlichen Rates für Gesetzestexte vom 13. März 2006 hinweisen. Dieser Schritt (Anm.: des Körperschaftsaustritts) bedeutet keinen "Kirchenaustritt", da es sich weder um die "innere Entscheidung, die katholische Kirche zu verlassen", noch um deren "äußere Bekundung", noch um die "Annahme dieser Ent­schei­­dung von seiten der kirch­lichen Autorität" handelt; ich lege großen Wert auf diese Differenzierung und würde die Einladung zu einem Gespräch mit meinem Bischof oder Ver­tretern der Bistumsleitung über die in meinem Artikel behandelte Thematik begrüßen. Sehr schön wäre es, käme es in weiterem Rahmen zur Diskussion zwischen Bischöfen und Kanonisten."

Es wird also in Zukunft darauf ankommen, was derjenige, der aus der Kirchensteuergemeinschaft austreten will, dem zuständigen Ordinarius erklären wird, der dann entscheiden muss, ob eine Apostasie, eine Häresie oder ein Schisma vorliegt und so dem Kirchenaustritt Gültigkeit verleiht.

Personen, die nicht der "Einladung" ihres Pfarrers nachkommen um ihm persönlich die Gründe für den Austritt mitzuteilen, bleiben de facto Mitglied der Glaubensgemeinschaft; Personen, die erklären, sich von der Kirche distanzieren zu wollen oder den Glauben der Kirche nicht mehr teilen zu können sind sodann als "von der katholischen Kirche in einem formalen Akt Abgefallene", sprich aus der Kirche ausgetreten, was dann im Taufbuch vermerkt wird, und sind lediglich noch durch das "untilgbare Prägemal" der Taufe ("character indelebilis" nach can. 849 CIC)  mit dem mystischen Leib Christi verbunden.

Das Allgemeine Dekret der Deutschen Bischofskonferenz vom 24.09.2012 ist in mehreren Punkten mangelhaft und dürfte, da es dem weltweit gültigen Kirchenrecht widerspricht, bei gleichzeitigem Festhalten am Glauben der Kirche, keinerlei Konsequenzen haben für den Status des Gläubigen als Mitglied in der Glaubensgemeinschaft der römisch-katholischen Kirche. Noch einmal wird Rom klarstellen müssen, ob ein Körperschaftsaustritt trotz Bekennens und Bewahrens des Glaubens und der Bereitschaft, die Kirche weiterhin ideell und finanziell zu unterstützen, einem schismatischen Akt gleichkommt, der einen Ausschluss aus der Glaubensgemeinschaft rechtfertigt.


Aus der Presseerklärung der Anwälte von Hartmut Zapp:

"Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 26.09.2012 (– 6 C 7.12 –) die Klage des Erzbistums Freiburg gegen den von Hartmut Zapp im Juli 2007 vor dem Standesamt der Stadt Staufen erklärten Kirchenaustritt endgültig abgewiesen. Das Erzbistum Freiburg ist danach mit seiner Rechtsauffassung, wonach Hartmut Zapp mit dem erklärten Austritt aus der „römisch-katholischen Kirche, Körperschaft des öffentlichen Rechts“ nicht aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten sei, vollumfänglich unterlegen.

Vielmehr wurde vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt, dass Hartmut Zapp mit seiner Erklärung wirksam, „ohne Wenn und Aber“ aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten ist. Nichts anderes hatte Hartmut Zapp mit seiner Austrittserklärung beabsichtigt. Es ging ihm – entgegen der allgemeinen Medienberichterstattung – zu keinem Zeitpunkt darum, sich seinen Pflichten als Mitglied der römisch-katholischen Kirche gemäß den innerkirchlichen Normen zu entledigen."

Quelle: kath.net

Weiteres zum Thema:
Linkliste zu "Kirchenaustritt", "deutsches Kirchensteuersystem"





Buchtipp:
Löffler, René: Ungestraft aus der Kirche austreten?
Der staatliche Kirchenaustritt in kanonistischer Sicht


"Zu Recht weist Löffler darauf hin, dass der gegenüber einer staatlichen Behörde erklärte Kirchenaustritt lediglich die „Aufgabe der Mitgliedschaft in einer körperschaftlich verfassten Religionsgemeinschaft mit bürgerlicher Wirkung“ zum Ausdruck bringt und folglich „nach kanonischem Recht kein uneingeschränkter und unbedingter Trennungswille präsumiert werden [darf], da der objektive Inhalt der staatlichen Austrittserklärung darüber keine Aussage macht“ (...) – mit anderen Worten: dass einem aus der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts austretenden Katholiken kirchlicherseits nicht (länger) automatisch unterstellt werden darf, er wolle auch die Kirche als Glaubensgemeinschaft verlassen." 

(Dr. Wolfgang F. Rothe in: "Theologisches", Jan./Febr. 2008, Sp. 21-24)




Omnium in mentem

Freitag, 28. September 2012

Ökumene innerhalb der Kirche?


Ökumenismus gegenüber Häretikern innerhalb der Kirche unmöglich

"Es muss auch noch einmal mit aller Nachdrücklichkeit betont werden, dass von Ökumenismus nur gesprochen werden kann, wenn es sich um Religions-gemeinschaften handelt, die sich selbst als ein ganz von der Katholischen Kirche Verschiedenes ausgeben.

Da ist erstens die nur schismatische byzantinische orthodoxe Kirche. Zweitens die gläubigen Protestanten, die sich schon seit Jahrhunderten nicht nur als Schismatiker, sondern auch als dogmatisch verschiedene, eigene Religionsgemeinschaft losgelöst haben. Kein Protestant wird sich als Katholik bezeichnen und im Namen der heiligen Kirche Lehren aufstellen. Erst recht gilt dies für die Juden, die Moslems, die Brahmanen oder Buddhisten.

Die Haltung, die ihnen gegenüber im Vaticanum II empfohlen wird unter dem Namen „Ökumenismus", kann sich nie sinnvoller Weise auf Häretiker innerhalb der Kirche beziehen. Die in dem richtig verstandenen Ökumenismus empfohlene Haltung, die je nach dem Inhalt der außerhalb der Kirche befindlichen Religionsgemeinschaften sehr variieren muss - die wohlwollende Unterstreichung der Wahrheitselemente in diesen Religionen neben der eindeutigen Ablehnung der in diesen Religionen enthaltenen Irrtümer - kann nie dem Katholiken gegenüber gefordert werden, der in der Kirche verbleiben will, aber häretische Thesen und Lehren verbreitet, der diese als mit der Lehre der Heiligen Kirche vereinbar hinstellt, ja der die Lehre der Heiligen Kirche verändern will.

Mit diesen Irrlehrern und Zerstörern der christlichen Offenbarung und des christlichen Lebens in der Heiligen Kirche dürfen wir eine Pseudo-Gemeinschaft nicht aufrechterhalten. Eine solche Gemeinschaft kommt ja bei den außerhalb der Kirche Stehenden und offen sich von ihr Distanzierenden nicht in Frage.

Die Haltung, die den getrennten Brüdern gegenüber möglich ist, wäre dem Häretiker in der Kirche gegenüber ein Unrecht. Auch auf ihn muss sich natürlich unsere Nächstenliebe erstrecken. Aber selbst die distanzierte Gemeinschaft, die den getrennten Brüdern gegenüber noch in sehr abgestufter Weise bestehen kann, ist hier unmöglich, weil er ja ein freiwilliger oder unfreiwilliger Zerstörer der Kirche und Vergifter der heiligen Lehre der Kirche ist, weil er die äußere Zugehörigkeit zur Kirche missbraucht."


Dietrich von Hildebrand: Der verwüstete Weinberg; Verlag Josef Habbel Regensburg; AD 1973, S. 160/161; Online-Buch, MS Word Dokument (bitte auf das Bild klicken!):




Foto: Apostel; Basilika in Moulins; wikipedia

Donnerstag, 5. Juli 2012

Falscher Irenismus: Ist Einheit wichtiger als Wahrheit?

"(Eine weitverbreitete Gefahr für die Kirche ist) die Auffassung, dass Einheit wichtiger sei als Wahrheit, dass gleichsam ein Schisma ein größeres Übel sei als das Eindringen von Häresien in die Kirche. Hier wird der Friede unter den Gläubigen als so wichtig betrachtet, dass, wenn die orthodoxen Katholiken ihre Stimme zur Verteidigung des depositum catholicae fidei erheben gegen diejenigen, die die Botschaft Christi neu interpretieren und ihres übernatürlichen Gehaltes berauben wollen, diese von vielen Prälaten als unliebsame Ruhestörer angesehen werden. Darauf müssen wir mit Pascal erwidern:

Blaise Pascal; Wikipedia
„Ist nicht deutlich, dass, ebenso, wie es ein Verbrechen ist, den Frieden zu stören, wo die Wahrheit regiert, es ein Verbrechen ist, im Frieden zu bleiben, wenn man die Wahrheit zerstört?

Es gibt also Zeiten, wo der Friede gerecht ist und andere, wo er unrecht ist. Es steht geschrieben, es gibt Zeiten des Friedens und Zeiten des Krieges, und das Gesetz der Wahrheit ist es, das hier entscheidet.

Es gibt aber nicht Zeiten der Wahrheit und Zeiten des Irrtums, und im Gegensatz hierzu heißt es in der Schrift, dass die Wahrheit Gottes ewig sein wird. Und deshalb sagt Jesus Christus auch, der gesagt hat, dass er den Frieden bringen will, dass er gekommen ist, den Krieg zu bringen. Er sagt aber nicht, dass er gekommen ist, die Wahrheit und die Lüge zu bringen.
Die Wahrheit ist demnach die erste Richtschnur und das letzte Ziel der Dinge." (Pascal: Gedanken 949).

Die Einheit über die Wahrheit zu stellen, ist ein fundamentaler Irrtum; überdies kann die wahre Einheit nur in der Wahrheit gefunden werden."


Prof. Dr. phil. Dietrich von Hildebrand  (1889-1977) in "Zölibat und Glaubenskrise", Verlag Josef Habbel Regensburg 1970



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