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Mittwoch, 13. August 2014

Nicht Lüge, Mord und Terror, sondern Wahrheit, Heil und Liebe will Gott den Menschen schenken

Ein Gott, der Lüge, Mord und Terror will, ist ein menschlicher Götze - oder ein Teufel, der die Menschen vernichten und ihnen die ewige Glückseligkeit rauben will. "Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann." (Matthäus 10,28) Unser Gott aber, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, ist gut und liebt alle Menschen.

In Jesus Christus erfüllte sich, was im Alten Testament den Menschen prophezeit war: "Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; man nennt ihn: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens." (Jesaja 9,5)

Allein Jesus Christus ist der Friedensfürst. Seine Kirche sammelt alle, die guten Willens sind und ihm folgen wollen. Die heilige Taufe und die übrigen Sakramente ermöglichen uns, dass Gott durch das Geschenk der Gotteskindschaft in uns wohnt und sein Friedensreich schon hier in uns und durch uns zu wachsen beginnt (vgl. Joh 1,12). In Jesus Christus finden wir Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, Wahrheit und Liebe und ewige Freude. Er ist das Heil der Welt!




"Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze." (Luk 4,18; Jesaja 61,1)

Jesus Christus sagt: 
"Wer an mich glaubt, glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat, und wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat. Ich bin das Licht, das in die Welt gekommen ist, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt. Wer meine Worte nur hört und sie nicht befolgt, den richte nicht ich; denn ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern um sie zu retten. Wer mich verachtet und meine Worte nicht annimmt, der hat schon seinen Richter: Das Wort, das ich gesprochen habe, wird ihn richten am Letzten Tag. Denn was ich gesagt habe, habe ich nicht aus mir selbst, sondern der Vater, der mich gesandt hat, hat mir aufgetragen, was ich sagen und reden soll. Und ich weiß, dass sein Auftrag ewiges Leben ist. Was ich also sage, sage ich so, wie es mir der Vater gesagt hat." (Johannes 12,45-50)


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Freitag, 30. Mai 2014

Maiandacht 30. Tag - Das Reich der Friedenskönigin

 Ehre sei Gott in der Höhe
und Friede auf Erden den Menschen, 
die guten Willens sind! (Lk 2,14)

Verherrlicht ist der Friesdenskönig!
Nach seinem Angesicht sehnt sich die ganze Welt. 
(Antiphon von Weihnachten)



Im Gebete des Herrn sprechen wir immer die Bitte: "Zu uns komme dein Reich." Das ist das Reich Gottes, das Reich Christi, unseres Erlösers, das Himmelreich auf Erden. Christi Reich ist ein Reich des Friedens, ein Reich der Harmonie, der Übereinstimmung zwischen Gott und Mensch, zwischen Geist und Fleisch.

Nach dem Frieden dieses Reiches sehnt sich die Menschenseele immerfort. Gar niemand kann diese Sehnsucht aus seiner Seele bannen. Mag einer noch so tief in Sünde sein, mag er Jahre und Jahrzehnte diese Sehnsucht vergessen haben im Trubel der Welt, - urplötzlich oft und mit Allgewalt bricht sie wieder hervor, lässt den Menschen ruhelos werden, bis er den Frieden wiedergefunden hat in der Versöhnung mit Gott.

Das aber ist der Friede: dass der Mensch wieder daheim ist, sich geborgen weiß im Reiche Christi, des Friedenskönigs. "Friede" ist der letzte Wunsch, den wir dem Menschen nachrufen in die Ewigkeit.

Dieser Sehnsucht der Menschen nach dem Frieden kommt Maria mit ihrer Muttersorge entgegen. Das ist ja letzten Endes das Einzige, was Maria will: dass jede Menschenseele lebe in Christi Reich. Und das ist letzter Sinn unserer Marienverehrung und Liebe, dass wir durch sie zu Christus und seinem Friedensreich gelangen.

Maria selbst hat diesen Frieden immer in ihrem Herzen gehabt. Ihr Wille war mit dem göttlichen Willen so sehr eins geworden, dass nie auch nur die leiseste Unstimmigkeit diesen Frieden störte. Ob Gott ihr Freude schickte oder Leid, immer war sie eines Sinnes mit ihm, immer war heiliger Friede in ihrer Seele.

Im Himmel ist dieser Friede ewig, vollkommen, ist ewige Freude im Reiche Gottes. Wir nennen Maria darum die Königin des Friedens. Wo sie als Königin herrscht in der Menschenseele, kann nur Friede sein. Wo sie als Mutter tätig ist, will sie nur das eine, den Menschen den Frieden bringen.

Meine Seele, du sehnst dich nach Christus und seinem Reich! Der Weg dorthin führt durch Mariens Friedensreich. Wenn die Friedenskönigin dein Weggeleit ist, ist keine Gefahr. Maria ist der leichteste, schnellste und sicherste Weg zu Christus, so sagt uns die lehrende Kirche in ihrem heiligmäßigen Papst Pius X., dessen Wahlspruch war: "Alles erneuern in Christus."

Wer Maria gefunden hat, hat das Leben gefunden und wird Heil schöpfen vom Herrn, so spricht die betende Kirche, die wohl weiß, dass Leben und Heil letztlich nur zu finden ist im Reiche des Friedenskönigs Christus.

Zu Christus willst du, meine Seele; so nimm von derselben Kirche die feierliche Glaubenserklärung entgegen: Maria ist die Christusträgerin und Christusbringerin. Maria hat Christus in ihrem reinen Schoß getragen und ihn der Welt geschenkt, damals, als die Engel sangen: "Friede auf Erden den Menschen." je mehr die Menschen der Friedenskönigin und ihrem Reiche dienen und angehören, desto mehr wird das Reich Christi in der Welt verwirklicht.

Lasst uns darum viel Sorge tragen für das Reich der Friedenskönigin, für das Reich Mariens. In unseren eigenen Herzen soll es gegründet sein, in unseren Familien, in unseren Vereinen, in der ganzen Gemeinde und im Vaterland. Für dieses Friedensreich arbeiten, beten und opfern wir gern. Ist die Welt wieder ganz das Reich der Gottesmutter, dann ist in Wahrheit das Reich Christi zu uns gekommen.

Hast du, meine Seele, bisher in diesem Reich Mariens gelebt? War in deinem Hause die Gottesmutter die Königin? Wenn ja, dann war auch Christus in deinem Hause König und Herr. Dann lebtest du in seinem Reich des Friedens. Wenn nicht, vielleicht bist du dann noch weit entfernt von der Erfüllung der Bitte: zu uns komme dein Reich.

Sieh, für den erdgebundenen Menschen ist es der natürliche Weg, dass er aufsteigt vom Geschöpf zum Schöpfer, durch Maria zu Christus, durch Christus zum Vater. Das soll auch dein Weg sein. Er ist leicht und schnell und sicher. Geh diesen Weg durch Maria zu Christus und der Friede des Herrn wird mit dir sein immerdar.

Wir beten ein Ave Maria, dass wir durch Maria zum ewigen Frieden des Reiches Christi gelangen:
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade,
der Herr ist mit dir!
Du bist gebenedeit unter den Frauen
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes: Jesus!
Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder,
jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen. 

Bitte für uns, o Königin des Friedens,
dass wir im Frieden Christi leben und sterben.
Durch seine jungfräuliche Mutter verleihe uns der Herr
Heil und Frieden! Amen.
(Ben. am Mariensamstag)

Gebet:
Ewiger Friedenskönig Jesus Christus! Du hast gesagt: "Meinen Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch!" Nimm gnädig auf unser demütiges Gebet um den Frieden. Schenke uns den Frieden, den die Welt nicht geben kann. Schenke ihn uns auf die Fürbitte deiner heiligsten Mutter, der Königin des Friedens. Der du lebst und als König herrschest von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.


Maiandachtsbüchlein für Kirche und Haus von Pfarrer Joseph Willmes; A. Laumannsche Verlagsbuchhandlung Dülmen /Westf.;  AD 1935; S. 89-92 (mit kleinen Änderungen); (s. Quellen)
 
 

Sonntag, 11. Mai 2014

Maiandacht 10. Tag - Heilige Jugendweihe

 
Ich sprach zum Herrn: Mein Gott bist du,
mein Gut, mein einzig Gut bist du!
Mein Anteil ist der Herr,
Er ist mein Erbe auf ewig! (Psalm 15,2.5)


Aus dem heiligen Jugendleben der Gottesmutter erzählt uns die Überlieferung eine besondere Begebenheit, an die wir uns am Feste Mariä Opferung erinnern. Die Eltern, Joachim und Anna, führen ihr Kind nach Jerusalem zum Tempel Gottes. Die Eltern selbst bringen ihr Kind Gott dar, so wie sie es versprochen hatten. Sie weihen es Gott, d. h. es soll ganz Gott gehören, sein Eigentum sein.

Für Maria ist dieser Gang zum Tempel ein Ereignis, an dem sie auch persönlich nicht nur dem Leibe, sondern auch der Seele nach innigen Anteil nimmt. Wenn auch noch Kind, wenn auch noch die von den Eltern Geführte und Dargebotene, so ist sie doch auch selber schon die Darbietende. Ihre heilige Seele, die sich so oft im Gebete Gott erschlossen hat, will selber an heiliger Opferstätte sich Gott weihen.

Diese Weihe bedeutet mehr als nur eine Hingabe an Gott mit dem Willen. Nicht umsonst nennen wir diese Weihe eine Opferung. Darin kommt zum Ausdruck, dass  Gott diese Weihe annimmt. Es wird damit gewissermaßen eine Umänderung vollzogen in dem natürlichen Sein. Gott nimmt alle natürlichen Kräfte, die Maria ihm darbietet, in seine Dienste auf. Das aber ist der tiefste Sinn dessen, was wir Jungfräulichkeit nennen, dass ein Mensch mit allen seinen natürlichen und übernatürlichen Kräften ganz und ohne Vorbehalt Gott dienen, ja Gott ganz gehören will. Das ist der Wille, der über allen irdischen Sorgen und Arbeiten nur eine höchste Sorge und Arbeit kennt: wie Leib und Seele Gott gefallen. Maria spricht gleichsam: "Siehe, ich komme, o Gott, dass ich deinen Willen erfülle." 

Noch weiß Maria nicht, was Gott Großes an ihr getan hat und noch tun will. Noch glaubt sie, in eheloser Jungfräulichkeit Gott ihr Leben hindurch dienen zu können. Aber es liegt schon in dieser Opferung, in dieser heiligen Jugendweihe die Bereitschaft, den göttlichen Willen zu erfüllen in allem. Sie will restlos und selbstlos Gott gehören und ihm dienen.

Das auf Gebet und Gehorsam gegründete Jugendleben führt auch jetzt noch leicht dahin, sich Gott in der Jugend ganz zu weihen. Denn die jugendliche Seele, durch die Taufe von der Erbsünde befreit, spürt noch nicht sehr die bösen Folgen der Sünde. Rein und unbeschwert schwingt sich die Seele leicht zu Gott empor. Wenn doch alle Eltern es verständen, ihre Kinder hinzuführen zu Gott, dem Heiland der Liebe!

Der heilige Vater, Papst Pius X., hat in eindringlichen Worten allen Erziehern, besonders den Eltern, es ans Herz gelegt, ihre Kinder in zarter Jugend schon hinzuführen zum Tische des Herrn. Man könnte den Weißen Sonntag mit Recht einen Tag heiliger Jugendweihe nennen. Unschuldige Kinderseelen eilen hin zum göttlichen Kinderfreund. "Lasset die Kinder zu mir kommen," , so hat er sebst gesprochen. Und die Kinder kommen gern. Gern legen sie ihr Gelöbnis in die Hände des Priesters, ihre Jugend, ja ihr ganzes Leben Gott zu weihen.

Denke daran, meine Seele, wie du einst feierlich versprochen hast: "Ich glaube. Ich widersage." Mit freiem Willen weihtest du dich Gott, und er nahm deine Weihe an. er selber senkte sich in Brotsgestalt in deine Seele, berührte dich, ließ deinen Leib und deine Seele seine heilige Gegenwart empfinden. Seitdem will Gott selber dein Helfer sein in allen Gefahren, die einmal deiner Jugend drohen.

Nun sei du wiederum stark, halte dein Versprechen, dein Gelöbnis. Sei wie Maria bereit, Gottes Willen zu erfüllen, Gott allein zu dienen und ihn zu lieben aus deinem ganzen Herzen, mit deinem ganzen Gemüte und mit allen deinen Kräften.

Wir beten ein Ave Maria, dass Maria Herz und Sinn aller Jugendlichen zu Gott lenke und unsere katholische Jugend vor der Sünde bewahre:
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade,
der Herr ist mit dir!
Du bist gebenedeit unter den Frauen
und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes: Jesus!
Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder,
jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.

Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret es ihnen nicht,
denn ihrer ist das Himmelreich. (Matth 19,14)
Zum Altare Gottes lasst uns treten,
zu Gott, der uns erfreut von Jugend auf. (Psalm 42,4)


Gebet:
Göttlicher Kinderfreund, du hast gesagt: "Lasset die Kinder zu mir kommen!" Wir bitten dich von Herzen: Ziehe die Seelen aller Kinder und Jugendlichen an dich, in deine heilige Nähe. Lass uns alle als deine Kinder wie Maria in der Reinheit des Herzens dich lieben und mit Maria in kindlicher Liebe dir dienen und ganz dir angehören. Amen.


Maiandachtsbüchlein für Kirche und Haus von Pfarrer Joseph Willmes; A. Laumannsche Verlagsbuchhandlung Dülmen /Westf.;  AD 1935; S. 34-37; (s. Quellen)

Mittwoch, 20. November 2013

Die Gerechtigkeit des Fegefeuers - Ein Klartext von Benedikt XVI.


Nur Gott kann Gerechtigkeit schaffen. Und der Glaube gibt uns die Gewißheit: Er tut es. Das Bild des Letzten Gerichts ist zuallererst nicht ein Schreckbild, sondern Bild der Hoffnung, für uns vielleicht sogar das entscheidende Hoffnungsbild. Aber ist es nicht doch auch ein Bild der Furcht? Ich würde sagen: ein Bild der Verantwortung. Ein Bild daher für jene Furcht, von der der heilige Hilarius sagt, daß all unsere Furcht in der Liebe ihren Ort hat.[1] 

Gott ist Gerechtigkeit und schafft Gerechtigkeit. Das ist unser Trost und unsere Hoffnung. Aber in seiner Gerechtigkeit ist zugleich Gnade. Das wissen wir durch den Blick auf den gekreuzigten und auferstandenen Christus. Beides – Gerechtigkeit und Gnade – muß in seiner rechten inneren Verbindung gesehen werden. Die Gnade löscht die Gerechtigkeit nicht aus. Sie macht das Unrecht nicht zu Recht. Sie ist nicht ein Schwamm, der alles wegwischt, so daß am Ende dann eben doch alles gleich gültig wird, was einer auf Erden getan hat. Gegen eine solche Art von Himmel und von Gnade hat zum Beispiel Dostojewski in seinen Brüdern Karamasow mit Recht Protest eingelegt. Die Missetäter sitzen am Ende nicht neben den Opfern in gleicher Weise an der Tafel des ewigen Hochzeitsmahls, als ob nichts gewesen wäre.

Ich möchte an dieser Stelle einen Text von Platon zitieren, der eine Vorahnung des gerechten Gerichts ausdrückt, die in vielem auch für den Christen wahr und heilsam bleibt. Er spricht – gewiß in mythologischen Bildern, die aber unzweideutig Wahrheit sichtbar machen – davon, daß am Ende die Seelen nackt vor dem Richter stehen werden. Nun zählt nicht mehr, was sie einmal in der Geschichte gewesen waren, sondern nur das, was sie in Wahrheit sind. "Da hat er (der Richter) vielleicht die Seele eines [...] Königs oder Herrschers vor sich und sieht gar nichts Gesundes an ihr. Er findet sie durchgepeitscht und voll von Narben, die von Meineid und Ungerechtigkeit stammen [...] und alles ist schief voll Lüge und Hochmut, und nichts ist gerade, weil sie ohne Wahrheit aufgewachsen ist. Und er sieht, wie die Seele durch Willkür, Üppigkeit, Übermut und Unbesonnenheit im Handeln mit Maßlosigkeit und Schändlichkeit beladen ist. Bei diesem Anblick aber schickt er diese sofort in den Kerker, wo sie die verdienten Strafen erdulden soll [...] Manchmal aber sieht er eine andere Seele vor sich, eine, die ein frommes und ehrliches Leben geführt hat [...]; er freut sich über sie und schickt sie gewiß auf die Inseln der Seligen." [2]

Jesus hat uns zur Warnung im Gleichnis vom reichen Prasser und dem armen Lazarus (Lk 16, 19-31) das Bild einer solchen von Übermut und Üppigkeit zerstörten Seele gezeigt, die selbst einen unüberbrückbaren Graben zwischen sich und dem Armen geschaffen hat: den Graben der Verschlossenheit in den materiellen Genuß hinein, den Graben der Vergessenheit des anderen, der Unfähigkeit zu lieben, die nun zum brennenden und nicht mehr zu heilenden Durst wird. Dabei müssen wir festhalten, daß Jesus in diesem Gleichnis nicht von dem endgültigen Geschick nach dem Weltgericht handelt, sondern eine Vorstellung aufnimmt, die sich unter anderem im frühen Judentum findet und einen Zwischenzustand zwischen Tod und Auferstehung meint, in dem das endgültige Urteil noch aussteht.

45. Diese frühjüdische Vorstellung vom Zwischenzustand schließt die Auffassung ein, daß die Seelen nicht einfach nur in einer vorläufigen Verwahrung weilen, sondern schon Strafe erfahren, wie es das Gleichnis vom reichen Prasser zeigt, oder aber auch schon vorläufige Formen der Seligkeit empfangen. Und endlich fehlt nicht der Gedanke, daß es in diesem Zustand auch Reinigungen und Heilungen geben kann, die die Seele reif machen für die Gemeinschaft mit Gott.

Die frühe Kirche hat solche Vorstellungen aufgenommen, aus denen sich dann in der Kirche des Westens allmählich die Lehre vom Fegefeuer gebildet hat. Wir brauchen hier nicht auf die komplizierten historischen Wege dieser Entwicklung zu blicken; fragen wir einfach danach, worum es in der Sache geht.

Die Lebensentscheidung des Menschen wird mit dem Tod endgültig – dieses sein Leben steht vor dem Richter. Sein Entscheid, der im Lauf des ganzen Lebens Gestalt gefunden hat, kann verschiedene Formen haben. Es kann Menschen geben, die in sich den Willen zur Wahrheit und die Bereitschaft zur Liebe völlig zerstört haben. Menschen, in denen alles Lüge geworden ist; Menschen, die dem Haß gelebt und die Liebe in sich zertreten haben. Dies ist ein furchtbarer Gedanke, aber manche Gestalten gerade unserer Geschichte lassen in erschreckender Weise solche Profile erkennen. Nichts mehr wäre zu heilen an solchen Menschen, die Zerstörung des Guten unwiderruflich: Das ist es, was mit dem Wort Hölle [3] bezeichnet wird. Auf der anderen Seite kann es ganz reine Menschen geben, die sich ganz von Gott haben durchdringen lassen und daher ganz für den Nächsten offen sind – Menschen, in denen die Gottesgemeinschaft jetzt schon all ihr Sein bestimmt und das Gehen zu Gott nur vollendet, was sie schon sind.[4]

46. Aber weder das eine noch das andere ist nach unseren Erfahrungen der Normalfall menschlicher Existenz. Bei den allermeisten – so dürfen wir annehmen – bleibt ein letztes und innerstes Offenstehen für die Wahrheit, für die Liebe, für Gott im tiefsten ihres Wesens gegenwärtig. Aber es ist in den konkreten Lebensentscheidungen überdeckt von immer neuen Kompromissen mit dem Bösen – viel Schmutz verdeckt das Reine, nach dem doch der Durst geblieben ist und das doch auch immer wieder über allem Niedrigen hervortritt und in der Seele gegenwärtig bleibt.

Was geschieht mit solchen Menschen, wenn sie vor den Richter hintreten? Ist all das Unsaubere, das sie in ihrem Leben angehäuft haben, plötzlich gleichgültig? Oder was sonst? Der heilige Paulus gibt uns im Ersten Korinther-Brief eine Vorstellung von der unterschiedlichen Weise, wie Gottes Gericht auf den Menschen je nach seiner Verfassung trifft. Er tut es in Bildern, die das Unanschaubare irgendwie ausdrücken wollen, ohne daß wir diese Bilder auf den Begriff bringen könnten – einfach weil wir in die Welt jenseits des Todes nicht hineinschauen können und von ihr keine Erfahrung haben.

Zunächst sagt Paulus über die christliche Existenz, daß sie auf einen gemeinsamen Grund gebaut ist: Jesus Christus. Dieser Grund hält stand. Wenn wir auf diesem Grund stehengeblieben sind, auf ihm unser Leben gebaut haben, wissen wir, daß uns auch im Tod dieser Grund nicht mehr weggezogen werden kann. Dann fährt Paulus weiter: "Ob aber jemand auf dem Grund mit Gold, Silber, kostbaren Steinen, mit Holz, Heu oder Stroh weiterbaut: das Werk eines jeden wird offenbar werden; jener Tag wird es sichtbar machen, weil es im Feuer offenbart wird. Das Feuer wird prüfen, was das Werk eines jeden taugt. Hält das stand, was er aufgebaut hat, so empfängt er Lohn. Brennt es nieder, dann muß er den Verlust tragen. Er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durch Feuer hindurch" (3,12-15). In diesem Text zeigt sich auf jeden Fall, daß die Rettung der Menschen verschiedene Formen haben kann; daß manches Aufgebaute niederbrennen kann; daß der zu Rettende selbst durch "Feuer" hindurchgehen muß, um endgültig gottfähig zu werden, Platz nehmen zu können am Tisch des ewigen Hochzeitsmahls.

47. Einige neuere Theologen sind der Meinung, daß das verbrennende und zugleich rettende Feuer Christus ist, der Richter und Retter. Das Begegnen mit ihm ist der entscheidende Akt des Gerichts. Vor seinem Anblick schmilzt alle Unwahrheit. Die Begegnung mit ihm ist es, die uns umbrennt und freibrennt zum Eigentlichen unserer selbst. Unsere Lebensbauten können sich dabei als leeres Stroh, als bloße Großtuerei erweisen und zusammenfallen. Aber in dem Schmerz dieser Begegnung, in der uns das Unreine und Kranke unseres Daseins offenbar wird, ist Rettung. Sein Blick, die Berührung seines Herzens heilt uns in einer gewiß schmerzlichen Verwandlung "wie durch Feuer hindurch". Aber es ist ein seliger Schmerz, in dem die heilige Macht seiner Liebe uns brennend durchdringt, so daß wir endlich ganz wir selber und dadurch ganz Gottes werden.

So wird auch das Ineinander von Gerechtigkeit und Gnade sichtbar: Unser Leben ist nicht gleichgültig, aber unser Schmutz befleckt uns nicht auf ewig, wenn wir wenigstens auf Christus, auf die Wahrheit und auf die Liebe hin ausgestreckt geblieben sind. Er ist im Leiden Christi letztlich schon verbrannt. Im Augenblick des Gerichts erfahren und empfangen wir dieses Übergewicht seiner Liebe über alles Böse in der Welt und in uns. Der Schmerz der Liebe wird unsere Rettung und unsere Freude. Es ist klar, daß wir die "Dauer" dieses Umbrennens nicht mit Zeitmaßen unserer Weltzeit messen können. Der verwandelnde "Augenblick" dieser Begegnung entzieht sich irdischen Zeitmaßen – ist Zeit des Herzens, Zeit des "Übergangs" in die Gemeinschaft mit Gott im Leibe Christi.[5]

Das Gericht Gottes ist Hoffnung, sowohl weil es Gerechtigkeit wiewohl weil es Gnade ist. Wäre es bloß Gnade, die alles Irdische vergleichgültigt, würde uns Gott die Frage nach der Gerechtigkeit schuldig bleiben – die für uns entscheidende Frage an die Geschichte und an Gott selbst. Wäre es bloße Gerechtigkeit, würde es für uns alle am Ende nur Furcht sein können. Die Menschwerdung Gottes in Christus hat beides – Gericht und Gnade – so ineinandergefügt, daß Gerechtigkeit hergestellt wird: Wir alle wirken unser Heil "mit Furcht und Zittern" (Phil 2, 12). Dennoch läßt die Gnade uns alle hoffen und zuversichtlich auf den Richter zugehen, den wir als unseren "Advokaten", parakletos, kennen (vgl. 1 Joh 2, 1).

48. Noch ein Motiv muß hier Erwähnung finden, weil es für die Praxis christlichen Hoffens Bedeutung hat. Wiederum schon im Frühjudentum gibt es den Gedanken, daß man den Verstorbenen in ihrem Zwischenzustand durch Gebet zu Hilfe kommen kann (z.B. 2 Makk 12, 38- 45; 1. Jahrhundert v. Chr.). Die entsprechende Praxis ist ganz selbstverständlich von den Christen übernommen worden, und sie ist der Ost- und Westkirche gemeinsam. Der Osten kennt kein reinigendes und sühnendes Leiden der Seelen im "Jenseits", wohl aber verschiedene Stufen der Seligkeit oder auch des Leidens im Zwischenzustand. Den Seelen der Verstorbenen kann aber durch Eucharistie, Gebet und Almosen "Erholung und Erfrischung" geschenkt werden.

Daß Liebe ins Jenseits hinüberreichen kann, daß ein beiderseitiges Geben und Nehmen möglich ist, in dem wir einander über die Grenze des Todes hinweg zugetan bleiben, ist eine Grundüberzeugung der Christenheit durch alle Jahrhunderte hindurch gewesen und bleibt eine tröstliche Erfahrung auch heute. Wer empfände nicht das Bedürfnis, seinen ins Jenseits vorangegangenen Lieben ein Zeichen der Güte, der Dankbarkeit oder auch der Bitte um Vergebung zukommen zu lassen?

Nun könnte man weiterfragen: Wenn das "Fegefeuer" einfach das Reingebranntwerden in der Begegnung mit dem richtenden und rettenden Herrn ist, wie kann dann ein Dritter einwirken, selbst wenn er dem anderen noch so nahesteht? Bei solchem Fragen sollten wir uns klarmachen, daß kein Mensch eine geschlossene Monade ist. Unsere Existenzen greifen ineinander, sind durch vielfältige Interaktionen miteinander verbunden. Keiner lebt allein. Keiner sündigt allein. Keiner wird allein gerettet. In mein Leben reicht immerfort das Leben anderer hinein: in dem, was ich denke, rede, tue, wirke. Und umgekehrt reicht mein Leben in dasjenige anderer hinein: im Bösen wie im Guten. So ist meine Bitte für den anderen nichts ihm Fremdes, nichts Äußerliches, auch nach dem Tode nicht. In der Verflochtenheit des Seins kann mein Dank an ihn, mein Gebet für ihn ein Stück seines Reinwerdens bedeuten.

Und dabei brauchen wir nicht Weltzeit auf Gotteszeit umzurechnen: In der Gemeinschaft der Seelen wird die bloße Weltzeit überschritten. An das Herz des anderen zu rühren, ist nie zu spät und nie vergebens. So wird ein wichtiges Element des christlichen Begriffs von Hoffnung nochmals deutlich. Unsere Hoffnung ist immer wesentlich auch Hoffnung für die anderen; nur so ist sie wirklich auch Hoffnung für mich selbst.[6] Als Christen sollten wir uns nie nur fragen: Wie kann ich mich selber retten? Sondern auch: Wie kann ich dienen, damit andere gerettet werden und daß anderen der Stern der Hoffnung aufgeht? Dann habe ich am meisten auch für meine eigene Rettung getan.


[1] Vgl. Tractatus super Psalmos, Ps 127, 1-3: CSEL 22, 628- 630.
[2] Gorgias 525a-526c.
[3] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1033-1037.
[4] Vgl. ebd., Nr. 1023-1029.
[5] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1030-1032.
[6] Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1032.



Benedikt XVI.  in der Enzyklika "Spe salvi" vom 30.11.2013



Weiteres zum Thema "Purgatorium (Fegefeuer)":

 

Dienstag, 19. November 2013

Gedenktafel der armen Seelen im Fegfeuer


O Herr, erbarme Dich der armen leidenden Seelen im Fegfeuer und hilf:

Meinen lieben Eltern und Vorfahren, — mein Jesus Barmherzigkeit! -  
Meinen Geschwistern und nächsten Anverwandten, – mein Jesus Barmherzigkeit! -

Allen meinen geistigen und leiblichen Wohltätern, – mein Jesus …. –

Meinen früheren Freunden und Untergebenen, -

Allen, denen ich Liebe und Gebet schulde, -

Denen ich Nachteil und Schaden gebracht, -

Auch denen, die sich gegen mich verfehlt haben, -

Allen, die von Dir, o Herr, besonders geliebt sind, -

Allen, die der Vereinigung mit Dir am nächsten sind, -

Allen, die am sehnlichsten nach Dir verlangen, -

Allen, die am meisten zu leiden haben, -

Allen, die der Befreiung am fernsten sind, -

Allen, die am wenigsten Hilfe empfangen, -

Allen, die am meisten um die Kirche verdient sind, -

Allen Reichen, die dort am ärmsten sind, -

Den Mächtigen, die nun wie geringe Diener sind, -

Den Blinden, die jetzt ihre Torheit einsehen, -

Den Eitlen, die ihre Zeit verschwendeten, -

Den Armen, die Gottes Reichtum nicht suchten, -

Den Lauen, die das Gebet nicht übten, -

Den Trägen, die so manches Werk versäumten, -

Den Schwachgläubigen, welche die heiligen Sakramente vernachlässigten, -

Den Gewohnheitssündern, die nur durch ein Wunder der Gnade Gottes gerettet sind, -

Den Eltern, die nicht über ihre Kinder wachten,-

Den Vorgesetzten, die um das Seelenheil der Untergebenen sich nicht kümmerten,-

Den armen Menschen, die fast nur nach Geld oder Vergnügen strebten, -

Den irdisch Gesinnten, die ihr Geld oder Talent nicht für den Himmel nutzbar machten, -

Den Toren, die so viel sterben sahen und dennoch ihres Todes nicht gedachten, -

Denen, die ihr Haus nicht beizeiten bestellten und zur großen Reise nicht zeitig rüsteten, -

Allen, die Du um so strenger richtest, je Größeres Du ihnen anvertrautest, -

Den Päpsten, Königen und Fürsten, -

Den Bischöfen und ihren Ratgebern, -

Meinen Lehrern und Seelenhirten, -

Den verstorbenen Priestern dieses Bistums, -

Den Priestern der ganzen katholischen Kirche, -

Den Verteidigern des heiligen Glaubens, -

Den auf den Schlachtfeldern Gefallenen, -

Den im Meere Begrabenen, -

Den ohne Sakramente Dahingeschiedenen, -

Allen, die heute oder morgen sterben werden, -

Meiner eigenen armen Seele, wenn sie einstens vor Deinem Gerichte erscheinen wird. -

Herr, gib allen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen! 
Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste,
wie es war im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit!

Amen.


 (aus gegebenem Anlass wieder aus dem Gebets-Schatzkästlein hervorgeholt...)


Weiteres zum Thema "Purgatorium (Fegefeuer)":



 (Mit Dank an Kassandra für die Erinnerung an diesen Post)
Foto: Fegefeuer-Darstellung an der Wallfahrtskirche Maria Thann, Landkreis Lindau (B)

Mittwoch, 24. April 2013

Das vertrauensvolle Gebet

Das Gebet hat große Kraft,
das ein Mensch nach bestem Können verrichtet.

Es macht ein bittres Herz süß,
ein trauriges froh,
ein armes reich,
ein törichtes weise,
ein verzagtes kühn,
ein schwaches stark,
ein blindes sehend,
ein kaltes brennend.
Es zieht den großen Gott
in ein kleines Herz.
Es trägt die hungrige Seele
empor zu Gott, dem lebendigen Quell,
und bringt zusammen zwei Liebende:
Gott und die Seele.

Heilige Gertrud von Helfta



Dienstag, 29. Januar 2013

Wahre Freundschaft (4)

 
Wie köstlich ist eine Freundschaft, deren Band die Liebe, die Frömmigkeit, die Religion ist!

Vollkommen ist sie, weil sie von Gott kommt und zu ihm hinführt; vollkommen, weil sie Gott zum Beweggrund und Inhalt hat; vollkommen, weil sie in Gott von ewiger Dauer ist. Wie schön ist es, auf Erden so zu lieben, wie man im Himmel liebt!

Ich rede hier nicht vom einfachen Wohlwollen, das uns mit allen Menschen verbinden soll, ich rede von jener tieferen Freundschaft, durch die sich Menschen in Gott verbinden, einander ihre guten Gedanken und Wünsche aussprechen und in Gott ein Herz und eine Seele werden...

Franz von Sales in: Philothea; Verlag Ars sacra München AD 1961; S. 116f

Heiliger Franz von Sales, bitte für uns!



Bild: hl. Franz von Sales (1567-1622)

Samstag, 12. Januar 2013

Seniorenheime

Von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

Eigentlich sollten uns die Verkehrtheiten, in die der menschliche Geist verfällt, wenn er gegen Ursprung und Ziel rebelliert, nicht verwundern. Und dennoch geschieht es immer wieder, daß wir von Einfällen erfahren, die uns in ihrer Verkommenheit unglaublich erscheinen. So erging es mir, als ich von einem Projekt erfuhr, das seit einigen Jahren in dänischen Seniorenheimen durchgeführt wird: Ich wollte und konnte diese Ausgeburt kranker Hirne zunächst nicht für wahr halten. Und doch entsprach die Nachricht den Tatsachen. 

Dänische Heimleiter hatten sich nämlich überlegt, wie sie die Lebensqualität der alten Menschen heben, sie besser unterhalten und rundum zufriedenzustellen könnten, und waren dabei in ihren Gedankengängen auf die schlüpfrigen Pfade der Erotik gelangt. Mit dem Ergebnis, daß in den entsprechenden Häusern nun regelmäßig pornographische Filme vorgeführt und sexuelle Dienstleistungen für die Bewohner angeboten werden – selbstverständlich durch „Fachpersonal“... Auf Einzelheiten sei hier verzichtet. Jedenfalls sehen sich die Leiter der Seniorenheime in ihrer Initiative bestätigt. Die Bewohner seien jetzt viel lebhafter und wacher, die Kommunikation unter ihnen habe sich verbessert, Streitigkeiten, früher an der Tagesordnung, kämen seither nicht mehr vor.

Gesetzt den Fall, diese Auswertung und propagandistische Empfehlung des Projektes „Sex im Altenheim“ entspräche den Tatsachen: Auch dann bestünde für uns kein Grund zur Freude, handelt es sich hierbei doch um nichts weiter als um Verführung zur Unzucht, zu einer schweren Sünde also, die nach dem mahnenden Wort des heiligen Paulus vom Reich Gottes ausschließt (vgl. Gal 5,19-22). Näher bedacht, erkennen wir darin einen raffinierten Angriff auf die Menschen an der Schwelle zum Jenseits. Offensichtlich sollen diese auf alle nur erdenkliche Weise von einer Hinwendung zu ihrem Schöpfer und Herrn, von Gebet und Besinnung, Umkehr und Buße abgehalten werden. Schwer vorstellbar, daß lüsterne Greise ein starkes Verlangen nach Reinheit und Heiligkeit in sich tragen...

Das dänische Unternehmen gibt zu wichtigen Gedanken auch über unsere Seniorenheime Anlass. Als Priester muß ich es öfters erleben, welch traurigen, bisweilen beklemmenden Anblick das Innere vieler dieser Häuser bietet. Da verbringen Menschen, die ein verehrungswürdiges Alter erreicht haben, häufig einen einsamen und trüben Lebensabend fernab von der Familie. Auch solche, die durchaus noch dazu in der Lage wären, finden sich selten zu Gesprächen oder gemeinschaftlichen Aktivitäten zusammen. Zwar organisieren die meisten Heime lobenswerterweise gelegentliche Ausflüge, Spielnachmittage, Sing- und Gymnastikkreise. Tiefere Erfüllung aber und innerer Zusammenhalt unter den alten Menschen sind von diesen Veranstaltungen kaum zu erwarten. 

Allenfalls die flimmernden Bilder des unentwegt laufenden Fernsehapparates bringen eine gewisse Abwechslung in das ereignislos verlaufende Leben, ohne freilich die Aufmerksamkeit auf Dauer fesseln zu können. Mehrmals hatte ich bei priesterlichen Besuchen in Seniorenheimen zunächst einmal eine geschwätzige Talkshow oder eine Seifenoper abzuschalten und dann den alten Menschen, der inmitten dieser optischen und akustischen Berieselung eingeschlafen war, zu wecken, bevor an die Spendung der heiligen Sakramente zu denken war. 

Unter religiösem Gesichtspunkt sind auch diese Einrichtungen, obwohl weit entfernt vom Ungeist jener dänischen Heime, alles andere als günstig. Eine betagte Dame, die früher täglich die heilige Messe besuchte und ein frommes Leben führte, gestand mir, im Seniorenheim das Beten völlig verlernt zu haben. Das ist unter den gegebenen Umständen nicht weiter erstaunlich, aber dennoch tieftraurig. Ausgerechnet am Ende des Erdenweges sollte die zeitlebens treu geübte Betrachtung der Rosenkranzgeheimnisse dem leeren Blick auf die Mattscheibe weichen? 

Hieraus ergibt sich als eine hochwichtige Forderung unserer Zeit: Wir brauchen katholische Altenheime. Ich denke an Häuser wie das Kurhaus Marienburg in St. Pelagiberg (Schweiz, Kanton Thurgau), wo die Bewohner täglich an der (traditionellen!) Heiligen Messe und an einer Sakramentsandacht teilnehmen können, wo regelmäßige Gelegenheit zur Beichte besteht, wo die Kapelle mit dem eucharistischen Herrn auch außerhalb der Gottesdienstzeiten zum einsamen und gemeinsamen Gebet einlädt und das Hinscheiden zumeist unter priesterlichem Beistand stattfindet. Welcher Schatz und Segen wären derartige Seniorenheime nicht nur für die Bewohner selbst, sondern darüber hinaus für die ganze Kirche, deren Anliegen von einem Heer eifriger und meistens leidender Beter vor Gott hingetragen würde!




Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)
- Bild:  Papst Johanes XXIII.

Sonntag, 22. Juli 2012

Discretio - die Mutter aller Tugenden


Gregor (der Große) rühmt an Benedikts Regel vor allem den Geist des Maßes. Diese Weisheit des Maßes beruht auf der Tugend der discretio, auf dem Unterscheidungsvermögen. Unterscheiden-Können (discernere, wovon discretio abgeleitet ist) galt schon den Altvätern Ägyptens als die Mutter aller Tugenden.

Auch bei Johannes Cassian, der sozusagen Benedikts Lieblingsautor war, spielt die Unterscheidungsgabe eine ganz entscheidende Rolle. Etwa vom Jahr 385 an hat Cassian rund zehn Jahre unter den Mönchen Ägyptens gelebt. In der Form von Vierundzwanzig "Unterredungen" (Collationes") hat Cassian später die geistlichen Unterweisungen berühmter Altväter niedergeschrieben. In der Zweiten Unterredung spricht Altvater Moses zu Cassian und seinem Freund Germanus ausführlich über die Tugend der discretio.

Aus seiner Knabenzeit erinnert sich Moses, daß sich eines Tages beim Heiligen Antonios (den man in Ägypten damals schon den "Großen" zu nennen pflegte) eine Reihe ehrwürdiger Altväter versammelt hatte. Es war beinahe eine Art Konzil, denn sie hatten eine wichtige Frage zu klären.

Die ganze Nacht über suchten sie zu ergründen, auf welchem Pfade der Mönch am sichersten zum Gipfel der Vollkommenheit gelangen könne, und was ihm am zuverlässigsten vor den Täuschungen und Fallstricken des Teufels bewahren werde.

Da waren einige, die erhofften sich am meisten von Fasten und Nachtwachen: der dadurch ernüchterte Geist werde sich umso leichter Gott einen können.

Andere setzte mehr auf totalen Besitzverzicht: eine Seele, die durch keine Habgier mehr gefesselt sei, werde umso ungehinderter zu Gott streben.

Wieder andere hielten die Einsamkeit und Stille  einer Eremitenzelle für ein unübertreffliches Mittel, nur noch Gott anzuhangen. Was dann freilich wieder die Gegenfrage heraufbeschwor, ob nicht nach dem Evangelium die Werke der Barmherzigkeit noch wichtiger seien.

Jeder der Altväter hatte für die Wahl seiner Haupttugend gewichtige Argumente aufzubieten. Schließlich ergriff Antonios das Wort. Für einen Menschen, der nach Gott dürste, seien alle hier aufgezählten Tugenden notwendig und nützlich - freilich nur dann, wenn sie mit der gebührenden discretio geübt würden. Ohne den Geist der Unterscheidung und des Maßes könne jede andere Tugend entarten.

Es gibt nicht nur Exzesse der Gier, sondern auch Exzesse der Entsagung.

Unerleuchteter Eifer beim Üben einer Tugend kann in Untugend umschlagen.

Die Tugend der discretio lehrt den "königlichen Weg" der Mitte, der die Extreme nach beiden Seiten hin vermeidet.


aus Gertrude und Thomas Sartory: Benedikt von Nursia - Weisheit des Maßes; Herderbücherei Bd. 884; AD 1981, S. 118/119 (s. Quellen)


(Hervorhebungen in Fettdruck durch Admin)

Freitag, 13. Juli 2012

Heiliger Unsterblicher, erbarme Dich unser!


+

Himmlischer König,
Tröster, Geist der Wahrheit,
der Du überall bist und alles erfüllst.
Schatzwalter der Güter
und Spender des Lebens
komm und wohne in uns,
reinige uns von jeglichem Makel,
und erlöse, Gütiger, unsere Seelen.

+

Heiliger Gott,
Heiliger Starker,
Heiliger Unsterblicher,
erbarme Dich unser.

+


Gebet zu Beginn eines jeden Gottesdienstes in der Ostkirche





Foto: Christus Pantokrator; russische Ikone; erstes Viertel 18.Jh.

Montag, 5. März 2012

Die Kraft des Gebetes

Das Gebet hat große Kraft,
Das ein Mensch verrichtet
Nach bestem Können.

Es macht ein bitteres Herz süß,
Ein trauriges froh,
Ein armes reich,
Ein törichtes weise,
Ein verzagtes kühn,
Ein schwaches stark,
Ein blindes sehend,
Ein kaltes brennend.

Es zieht den großen Gott
In ein kleines Herz;
Es trägt die hungrige Seele
Empor zu Gott, dem lebendigen Quell,
Und bringt zusammen zwei Liebende:
Gott und die Seele.

Hl. Gertrud von Helfta (die Große)
(1256 - 1302)


Foto: Lawrence OP

Sonntag, 4. März 2012

Tabor






In der heiligen Wandlung wird das, was uns das Evangelium berichtet, leibhaftige Gegenwart und Wirklichkeit. Unser Altar ist der Tabor. Auf ihm thront die Herrlichkeit des Verklärten. Vom Himmel herab ruft der Vater die Worte: "Dieser ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlge-fallen habe."


Ihm, diesem geliebten Sohn, sind wir in heiliger Opfergemeinschaft innigst verbunden, mit Ihm ein Opfer, eine Hostie, eine Opfergabe geworden. Mit Ihm und durch Ihn sind wir Kinder Gottes. Mit Seinem Munde und mit Seinem Herzen rufen wir: Pater noster.

Wahrlich, an diesem unserem Rufen und Flehen, aus dem der Vater die Stimme Seines Vielgeliebten heraushört, hat Er Sein ganzes Wohlgefallen. Was muß es uns noch wundern, wenn Er über uns in der heiligen Kommunion die Fülle Seines Segens und Seiner Gnade ergießt, uns mit dem Leben Christi nährt und sättigt?

In der heiligen Kommunion ist mein eigenes Herz der Tabor geworden, der Schauplatz der wonnigen Verklärung. Das Licht, das den Verklärten einhüllt, erleuchtet die Finsternisse meines Wesens. Die Wonnen, die sich über den Verklärten ergießen, strömen über auf meine Seele. Der vielgeliebte Sohn ist mein Eigentum und Besitztum. Er lebt in mir, nicht mehr ich selbst.

Er senkt mir den unvergänglichen Keim der ewigen Verklärung ins Herz. So schreite ich wacker, stark und standhaft voran, durch die Nacht zum Licht, zur Helle eines ewigen Ostertages. "Wandelt als Kinder des Lichtes" (Eph 5,8).

Text entnommen aus: Benedikt Baur O.S.B.: "Werde Licht!" AD 1952 (s. Quellen)

Bild: Verklärung Christi auf dem Berge Tabor; Carl Bloch (1834-1890)

Samstag, 11. Februar 2012

Heiliger Raum

Der natürliche Raum hat Richtungen; die drei, die wir kennen. Sie bedeuten, daß geordneter Raum sei, kein Chaos. Ordnung des Nebeneinander des Über- und Hintereinander. Sie macht, daß unser Leben sich sinnvoll aufbauen und bewegen kann; daß wir Werke aufrichten können, gestalten und wohnen.

Auch der übernatürliche Raum, der heilige, hat eine Ordnung. Sie ist vom Mysterium her begründet.


Die Kirche ist von Westen nach Osten gebaut, zum Aufgang der Sonne hin. Die Sehne des Sonnenbogens läuft durch sie. Sie soll die ersten Strahlen empfangen und die letzten. Christus ist die Sonne der heiligen Welt. Die Richtung seiner Bahn ist die Ordnung des heiligen Raumes, alles Bauens und aller Gestalt, die recht gestellt ist ins ewige Leben.

Wenn das Evangelium gelesen wird, dann wird das Meßbuch nach links gerückt, das ist nach Norden hin, denn der Altar steht ja ostwärts gewendet. Aus dem Süden kommt das heilige Wort und geht nach dem Norden. Das bedeutet nicht nur die geschichtliche Erinnerung, daß es einst vom Mittelmeer heraufkam.

Süden ist Fülle des Lichtes, Gleichnis der übernatürlichen Klarheit, Norden Sinnbild der Kälte und des Dunkels. Aus dem Lichte kommt das Gotteswort; Er, der Licht der Welt ist, und in der Finsternis leuchtet, und in das Dunkel dringt, ob er wohl aufgenommen werde.

Eine dritte Richtung ist die von oben nach unten.Wenn der Priester das Opfer bereitet, dann hebt er Schale und Kelch hinauf. Denn Gott ist "droben", "der Heilige in der Höhe". Hinauf hebt der Bittende Blick und Hand, de profundis "zu den heiligen Höhen". Und wenn der Bischof segnet, oder der Priester bei einer Weihung, dann senken sie die Hand auf das Haupt des Knienden, auf die daliegenden Dinge. Denn alles Geschöpf ist "unten", und der Segen kommt vom Allerhöchsten herab.

Das ist die dritte Richtung des heiligen Raumes.  Die Richtung der Seele: Der Sehnsucht, des Gebetes und des Opfers. Die Richtung Gottes: Der Gnade, der Erfüllung, des Sakraments.

So gehen die drei Richtungen des heiligen Raumes:

Zum Angesicht der aufgehenden Sonne, und die ist Christus. Ihr entgegen geht der Blick des Glaubenden; von ihr her der Strahl des Gotteslichtes in unser Herz. Die große Ostung der Seele und der Herabstieg Gottes.

Die Richtung des Nordens nach dem Süden, wo das Dunkel nach dem Lichte schaut, das im göttlichen Worte strahlt. Das kommt aus dem brennenden Herzen, zu leuchten und zu wärmen.

Und die von unten nach oben: Die Bewegung der Seele in Sehnsucht, Gebet und Opfer, aus der Tiefe zum Thron des allerhöchsten Gottes. Ihr antwortet die Erfüllung, herabkommend in der Gnade, in Segen und Sakrament. 


Romano Guardini: Von heiligen Zeichen; AD 1927  (s. Quellen)


 +       +       +


S. auch die beiden Beiträge  vom Prof. Klaus Gamber über die Gebets-/ Zelebrationsrichtung und dortige weiterführende Links:



Samstag, 4. Februar 2012

Wortlos

Je nachdem der Herr sieht, wie man ihn aufnimmt, gibt er seine Gnaden und sich selbst. Wer ihn liebt, den liebt er wieder; und welch ein auserwählter Liebhaber, welch ein guter Freund ist er!

O Herr meiner Seele, hätte ich doch Worte, um zu erklären, was du denen gibst, die sich dir anvertrauen...


Hl. Teresa von Avila
in: Das Leben der hl. Teresa von Jesus 22,17  (s. Quellen) 

Foto: Kloster der Dominikaner St. Sabina, Rom; Lawrence OP

Montag, 16. Januar 2012

Im Felsengrund der Wahrheit verankert sein



Sieh, wie hilflos die Seele da liegt, die noch nicht wurzelt in dem Felsengrund der Wahrheit!


Augustinus, Conf. 4,14




Hafen von Dubrovnik; Foto: Tambako the Jaguar

Dienstag, 3. Januar 2012

Der gute Wille

Fra Angelico: Schar der Heiligen; 15.Jh.
"Wenn die Christen das Wort Heiligkeit hören, denken sie an allerlei schreckliche Abtötungen und wunderbare Gaben, wovon gewisse Heiligenleben nur zuviel erzählen. Das ist ein grober Irrtum. Alle Getauften haben durch ihre Verbindung mit dem Auferstandenen Erlöser die "heiligmachende Gnade" empfangen: sie sind "Geheiligte". Darum wurden die Christen von den Aposteln selbst "die Heiligen" genannt (1Kor 16,15; 1 Tim 5,10; Röm 1,7; 12, 13, etc.).

Die Taufgnade ist jedoch nur ein Keim, der sich entfalten und wachsen soll "bis zur Vollreife Christi" (Eph 4,13), d. h. bis die Verbindung der Seele mit Christus jenen Grad erreicht, den Gott ihr von Ewigkeit bestimmt hat... Jeder Christ ist zur Heiligkeit berufen: er hat die Taufgnade zur Reife zu bringen:"Das ist der Wille Gottes, eure Heiligung" (1 Thess 4,3).

Wer aus allen Kräften danach strebt, durch Christus ein gottverbundenes Leben zu führen, der verwirklicht das Tugendideal, zu dem Gott ihn ins Dasein rief und erlöste. Mit anderen Worten, der gute Wille ist unserseits das einzig Notwendige, um zur Heiligkeit zu gelangen. Unsere große und beständige Sorge soll daher sein, den guten Willen in uns unversehrt zu bewahren und immer mehr zu festigen. Denn, sagt der hl. Albert d. Gr., "der gute Wille ersetzt alles, er geht über alles".

Der gute Wille übergibt nämlich Gott dem Herrn durch einen äußerst einfachen Akt der Liebe den ganzen Menschen: die Vergangenheit überläßt er der Barmherzigkeit Gottes, die Zukunft stellt er seiner Güte anheim, dem jetzigen Augenblick allein widmet er seine ganze Aufmerksamkeit, um ihn zu heiligen"


aus: P. Joseph Schryvers C.Ss.R.: Der gute Wille; AD 1959 (s. Quellen)

(Hervorhebungen durch Administrator)

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Unschuldige Kinder

Das nebenstehende Bild ist ein Detail aus einem bleiverglasten Fenster, das gleich zwei Feste der Weihnachtswoche zeigt:
Den hl. Johannes den Evangelisten (27. Dez.) und die Unschuldigen Kinder, deren Gedenken heute, am 28. Dezember begangen wird:

"Als Herodes merkte, dass ihn die Sterndeuter getäuscht hatten, wurde er sehr zornig und er ließ in Betlehem und der ganzen Umgebung alle Knaben bis zum Alter von zwei Jahren töten, genau der Zeit entsprechend, die er von den Sterndeutern erfahren hatte.


Damals erfüllte sich, was durch den Propheten Jeremia gesagt worden ist:
Ein Geschrei war in Rama zu hören, lautes Weinen und Klagen: Rahel weinte um ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn sie waren dahin." (Matth 2,16-18)


Aus der Predigt von Kardinal Meisner zum Fest der Unschuldigen Kinder im vergangenen Jahr, am 28. Dezember 2010

"Es gibt keine Würde zum Verramschen, zum Menschenschlussverkauf. Denn diese Würde wurzelt in dem Faktum, dass der Mensch von Gott erschaffen ist nach seinem Ebenbild. Im Ebenbild – vergessen wir das nicht! – ist Gott als Urbild gegenwärtig.

Deshalb, so heißt es im Buch der Weisheit, betrachtet der Kreator sein Geschöpf auch „mit großer Ehrfurcht“, denn er erkennt sich selbst im Menschen. Wer Hand an den Menschen legt, in welcher Phase seiner biologischen Entwicklung auch immer, trifft Gott. Das ahnen gottlob auch viele Zeitgenossen, wie die letzten Diskussionen über die PID zeigt. Auch die Bundeskanzlerin hat sich ja für ein striktes Verbot der Präimplantationsdiagnostik ausgesprochen.

Hier gibt es keinen Mittelweg, keinen Kompromiss. Der Mensch in seiner Würde ist von dem Moment an da, wo die Eizelle befruchtet ist. Ab diesem Moment ist nicht nur neues Leben vorhanden, das sich als Mensch entwickelt. Ab diesem Moment stehen wir vor einer neuen genetischen Identität, d.h. einem einzigartigen neuen Ebenbild Gottes. Und niemand hat das Recht, hier eine Auswahl zu treffen, weil ihm die Verhüllung dieser Identität nicht passt.

PID zieht immer Selektion und Tötung nach sich. Wer PID zulässt, sagt Nein zum Leben und damit Nein zum Schöpfer und damit Nein zu Gott selbst. Dieses Nein aber bedingt gleichsam lawinenartig eine weitere Lockerung des Lebensschutzes: Der Präsident der Bundesärztekammer, Hoppe, geht jetzt davon aus, dass auch der Bundestag 2011 für eine bedingte Zulassung von PID stimmen wird. Gleichzeitig erklärte Hoppe, auch das ärztliche Berufsrecht sollte in dem Sinne geändert werden, dass eine assistierte Selbsttötung durch Ärzte nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird.

Warum treffen sich denn viele verantwortungsbewusste und bedrückte Christen gerade am Fest der Unschuldigen Kinder, um ihre Stimme besonders für das Leben und die ungeborenen Kinder zu erheben? Sie sehen mit Recht, dass auch Herodes damals eine Selektion vorgenommen hat: „Er ließ in Bethlehem und der ganzen Umgebung alle Knaben bis zum Alter von zwei Jahren töten, genau der Zeit entsprechend, die er von den Sterndeutern erfahren hatte“ (Mt 2,16). So haben wir es soeben im Evangelium bei Matthäus 2,16 gehört.

Die Kriterien des Herodes waren: Ort, Alter, Geschlecht, Stand der Forschung. Die Befürworter der PID haben auch ihre Kriterien, und sie machen sich auch den Stand der Forschung zunutze. Gewiss, es ist politisch unkorrekt, diesen Vergleich zu ziehen, weil die Befürworter von PID um ihre Entscheidung gerungen haben.

Aber bei allem Ringen: Diese Entscheidung ist falsch! Sie tötet genetische Identitäten, sie tötet die Einzigartigkeit dieser Identitäten, sie tötet Personen, Menschen, sie tötet Abbilder Gottes, sie vergreift sich an Gott selbst." 

(Hervorhebungen durch Administrator)

Die ganze Predigt ist HIER nachzulesen (bitte klicken). 

Dienstag, 29. November 2011

Zum Ende des Allerseelen-Monats November

Nach einem alten Gebetszettelchen

Gedenktafel der Armen Seelen in den Flammen des Fegefeuers


O Herr, erbarme Dich der armen, leidenden Seelen und hilf:

Meinen lieben Eltern und Vorfahren, - Mein Jesus, Barmherzigkeit!

Meinen Geschwistern und nächsten Anverwandten,

- Mein Jesus..., (ebenso bei den folgenden Bitten)

Allen meinen geistlichen und leiblichen Wohltätern,

Allen, die mir durch Freundschaft nahestanden,

Allen, denen ich Liebe oder Gebet schulde,

Allen, denen ich Nachteile oder Schaden gebracht,

Allen, die sich gegen mich verfehlt haben,

Die der Vereinigung mit Dir am nächsten sind,

Die am meisten zu leiden haben,

Die der Befreiung am fernsten sind,

Die am wenigsten Hilfe empfangen,

Die am meisten um die Kirche verdient sind,

Den Reichen, die dort am ärmsten sind,

Den Mächtigen, die nun wie geringe Diener sind,


Den Eitlen, die ihre Zeit verschwendet,

Den Armen, die Gottes Reichtum nicht gesucht,

Den Lauen, die das Gebet nur wenig geübt,

Den Trägen, die so manche gute Werke versäumt,

Den Schwachgläubigen, welche die heiligen Sakramente vernachlässigt,

Den Gewohnheitssündern, die nun durch ein Wunder gerettet sind,

Den Eltern, die nicht über ihre Kinder wachten,

Den Vorgesetzten, die um das Seelenheil der Untergebenen sich nicht kümmerten,

Den blinden Menschen, die fast nur nach Geld oder Vergnügen strebten,

Den irdisch Gesinnten, die ihr Geld oder Talent nicht für den Himmel nutzbar gemacht,

Den Toren, die so viele sterben sahen und dennoch ihres eigenen Todesnicht gedachten,

Denen, die ihr Haus beizeitennicht bestellt und zur größeren Reise sich nicht zeitig gerüstet,

Allen, die Du um so strenger richtest, je Größeres
Du ihnen anvertraut,

Den Päpsten, Königen und Fürsten,

Den Bischöfen und ihren Ratgebern,

Meinen Lehrern und Seelenhirten,

Den Priestern und Ordensleuten der ganzen katholischen Kirche,

Den Verteidigern des heiligen Glaubens,

Den auf den Schlachtfeldern Gefallenen,

Den im Meere Begrabenen,

Den ohne Sakramente Dahingeschiedenen,

Allen, die heute oder morgen sterben werden,

Meiner eigenen armen Seele, wenn sie einstens vor Deinem Gerichte erscheinen wird,


Herr, gib allen die ewige Ruhe
Und das ewige Licht leuchte ihnen.

Ehre sei dem Vater und dem Sohnen und dem Heiligen Geiste
wie es war im Anfang, so auch jetzt und allezeit . Amen




Weiteres zum Thema "Purgatorium (Fegefeuer)":

Samstag, 19. November 2011

Gedanken über die "(Un-)Kultur des Todes"

Für eine „Kultur des Todes“!

Es ist kirchlicherseits üblich geworden, sich gegen eine „Kultur des Todes“ auszusprechen. Man versteht, was damit gemeint ist: Der Kampf gilt jenen Kräften der Gegenwart, die das menschliche Leben in vielfältiger Hinsicht bedrohen, sei es durch Verhütung seiner Empfängnis und durch Abtreibung, sei es durch einen fragwürdigen Umgang mit Organen und Erbgut, durch Förderung der Tötung auf Verlangen, der fremdbestimmten Euthanasie und des Suizids. Weil das alles nicht dem Leben, sondern dem Sterben dient, ja sich seit Jahrzehnten zu einem regelrechten Todeskult auswächst, hat man dafür die Bezeichnung „Kultur des Todes“ gewählt.

So dringend aber ein Kampf gegen die erwähnten Praktiken und Bestrebungen ist, so notwendig ist auch eine wirkliche „Kultur des Todes“. Wir müssen uns nämlich daran erinnern, dass man die Kulturstufe eines Volkes besonders deutlich an seinem Umgang mit dem Sterben des Menschen und mit den Verstorbenen erkennt. Erstaunlich, zu welcher Höhe sich in dieser Hinsicht – trotz aller schwerwiegenden Irrtümer in der Weltanschauung – beispielsweise die alten Ägypter, die Chinesen oder die Griechen entwickelt haben. Das alttestamentliche Gottesvolk überragt sie nochmals, und das Christentum, die Religion mit dem Bekenntnis zur „Auferstehung des Fleisches“ (wie „carnis resurrectio“ im Apostolischen Credo wortgetreu zu übersetzen ist), bildet den unüberbietbaren Gipfel.

Hier ist an verschiedene Elemente einer echten „Kultur des Todes“ zu erinnern. Dazu gehört zunächst die Sterbebegleitung. Die verschiedenen kirchlichen Traditionen des Ostens und des Westens haben den Prozess des Scheidens aus dieser Welt mit tief berührenden, aussagestarken und wirkungsvollen Gebeten versehen. Diese werden gekrönt durch die Sakramente, die den todkranken Menschen mit der Quelle allen Lebens in Berührung bringen:

Wenn noch möglich, erhält er in der Beichte die vollständige Vergebung seiner Sünden. Das Sakrament der Krankensalbung ergiesst die aufrichtende Gnade über die gesamte Leiblichkeit des Menschen (in der alten Form: Salbung der fünf Sinne und der Füsse!) und schenkt der Seele Hoffnung und Frieden. In der heiligen Wegzehrung, dem „viaticum“, vereint sich der Sterbende noch ein letztes Mal mit demjenigen, dem er bald als einem gnädigen Richter zu begegnen hofft, um mit Ihm dann in alle Ewigkeit liebend vereint zu sein. Der päpstliche Segen für die Sterbestunde schliesslich schenkt den vollkommenen Ablass auch aller zeitlichen Sündenstrafen.

Die wahre „Kultur des Todes“ zeigt sich des weiteren in der Tradition der Erdbestattung, die als alttestamentliches Erbe auf uns gekommen ist, die aber durch Jesus Christus eine neuen Sinn erhielt. Er hat uns ja im Geheimnis der Erlösung durch die Taufe zu Seinen Gliedern und unseren Leib zu einem Tempel des Heiligen Geistes gemacht. Daher haben wir die feste Zuversicht, am Jüngsten Tag wie Er mit Leib und Seele aus dem Grab zu erstehen. (Gewiss, das ist ein schwieriges Glaubensgeheimnis, das viele Fragen aufwirft; aber es gehört eindeutig zur Offenbarung Gottes und zur unfehlbaren Lehre der Kirche!)

Auferstehung der Toten, Parusie; um 1300; wikipedia

Die Christenheit trug der Ehrfurcht vor dem Heiligtum des Leibes und der Hoffnung auf die Auferstehung des Fleisches mehr als 1900 Jahre lang dadurch Rechnung, dass sie, Notfälle wie Epidemien und Kriege ausgenommen, die Leichname ausschliesslich in der Erde bestattete.

Damit verbunden sind Pflege und Besuch der Gräber. Die christliche Pietät drängt dahin, die geweihte Erde, in welcher der Leib des Menschen seine letzte Ruhe findet und der Verklärung harrt, würdig und schön zu gestalten, auch lässt sie uns diese Stätten aufsuchen, um sie zu pflegen, mit Weihwasser zu besprengen, der Verstorbenen liebevoll zu gedenken und für ihren Eintritt in die himmlische Herrlichkeit zu beten.


Das Gebet für die Armen Seelen ist denn auch ein besonders wichtiges Element des christlichen Umgangs mit dem Tod. Seine höchste Form erreicht es in der Darbringung des heiligen Messopfers, so in der ausdrücklichen Form einer Totenmesse in schwarzen Gewändern oder in einer anderen Messe, die für einen oder mehrere Verstorbene zelebriert wird. Die verschiedenen, oft volkstümlichen Andachtsformen, die Fürsprache für die Armen Seelen einlegen, bilden dann gleichsam einen Kranz von Seitenkapellen um dieses Allerheiligste unserer „Kultur des Todes“.

Ja, sollte man, wenn man diesen Ausdruck benutzt, nicht vielmehr an die so reiche Totenkultur des Christentums denken als an die erschreckenden Entwicklungen unserer Zeit, die doch allenfalls die Bezeichnung „Unkultur des Todes“ verdienen? Überwunden werden sie mit Sicherheit nur durch die wahre „Kultur des Todes“.

P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)

Mittwoch, 2. November 2011

Gebet zu Allerseelen



Herr, Jesus Christus, König der Herrlichkeit, bewahre die Seelen der verstorbenen Gläubigen vor den Qualen der Hölle und vor den Tiefen der Unterwelt.

Bewahre sie vor dem Rachen des Löwen, daß die Hölle sie nicht verschlinge, daß sie nicht hinabstürzen in die Finsternis.

Vielmehr geleite sie St. Michael, der Bannerträger, in das heilige Licht, das Du einstens dem Abraham verheißen und seinen Nachkommen.

Opfergaben und Gebete bringen wir zum Lobe Dir dar, o Herr, nimm sie an für jene Seelen, deren wir heute gedenken. Herr, laß sie vom Tode hinübergehen zum Leben.

Das ewige Licht leuchte ihnen, o Herr, bei Deinen Heiligen in Ewigkeit: denn Du bist mild. Herr, gib ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen. Amen.


Aus dem Messformular zur 1. Messe am Allerseelen-Tag (Offertorium und Communio), Schott-Messbuch
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