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Dienstag, 1. Juli 2014

Prof. Georg May: Die andere Hierarchie - Teil 41: Der Grundirrtum und die einzelnen Mängel des Rätesystems in der Kirche

Prof. Dr. Georg May

Die andere Hierarchie


Teil 41


Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997


Fortsetzung von hier

III.  Der Grundirrtum und die einzelnen Mängel

1.  Der Grundirrtum

Der Grundirrtum der Rätestruktur besteht in Folgendem: Die Räte verletzen die unersetzbare Stellung und die unübertragbare Verantwortung der geweihten Hirten. Nur wer die im Weihesakrament vermittelte besondere personale Prägung besitzt, vermag in dem hierarchisch strukturierten Gottesvolk in der Rolle des Hauptes zu stehen, Beschlüsse zu fassen und Weisungen zu erteilen.

Es ist irrig, dem Bischof lediglich die Letztverantwortung zuzugestehen. Als Vorsteher seiner Diözese ist er deren Haupt und trägt die Erst- und Hauptverantwortung. Es ist ebenso irrig, dem Priester allein die Letztverantwortung zuzusprechen. Der Priester ist das Haupt seiner Gemeinde und hat die entscheidende Verantwortung.

Wenn man Gremien schafft, dann gebührt dem zuständigen Hirten in allen der Vorsitz. Die dem neuen Gottesvolk eigene hierarchische Struktur fordert zwingend, dass Räte Beschlüsse in Angelegenheiten des amtlichen Pflichtenkreises der geweihten Hirten nur mit deren Zustimmung fassen können.

Die geistlichen Hirten Mehrheitsentscheidungen von Räten zu unterwerfen, heißt die Kirchenverfassung umstülpen. Der geweihte Hirt und er allein vertritt seine Gemeinde. Wenn er sich bei dieser Vertretung der Zustimmung eines Gremiums versichert, wird seiner Vertretungsmacht nichts Wesentliches hinzugefügt; wenn diese Zustimmung fehlt, wird ihr nichts genommen. Dagegen ist eine Vertretungsbefugnis des Gemeinderates, die nicht von der Hauptstellung des Pfarrers getragen und gedeckt ist, unmöglich.

2.  Die einzelnen Mängel

a) Die Auswahl der Personen

Ich kann und will nicht über die Mitglieder in der Kirche den Stab brechen. Unter ihnen befinden sich zweifellos viele gutwillige, wohlmeinende Personen, welche die Intention haben, der Kirche einen Dienst zu leisten. Doch ein falsches Modell wird durch die gute Absicht von Personen, die in dieses eingefügt sind, nicht richtig.

Außerdem sind es häufig nicht die bewährten und frommen Christen, die in den Räten den Ton angeben. Vielmehr sammeln sich in ihnen nicht selten die Elemente, die auf Anpassung an die aus den Fugen geratene Welt spezialisiert sind. Sie stehen unter dem Einfluß der progressistischen Theologie, die an dem seit 35 (Anm.: nunmehr etwa 52 Jahren) anhaltenden unaufhaltsamen Niedergang der Kirche größte Schuld trägt, und machen sich zu Vollstreckungsgehilfen von deren verwirrten Ansichten.

Den allermeisten Mitgliedern der Räte fehlt es sodann an den fachlichen Voraussetzungen zur Beratung und Entscheidung der anstehenden Fragen. Reden sollte nur, wer etwas zu sagen hat. Mitreden kann nur, wer mitzudenken vermag. In den Räten darf jeder sprechen, der eine Stimme hat. 

Jeder Betrieb, der im Wettbewerb überleben will, benötigt zu seiner Leitung hochqualifizierte Fachleute. In den Räten aber wirkt jedes Mitglied auch ohne Nachweis von Kompetenz an Entscheidungen über schwierigste Fragen von Lehre und Ordnung der Kirche mit. So ist es dahin gekommen, dass die Unreife und die Unzuständigkeit in der Kirche das große Wort führen.

Dazu kommt, dass die religiösen und sittlichen Voraussetzungen der Ratsmitglieder in der Regel nicht hoch angesetzt sind. Zum Beispiel fehlen Väter und Mütter, die sich durch gute Erziehung einer kinderreichen Familie qualifiziert haben und eine vorbildliche christliche Haltung an den Tag legen, fast immer. Um so mehr sind Leute anzutreffen, die eine Schlagseite zum Protestantismus haben. Es ist sogar "die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass die Gläubigen mehr oder weniger von solchen vertreten werden, die nur dem Schein nach katholisch sind" (10). In der Regel steht das Maß ihrer Kritik in umgekehrtem Verhältnis zu ihrem apostolischen Zeugnis.

b) Die Rederei

In allen Räten, Gremien und Versammlungen wird geredet und debattiert. Die andere Hierarchie ist eine Stufung von Rednern, nicht eine Gliederung von Zeugen. Die meisten Gremien planen Seelsorge, aber betreiben sie nicht. Rederei, Geschwätz und Schaumschlägerei sind kein christliches Zeugnis. 

Es war der Grundsatz Pius' XI.: Wenig reden, viel tun (Parlare poco e fare molto). In dem Maße, in dem das Priestertum herabgedrückt wurde, hat man die neue Klasse der Plauderer emporgehoben. Der Prinz Eugen pflegte zu sagen, dass, wenn ein General keine Lust habe, etwas zu unternehmen, es dafür kein besseres Mittel gebe, als einen Kriegsrat zu halten. "Ein Ausschuss ist eine Gruppe Unvorbereiteter, die von den Unwilligen ernannt werden, damit sie das Unnötige tun" (Frederich L. Allen).

c) Fehlen von Autorität und Verantwortung

Vor allem aber fehlt es den Mitgliedern der Gremien an Autorität und an der Verantwortung. Autorität ist die legitime Macht einer Person oder einer Gruppe, der andere Gehorsam und Unterordnung schulden. Die Gremien der anderen Hierarchie gehören nicht zu der Hierarchie göttlichen Rechtes, die nach dem Willen Christi die Kirche zu leiten hat. Ihre Beschlüsse sind daher von keiner Rechtsmacht getragen und unverbindlich.

Verantwortung besagt die Verpflichtung, in einem Bereich, der einem übertragen ist, das Gute und Rechte zu fördern und das Schlimme und Unrechte zu beseitigen. Verantwortung besagt auch, dass man für Erfolg oder Misserfolg haftbar ist. Wer Verantwortung für etwas hat, muss für seine Handlungen und Versäumnisse und deren Folgen einstehen.

Es ist viel davon die Rede, dass in den Räten Verantwortung ausgeübt werde. Wann und wo ist jemals ein Rat wegen seiner Tätigkeit oder Untätigkeit regresspflichtig gemacht worden? Verantwortung besagt, dass man sich vor einer Instanz rechtfertigen muss. Vor wem haben die Mitglieder der Räte sich jemals rechtfertigen müssen? In einem Gremium, in dem die Mehrheit entscheidet, besteht keine Möglichkeit, jemanden zur Rechenschaft zu ziehen. Seine Mitglieder handeln nach dem Grundsatz: Wenn alle irren, kann niemandem ein Vorwurf gemacht werden.

d) Anmaßung

Die Räte könnten und sollten die Sache Gottes in der Welt betreiben. Sie könnten und sollten der Stimme des Glaubens in der Gesellschaft Gehör verschaffen. Die Räte könnten und sollten in dem überschaubaren Bereich, dem sie zugeordnet sind, für die Umsetzung der Anordnungen und Weisungen der kirchlichen Hierarchie Sorge tragen. Sie könnten und sollten gewiss in diesem Sektor auch Anregungen und Vorschläge machen. Sie könnten und sollten aber vor allem den Amtsträgern bei ihren vielfältigen Aufgaben zur Hand gehen.

Doch all dies geschieht in den seltensten Fällen. Die sogenannte Laienarbeit besteht ganz überwiegend nicht im Zeugnis für Christus in der Welt, sondern in dem Mitmischen in kirchlichen, häufig sogar klerikalen Angelegenheiten.

Der Sitzungskatholizismus ist ohne jeden missionarischen Schwung. Ein erheblicher Teil der Räte emanzipiert sich sogar von Lehre und Ordnung der Kirche, betreibt Destruktion an Glaube und Recht, sät Misstrauen und Unzufriedenheit mit der Kirche. Sie wollen bestimmen, was heute noch geglaubt werden kann und was angeblich nicht mehr nachzuvollziehen ist. In den Räten hat in aller Regel jene Proposition Aussicht auf Annahme, die dem glaubensmäßigen und ethischen Minimum näher steht als jede andere.

Das Rätesystem ist das Mittel, durch das sich der Lange Marsch des Progressismus durch die Institutionen der katholischen Kirche vollzieht. Die Räte verbünden sich dabei mit den Medien. Wie diese fast überall eingestellt sind, bedarf keiner Erklärung. Wann immer es mit den Demokratisierern gegen die Hierarchie der Kirche geht, blasen sie zum Angriff. Die Gremien, Sitzungen und Entschließungen des deutschen Katholizismus  sind so auf weite Strecken Kampfinstrumente gegen Lehre und Ordnung der Kirche geworden.

Der deutsche Katholizismus löst sich in ein nebulöses Gebilde von Rede und Gegenrede auf, in dem die Stimme der Wahrheit kaum mehr zu vernehmen ist. Mit dem Rätesystem ist der Konflikt zwischen der alten und der neuen Hierarchie vorprogrammiert, immer vorausgesetzt, dass die alte Hierarchie noch weiß, was ihres Amtes ist, und ihre Pflicht tut.

e) Leerlauf

Das krebsartige Wachstum der Organisationsstrukturen im deutschen Katholizismus steht in einem umgekehrten Verhältnis zu ihrer Fruchtbarkeit. Die Räte und Gremien halten sich weitgehend durch Selbstbeschäftigung in Atem. Alle Räte haben eine Satzung, eine Wahlordnung, und eine Geschäftsordnung. Alle Räte haben Mitglieder, Organe und Einrichtungen, also Vollversammlung, Vosrstand, Ausschüsse und eine Geschäftsstelle. Alle Räte produzieren Papier, das jedem Mitglied zugehen muss.

Das Rätesystem erzeugt einen unheimlichen Leerlauf und bringt einen gigantischen Verschleiß von Zeit, Kraft und Geld mit sich, der in keinem Verhältnis zu dem dadurch erzielten Erfolg steht. Durch die Räte und ihr Wirken ist noch niemend in seinem Glauben gestärkt, in seiner Liebe zur Kirche gefestigt, in seinem sittlichen Kampf ermutigt, in seiner Frömmigkeit gefördert worden. Vielmehr ist von alledem das Gegenteil eingetreten.


(10)  Mörsdorf, Die andere Hierarchie 475


Fortsetzung folgt

Übersicht: Zu den bisher erschienenen Fortsetzungen 


Weiters zum Thema "Hierarchische und demokratische Strukturen in der Kirche":

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Sonntag, 27. Oktober 2013

Prof. Georg May: Die andere Hierarchie - Teil 1: Die Existenz der Hierarchie

Prof. Dr. Georg May

Die andere Hierarchie
Teil 1

Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997




§1 Die hierarchische Verfassung der Kirche

I. Die Existenz der Hierarchie

1. Hirt und Herde

Die Kirche Christi ist die Verbindung von Unsichtbarem und Sichtbarem. Unsichtbar sind Christus, das verklärte Haupt der Kirche, der heilige Geist und die Gnade.

Die Sichtbarkeit der Kirche drückt sich aus in Gottesdienst und Sakramentenspendung, im Glauben und in der rechtlichen Verfasstheit, vor allem in der hierarchischen Struktur. Recht und Hierarchie sind unaufgebbare Wesensbestandteile der Kirche. Wenn von der ganzen Kirche oder von allen Christen die Rede ist, wird damit keineswegs geleugnet, dass die Kirche eine strukturierte und hierarchisch geordnete Einheit ist.

Die Kirche ist das Volk Gottes. Dieses Volk ist von besonderer Art. Es existiert nur in der vorgegebenen Struktur von solchen, die eine Vollmacht besitzen, und anderen, die eine solche nicht haben. Wo immer die Heilige Schrift und die Urkunden der Lehrverkündigung vom "Weiden" sprechen (1), setzen sie das Gegenüber von Hirt und Herde voraus.

(1) vgl. z.B. Lumen gentium Nr. 18.


2. Haupt und Leib

Das durchgängige Strukturprinzip der Verfassung der katholischen Kirche ist das Gegenüber und die Einheit von Haupt und Leib. Dies gilt in erster und grundlegender Weise von dem Verhältnis Christi zu der Gesamtheit der Gläubigen. Christus ist das Haupt, die Kirche ist sein Leib (Lumen gentium Nr. 7).

Die Zusammengehörigkeit von Haupt und Gliedern erfährt aber ihre Verwirklichung in abgeleiteter Weise auch im Verhältnis der menschlichen Stellvertreter Christi zu den ihnen anvertrauten Gläubigen. Bischöfe und Priester üben das Amt Christi, des Hauptes und Hirten, aus (Presbyterorum ordinis Nr. 6). Durch dieses Prinzip sind Hirt und Herde, Klerus und Laien zur Einheit verbunden.

Die Stellung als Haupt besagt, wenn sie einem Menschen eingeräumt wird, die Repräsentation und die Stellvertretung des Herrn Jesus Christus. Sie kann nur wahrgenommen werden von Personen, die durch Weihe und Sendung dazu ermächtigt sind (Prespyterorum ordinis Nr. 1).

- Durch das Sakrament der Weihe werden aufgrund göttlicher Anordnung einige Christen durch das ihnen eingeprägte unauslöschliche Zeichen zu geweihten Dienern konsekriert und deputiert, damit sie, ein jeder nach seiner Stufe, in der Person Christi des Hauptes die Dienste des Lehrens, Heiligens und Leitens ausüben und so das Volk Gottes weiden (c. 1008).

Durch die kanonische Sendung werden sie zu Mitarbeitern des Bischofsstandes bestellt (Presbyterorum ordinis Nr. 2 und 7). Die zur Repräsentation des Herrn Jesus Christus befähigten Personen bilden die kirchliche Hierarchie. Das Wort besagt heiligen Ursprung und heilige Herrschaft, eine Ordnung heiligen Ursprunges und heiligen Zieles.

- Die Hierarchie stellt ein Ordnungsgefüge institutioneller Stufungen, der Über- und der Unterordnung dar. Sachlich versteht man unter Hierarchie die von Christus den Aposteln und ihren Nachfolgern verliehene Gewalt, die Kirche zu leiten und die Heilsgüter zu vermitteln, personal die Gesamtheit der Inhaber dieser Gewalt. Auf göttlicher Einsetzung beruhen hinsichtlich der Regierungsgewalt die Stufen des Primats und des Episkopats, hinsichtlich der Weihegewalt die Stufen der Bischöfe, der Priester und der Diakone. Zu den beiden Grundämtern des Primats und des Episkopats treten Hirtenämter, die auf kirchlicher Einsetzung beruhen, im bischöflichen Bereich vor allem die Dekane und die Pfarrer.


3.  Kirchengewalt

Der Hierarchie ist die Kirchengewalt eigen. Siest die zur Führung, Belehrung und Heiligung des Volkes Gottes von Christus gestiftete Vollmacht. Die Kirchengewalt wird unterschieden in Weihegewalt und Hirtengewalt. Beide sind göttlichen Rechtes.

Die Weihegewalt ist gewissermaßen die Leben schaffende, schöpferische Vollmacht. die Hirtengewalt ist die leitende, Ordnung schaffende Vollmacht. Die Einsetzung in die Stufen der Weihegewalt geschieht durch die Erteilung der Weihe. Die Einweisung in die Stufe der Hirtengewalt erfolgt, den Primat ausgenommen, durch kanonische Sendung. Weihe- und Hirtengewalt sind aufeinander bezogen. Die heilige Weihe gibt grundsätzlich die Befähigung in der Person Christi, des Hauptes, die Dienste des Lehrens, Heiligens und Leitens auszuüben (c. 1008). Nur Geweihte sind fähig, die auf göttlicher Einsetzung beruhende Leitungsgewalt in der Kirche zu erlangen (c.129 §1). Bei der Ausübung dieser Gewalt können Laien mitwirken (cc. 129 §2, 517 §2).



Fortsetzung folgt in unregelmäßigen Abständen


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Weiteres zum Thema "Rätesystem und Demokratie in der Kirche"

Mittwoch, 11. September 2013

Das II. Vatikanum lehrt, die Kirche solle wie eine Demokratie sein

Deswegen gibt es Pfarrgemeinderäte...

Sollte das Konzil so etwas gelehrt haben, dann ist es selbst den scharfsichtigsten Lesern nicht gelungen, diesen Abschnitt zu finden.

Die Kirche war nie eine Demokratie und wird nie eine sein. Ihre Struktur ist der Struktur des Himmels nachgebildet, welche eine absolute Monarchie ist mit Gott auf dem Thron. Er ist der Herrscher, und wir sind seine Untertanen. Er ernannte einen Premierminister, Petrus, um in seiner Abwesenheit zu regieren, und stattete ihn mit einem großen Anteil seiner eigenen Autorität als König und Hirte aus (Mt 16,18-19; Joh 21,15-19).

Er stellte dem Petrus in den übrigen Aposteln leitende Mitarbeiter zur Seite. Dieses Regierungsmuster setzt sich heute fort in der  apostolischen Nachfolge des Papstes und der mit ihm vereinten Bischöfe.

Warum haben wir also Pfarrgemeinderäte? Nicht weil die Kirche aus einer Monarchie in eine Demokratie verwandelt worden wäre. Man sollte übrigens Bezeichnungen solcher Art besser für politische Einrichtungen verwenden. Im Hinblick auf die Kirche sind sie nicht recht passend und sollten nur in einem angepassten Sinn gebrauicht werden.

Nein, Pfarrgemeinderäte haben verschiedene praktische Zwecke - Gemeindepfarrern einen Teil der Verwaltungsangelegenheiten abzunehmen, welche genausogut und oft besser von Pfarrmitgliedern erledigt werden können; dem Pastor eine "Rückmeldung von der Basis" zu geben und einen pastoralen Plan für die Pfarrei aufzustellen.

Bei all dem ist der Pfarrgemeinderat ein beratendes, kein gesetzgebendes Organ. Er unterbreitet dem Pastor Empfehlungen, bemächtigt sich aber nicht der Autorität des Pastors oder seiner Pflichten. Der Pfarrer kann seine Autorität, die vom Bischof kommt, nicht zugunsten eines Pfarrgemeinderates niederlegen, aber er kann soviel wie nötig davon übertragen. Selbstverständlich kann er seine rein sakramentalen Funktionen, für die die Priesterweihe vorausgesetzt wird, nicht übertragen.


aus: Karl Keating: Was Katholiken wirklich glauben; Miriam-Verlag Jestetten AD 2000, S. 15/16 (s. Quellen)

 
 
Kirche ist keine Demokratie. Das ist leider ein Missverständnis. Sondern wir sind ausgerichtet auf Christus. Jeder hat seine Aufgabe, seinen Dienst, und den darf er nicht durchführen aus Selbstherrlichkeit oder Machtbewusstsein, sondern im Dienst an Christus und den Gläubigen.“

Bischof Konrad Zdarsa von Augsburg im Interview mit dem „Donaukurier“ am 26.02.2012 (s. kath.net)
 
 
Weiteres zum Thema "Demokratische Strukturen in der Kirche?":

Samstag, 27. April 2013

Entpastoralisierungspastoral


Das Wort Pastoral erweckt bei vielen Christen Widerwillen. Rief es früher allzu liebliche Bilder wach: der Schäfer, der, umgeben von seiner blökenden Herde, in idyllischer Landschaft die Flöte spielt –, so denkt man heute eher an endlos diskutierende Pastoralgremien, die unablässig papierne Berge mit neuen und bald schon wieder veralteten Projekten und Programmen produzieren. Welcher Mensch ist durch diese zeit- und kostenaufwändigen Unternehmungen in seinem Glauben tiefer, in der Gottes- und Nächstenliebe hingebungsvoller geworden? Und wo ist die Gemeinde, die aufgrund solcher Pastoralstrategien einen Anstieg an Messbesuchern, gar an Beichtenden und Rosenkranzbetern verzeichnen kann? Man wird vergeblich danach suchen. Und dennoch wird die eingeschlagene Marschroute weiterverfolgt. Ohne Rücksicht auf Verluste. 

Sie hat die pastorale Situation völlig verändert. Die Gläubigen sehen sich nun nicht mehr einem geweihten Mann gegenüber, der als Lehrer, Priester und Hirte für sie zuständig und vor Gott verantwortlich ist. Stattdessen haben sie es mit einer Gruppe zu tun, in der verschiedene Personen ihre Kompetenzen wahrnehmen. Das mag auf den ersten Blick als Erleichterung erscheinen: Auf mehrere Schultern verteilt, ist die Last nicht so schwer. Wer jedoch die Realität der „konkreten Pastoral vor Ort“ (so der modische Kirchenjargon) kennt, der weiß, dass das Gegenteil der Fall ist. Die Zustände sind für diejenigen, denen es weniger um den Aperitif nach dem Familiengottesdienst oder den Makrameekurs am Mittwochabend als um das geistliche und sakramentale Leben geht, geradezu unerträglich. 

Da ist außerhalb der eng bemessenen Sprechzeiten (“Das Pfarrbüro hat geöffnet von … bis …“) niemand teleonisch erreichbar, am Abend ohnehin nicht, und die Notnummer, die der Anrufbeantworter angibt, möchte man, da man sich nicht in allerhöchster Lebensgefahr befindet, dann doch nicht wählen. Wer weiß, welches Mitglied des Pastoralteams dadurch in seiner Feierabendruhe gestört würde? – Der neu zugezogene Katholik erhält von der Gemeinde einen Brief, in dem ihm unter anderem das Gespräch mit einem zuständigen Laien angeboten wird. Ist es nur konservative Verbohrtheit, wenn der Empfänger dankend ablehnt, weil er doch lieber den Herrn Pfarrer kennengelernt hätte? – Liegt jemand im Krankenhaus, so erhält er Besuch von der gewiss sehr engagierten Frau Soundso. Sie bringt die Kommunion mit sich, aber beichten kann man bei ihr natürlich nicht, und wegen des damit verbundenen Aufwandes scheut sich der Patient, eigens den Priester rufen zu lassen. --- 

Inzwischen dürfte vielen Gläubigen klargeworden sein, dass das hier zugrundeliegende Konzept von Pastoral eine Art Gegenentwurf zum traditionellen Verständnis kirchlichen Hirtendienstes darstellt. „Pastor“ bedeutet ja Hirte. Das Hirtenamt hat zunächst der Bischof inne. Durch Weihe und Sendung verleiht er dem Priester Anteil an der Leitungsvollmacht. Dieser ist also nicht nur ein mit einer Aufgabe betrauter Funktionär, sondern der sakramental geprägte, mit göttlicher Zuständigkeit begabte Repräsentant Jesu Christi, des Lehrers, Priesters und eben auch des guten Hirten. 

Es spricht übrigens nichts dagegen, geeignete, d.h. glaubensstarke, kirchentreue und übernatürlich gesinnte Laien in das apostolische Wirken des Priesters einzubeziehen. Im Gegenteil: Hatte schon der heilige Papst Pius X. dafür geworben, so ist das heute, hundert Jahre später, mehr denn je vonnöten. Aber dabei muss doch klar sein, dass der Einsatz dieser Personen auf einer anderen Ebene als der des Priesters liegt. Und das nicht nur im gottesdienstlich-sakramentalen Bereich, in dem der Geweihte nach wie vor einige Worte mehr sprechen kann als der Nichtgeweihte, sondern auch in Belangen der Führung und Leitung… 

Davon entfernt sich die gegenwärtige Pastoral vielfach in auffälliger Weise, indem sie die Zuständigkeiten der Pfarrer beschneidet. Diese, nur mehr Mitglieder eines aus haupt-, neben- und ehrenamtlichen Personen zusammengesetzten Teams, haben gewiss ihr verbürgtes Mitspracherecht; doch halten sie sich erfahrungsgemäß eher zurück, um jeden Anschein klerikalistischer Bevormundung der Laien zu vermeiden, und belassen es dabei, vorsichtig und höflich ihre Ansichten als eine Meinung unter anderen Meinungen in die Diskussion einzubringen. 

Eine Pastoral, die solche Tendenzen fördert und den von Gott und der Kirche übertragenen Dienst des „Pastors“ verkürzt, darf man mit Fug und Recht als „Entpastoralisierungspastoral“ bezeichnen. „Ja, aber der Priestermangel macht es doch nötig“, lautet der übliche Einwand. Der Priestermangel ist fürwahr besorgniserregend. Aber dadurch, dass die Geweihten aus ihrem ureigensten Bereich verdrängt werden, hilft man ihm sicher nicht ab, sondern fördert ihn nur noch. Ob das vielleicht beabsichtigt ist? 


P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)  



Weiteres zum Thema: 



Sonntag, 4. November 2012

Fehlentwicklungen nicht dem Konzil anlasten

"Dass die nachkonziliare Liturgieform mit ihren Fehlentwicklungen und Umbrüchen nicht dem Konzil und seiner – nach wie vor noch nicht wirklich umgesetzten – Liturgiekonstitution anzulasten ist, sei ausdrücklich bemerkt.

Die weithin erfolgte Entfernung des Latein und des Gregorianischen Chorals wie auch die nahezu flächendeckende Aufstellung von Volksaltären können sich keinesfalls auf Vorschriften des Konzils berufen.

Die Etablierung von Pfarrgemeinde-, Dekanats- und Diözesanräten hat – wo nicht mit gesundem Hausverstand durchgeführt – zu einer, wie schon Klaus Mörsdorf kritisch bemerkte, Parallelhierarchie, zu einer mit der sakramental-hierarchischen Struktur nicht zu vereinbarenden „Demokratisierung“ der Kirche und damit zu großen Problemen geführt."

Kirchenhistoriker Walter Kardinal Brandmüller im Gespräch mit Guido Horst; Die Tagespost Nr.128, 25.10.2012



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