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Samstag, 6. Dezember 2014

Herzensfrieden



Willst du den Frieden deines Herzens behalten,
mein's gut, tu was du kannst, und lass Gott walten.


nach: Weisheit des Herzens; Kernsprüche Adolf Kolpings, AD 1955 (s.Quellen)



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Freitag, 27. Juni 2014

Fest des allerheiligsten Herzens Jesu



Weil Rüsttag war und die Körper während des Sabbats nicht am Kreuz bleiben sollten, baten die Juden Pilatus, man möge den Gekreuzigten die Beine zerschlagen und ihre Leichen dann abnehmen; denn dieser Sabbat war ein großer Feiertag. Also kamen die Soldaten und zerschlugen dem ersten die Beine, dann dem andern, der mit ihm gekreuzigt worden war. Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floß Blut und Wasser heraus. Und der, der es gesehen hat, hat es bezeugt, und sein Zeugnis ist wahr. Und er weiß, dass er Wahres berichtet, damit auch ihr glaubt. Denn das ist geschehen, damit sich das Schriftwort erfüllte: Man soll an ihm kein Gebein zerbrechen. Und ein anderes Schriftwort sagt: Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben. (Joh 19,31-37)


Gütig und gerecht ist der Herr; 
drum weist Er im Gesetz den Irrenden des Weg. 
Die Dulder lässt er wandeln in Gerechtigkeit, 
die Stillen lehrt er seine Pfade.
Nehmet mein Joch auf euch und lernet von Mir, 
denn Ich bin sanftmütig und demütig von Herzen; 
so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. 
Alleluja!  
(Psalm 24,8f; Matth 11,11.29)


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Pius XII. über die Herz Jesu-Verehrung: Enzyklika "Haurietis aqua"(1956)

Bild: Herz-Jesu, Jesus als Hoherpriester; Seitenaltar Klosterkirche Thalbach

Samstag, 17. Mai 2014

Von Fabeleien zur Wahrheit

Ein Gastbeitrag von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

Wie alle Phasen der Krise und des Umbruchs weist auch unsere Zeit die Neigung zu bemerkenswerten Widersprüchlichkeiten auf. Es ist erstaunlich, welche gegensätzlichen, ja einander ausschließenden Vorstellungen und Verhaltensweisen oft in ein und derselben Person anzutreffen sind. Und noch erstaunlicher, daß ein solcher Mangel an Logik zumeist achselzuckend hingenommen, wenn nicht sogar emphatisch als „geistige Weite“ gepriesen wird. Der unverbogene Beobachter freilich sieht darin eher die bedrohlichen Symptome einer intellektuellen und moralischen Verwahrlosung als einen Fortschritt des Geistes. 

Besonders deutlich treten solche Widersprüchlichkeiten des „modernen Menschen“ im religiösen Bereich zutage. Hier paart sich zuweilen dünkelhafte Vernunftgläubigkeit mit krasser Unvernunft. Wer kennt sie nicht, jene „Aufgeklärten“, die jeden Glauben an eine jenseitige Wirklichkeit nur skeptisch abtun und die doch bereit sind, sich in esoterischen Meditationszirkeln stundenlang peinlichen, den menschlichen Verstand entwürdigenden Übungen hinzugeben? Christlicher Kult und christliches Brauchtum werden mitleidig belächelt, vor den bizarrsten Ausgeburten des Schamanentums aber empfindet man „aufrichtige Hochachtung“. 

Wo die gläubige Vernunft schwindet, wächst die ungläubige und abergläubische Unvernunft. Das sind die „Zeiten, in denen die Menschen die gesunde Lehre nicht ertragen mögen, sondern nach eigenem Gelüste sich Lehrer verschaffen, des Ohrenkitzels wegen. Von der Wahrheit werden sie ihr Ohr ab- und es Fabeleien zuwenden“, weiß schon der heilige Paulus (2 Tim 4,3f.). 

Allerdings ist heute die erste Etappe, die Abwendung von der Wahrheit, für viele kaum noch aktuell. Sie haben die Beheimatung in der katholischen Glaubenswelt entweder in den innerkirchlichen Stürmen der letzten Jahrzehnte längst verloren oder sie überhaupt niemals gefunden. Und so ist die zweite Etappe, die Hinwendung zu Fabeleien, für sie eher der Ausgangspunkt als das Ziel. 

Diese Tatsache gibt paradoxerweise zu Hoffnungen Anlaß. Könnte die beschriebene Widersprüchlichkeit des „Menschen von heute“ dort, wo sie nicht verbohrtem Anti-Christentum entstammt, nicht zu einer Art „glücklicher Inkonsequenz“ werden? Das heißt: Wenn einer schon bereit ist, sich über die einfachsten Gesetze der Logik hinwegzusetzen und in seinem Denken und Leben Unvereinbares nebeneinander bestehen zu lassen, dann können die Vorboten der Wahrheit - vielleicht auf irgendeinem Schleichweg inmitten vieler Irrungen und Wirrungen - doch irgendwie in die feindlich besetzte Seelenburg eindringen und dort einen – wenn auch noch so verborgenen – Platz einnehmen. Mag sein, daß alles zunächst nichts weiter als eine augenblickliche Laune, eine oberflächliche Spielerei war. Aber sie öffnete den Kundschaftern des Heils für einen Moment das Tor zum Inneren des Menschen und gab das Signal für einen triumphalen Siegeszug der Wahrheit. 

Wir stehen heute in der seltsamen Situation, daß einerseits Menschen, die noch mit einem Fuß in der Kirche stehen, sich spöttisch bis verärgert vom christlichen Erbe abwenden, während andere, die dieses niemals richtig kennengelernt haben, sich ihm aus oft fragwürdigen Motiven zuwenden. Man denke hier nur an den teils heiter, teils traurig stimmenden Hildegard-Boom der letzten Jahre. Manch einer ist an die heilige Hildegard von Bingen mit der Vorstellung herangetreten, sie sei eine Art Urmutter der Frauenemanzipation inmitten des patriarchalischen Mittelalters, eine Vorläuferin des New-Age oder eine Magierin und Eingeweihte in das Geheimnis kosmischer Energien gewesen. Dann aber zeigte sich ihm nach und nach die große Heilige, die Christus und Seiner Kirche vollkommen ergebene Mystikerin, die Lehrerin eines Lebens in liebender Hingabe, Gebet und Tugend. - Von Fabeleien zur Wahrheit! 

Ein anderes Beispiel für „glückliche Inkonsequenz“ läßt sich oftmals im Umgang mit den Sakramentalien der Kirche beobachten. Der Verfasser konnte es selbst schon ungezählte Male erleben, wie Personen, die aus ihrer Ferne vom katholischen Christentum keinen Hehl machten, in schwieriger Lage trotzdem gerne geweihte Gegenstände, vor allem die Wundertätige Medaille und den Rosenkranz, als Geschenk annahmen und sie von da an bei sich trugen. „Primitiv-magisches Denken“ wird der distanzierte Gebildete sogleich als Ursache dieses inkonsequenten Verhaltens diagnostizieren, und möglicherweise hat er ja recht. Der Gläubige aber weiß, daß Gott auch an falschen Vorstellungen ansetzen kann, um den Menschen zur Fülle der Wahrheit hinzugeleiten, wenn dieser nur nicht die Dunkelheit mehr liebt als das Licht (Joh 3,19) und um jeden Preis in trüber Unverbindlichkeit oder gar nachtschwarzer Verstocktheit verbleiben möchte. 

Wenn sich daher in unseren Tagen Kirchenfremde darüber freuen, ihre Kinder vom Priester gesegnet zu sehen; wenn sich in den wogenden Massen, die Stunde um Stunde zum Grab des heiligen Antonius von Padua wallen, auch zahlreiche Abständige befinden und ergriffen die Hände zur Berührung der heiligen Stätte ausstrecken; wenn sich Wanderfreunde aus rein sportlichen Gründen auf einen langen Fußmarsch wie den St. Jakobs-Weg begeben und dabei im Inneren eigentümlich berührt werden; wenn sich Ungläubige von der Würde und Schönheit der traditionellen römischen Liturgie fasziniert zeigen (wie vor kurzer Zeit der Sänger einer weltberühmten Rock-Band, als er anläßlich einer Feierlichkeit diese heilige Messe erlebte; und schon vor Jahrzehnten haben unter anderen Prominenten der jüdische Violinvirtuose Yehudi Menuhin und die anglikanische Krimiautorin Agatha Christie ihr Autogramm für das Fortbestehen der sog. tridentinischen Messe gegeben...), – dann darf das alles zwar nicht als Anbruch eines neuen katholischen Zeitalters gedeutet werden (das wäre allzu naiv); aber es zeugt doch unzweifelhaft von dem gewaltigen Potential an Kraft und Herrlichkeit, das in den Schatzkammern der katholischen Überlieferung ruht. 

Nicht einem von Symbolen und Kult gereinigten, trockenen Bibelchristentum, nicht der betont weltangepaßten Verkündigung, nicht entsakralisierten Kirchenräumen und immer noch moderner gestalteten Gottesdiensten ist es gelungen, den „Menschen von heute “ in Bann zu schlagen. Aber eine Heilige aus ferner Vergangenheit, die Sakralität einer uralten liturgischen Zeremonie, ja bloß eine geweihte Medaille - sie vermögen es. Und zwar deshalb, weil sie nicht vom kurzlebigen Einfall der Menschen, sondern von der Weisheit Gottes erfüllt und von Seiner Macht durchpulst sind. 

Wenn diese Weisheit und Macht sich schon bei Fernen und Fernsten und in der schillernden Verfremdung „glückseliger Inkonsequenz“ als wirksam erweist, um wieviel mehr dann bei den Menschen guten Willens, den Kindern des Reiches, die um unbedingte Konsequenz bemüht sind? Es gibt Grund genug zur Hoffnung. „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, sagt Hölderlin. Und es behält auch für unsere Tage volle Gültigkeit, was der heilige Paulus über das Erlösungswerk Christi schreibt: „Wo aber die Sünde sich gehäuft hatte, wurde die Gnade überschwenglich.“ (Röm 5,20)

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Auch noch:



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Freitag, 21. März 2014

DvH 2: Barmherzigkeit

Fortsetzung von hier

2. Teil

Barmherzigkeit setzt die Fähigkeit, helfen zu können, voraus


Ferner setzt das Mitleid als spezifisch menschliches Verhalten das verwundbare menschliche Herz voraus. Es liegt im Mitleid ein spezifisches Verstehen des Leidenden, es impliziert das spezifische "Verstehensorgan" des Gleichgestellten. 

Die Barmherzigkeit ist eine viel geistigere Antwort. In ihr liegt zwar auch ein letztes "Verstehen", aber das Verstehen, das nur der besitzt, der etwas von oben her umfasst, der es noch tiefer versteht, weil er darüber steht, so wie Gott uns noch näher ist, als wir uns selbst sind, gerade weil er unendlich überlegen ist. Darum sagten wir eingangs, der Barmherzige beherrsche die ganze Situation, weil er sie von Gott her sieht und in der Teilhabe an Gott von oben her umfasst.

Endlich setzt die Barmherzigkeit eine Situation voraus, in der wir durch unser Eingreifen etwas ändern können. Dies ist bei Gott "a fortiori" immer der Fall, bei uns Menschen aber nur in sehr beschränktem Maß. 

Das Mitleid hingegen ist an diese Voraussetzung durchaus nicht gebunden. Wenn ein Mensch durch einen Todesfall schwer getroffen wird, so können wir ihm unser ganzes Mitleid zuwenden - für die Entfaltung der Barmherzigkeit fehlt die Unterlage. Dieses Moment hängt mit der Tatsache zusammen, dass der Barmherzige stets der "Überlegene" sein muss. Sie setzt die Fähigkeit, irgendwie zu helfen, das Beherrschen der Situation "von oben her", voraus. Barmherzigkeit kann der üben, der Schulden erlassen kann, der als Gesunder dem Kranken beistehen kann, der auf irgendwelche Rechte und Forderungen zugunsten anderer verzichten kann. So hebt sich die Barmherzigkeit deutlich vom Mitleid ab.



Barmherzigkeit und Gerechtigkeit


Die Barmherzigkeit bildet eine spezifische Antithese zur strengen Gerechtigkeit. Nicht die Liebe schlechtweg ist die Antithese zur Gerechtigkeit, wie man oft meint, sondern die barmherzige Liebe. Sie misst nie mit dem Maßstab: "Was hat der andere verdient?", sondern geht darüber hinaus, in einem Überschwang der gütigen Liebe. 

Wir wissen wohl, was unser Schicksal wäre, wenn Gott nur den Maßstab der Gerechtigkeit anlegte. Beten wir doch: "Si iniquitates observaveris, Domine: Domine, quis sustinebit?", "wenn Du wolltest der Sünden gedenken, Herr, o Herr, wer könnte vor Dir bestehen?" (Ps 129,3). Jedoch hat selbstverständlich dieses "Hinausgehen über die Gerechtigkeit" nichts mit Ungerechtigkeit zu tun. Die Barmherzigkeit bildet nicht eine Antithese zur Gerechtigkeit in dem Sinne, dass der Wert der Gerechtigkeit dabei verlorenginge. Sie enthält den Wert der Gerechtigkeit "per eminentiam", "durch Überholung".

Alles, was den Wert der Gerechtigkeit ausmacht, ist in der Barmherzigkeit in noch größerem Maße enthalten. Gott hört nicht auf, der Allgerechte zu sein, indem er der Allerbarmende ist. "Rex tremendae maiestatis, qui salvandos salvas gratis, salva me, fons pietatis", "König, vor dessen Majestät wir erschauern, der Du frei erlösest, die Du erlösen willst, erlöse mich. Quell der milden Güte!" (Sequenz: Dies irae.) Dass dies in Gott so ist, dem absolut Einfachen, der alle Fülle des Seins umfasst und in dem die "coincidentia oppositorum" (das Zusammenfallen der Gegensätze), statthat, ist nicht schwer zu sehen. Aber wie steht unsere Barmherzigkeit zur Gerechtigkeit? Wie sehen die Situationen aus, in denen wir die Barmherzigkeit walten lassen sollen?


(Zwischenüberschriften eingefügt von FW)
Fortsetzung HIER

Teil 1, 3, 4, 5

aus: Dietrich von Hildebrand, Gesammelte Werke X - Die Umgestaltung in Christus; Verlag Josef Habbel Regensburg/ W. Kohlhammer Stuttgart; AD 1971; S.290f;  (s. Quellen)


Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr gebt den Zehnten von Minze, Dill und Kümmel und lasst das Wichtigste im Gesetz außer Acht: Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Treue. Man muss das eine tun, ohne das andere zu lassen. (Mt 23,23)


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Samstag, 8. März 2014

"Pastoral der Barmherzigkeit"?

Ein Gastbeitrag von Pater Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

Barmherzigkeit ist gegenwärtig ein vielbesprochenes Thema, und zwar in denkbar unterschiedlichen Zusammenhängen. Da gibt es tiefreligiöse Kreise, die eine mit den Namen der heiligen Ordensschwestern Margareta Maria Alacoque und Faustyna Kowalska verknüpfte Linie fortsetzen. Von der neuzeitlichen Herz-Jesu-Frömmigkeit, die das Erbarmen Gottes gegenüber uns Menschen betont, ist es tatsächlich nicht weit zu der noch recht jungen Verehrung der göttlichen Barmherzigkeit als solcher. Sie setzt die Lage des gefallenen, in Sünde verstrickten, durch den Verlust des ewigen Heils bedrohten Geschöpfes voraus. Erst auf diesem Hintergrund wird ja die Erlöserliebe so recht offenbar. Getreu dem Magnificat-Vers „Sein Erbarmen waltet von Geschlecht zu Geschlecht über denen, die ihn fürchten“ (Lk 1,50), nimmt diese Spiritualität Gottes Gerechtigkeit ernst und verlangt vom Menschen die Abkehr von der Sünde. Sonst bliebe die Gnade unwirksam, ein „freudiges Schöpfen aus den Quellen des Erlösers“ (Jes 12,3) wäre gar nicht möglich. 

Mehr Publicity hat die Barmherzigkeit nun allerdings durch andere Kreise erlangt, die sie gerne im Zusammenhang mit der kirchlichen Disziplin und Seelsorge ins Feld führen. Sie fordern eine „Pastoral der Barmherzigkeit“, die mit den genannten Frömmigkeitsformen wenig zu tun hat. Erbsünde und persönliche Sünde, zeitliche und ewige Sündenstrafen spielen in ihr keine nennenswerte Rolle. Stattdessen beschwört man die „bedingungslose Liebe“ des himmlischen Vaters, die angeblich im Zentrum der biblischen Verkündigung steht.

Weil Gott nach ihrer Meinung nur lieben und nicht strafen kann, ist für die Vertreter dieser Richtung nicht seine Barmherzigkeit das Erstaunliche, sondern die bisherige Unbarmherzigkeit der Kirche, die nun schleunigst überwunden werden soll. Die praktischen Folgerungen, die man aus dem „Prinzip Barmherzigkeit“ ableitet, sind hinlänglich bekannt, da in aller Munde. Sie beziehen sich mit Vorliebe auf die Sphäre der Geschlechtlichkeit und der Ehemoral, einen Bereich also, in dem die Adamskinder auffällig schwach sind und darum besonders der Barmherzigkeit bedürfen. 

Die Erkenntnis dieser Hinfälligkeit ist freilich nichts Neues. In der kirchlichen Verkündigung und Hirtensorge hat man ihr schon immer Rechnung getragen. Allerdings orientierte sich die bisherige „Pastoral der Barmherzigkeit“ nicht an gefühlsbestimmten, „weichen“ Vorstellungen von Barmherzigkeit, die man besser als „Nachgiebigkeit“ bezeichnen sollte, sondern an den Offenbarungswahrheiten über Sünde, Bekehrung, Gnade und Heil. Maßgeblich für den pastoralen Einsatz waren vor allem die ersten vier „Geistlichen Werke der Barmherzigkeit“, nämlich: 
1. Die Unwissenden lehren.
2. Den Zweifelnden recht raten.
3. Die Betrübten trösten.
4. Die Sünder zurechtweisen. 
 (Die übrigen drei lauten: 5. Die Lästigen geduldig ertragen. - 6. Denen, die uns beleidigen, gerne verzeihen. - 7.Für die Lebenden und die Toten beten.) 

Viele Christen unserer Tage halten nun diese Art von Barmherzigkeit für ausgesprochen unbarmherzig. Ihr Einwand: Wer Sünder zurechtweist, der erhebt sich diskriminierend über seinen Mitmenschen; durch Sittenstrenge und Drohungen belastet er dessen Gewissen, anstatt es zu entlasten; dadurch treibt er ihn eher in die Isolation, als ihm das Gefühl zu geben, so angenommen zu sein, wie er ist, ohne Vorbehalte, ohne Bedingungen.

Dagegen ist zu fragen, wie sich diese „Pastoral der Barmherzigkeit“ mit den entschiedenen Forderungen des alttestamentlichen Gesetzes und der Propheten, aber auch Jesu selbst, mit den Ermahnungen der Apostelbriefe und den erschreckenden Androhungen der Johannes-Apokalypse in Einklang bringen lässt. Ist denn dort, wo die Sünde verharmlost wird, überhaupt noch Platz für die Barmherzigkeit? Gilt nicht vielmehr: Ohne Misere keine „misericordia“? Und würde man wohl einen Arzt, der den Alkoholiker beruhigt, ihm aber nicht dringend eine Entziehungskur anrät, „barmherzig“ nennen? Wohl kaum. Ähnlich steht es um eine Seelsorge, die über das Unheil der Sünde hinwegtröstet, anstatt Hilfe zu dessen Beseitigung zu leisten. 

So ist also manches, was als barmherzig gilt, in Wahrheit unbarmherzig, und manches scheinbar Unbarmherzige barmherzig. Die „Geistlichen Werke der Barmherzigkeit“ und eine innige Herz-Jesu-Verehrung tragen mit Sicherheit mehr zu einer echten „Pastoral der Barmherzigkeit“ bei als das, was sich heute so nennt. 




 Weiteres zum Thema "Barmherzigkeit":
       
     Foto: Herz Jesu; Seitenaltar in der Benediktinerabtei Ottobeuten, Detail; eigenes Foto

    Freitag, 13. Dezember 2013

    Gebet für den Papst und die Nächsten

    Fortsetzung (Teil 4) des Gebetes der hl. Katharina von Siena zum Geheimnis der Menschwerdung Gottes (Mariä Verkündigung):


    Zu dir nehme ich meine Zuflucht, Maria.
     
    Dir bringe ich mein Gebet für die süße Braut deines vielgeliebten Sohnes und für seinen Stellvertreter auf Erden dar. Wende ihm das nötige Licht zu, um mit Klugheit die wirksamste Art und Weise für die Erneuerung der heiligen Kirche zu erkennen. Lass auch sein Volk mit ihm vereint bleiben und im Herzen mit ihm übereinstimmen, damit es sich niemals gegen sein Oberhaupt auflehnt! Mir scheint, ewiger Gott, dass du aus ihm einen Amboss gemacht hast, auf den jeder mit Wort und Tat, soweit er nur kann, einhämmert.

    Weiter bitte ich dich für jene, für die ich besondere Vorliebe hege, und die du mir nach meinem Verlangen anvertraut hast. Entflamme ihr Herz und lasse seine Glut nicht erkalten, sondern entzünde und durchglühe es in der Liebe zu dir und zum Nächsten! Mögen sie so zur Zeit der Prüfung wohl versehen sein für sich und andere!

    Ich bitte dich für die, die du mir gegeben hast, obwohl ich sie niemals zum Guten, sondern nur zum Bösen führte. Anstatt für sie ein Spiegel aller Tugenden zu sein, habe ich ihnen das Beispiel grenzenloser Nachlässigkeit gegeben. Doch heute bitte ich kühn; denn es ist der Tag der Gnade. Ich weiß, o Maria, dass dir nichts verweigert werden kann. O Maria, heute hat dein Erdreich für uns den Heiland hervorsprießen lassen.

    Gesündigt habe  ich, o Herr; erbarme dich meiner!

    Süßeste unaussprechliche Liebe! O Maria, du bist gebenedeit unter allen Weibern für alle Zeit. Heute hast du uns von deinem Besten gegeben. Heute hat sich die Gottheit mit unserer Menschheit vereint und einverleibt, und so innig, dass weder der Tod noch unsere Undankbarkeit sie künftig trennen kann.

    Immer blieb die Gottheit vereint, im Grabe mit dem Leibe Christi und in der Unterwelt mit seiner Seele und zugleich mit Leib und Seele im auferstandenen Christus. So eng und innig ist diese Vereinigung, dass, selbst wenn sie niemals unterbrochen wäre, sie ewig unauflöslich bliebe. So geschehe es!


    aus: Katharina von Siena - Gebete; Übertragen und eingeleitet von P. Dr. Joseph Maria Scheller O.P.; Albertus-Magnus Verlag Vechta i.O.; AD 1936, S. 153ff, Von Mariä Verkündigung (s. Quellen)


    Teil 1, Teil 2 und Teil 3 des Gebetes



    Freitag, 29. November 2013

    Das Band des Herzens



    Es gibt auf der ganzen Welt kein Band so stark 
    wie das Band des Herzens.




    Mittwoch, 13. November 2013

    Am Anfang stand das lautere Herz



    "Wenn Sie mich, liebe Gläubige, fragen, was stand am Anfang der Priesterbruderschaft St. Petrus, dann würde ich nicht antworten, es war der Wille, an der überlieferten Liturgie festzuhalten, es war die Treue zum Papst oder sonst ein anderes offenkundiges Merkmal; ich würde antworten: Am Anfang der Bruderschaft stand das lautere Herz. 

    Wenn wir daran festhalten, wird Gottes Vorsehung uns festhalten, auch wenn ihre Lösungen - ich möchte sagen: in der Regel - anders aussehen als die, die wir uns vorstellen können."
    P. Walthard Zimmer FSSP in einer Wallfahrtspredigt anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Priesterbruderschaft St. Petrus im Oktober 2013 nach Maria Taferl NÖ



    Foto: Wallfahrtskirche Maria Taferl; Clemens Pfeiffer, Wien

    Sonntag, 28. Juli 2013

    O Gott, immerfort empfange ich mich aus Deiner Hand!

    O Gott, Deine Offenbarung ist ein Licht für unseren Geist, dass er verstehe, und ein Ruf an unser Herz, dass es höre und gehorche. So lehre uns, die Botschaft, dass Du den Menschen und mit ihm alle Dinge erschaffen hast, recht in uns aufzunehmen.

    Durch Dich sind wir geworden. Wir kommen nicht aus den stummen Elementen, sondern aus der freien Macht Deines herrscherlichen Wortes; nicht aus dem Urgrund der Welt, sondern aus Deiner lichten Wahrheit.

    Und durch Dich sind auch alle Dinge geworden. Die Welt ist nicht im eigenen Geheimnis ruhende Natur, sondern Dein Werk. Du hast sie erdacht und hast bewirkt, dass sie sei. Aus Dir hat sie Wirklichkeit und Kraft, Wesen und Sinn, und Du hast über sie das Zeugnis abgelegt, dass sie "gut" ist und "sehr gut,"

    Ich glaube, dass alles von Dir geschaffen ist, o Gott lehre mich, diese Wahrheit zu verstehen. Sie ist die Wahrheit des Daseins. Wird sie vergessen, dann sinkt alles ins Unrecht und Torheit. Mein Herz ist einverstanden mit ihr. Ich will nicht aus eigenem Recht leben, sondern freigegeben durch Dich. Nichts habe ich von mir selbst; alles ist Gabe von Dir und wird erst mein, wenn ich es von Dir empfange.

    Immerfort empfange ich mich aus Deiner Hand. So ist es, und so soll es sein. Das ist meine Wahrheit und meine Freude. Immerfort blickt Dein Auge mich an, und ich lebe aus Deinem Blick, Du mein Schöpfer und mein Heil. Lehre mich, in der Stille Deiner Gegenwart das Geheimnis zu verstehen, dass ich bin. Und dass ich bin durch Dich, und vor Dir, und für Dich.
    Amem.


    Romano Guardini: Theologische Gebete; AD1944; S. 13f  (s. Quellen)

    Freitag, 7. Juni 2013

    Herz Jesu - Ursprung der Kirche und Quell allen Heils



    Evangelium zum Herz Jesu-Fest (Joh 19,31-37):
    In jener Zeit baten die Juden Pilatus, man möge den Gekreuzigten die Beine zerschlagen und ihre Leichen dann abnehmen; denn dieser Sabbat war ein großer Feiertag. Also kamen die Soldaten und zerschlugen dem ersten die Beine, dann dem andern, der mit ihm gekreuzigt worden war.

    Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floß Blut und Wasser heraus.

    Und der, der es gesehen hat, hat es bezeugt, und sein Zeugnis ist wahr. Und er weiß, dass er Wahres berichtet, damit auch ihr glaubt. Denn das ist geschehen, damit sich das Schriftwort erfüllte: Man soll an ihm kein Gebein zerbrechen. Und ein anderes Schriftwort sagt: Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben.

    "Das Herz Jesu wird von der Lanze durchbohrt. Es wird geöffnet, und es wird zur Quelle: Blut und Wasser, die herausströmen, verweisen auf die beiden Grundsakramente, von denen die Kirche lebt: Taufe und Eucharistie. 

    Aus der geöffneten Seite des Herrn, aus seinem geöffneten Herzen entspringt der lebendige Quell, der die Jahrhunderte hindurch strömt und die Kirche schafft. Das offene Herz ist Quell eines neuen Lebensstroms; Johannes hat dabei gewiß auch an die Prophezeiung des Ezechiel gedacht, der aus dem neuen Tempel einen Strom hervorkommen sieht, der Fruchtbarkeit und Leben schenkt (Ez 47): Jesus selbst ist der neue Tempel, und sein offenes Herz ist die Quelle, aus der ein Strom neuen Lebens kommt, das sich uns in der Taufe und in der Eucharistie mitteilt."



    „Aus seiner geöffneten Seite strömen Blut und Wasser, aus seinem durchbohrten Herzen entspringen die Sakramente der Kirche. Das Herz des Erlösers steht offen für alle, damit sie freudig schöpfen aus den Quellen des Heiles.
    (aus der Präfation des Hochfestes des Heiligsten Herzens)
      




    Sonntag, 28. April 2013

    Gott ist unveränderlich, Er ist ewig und immer derselbe

    Geliebte! Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater des Lichtes, bei dem es keinen Wechsel und keinen Schatten von Veränderlichkeit gibt. Aus freiem Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit gezeugt, damit wir gleichsam die Erstlingsfrucht seiner Schöpfung seien. Denkt daran, meine geliebten Brüder: Darum sei jeder Mensch schnell bereit zu hören, aber zurückhaltend im Reden und nicht schnell zum Zorn bereit; denn im Zorn tut der Mensch nicht das, was vor Gott recht ist. Darum legt alles Schmutzige und Böse ab, seid sanftmütig und nehmt euch das Wort zu Herzen, das in euch eingepflanzt worden ist und das die Macht hat, eure Seelen zu retten.

    Jak 1,17-21; Lesung vom 4. Sonntag nach Ostern (Leseordnung für die außerordentliche Form des Römischen Ritus)


    Christus heri, Christus hodie, ipse et in saecula.

    Mittwoch, 24. April 2013

    Das vertrauensvolle Gebet

    Das Gebet hat große Kraft,
    das ein Mensch nach bestem Können verrichtet.

    Es macht ein bittres Herz süß,
    ein trauriges froh,
    ein armes reich,
    ein törichtes weise,
    ein verzagtes kühn,
    ein schwaches stark,
    ein blindes sehend,
    ein kaltes brennend.
    Es zieht den großen Gott
    in ein kleines Herz.
    Es trägt die hungrige Seele
    empor zu Gott, dem lebendigen Quell,
    und bringt zusammen zwei Liebende:
    Gott und die Seele.

    Heilige Gertrud von Helfta



    Dienstag, 16. April 2013

    BXVI.: Der priesterliche Zölibat, Angleichung an den Lebensstil Christi

    [Der priesterliche Zölibat] wird zu Recht als ein unschätzbarer Reichtum betrachtet und auch durch die ostkirchliche Praxis bestätigt, gemäß der die Bischöfe nur unter zölibatär lebenden Männern ausgewählt werden und die Entscheidung vieler Priester für den Zölibat in hohen Ehren gehalten wird.

    In dieser Wahl des Priesters kommen nämlich in ganz eigener Weise seine Hingabe, die ihn Christus gleichgestaltet, und seine Selbstaufopferung ausschließlich für das Reich Gottes zum Ausdruck.  Die Tatsache, daß Christus, der ewige Hohepriester, selber seine Sendung bis zum Kreuzesopfer im Stand der Jungfräulichkeit gelebt hat, bietet einen sicheren Anhaltspunkt, um den Sinn der Tradition der lateinischen Kirche in dieser Sache zu erfassen.

    Deshalb reicht es nicht aus, den priesterlichen Zölibat unter rein funktionalen Gesichtspunkten zu verstehen. In Wirklichkeit stellt er eine besondere Angleichung an den Lebensstil Christi selbst dar. Eine solche Wahl hat vor allem hochzeitlichen Charakter; sie ist ein Sicheinfühlen in das Herz Christi als des Bräutigams, der sein Leben für die Braut hingibt.

    In Einheit mit der großen kirchlichen Tradition, mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil und meinen Vorgängern im Petrusamt bekräftige ich die Schönheit und die Bedeutung eines im Zölibat gelebten Priesterlebens als ausdrucksvolles Zeichen der völligen und ausschließlichen Hingabe an Christus, an die Kirche und an das Reich Gottes und bestätige folglich seinen obligatorischen Charakter für die lateinische Tradition. Der in Reife, Freude und Hingabe gelebte priesterliche Zölibat ist ein sehr großer Segen für die Kirche und für die Gesellschaft selbst.


    Papst Benedikt XVI., Nachsynodales apostolisches Schreiben "Sacramentum caritatis" vom 22.02.2007

    Sonntag, 14. April 2013

    Wo die Demut des Mitglaubens mit der Kirche verschwindet, löst sich die Erkenntnis auf

    Der Gekreuzigte ist die wahre Weisheit (4)

    Fortsetzung von hier

    So wollen wir auch beten für die Theologie und die Theologen, dass sie diese grundlegende Gebärde der Demut, diese innerste Voraussetzung aller Theologie wieder mit neuer Entschiedenheit aufnehmen: Theologie ist nicht Weltfahrt der isolierten Vernunft des Gelehrten, sondern ist Mitdenken mit dem Glauben der Kirche und Mühen darum, diesen Glauben zu verstehen, auszusagen und so die Wahrheit zu berühren, die unseren Verstand und unser Herz zugleich erleuchtet.

    Der große Konvertit Heinrich Schlier ist gerade über dem Studium des Epheserbriefes katholisch geworden; einen der wichtigsten Wegweiser fand er hier, im Text unserer heutigen Lesung (Eph 3,13 -21). Denn Paulus sagt uns hier, dass Glaube und Liebe zur Erkenntnis führen. Das ist die zweite und dritte Aussage in der Beschreibung des Weges der Gesundung, den er uns zeigen will.

    Zunächst sagt er uns ganz klar (und das war für den Lutheraner Schlier eine wichtige Entdeckung), dass der Glaube sich in der Liebe bewähren muss. Der Glaube bleibt nur gesund, wenn man ihn lebt. Er ist nicht eine Theorie, er verändert unser Leben. Er öffnet das Herz. Er führt zur Liebe: Wo sie fehlt, ist der Glaube nicht vollständig. Der Glaube dispensiert nicht von den Geboten, sondern durch den Glauben lernen wir sie lieben, weil wir in ihnen das Angesicht des Herrn selbst erkennen.

    Paulus fügt noch einen weiteren Schritt hinzu: Glaube und Liebe zusammen führen zur Erkenntnis. Man kann sagen: Wo Glaube und Liebe da sind, wächst auch so etwas wie Theologie. Zwei wichtige Aussagen macht der Apostel darüber: Die Erkenntnis löst den Glauben nicht auf, sie löst die Liebe nicht ab.

    Der Glaube wird nie überflüssig. Das hat Paulus dem Hochmut der damaligen Gnostiker gegenüber betont, das müssen wir hochmütigen Theologien gegenüber auch heute betonen. Wo die Demut des Mitglaubens mit der Kirche verschwindet, löst sich auch die Erkenntnis auf.

    So ergibt sich von selbst das zweite: Zur Erkenntnis gehört die lebendige Gemeinschaft der Heiligen. Schlier schreibt dazu in seinem Kommentar: "...Es ist eine Erkenntnis, zu deren Wesen es gehört, dass sie mit den anderen geteilt wird... Es ist weder eine private noch eine Konventikelerkenntnis. Erkennt man, so erkennt man, was schon 'die Heiligen' erkannt haben, und man erkennt mit ihnen zusammen" (Seite 170).

    Wir könnten sagen: Zur wahren Erkenntnis gehört Heiligkeit, und zur Heiligkeit gehört die Gemeinschaft der Heiligen. Deswegen ist es so wichtig, sich nicht von der lebendigen Gemeinschaft der ganzen Kirche zu trennen. Deswegen ist es so wichtig, in der großen Gemeinschaft der ganzen Kirche aller Orte und aller Zeiten, in ihrer lebendigen Überlieferung zu stehen.

    Man kann Christus nicht erkennen ohne seine Heiligen; man kann ihn nicht lieben ohne seine Heiligen. Die Liebe zur ganzen großen Tradition der heiligen Kirche ist nicht ein Luxus einiger, sondern eine Notwendigkeit für uns alle. (weiterlesen)


    Schluss folgt


    Joseph Kardinal Ratzinger in einer Predigt vom 24.09.1995 in der Benediktinerabtei Sainte-Madeleine in Le Barroux anlässlich eines feierlichen Pontifikalamtes im alten Ritus (Teil 1, 2, 3, 5)

    Samstag, 13. April 2013

    Abenteuerliches Herz

    „Lebe wild und gefährlich!“ „Dein Leben sei ein Abenteuer!“ Sätze wie diese wurden jungen Menschen vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gerne mit auf den Weg gegeben. „Wild und gefährlich leben“, das galt als das Gegenstück zur spießbürgerlichen Existenz, also zu jenem braven Dasein, das weithin auf den immer gleichen Gleisen dahinläuft, voraussehbar und langweilig, da ihm das Aufregende, Unberechenbare, Gefährliche fehlt. Das „abenteuerliche Herz“ (Ernst Jünger) aber will nicht bloß vor sich hin vegetieren, sondern sehnt sich nach einer Fülle an Erlebnis und Erfahrung. Es kann sich mit der ruhigen Wohlanständigkeit, den Konventionen und Sicherheitsbedürfnissen der Allermeisten nicht abfinden und gibt dem Riskanten selbst dann den Vorzug, wenn es zum Scheitern führt. Lieber ein heroischer Untergang als ein kümmerliches Überleben!

    Mit dieser Auffassung war oft die Meinung verbunden, gerade christliches Leben sei eine Ausgeburt und typische Erscheinungsweise des verachteten Spießertums. Das verwundert nicht auf dem Hintergrund des Kulturprotestantismus jener Zeit, der es sich zum vorrangigen Ziel gesetzt hatte, anständige Bürger für den Staat heranzuziehen. Über einen engen, auf das Diesseits ausgerichteten Moralismus hinaus war von diesem Christentum nicht viel zu erwarten. Aber auch die Katholiken wurden von den Angriffen der jungen Wilden nicht verschont. Allsonntäglich fromm zur Kirche gehen zu müssen, um eine Heilige Messe „mit Andacht zu hören“; religiöse Pflichten gehorsam einzuhalten und zu erfüllen; schwere und auch lässliche Sünden tunlichst zu vermeiden; nicht hoch hinaus zu wollen, sondern immer schön recht demütig bleiben zu sollen: Was wäre daran wohl abenteuerlich zu nennen, wo doch alles ausgeschlossen ist, was Spannung verheißen könnte?

    Allerdings hätten sich die Kritiker christlich-katholischen Lebens schnell eines Besseren belehren können. Ein Blick in das Neue Testament, zumal die Apostelgeschichte oder die Paulusbriefe (beispielhaft: die autobiographischen Bemerkungen des Völkerapostels in 2 Kor 11,23-12,10), ein wenig Einsicht in die frühkirchlichen Märtyrerakten, etwas Lektüre wirklichkeitsnaher (also nicht nur klischeehaft-erbaulicher) Darstellungen von Heiligenleben und vor allem: nur ein Quentchen eigener Erfahrung des Ringens im Einsatz für das Reich Gottes in uns und um uns – das müsste eigentlich schon ausreichen, jedem dieser vorschnellen Beurteiler klar zu machen, dass es dem Gläubigen um ganz anderes als ein Dasein eng umzirkelter Sittsamkeit und selbstgenügsamer Frömmigkeit geht.

    Man braucht dem Christenleben nicht nachträglich und künstlich den Anstrich des Heroischen und Gefahrvollen zu geben. Die Reisen und Kämpfe eines Paulus, Athanasius und Franz Xaver, der totale Einsatz einer Katharina von Siena und Birgitta von Schweden, das Blutzeugnis von Stephanus und Ignatius von Antiochien, von Agnes und Caecilia bis zu Maximilian Kolbe und den ungezählten Märtyrern junger und jüngster Zeit, aber auch das Durchwandern schwerster Prüfungsnächte im Leben eines Wüstenvaters Antonius, eines Johannes vom Kreuz und einer Theresia von Lisieux – alles das gibt Zeugnis vom hohen Abenteuerpotential gelebten Glaubens.

    Mit Fug und Recht kann man sagen: Wo der Anruf Gottes aufgenommen wird, da hört ein spießig-kleinkariertes Leben auf. Es beginnt ein Leben in Fülle, wie es der Herr selbst verheißen hat (Joh 10,10). Weil dieses jedoch von den Mächten des unerlösten Ego, von der häufig verdorbenen Umgebung und von unsichtbaren Feinden, also von „Fleisch, Welt und Teufel“, bedroht wird, steht es immer im Zeichen des Kampfes. Zuerst muss das Erdreich des Herzens gepflügt und umgebrochen, Schädliches und Hinderliches gejätet, ausgerissen und vernichtet werden. Dabei bewahrheitet sich das Sprichwort: „Sich selbst bekriegen, der schwerste Krieg – sich selbst besiegen, der herrlichste Sieg.“ Sodann stößt der Christ auch mit der Welt und ihren völlig anders gearteten Maßstäben zusammen, erlebt Un- und Missverständnis, Spott, versteckte und offene Feindschaft. Nur ein starkes und weites Herz übersteht solches, ohne dabei durch Verhärtung, Verbitterung oder Vergiftung geschädigt zu werden. Und nicht zuletzt stehen dem Jünger des Herrn die Fallstricke Satans, seine Lockungen und Quälereien bevor.

    Fades Christenleben? Es ist ein Teil der Propaganda des Lügners von Anbeginn, die Sünde als das Interessante, die Tugend als das Langweilige hinzustellen. Tatsächlich aber ist Sünde nicht das Vitamin, sondern eher ein Narkotikum der Seele, ein Betäubungsgift, das dem Herzen den Schwung nimmt und es in gefährlichen Schlaf versetzt, während die echte Tugend von Kraft und Saft strotzt, dem Dasein Farbe und Profil verleiht und es in Spannung hält. Ein abenteuerliches Herz kennt die Wahrheit des Verses von Angelus Silesius: „Wer nicht gekämpft, trägt auch die Kron des ewgen Lebens nicht davon.“ Und es beherzigt daher die Mahnung der heiligen Theresia von Avila: „Die ihr Soldaten Christi seid, ruhet nicht, ruhet nicht, denn es gibt keinen Frieden auf Erden!“

      P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad


    Hinweise:
    - mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
    - der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS) 
    - Bild: Messfeier am Amazonas; ca. 1957

    Dienstag, 9. April 2013

    Papst Franziskus über die Rolle der Frauen in der Kirche:

    - dem Herrn die Türen öffnen, Ihm folgen und Sein Antlitz verkünden

    Mit großer Herzlichkeit und ermutigend sprach der Hl. Vater bei der Generalaudienz am 03. April über die Berufung der Frau als Überbringerin des Glaubens:
    In den Evangelien (...) haben die Frauen eine Hauptrolle, eine fundamentale Rolle. Hier können wir ein Element sehen, das für die historische Auferstehung spricht: Wenn es eine erfundene Begebenheit wäre, dann wäre sie nicht mit dem Zeugnis der Frauen verknüpft.

    Die Evangelisten hingegen erzählen einfach das, was geschah: die Frauen sind die ersten Zeugen. Das sagt uns, das Gott seine Zeugen nicht nach menschlichen Kriterien aussucht: die ersten Zeugen der Geburt Jesu sind Hirten, einfache und barmherzige Menschen, die ersten Zeugen der Auferstehung sind die Frauen. Und das ist schön, das ist ein bisschen auch die Mission der Frauen, der Mütter, der Großmütter: Zeugnis ablegen gegenüber den Kindern, den Enkeln. Dass Jesus lebt, dass er auferstanden ist. Mütter und Frauen: macht weiter mit diesem Zeugnis!

    Für Gott zählt das Herz, wie offen wir für ihn sind, ob wir wie Kinder sind, die vertrauen. Aber das lässt uns auch darüber nachdenken, wie die Frauen in der Kirche und auf dem Weg des Glaubens eine besondere Rolle dabei hatten und haben, dem Herrn die Türen zu öffnen, Ihm zu folgen und Sein Antlitz zu verkünden, denn der Blick des Glaubens braucht immer einen einfachen Blick voll tiefer Liebe.

    Papst Franziskus in der Generalaudienz am 03.04.2013



    Dienstag, 2. April 2013

    Forever Young - Mit immer jungem Herzen...


    [Wir müssen] den Glauben mit einem jungen Herzen leben [...], immer: mit jungem Herzen, auch mit siebzig, achtzig Jahren! Ein junges Herz!

    Mit Christus wird das Herz niemals alt! Doch wir alle wissen – und ihr wisst es sehr wohl –, dass der König, dem wir folgen und der uns begleitet, ein ganz besonderer König ist: ein König, dessen Liebe bis zum Kreuz geht und der uns lehrt zu dienen, zu lieben.

    Und ihr schämt euch des Kreuzes nicht! Nein, Ihr bekennt euch zu ihm, denn ihr habt begriffen, dass in der Selbsthingabe – im Verschenken des eigenen Selbst, im Herausgehen aus sich selbst – die wahre Freude liegt und dass Er mit der Liebe Gottes das Böse überwunden hat. 

    Papst Franziskus am Palmsonntag, 24.03.2013



    Wenn du jung bleiben willst, dann suche Christus!

    (dem hl. Augustinus (354-430) zugeschrieben)



    Weiteres zum Thema: 
    Foto: Kopie eines Triumph-Kreuzes aus dem 12. Jh. in der Kirche von Linde, Gotland; Mg-k; wikimedia commons

    Dienstag, 29. Januar 2013

    Wahre Freundschaft (4)

     
    Wie köstlich ist eine Freundschaft, deren Band die Liebe, die Frömmigkeit, die Religion ist!

    Vollkommen ist sie, weil sie von Gott kommt und zu ihm hinführt; vollkommen, weil sie Gott zum Beweggrund und Inhalt hat; vollkommen, weil sie in Gott von ewiger Dauer ist. Wie schön ist es, auf Erden so zu lieben, wie man im Himmel liebt!

    Ich rede hier nicht vom einfachen Wohlwollen, das uns mit allen Menschen verbinden soll, ich rede von jener tieferen Freundschaft, durch die sich Menschen in Gott verbinden, einander ihre guten Gedanken und Wünsche aussprechen und in Gott ein Herz und eine Seele werden...

    Franz von Sales in: Philothea; Verlag Ars sacra München AD 1961; S. 116f

    Heiliger Franz von Sales, bitte für uns!



    Bild: hl. Franz von Sales (1567-1622)

    Freitag, 30. November 2012

    Das Wichtigste: Ein lauteres Herz

     
    "Nach bald 25 Jahren Priestertum erscheint mir diese Liebe zur Wahrheit, dieses „lautere Herz“, das einfach das Gute, Richtige und Wahre tun will, ohne darauf zu schauen, ob die Konsequenzen daraus Vorteile oder Nachteile bringen, als das wichtigste Element, um mit Gott verbunden zu bleiben. Alles andere wird letztlich nur dann Frucht bringen, wenn es dem lauteren Herzen entspringt."

    P. Walthard Zimmer FSSP in der Predigt  zum Abschluss des Generalkapitels der Priesterbruderschaft St. Petrus in Denton am 18.07.2012 (Quelle: kath-info)
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