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Mittwoch, 17. April 2013

Was es mit dem "Teufel" auf sich hat

Papst Franziskus spricht deutlich und ohne Scheu vom Teufel und nennt den Widersacher Gottes damit beim Namen. Das sorgt bei manchen, die sich schon vom Teufel verabschiedet hatten, für Überraschung und bei anderen - nicht nur bei Laien - für eine gewisse Verunsicherung, weil wir solche Sachen 1. im Katechismusunterricht nicht gelernt haben - weil es den bei uns nicht gab (übrigens scheinbar auch nicht im Theologiestudium) und 2. weil wir auch nicht auf die Idee kommen, einmal im katholischen Katechismus nachzuschlagen -  oder 3. (womit man sich dann aber über die Lehre der Kirche erheben würde) weil wir nicht annehmen wollen, was im KKK geschrieben steht...

Glücklich, wer dann einen Präfekten der Glaubenskongregation um die Ecke hat, den man zu solch heiklen Themen befragen kann - solcher muss es ja schließlich wissen. So zog denn auch P. Bernd Hagenkord vom Radio-Vatikan-Blog den Kurienerzbischof Gerhard Ludwig Müller, seines Zeichens eben Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, zu Rate, mit der Frage, "was es denn heute mit dem Teufel auf sich habe".

Erzbischof Müller antwortete u. a. folgendermaßen:
„Wir sehen gewaltige Kräfte, die Unheil bewirken und wir sind davon überzeugt, dass das nicht in der Schöpfung begründet ist, sondern durch den freien Willen des Menschen entsteht. “So sei es auch mit dem, was wir Teufel nennen: Ursprünglich gut erschaffen sei er durch freie Entscheidung zum Träger des Bösen und zum Versucher geworden. „Eine gewaltige Macht, die auch über den Menschen herrschen kann und ihn vom Guten, vom Weg zu Gott, abbringt. Das Neue Testament und dort Jesus selber zeichnet ja den Teufel in eine zweifache Richtung. Er ist der Mörder und der Vater der Lüge. Es geht also um eine gewaltige Macht, die gegen das Leben ist, gegen die Liebe ist und gegen die Wahrheit. Wir sehen die Mächte, die oft auch anonym wirken und schwer fassbar sind, aber trotzdem sehr real sind.“ (rv-Blog 05.04.2013)

Die Antwort sagt aus, dass es sich bei dem, was wir Teufel nennen, um ein reales personales Wesen handelt, das einen freien Willen besitzt und deshalb in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen. Ein Wesen, das eine gewaltige Macht besitzt und "Mörder und Vater der Lüge" genannt wird.

Schaut man nun in den Kommentarbereich bei P. Hagenkord, dann wird deutlich, dass trotz der eigentlich klaren Antwort doch längst nicht alle Kommentatoren verstanden haben - oder nicht annehmen wollen, dass es sich beim Teufel um ein reales, personales Wesen handelt. Da möchte man ihn dann doch lieber wieder ent-personifiziert.


Was also ist die authentische Lehre der Kirche?

Der Teufel ist ein gefallener Engel, so lehrt die Kirche. 
Die Existenz der Engel ist eine Glaubenswahrheit, die durch Schrift und Tradition bezeugt ist. Engel, das sind von Gott geschaffene, unsterbliche Geistwesen, die Verstand und einen freien Willen besitzen,


Im KKK heißt es dazu:
329 Der hl. Augustinus sagt: ,,,Engel‘ bezeichnet das Amt, nicht die Natur. Fragst du nach seiner Natur, so ist er ein Geist; fragst du nach dem Amt, so ist er ein Engel: seinem Wesen nach ist er ein Geist, seinem Handeln nach ein Engel" (Psal. 103,1,15). Ihrem ganzen Sein nach sind die Engel Diener und Boten Gottes. Weil sie ,,beständig das Antlitz meines Vaters sehen, der im Himmel ist" (Mt 18,10), sind sie ,,Vollstrecker seiner Befehle, seinen Worten gehorsam" (Ps 103,20).


Die Existenz des Satans (oder Teufels) erklärt uns der KKK folgendermaßen:



391 Hinter der Entscheidung unserer Stammeltern zum Ungehorsam (Anm.:Erbsünde) steht eine verführerische widergöttliche Stimme [Vgl. Gen 3,1-5.], die sie aus Neid in den Tod fallen läßt [Vgl. weish 2,24]. Die Schrift und die Überlieferung der Kirche erblicken in diesem Wesen einen gefallenen Engel, der Satan oder Teufel genannt wird [Vgl. Joh 8,44; Offb 12,9.]. Die Kirche lehrt, daß er zuerst ein von Gott erschaffener guter Engel war. ,,Die Teufel und die anderen Dämonen wurden zwar von Gott ihrer Natur nach gut geschaffen, sie wurden aber selbst durch sich böse" (4. K. im Lateran 1215: DS 800).

392 Die Schrift spricht von einer Sünde der gefallenen Engel [Vgl. 2 Petr 2,4.]. Ihr ,,Sündenfall" besteht in der freien Entscheidung dieser geschaffenen Geister, die Gott und sein Reich von Grund auf und unwiderruflich zurückwiesen. Wir vernehmen einen Widerhall dieser Rebellion in dem, was der Versucher zu unseren Stammeltern sagte: ,,Ihr werdet sein wie Gott" (Gen 3,5). Der Teufel ist ,,Sünder von Anfang an" (1 Joh 3,8), ,,der Vater der Lüge" (Joh 8,44).

393 Wegen des unwiderruflichen Charakters ihrer Entscheidung und nicht wegen eines Versagens des unendlichen göttlichen Erbarmens kann die Sünde der Engel nicht vergeben werden. ,,Es gibt für sie nach dem Abfall keine Reue, so wenig wie für die Menschen nach dem Tode" (Johannes v. Damaskus, f. o. 2,4).

394 Die Schrift bezeugt den unheilvollen Einfluß dessen, den Jesus den ,,Mörder von Anfang an" nennt (Joh 8,44) und der sogar versucht hat, Jesus von seiner vom Vater erhaltenen Sendung abzubringen [Vgl. Mt 4,1-11.]. ,,Der Sohn Gottes aber ist erschienen, um die Werke des Teufels zu zerstören" (1 Joh 3,8). Das verhängnisvollste dieser Werke war die lügnerische Verführung, die den Menschen dazu gebracht hat, Gott nicht zu gehorchen.

395 Die Macht Satans ist jedoch nicht unendlich. Er ist bloß ein Geschöpf; zwar mächtig, weil er reiner Geist ist, aber doch nur ein Geschöpf: er kann den Aufbau des Reiches Gottes nicht verhindern. Satan ist auf der Welt aus Haß gegen Gott und gegen dessen in Jesus Christus grundgelegtes Reich tätig. Sein Tun bringt schlimme geistige und mittelbar selbst physische Schäden über jeden Menschen und jede Gesellschaft. Und doch wird dieses sein Tun durch die göttliche Vorsehung zugelassen, welche die Geschichte des Menschen und der Welt kraftvoll und milde zugleich lenkt. Daß Gott das Tun des Teufels zuläßt, ist ein großes Geheimnis, aber ,,wir wissen, daß Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt" (Röm 8,28).


Weitere Aussagen des KKK:

414 Satan oder der Teufel und die weiteren Dämonen waren einst Engel, sind aber gefallen, weil sie sich aus freiem Willen weigerten, Gott und seinem Ratschluß zu dienen. Ihre Entscheidung gegen Gott ist endgültig. Sie suchen, den Menschen in ihren Aufstand gegen Gott hineinzuziehen. 
 
2852 Der Teufel „war ein Mörder von Anfang an ... denn er ist ein Lügner und ist der Vater der Lüge" (Joh 8,44). Er ist es, „der Satan heißt und die ganze Welt verführt" (Offb 12,9). Durch ihn sind die Sünde und der Tod in die Welt gekommen. Durch seine endgültige Niederlage wird „die ganze Schöpfung von der Verderbnis der Sünde und des Todes befreit" werden (MR, Viertes Hochgebet). „Wir wissen: Wer von Gott stammt, sündigt nicht, sondern der von Gott Gezeugte bewahrt ihn, und der Böse tastet ihn nicht an. Wir wissen: Wir sind aus Gott, aber die ganze Welt steht unter der Macht des Bösen" (1 Joh 5, 18-19). 

Mittwoch, 23. Januar 2013

BXVI.: »Ich glaube an Gott.« Was heißt das?

"An Gott glauben heißt mit ihm verbunden sein, seine Offenbarung annehmen und mit Freude seinem Wort gehorchen und den Weg gehen, den es zeigt.

Der Glaube ist ein personaler Akt. Gott kommt dem Menschen entgegen, der auf den Anruf antwortet. So ist der Glaube zugleich Geschenk und Aufgabe, göttliche Gnade und menschliche Antwort, ein Dialog der Liebe, in dem Gott zu den Menschen wie zu Freunden redet.

Wie können wir das Sprechen Gottes hören? Die ganze Bibel berichtet davon, wie sich Gott dem Menschen mitteilt, und ist selbst Mitteilung Gottes an uns. Sie lehrt uns glauben, indem sie uns zeigt, wie Gott in der Geschichte oft verborgen, geheimnisvoll, unter Schmerzen sein Erlösungswerk fortführt. Sie erzählt von den Menschen, die er anrührt und die sich ihm anvertrauen, bis zur Fülle der Offenbarung in Jesus Christus."

Papst Benedikt XVI. bei der Generalaudienz am 23.01.2013




Freitag, 18. Januar 2013

ICH BIN - Worte Jesu

Nachdem Josef Bordat auf "Das Ja des Glaubens" die sieben ICH-BIN-Worte Jesu aus dem Johannes-Evangelium vorgestellt hat, sollen sie auf meinem Blog nicht fehlen. Thomas Söding, Neutestamentler an der Ruhr-Universität Bochum nennt sie "Spitzensätze neutestamentlicher Christologie", die in "starken Worten und klaren Symbolen die Heilsbedeutung Jesu" beschreiben. Wer möchte, kann die Schriftstellen durch Anklicken im Kontext nachlesen.




Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nicht hungern und wer an mich glaubt, wird nie mehr dürsten. (Joh 6,35)

Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben. (Joh 8,12)

Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, so wird er errettet werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden. (Joh 10,9)

Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. (Joh 10,11)

Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist. (Joh 11,25)

Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater als nur durch mich. (Joh 14,6)

Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Winzer; jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. (Joh 15,1)



Weiteres zum Thema:


Eine weiteres ICH-BIN-Wort Jesu aus dem Johannes-Evangelium möchte ich noch hinzufügen:

Ich bin ein König.
Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen,
dass ich von der Wahrheit Zeugnis ablege.  




Bild: Christus-Ikone; Jadwiga; GNU Free Documentation License

Sonntag, 7. Oktober 2012

Der ganze katholische Glaube in einer Hand

Kardinal Meisner erzählt:

Im Jahr meiner Bischofsweihe 1975 zelebrierte ich im Erfurter Dom einen Sonntagsgottesdienst. Dabei fiel mir eine Gruppe einfach gekleideter Menschen auf, die sich wie Fremde verhielten.

Nach dem Gottesdienst ging ich vor dem Dom auf sie zu, und es stellte sich heraus, dass es russlanddeutsche Katholiken waren, die mit einer Gruppenreise die damalige DDR besuchten und dabei den Erfurter Dom besichtigten. Sie hatten nach 35 Jahren zum ersten Mal wieder einen katholischen Gottesdienst erlebt.

Einer der Besucher fragte mich: „Welche Glaubenswahrheiten müssen wir unseren Kindern weitergeben, damit sie das Ewige Leben erlangen?“ Eine so wichtige Frage war mir vorher und nachher nie wieder gestellt worden. Ich entgegnete ihnen: „Ich werde jedem von Ihnen eine Bibel und einen katholischen Katechismus mitgeben. Dort finden Sie alles Wesentliche.“ Darauf antworteten sie: „Religiöse Bücher in die Sowjetunion mitzunehmen, ist gefährlicher als Waffen.“ Da fragte ich, ob sie einen Rosenkranz mitnehmen könnten. Ihre Antwort war: „Natürlich, aber was hat das mit unserer Frage zu tun?“

Ich zeigte ihnen dann auf: „Am Kreuz des Rosenkranzes beten wir das Glaubensbekenntnis, das ist unsere ganze Glaubenslehre. Dann folgen die ersten drei kleinen Perlen, an denen wir Glaube, Hoffnung und Liebe betrachten, das ist unsere ganze Lebenslehre. Mehr braucht man nicht zu glauben und zu leben, um in das Reich Gottes zu kommen. Und dann sind gleichsam in Geheimschrift die wichtigsten Geheimnisse des Lebens Jesu im Freudenreichen, Schmerzhaften und Glorreichen Rosenkranz aufgefädelt.“- Heute käme noch der Lichtreiche Rosenkranz dazu. – „Das kann kein Geheimdienst entziffern, das weiß nur der gläubige Beter und Jesus Christus.“

Darauf nahm der fragende Mann den Rosenkranz in seine Hand und sagte: „Dann habe ich den ganzen katholischen Glauben in einer Hand!“ Ich konnte ihm sagen: „Ja, Sie haben den ganzen katholischen Glauben in einer einzigen Hand!“

Joachim Kardinal Meisner im Fastenhirtenbrief des Jahres 2003

Foto: wikipedia

Sonntag, 2. September 2012

Sola scriptura?

Aus dem Buch „Warum werden wir nicht katholisch?“ von Andreas Theurer über das Prinzip von "sola scriptura" ("allein die Schrift") der reformatorischen Theologie:

"Aber ich denke, aus dem bisher Geschriebenen wurde deutlich: das „sola scriptura“ als theologisches Grundprinzip blendet wichtige Teile der göttlichen Wahrheit aus.

Ein besseres Kriterium für die Wahrheit und Richtigkeit der kirchlichen Lehre sehe ich in der „Apostolizität“. Das für alle Kirchen verbindliche Glaubensbekenntnis von Nicäa und Konstantinopel hält fest: „Ich glaube … die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“. (...)

Nicht die Frage, ob jede kirchliche Handlung in der Bibel detailliert beschrieben ist, ist demnach der entscheidende Maßstab, sondern ob sie mit dem übereinstimmt, was die Apostel in ihren Gemeinden gelehrt und praktiziert haben. Es darf nicht sein, dass im Laufe der Zeit neue Lehren entstehen, von denen die Apostel nichts wussten, oder schlimmer noch: die dem entgegenstehen, was die ersten Christen glaubten. Dieser Gedanke liegt übrigens nicht nur der römisch-katholischen Theologie zugrunde, sondern auch für die Reformatoren Luther, Melanchthon und ihre Anhänger war das selbstverständlich. "


Andreas Theurer:
Warum werden wir nicht katholisch?
Denkanstöße eines evangelisch-lutherischen Pfarrers
Dominus-Verlag Augsburg 

96 Seiten



So steht denn fest, Brüder, und haltet euch an die Überlieferungen, die ihr mündlich oder schriftlich von uns empfangen habt.
(2 Thess 2,15)
 Mit Dank an Eugenie!


Zum gleichen Thema: 
P. Bernward Deneke: Sola scriptura - eine noch immer unbeantwortete Frage




Samstag, 25. Februar 2012

Buchstabe und Geist

Von Pater Bernward Deneke FSSP

Was sich manche Schriftstellen so alles gefallen lassen müssen!

Man sollte einmal eine Geschichte der Abwegigkeiten im Umgang mit dem Pauluswort „Der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig“ (2 Kor 3,6) schreiben. Erstaunliches käme dabei zutage, und das bis in die Gegenwart hinein.

So berufen sich Lehrer, die vor der Rechtschreibkatastrophe der Gegenwart kapituliert haben und daher über die Fehler ihrer Schüler großzügig hinwegsehen, auf Paulus: Es komme doch nicht darauf an, dass ein Kind die Wörter exakt nach dem Duden schreibe; vielmehr müsse der Geist stimmen, und der könne sich auch in einem freieren Umgang mit der Orthographie zeigen.

2 Kor 3,6 muss auch für eine bestimmte Art des Umgangs mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil herhalten. Jene, die sich gegen den Wortlaut der Dokumente auf das „das Konzil“ berufen (ein Verfahren, das nicht zuletzt Papst Benedikt XVI. mit aller Deutlichkeit zurückgewiesen hat), verteidigen sich, wenn man sie auf einschlägige Stellen hinweist, gerne in folgender Manier: „Ja, dem Buchstaben nach magst du wohl recht haben, aber es kommt doch auf den Geist des Konzils an. Der macht lebendig!“ Ob dieser Konzilsgeist der Kirche wirklich eine höhere Vitalität eingehaucht hat, darüber lässt sich trefflich streiten.

Jedenfalls ist das Verhältnis von Buchstabe und Geist genauer zu prüfen. Dabei helfen uns sehr einfache Erfahrungstatsachen, die uns zeigen: Es kommt sehr wohl auf den Buchstaben an, aber für sich allein genommen ist er nutzlos. Denn wie könnte man einen Text lesen, ohne dabei auch die Buchstaben zur Kenntnis zu nehmen? Wer der griechischen oder arabischen Schriftzeichen unkundig ist, der kann das mit ihnen Geschriebene selbstverständlich nicht enträtseln. Und doch bleiben wir eben nicht an den einzelnen Buchstaben hängen, sondern fassen sie als Elemente von Wortgebilden, diese wiederum als Teile jenes Gewebes auf, zu dem sie miteinander verknüpft sind. Dessen Sinn aber erschließt sich uns nur durch den Verstand. So dringt unser Geist von den Buchstaben bis zu jenem Geist vor, der sich in dem Text ausdrückt.

Handelt es sich dabei um besonders tiefsinnige, geheimnisvolle Worte, dann reicht nicht einmal die Kenntnis der Sprache aus. Hier gilt es, der Einsicht gelangen, was sie in Wahrheit sagen wollen. Bekanntlich hat die Sphinx des griechischen Mythos diejenigen, die nur bis zum oberflächlichen Sinn ihrer Orakelsprüche vordrangen und die eigentliche Botschaft nicht erfassten, augenblicklich getötet...

Denken wir uns eine lebensnotwendige Nachricht in ägyptischen Hieroglyphen oder chinesischer Schrift. Solange wir die Zeichen nicht entziffern können, nützt uns das Geschriebene nicht. Mit den Buchstaben allein, ohne ihren Geist sind wir verloren.

Gott ist keine Sphinx und quält uns nicht mit Rätseln. Doch reicht angesichts seiner Offenbarung ein bloß äußerliches Verständnis nicht hin. Denken wir nur daran, wie Jesus Christus die Moral der Pharisäer und Schriftgelehrten geißelte, die sich zwar an den genauen Wortlaut der einzelnen Vorschriften halten wollten, dabei jedoch den Geist des Gesetzes missachteten. So genügt es z.B. nicht, Mord oder Ehebruch zu unterlassen, wenn das Herz dennoch eine Mördergrube oder eine Lasterhöhle ist (vgl. Mt 5,21ff).

Der geistlose Buchstabe ist also zu wenig. Und er ist tödlich für unsere moralische Integrität, tödlich für unser Handeln, tödlich für unser Herz, tödlich sogar für unser ewiges Leben. Daher sagt Jesus, wenn unsere Gerechtigkeit nicht die der Pharisäer und Schriftgelehrten übersteige, könnten wir nicht in das ewige Leben eingehen.

Und dennoch kann man den lebenspendenden Geist nicht vom Buchstaben trennen und gegen ihn ausspielen. An den eben genannten Beispielen wird das klar: Der Geist des Verbotes von Mord besteht ebenso wenig darin, dass die äußere Mordtat nun doch erlaubt sein soll, wie der Geist des Verbotes von Ehebruch das tatsächliche Vergehen gestattet. Im Gegenteil!

So versteht man die Worte Jesu, der betont, er sei nicht gekommen, das Gesetz abzuschaffen, vielmehr es zu erfüllen. Kein Jota und kein Strichlein von der Thora sollten vergehen, bis alles, aber auch wirklich alles erfüllt sei. Ja, diejenigen, die auch nur einen klitzekleinen Teil vom Gesetz wegnehmen, sollten im Himmelreich als die Geringsten gelten (Mt 5,17ff.). Und wo er von der Liebe der Jünger zu ihm, dem Meister, spricht, da sagt er nicht: „Der ist es, der mich liebt, der den Geist meiner Gebote hat“, sondern: „Der ist es, der mich liebt: Wer meine Gebote hält.“ (Joh 14,21)

Denken wir auch an sein Wort von den zwei Söhnen, die von ihrem Vater gebeten wurden, etwas zu tun. Der eine zeigte sich sogleich begeistert, war also von einer Art „Geist des Gehorsams“ gegenüber dem Vater erfüllt, und doch tat er es nicht, während der andere, der sich zunächst alles andere als begeistert zeigte, schließlich dem Willen seines Vaters entsprach. Letzteren rühmt der Herr (Mt 21,28ff.).

Wie bei den Konzilstexten kann man auch bei Gottes Wort nicht gleichsam den Geist von den Buchstaben abziehen. In Wirklichkeit gehören beide zusammen.

Somit gilt: Erst die geisterfüllte Treue zum Buchstaben macht lebendig.

Wie es nicht genügt, Rechtschreibung und Grammatik zu kennen und einzuhalten, um sich der Sprache im Dienst der Wahrheit, des Guten und Schönen zu bedienen, so ist es für ein christliches Leben auch zu wenig, den Wortlaut der Gebote Gottes genau zu beachten. Und wie jemand, der die Sprache liebt, ihre Regeln so verinnerlicht hat, dass er sie ohne viele Überlegungen automatisch anwendet, so befassen sich diejenigen, die ihren Herrn lieben, nicht andauernd mit den Buchstaben eines moralischen Regelwerks, mit seinen Einzelvorschriften und Grenzfällen, sondern erfüllen dies wie selbstverständlich, indem sie den Geist der Gebote, nämlich die Liebe zu Gott und zum Nächsten, suchen. „Die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes.“ (Röm 13,10)

Sehr viele Beispiele aus dem Bereich aller Gebote könnte man hier anführen, aber letztlich ist es eine Angelegenheit der ganz persönlichen Gewissenserforschung. Man kann sie vielleicht anhand der Forderung des heiligen Franz von Sales anstellen, der nicht müde wurde zu betonen: „Tut alles aus Liebe, nichts nur aus Pflicht.“ Genauso gut hätte er formulieren können: Tut alles im Geiste, nicht nur dem Buchstaben nach. Zwar ist es besser, wenn wenigstens die Pflicht, wenigstens der Buchstabe vorhanden ist (und manchmal sind wir wohl auch so erschöpft, dass uns kaum etwas anderes übrig bleibt, uns daran festzuhalten); aber letztlich ist der Buchstabe für sich allein genommen eben tödlich. Der Geist ist’s, der lebendig macht, der uns neu gestaltet, uns befreit und mit jener Herrlichkeit umkleidet, die bleiben soll in Ewigkeit.


Hinweise:

- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)

Mittwoch, 21. September 2011

Stumme Hunde

"Man redet heute viel von der prophetischen Aufgabe der Kirche. Das Wort wird manchmal mißbraucht. Aber wahr ist doch, daß die Kirche sich nie einfach mit dem Zeitgeist liieren darf.

Sie muß die Laster und Gefährdungen einer Zeit ansprechen; sie muß den Mächtigen ins Gewissen reden, aber auch den Intellektuellen, denen auch, die banausisch und gemütlich an den Nöten einer Zeit vorbeileben wollen und so fort.

Als Bischof fühlte ich mich verpflichtet, mich dieser Aufgabe zu stellen. Zudem waren die Defizite zu offenkundig: Ermüdung des Glaubens, Rückgang der Berufungen, Sinken des moralischen Standards gerade auch unter den Menschen der Kirche, zunehmende Tendenz zur Gewalt und vieles andere.

Mir klingen immer die Worte der Bibel wie der Kirchenväter im Ohr, die die Hirten mit großer Schärfe verurteilen, die wie stumme Hunde sind und, um Konflikte zu vermeiden, das Gift sich ausbreiten lassen. Ruhe ist nicht die erste Bürgerpflicht, und ein Bischof, dem es nur darauf ankäme, keinen Ärger zu haben und möglichst alle Konflikte zu übertünchen, ist für mich eine abschreckende Vision."


aus:  Joseph Kardinal Ratzinger, Salz der Erde, Christentum und katholische Kirche an der Jahrtausendwende; Ein Gespräch mit Peter Seewald, Seite 87/88; AD 1996 (s. Quellen)




Foto: rethought, Mitra und Bischofsstab

Freitag, 12. August 2011

Mündiges Christsein

Bild: Joseph Shaw, 14.05.2011
"Es gibt Kreise mit nicht geringem Einfluß, die uns das Knien auszureden versuchen. Es passe nicht zu unserer Kultur, sagt man (zu welcher eigentlich?); es schicke sich nicht für den mündigen Menschen, der Gott aufrecht gegenübertrete, oder aber es zieme dem erlösten Menschen nicht, der durch Christus zu einem Freien geworden sei und daher nicht mehr zu knien brauche. (...) Das Knien kommt nicht aus irgendeiner Kultur - es kommt aus der Bibel und ihrer Gotteserkenntnis heraus. (...) Es mag wohl sein, dass moderner Kultur das Knien fremd ist - insofern sie nämlich eine Kultur ist, die sich vom Glauben entfernt hat und den nicht mehr kennt, vor dem zu knien die rechte, ja, von innen her nötige Gebärde ist. Wer glauben lernt, lernt auch knien, und ein Glaube oder eine Liturgie, die das Knien nicht mehr kennte, wäre an zentraler Stelle krank. Wo es verloren gegangen ist, müssen wir es wieder erlernen, damit wir betend in der Gemeinschaft der Apostel und Martyrer, in der Gemeinschaft des ganzen Kosmos, in der Einheit mit Jesus Christus selbst verbleiben." (Hervorhebungen durch Administrator)

Joseph Kardinal Ratzinger in: Der Geist der Liturgie, Eine Einführung, AD2000
 
Der mündige Christ also betet Gott selbstbewusst und in Freiheit demütig an.
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