Die andere Hierarchie
Teil 25
Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997
§7 Das Priestertum der Kirche
I.  Die amtliche Lehre
In
 der Kirche gibt es ein äußeres, sichtbares, von Christus eingesetztes 
Priestertum, das durch das Sakrament der Weihe übertragen wird.
Der
 Priester ist der amtliche Verkündiger des Evangeliums; doch ist der 
Wesenskern des Priestertums nicht die Predigt (D. 961). Dem 
Amtspriestertum sind die entscheidenden Sakramente des Altares, der Buße
 und der Letzten Ölung zum Vollzug bzw. zur Spendung vorbehalten. Der 
Priester handelt in der Person Christi" (Lumen gentium Nr. 10), "in der Person Christi, des Hauptes" (Presbyterorum ordinis Nr. 2). Vor allem spricht er die Wandlungsworte der heiligen Messe im Namen Christi.
Der
 Priester ist Hirt und Haupt seiner Gemeinde, er hat die Gläubigen zu 
leiten. Das Priestertum ist gewiss ein Dienst am gläubigen Volk, aber 
ein Dienst in Vollmacht und Verbindlichkeit.
Die
 katholische Kirche ist, richtig verstanden, eine Priesterkirche; denn 
sie kann ohne Priestertum nicht sein, und ihr Wohlsein hängt in hohem 
Maße von der Zahl und der Qualität der Priester ab.
Der
 Priester muss zuerst des allgemeinen Priestertums teilhaftig werden, 
bevor er das Amtspriestertum empfangen kann. Er ist zum Erreichen des 
Heils auf andere Priester angewiesen. Das gemeinsame Priestertum aller 
Gläubigen und das hierarchische Priestertum unterscheiden sich dem Wesen
 und nicht bloß dem Grade nach (Lumen gentium Nr. 10).
II.  Der Feldzug gegen das Priestertum
In
 unserer Kirche hat nun seit geraumer Zeit ein gigantischer Feldzug 
gegen das Priestertum eingesetzt. Christus sei kein Priester gewesen. Er
 habe kein Priestertum eingesetzt. In der Urkirche habe es keine 
Priestertum gegeben. Der Vorsitz der Gemeinde sei bloß menschlichen 
Rechtes.
So
 schreibt der Pastoraltheologe Leo Karrer: "Den Amtsträgern kommt somit 
theologisch kein Mehr zu, das den sogenannten Laien fehlte" (1). Das ist
 genau der Standpunkt des Protestantismus. Seelsorge ist jetzt nach ihm
 "ein kommunikativer Prozess zwischen Glaubenden, bei dem ... alle 
gleichwertige Söhne und Töchter Gottes sind" (2). Gleichwertig gewiss, 
aber nicht gleichberechtigt. 
Nach
 den vier Pastoraltheologen Fuchs, Mette, Greinacher und Steinkamp ist 
für das Neue Testament kennzeichnend, "dass es keine heilsvermittelnden 
Institutionen und Personen zwischen Gott und den Menschen gibt" (3). 
Damit entfällt die göttliche Legitimation von Kirche und Priestertum.
Fuchs
 meint, in Notsituationen könnten auch Ungeweihte "Gemeindeleiter" den 
Vorsitz bei der "Eucharistiefeier" übernehmen (4). Für Harald 
Schützeichel bedarf es keiner Priester mehr, "die eine Mittlerfunktion 
zwischen Gott und dem Volk übernehmen" (5). Die Gemeinde wird zum Träger
 der Liturgie gemacht, so dass dem Priester nur die Vorsteherschaft oder
 die Moderation bleibt (6). All das und vieles andere (7) wird von 
wohldotierten Theologieprofessoren, die teilweise Priester ausbilden, 
ohne nennenswerte Gegenwehr der Bischöfe unter das Volk gestreut.
III. Der Zusammenbruch im Priesterstand
Begleiterscheinungen
 oder Wirkung der erwähnten falschen Lehren war der Zusammenbruch der 
Priesterschaft seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Die Bischöfe haben
 auf höherer, die Priester auf niederer Ebene versagt. Die Krise der 
Priester ist der Hauptgrund für den Aufbau der anderen Hierarchie auf 
der Ebene der Pfarrei und des Dekanates.
1. Die Flucht aus dem Abendmahlssaal
In
 den letzten 35 Jahren (Anm.: seit ca. 1962; nunmehr sind es seitdem 
etwa 50 Jahre) haben sich dramatische Vorgänge in der Priesterschaft 
abgespielt. Ich erinnere an erster Stelle an die Massenflucht aus 
unserem Abendmahlssaal. Tausende und Abertausende von Priestern haben 
ihren heiligen Beruf aufgegeben.
Dieser
 Exodus ist das Zeichen einer schweren Krise des Priesterstandes. Eine 
Elite ist abgesunken, ja zerbrochen. Die zahllosen Skandale auf dem 
Absprung befindlicher und entsprungener Priester haben Achtung und 
Ansehen des Priesterstandes in der Gesellschaft und beim Kirchenvolk 
gründlich und nachhaltig zerstört. Bis zur Stunde lassen sich diese 
Versager vor die Fernsehschirme zerren und versprühen dort ihre albernen
 Tiraden. Die meisten Menschen bringen den Priestern weder Vertrauen 
noch Liebe, sondern Befremden, Abneigung und Verachtung entgegen.
2. Die Glaubenskrise
Der
 Zusammenbruch der Priesterschaft hat seinen Hauptgrund im Verlust eines
 festen, unerschütterlichen Glaubens. Die allgemeine Glaubenskrise in 
der Kirche hat zuerst die Theologiestudierenden und die Priester 
erfasst.
Die Mehrzahl der Priester hat die glaubenswidrigen Aufstellungen der 
progressistischen Theologen nicht nur ohne Widerstand über sich und das 
gläubige Volk ergehen lassen, sondern hat sie sich zu eigen gemacht, 
nicht zuletzt unter dem Einfluß der von den Bischöfen forcierten 
sogenannten Weiterbildung.
Das
 Verhalten, besonders das öffentliche und private Reden so manches 
Geistlichen, zwingt zu dem Schluss, dass ihnen der katholische Glaube 
zumindest teilweise abhanden gekommen ist. Nicht wenige Kleriker stehen 
nicht mehr hinter der verbindlichen Glaubenslehre der Kirche. Die 
irrigen Aufstellungen der modernistischen Theologen haben ihnen den 
Glauben zerstört.
Vielen
 Priestern ist die Überzeugung von der Absolutheit und Einzigartigkeit 
der katholischen Religion abhanden gekommen. Ebenso ist der Glaube an 
die gottgesetzte Stellung des Priesters als Hirt und Repräsentant 
Christi ins Wanken geraten.
Es
 ist immer  das Konzept aller Revolutionäre gewesen, eine Elite an sich 
selbst unsicher zu machen, um so ihren Sturz herbeizuführen. Es gibt 
Epochen, in denen der Klerus das Bewusstsein seiner Berufung verliert. 
In einer solchen leben wir. Dem größten Teil des Klerus sind die 
Überzeugung und das Erfülltsein von seiner gottgegebenen Würde 
verlorengegangen. Der ungehemmte ökumenische Betrieb hat ihm den Rest 
gegeben.
Mit
 dem Einstimmen in die unheilvolle Verwischung der Grenzen zwischen 
Wahrheit und Irrtum hat der Klerus seine eigene Position untergraben und
 der anderen Hierarchie den Weg gebahnt. Es macht ihm deswegen gar 
nichts aus, mit den ungeweihten Funktionären fremder 
Religionsgemeinschaften bei geistlichem Tun gemeinsam aufzutreten.
Um
 die Verwirrung des katholischen Volkes voll zu machen, lassen sich 
protestantische Geistliche in steigendem Maße mit der Stola sehen. Die 
Stola ist das Zeichen priesterlicher Vollmacht und Würde. Der 
protestantische Geistliche hat keine priesterliche Vollmacht und Würde. 
Darum ist das Anlegen der Stola eine Anmaßung und eine Täuschung. Es ist
 nicht zuviel gesagt: Der Ökumenismus hat dem katholischen Priester das
 geistliche Rückrat gebrochen.
Viele
 Priester sind zudem von Defaitismus erfüllt. Es fehlt ihnen jeder 
missionarische Schwung. Ihre Verkündigung ist matt und ohne Feuer, 
bewegt sich in Allgemeinplätzen und dunklen Phrasen. An zahlreichen 
Stellen sind glaubenswidrige oder ärgerniserregende Äußerungen vom Ambo 
zu hören.
Die
 kirchliche Ordnung steht für viele Geistliche lediglich auf dem Papier.
 Wann immer es ihnen passend erscheint, setzten sie sich darüber hinweg.
 Bequemlichkeit,  Feigheit und Verlust des Würdebewusstseins lassen die 
große Mehrzahl der Priester die vorgeschriebene geistliche Kleidung 
vermeiden. Weil viele Priester ihre Würde vergessen haben, geben sie 
sich kumpelhaft. Ein geweihter Diener Gottes ist eben nicht ein Mensch 
wie du und ich. Er hat eine Würde, die ihn trägt und die er zu leben 
hat.
(1)  Karrer, Schubkraft für die Kirche 139
(2)  Karrer, Schubkraft für die Kirche 136
(3)  Das Neue wächst 164
(4)  Fuchs, Ämter für eine Zukunft der Kirche 1181
(5)  Die Feier des Gottesdienstes. Eine Einführung, Düsseldorf 1996,21
(6)  May, Das Priestertum in der nachkonziliaren Kirche 26f
(7)  May, Das Priestertum in der nachkonziliaren Kirche 20-45 
Übersicht: Zu den bisher erschienenen Fortsetzungen
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Danke für die Bereitstellung. Die "Ernte" der Anderen hat ja erst begonnen - leider. Es wird sehr schmerzlich, aber es wird nicht lang anhalten, dessen bin ich gewiß. Gruß Windlicht.
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