Montag, 5. August 2013

Meine Position ist die der Kirche. Ich bin ein Sohn der Kirche.

Auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Rio de Janeiro stellte die brasilianischen Journalistin Patricia Zorzan Papst Franziskus folgende Frage: "Die Gesellschaft hat sich verändert, die jungen Menschen haben sich verändert und es gibt so viele junge Menschen in Brasilien. Sie erwähnten nicht "Abtreibung" und nicht die "Ehe zwischen Personen des gleichen Geschlechts". In Brasilien wurde ein Gesetz verabschiedet, das das Recht auf Abtreibung betrifft und die Ehe zwischen Personen des gleichen Geschlechts erlaubt. Warum haben Sie nicht darüber gesprochen?"

Der Papst antwortete kurz: "Die Kirche hat sich darüber bereits perfekt geäußert." Er fügte hinzu, er sehe keine Notwendigkeit darüber zu sprechen, wie er auch nicht über Betrug oder Lüge oder andere Sachen, bezüglich derer die Kirche eine klare Lehre verkündet habe, gesprochen habe.

Auf ein Nachhaken der Reporterin, dass das doch Themen seien, die die jungen Leute interessieren, meinte der Heilige Vater nochmals, dass es keinen Anlass dazu gegeben habe, über diese Themen zu sprechen, wohl aber über positive Dinge, die den Jungendlichen den Weg (des Glaubens) öffnen. Die Jugendlichen, so der Papst, würden ohnehin genau wissen, wie die Position der Kirche zu diesen Themen sei. Während der Gebetsvigil am Abend des 27. Juli 2013 legte der Heilige Vater beispielsweise den jungen Leuten drei wesentlichen Vollzüge zum Aufbau der Kirche ans Herz: das Gebet, die Sakramente und die Nächstenliebe.

Unbefriedigt von der Antwort stellte die Journalistin die Frage ganz konkret: "Was ist die Position Eurer Heiligkeit, können wir darüber sprechen?" Hatte sie erwartet, dass der Papst über Themen wie "Abtreibung" und "Homo-Ehe" nicht gesprochen hatte, weil er möglicherweise nicht die bisherige Lehre der Kirche dazu vertrat? Glaubte sie, Papst Franziskus würde eine andere, vielleicht liberalere Haltung einnehmen? Hoffte sie, vermelden zu können, der Papst würde die Lehre der Kirche ändern? Die Antwort des Papstes ist so einfach wie klar. Er sagte:

"Es ist die [Position] der Kirche. Ich  bin ein Sohn der Kirche."

Meine Position ist die Position der Kirche! Ich bin ein Sohn der Kirche! Nicht ich sage, was die Kirche zu vertreten hat noch maße ich mir an, ihre Lehre zu verändern, sondern ich glaube und verkündige, was die Kirche mir zu glauben und zu verkünden vorgelegt hat. Nicht Herr bin ich über die Kirche - nein, nicht einmal der Papst - sondern ich bin ihr Sprachrohr, Sohn und Tochter der Kirche, an deren Verkündigung ich teilhaben darf. In Treue und Ergebenheit stehe ich zu ihr und ihrer Lehre. Diese Lehre ist klar und nicht verhandelbar. Meine Positionen sind die Positionen der Kirche.

Das ist genau die Haltung, an der es uns in weiten Teilen der (deutschsprachigen) Kirche mangelt und die wir heute wieder mehr in der Kirche berücksichtigen sollten: Nicht meine Vorstellungen sind maßgeblich dafür, was ich als Glaube vertrete und verkündige, sondern allein die Positionen der Kirche, das Lehramt der Kirche, das sich aus der Offenbarung Gottes, aus Schrift und Tradition speist. Heute wollen einige Falschlehrer uns einreden, dass der Glaube aus uns selber komme, dass wir die Ursache sind und die Kirche müsse sich diesem, was wir für Glauben halten, anpassen. Keine kirchlichen Strukturen und keine kirchliche Lehre darf sich dem in den Weg stellen. Das aber ist ein großer Irrtum! Glaube bleibt Geschenk und unverfügbar.

Was würde uns nicht alles an nutzlosem Gerede, an Verwirrung der Gläubigen und Fernstehenden erspart bleiben, wenn  Verantwortliche auf die Frage: "Was ist Ihre Position zu dem und dem Thema?" wie Papst Franziskus demütig antworten könnten: "Es ist die [Position] der Kirche. Ich  bin ein Sohn der Kirche" - statt sich selbst zu verkündigen:

Nur einige wenige Beispiele:

Wunibald Müller zu Fragen, wie der Priesterweihe für Frauen, Zölibat, Sexualmoral und Homosexualität:
"Es ist die der Kirche. Ich  bin ein Sohn der Kirche."

Hans Küng zum Primat des Papstes und zur hierarchischen Verfasstheit der Kirche:
"Es ist die der Kirche. Ich  bin ein Sohn der Kirche."

Erzbischof Dr. Robert Zollitsch zur Zulassung von zivil wiederverheirateten Geschiedenen:
"Es ist die der Kirche. Ich  bin ein Sohn der Kirche."

Helmut Schüller und die Anhaänger seiner Pfarrer-Initiative zu Fragen der Ekklesiologie, zum Priesterbild, zum katholischen Ehe- und Eucharistieverständnis:
"Es ist die der Kirche. Ich  bin ein Sohn der Kirche."

Jeder der 192 Diakone und Priester des Erzbistums Freiburg, die die "Erklärung Messbuch" unterzeichnet haben, zur Theologie des Messopfers und zum katholischen Eheverständnis:
"Es ist die der Kirche. Ich  bin ein Sohn der Kirche."


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Backlink:
Ester: Guardini, das Ende der Neuzeit, die Liebe und ein Versuch zu verstehen (05.08.2013)


3 Kommentare:

  1. Ja, es gibt wirklich Dinge, über die wissen alle, wie die Kirche dazu steht. Und das muss man nicht in jedem Gespräch den Leuten wieder unter die Nase reiben.
    Wo es nötig ist, die Dinge zu erklären: selbstverständlich, da muss man Rede und Antwort stehen. Aber Jugendliche mit immer denselben nervigen Themen belasten - wo sie doch die Lehre der Kirche kennen und sie befolgen wollen - wozu denn?
    Es gibt wahrhaft Wichtigeres als die von den Merdien und Feinden der Kirche aufgezwungenen "Reizthemen".

    LG
    Stefan


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  2. Komisch ich kenne wenig Jugendliche, die die Lehre der Kirche befolgen wollen, und was die Leute wissen ist, die Kirche ist dagegen!
    Aber sie wissen nicht warum und wieso und sie bekommen noch nicht mal in der Kirche positive Props Richtung Enthaltsamkeit, weil, weiß man ja eh!
    Man weiß es genau nicht, und hat gegen das "Was man heutzutage so denkt, macht und tut", keine Argumente und kein Gegengewicht.
    Um mal Kardinal Ratzinger zu zitieren, der erzählt in Salz der Erde über einen Briefkontakt mit Hans-Urs von Balthasar. Der habe ihm auf die Zusendung eines wissenschaftliche Essays mit einer Postkarte geantwortet wo drauf stand:
    "den Glauben nicht vorraussetzten, sondern vorsetzen!"
    Genau dafür sind Hirten der Kirche und mit der Lehrautorität befugte da, den Glauben vorzusetzen!

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  3. Danke für die Kommentare.
    @Stefan
    Bin ganz Deiner Meinung.

    @Ester
    Mmmh. Und Du meinst, der Papst hätte nun zu den Jugendlichen über das Verbot der Kirche zu Abtreibung und "Homo-Ehe" sprechen müssen? Das meine ich nicht. Dass man ihnen erklären muss "warum und wieso" (auch bzgl. des Themas "Enthaltsamkeit") das ist schon klar , aber aus diesen Themen kann nicht der Weltjugendtag bestehen. In kluger Weise versucht der Papst, die Jugendlichen auf den Weg des Glaubens zu führen: durch Anleitung zum Gebet, zum Empfang der Sakramente, durch tätige Nächstenliebe. Darin besteht unser Glaube: das göttliche Gnadenleben in uns zu entfachen und am Leben zu halten. Dann ist auch klar, dass ich eine Abtreibung nicht zustimmen kann, dann ist klar, dass homosexuelle Akte vor Gott nicht in Ordnung sind - obwohl gerade das auch zwei Positionen sind, die noch nicht einmal nur aufgrund des Glaubens sondern schon vom Naturrecht her begründet werden können, dass sie in sich schlecht sind.

    Aber an sich geht es hier auch garnicht darum, sondern um den Verdacht einer Journalistin, der Hl. Vater würde manche Dinge (Abtreibung und "Homo-Ehe") anders beurteilen, als das die Kirche tut. Und dem hat er eine Abfuhr erteilt, indem er ihr sagte, seine Position sei die der Kirche. Und dieses Beispiel sollte Schule machen - gerade auch hier bei uns!

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