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Donnerstag, 26. Mai 2016

(Nicht nur) zu Fronleichnam: "Auf's Knie!"

An Fronleichnam mit Mk. 1.40-45 über das Knien nachdenken



Ein Impuls von Msgr. Wilhelm Imkamp

Die bayerische Armee: „Auf’s Knie!“  - Das waren noch Zeiten, als das Knie noch eine langjährige Staats- und Vertrauenskrise auslösen konnte. Genau einen Tag vor dem Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel, am 14.08.1838 erließ König Ludwig I. seine „Kriegsministerialordre“, in dem das Kommando „Aufs Knie“, das 1813 abgeschafft worden war, wieder eingeführt wurde. Wenn dieses Kommando erscholl, mussten alle Soldaten und Offiziere sich hinknien und dieses Kommando ertönte z. B. wenn das Allerheiligste Altarsakrament in der Fronleichnamsprozession vorbeigetragen wurde. Während der Messe, bei der Hl. Wandlung und beim feierlichen Schlusssegen. Die Ordre galt für die ganze Armee, ob Evangelisch oder Katholisch spielte keine Rolle. Es löste eine jahrelange Kontroverse aus und ging als Knie-Beugeaffäre in die Geschichte ein. Heute spielt das eigentlich nur noch bei Modeschauen der „Haute-Couture“ (frei, knielang, knieumspielt usw.) oder in der Orthopädie (Gonarthritis, Gonarthrose, usw.) eine Rolle.

Tatsächlich aber hat das Knie in unserem Alltag, auch und gerade wenn es gesund ist, eine ganz besondere Bedeutung, nämlich beim Knien. In der hl. Messe z. B. haben die Gläubigen mindestens bei der Wandlung zu knien. Lobenswert ist es, vom Sanctus bis zum Ende des Hochgebetes zu knien, (Grundordnung des römischen Messbuches, Nr. 43). Das Knien hat „unter allen übrigen gottesdienstlichen Haltungen einen besonderen Rang“, denn: „Das Knien ist körperlicher Ausdruck einer unerlässlichen geistigen Grundhaltung allen Betens: der Demut, was die Seele bei allem Beten tun muss, in welcher Körperhaltung es immer geschehen mag, das tut beim knienden Beten auch unser Leib: er macht sich klein; er sagt gleichsam: „O Gott, ich weiß, ich bin ein nichts vor dir, ein armer Sünder, erbarme dich meiner!“. So schrieb 1952 einer der Architekten der liturgischen Erneuerung, Balthasar Fischer.

Mit diesen Worten des Liturgiewissenschaftlers sind wir genau beim heutigen Tagesevangelium: der Aussätzige fällt auf die Knie; sein Gebet, seine Bitte bestimmt seine Körperhaltung; tatsächlich liegt hier eine Geste der Unterwerfung vor. Gegenüber dieser Unterwerfungsgeste wird die absolute Souveränität des Willens Jesu („wenn du willst“) betont, ja, diese Anerkennung der absoluten Souveränität des Willens Jesu hat den entscheidenden Willensakt Jesu zur Folge, der die Heilung bewirkt („ich will es“).

Jesus steht über der Natur- und der Gesetzesordnung, aber, er steht nicht gegen diese Ordnungen. Deshalb schickt er den Geheilten in das vom Gesetz vorgeschriebene Anerkennungsverfahren mit allen Formalitäten.

Absoluter Wille, Unterwerfung, Niederwerfung, Demut, Knien – ist das nicht eine „Schreckensvision“? Sind das nicht Begriffe, die man nur mit „Schaudern“ lesen kann? „Was für ein Gottesbild wird uns hier vor Augen gestellt?“ So wird kritisch gefragt. Die Antwort ist ganz einfach: Jesus ist eben nicht der gute Kumpel, der Wegbegleiter in die Beliebigkeit. Gott verlangt Unterwerfung! „Dein Wille geschehe“ beten wir und sollten diese Worte auch ernst nehmen. Immer ist der ganze Mensch angesprochen. Gebet kann, darf, soll und muss sich deswegen auch in der Körperhaltung ausdrücken. Deswegen gibt es ja auch kirchliche Anordnungen für die liturgischen Körperhaltungen.

In der bayerischen Armee galt das Kommando nur von 1838 – 1845, für unser Leben und unseren Gottesdienst bleibt es auf immer gültig: „Auf’’s Knie!“: Der berühmte Kniebeugeerlass Königs Ludwigs I. hatte keinen Bestand. Bestand aber hat das Beispiel des knienden Aussätzigen, Bestand hat das Beispiel des knienden Stephanus, Bestand hat das Beispiel des knienden Jesus selbst. Da, wo das Knien be- und verhindert wird, da beginnt die Religion der „steifen Knie“. Der „deutsche Jungmann steht vor seinem Herrgott“ hieß es in den 30ger Jahren, und wer heute nicht knien will, denkt oft genug, er könne auf gleicher Augenhöhe mit Gott verhandeln. Luzifer dachte ähnlich, die Folgen sind bekannt, deswegen gilt: „Aufs Knie!“


Quelle:
Wallfahrtsdirektion Maria Vesperbild
Schellenbacher Str. 4
86473 Ziemetshausen

 

Sonntag, 15. Februar 2015

Die Messe aller Zeiten

In der Messe verflüchtigen sich Zeit und Raum; wir stehen im ewigen "Heute" Gottes. Unsere Messe ist ja die gleiche wie diejenige, die in der Hütte der Brüder, der Eskimos, oder unter der Tropensonne Ugandas gefeiert wird. Vom gesamten Erdenrund aus gesehen, beginnt immer eine Messe, sobald eine andere beendigt ist: 300000 Messen ungefähr reihen sich während der 86000 Sekunden, die den 24 Stunden des Tages entsprechen, aneinander an.

Heute brechen wir das Brot wie einst der heilige Paulus in Troas, wie der heilige Johannes mit Maria, die er zu sich genommen hatte. Wir sagen Dank wie der heilige Polykarp und der heilige Cyprian. Wir bekennen denselben Glauben, den die heiligen Martyrer unter ihren Folterinstrumenten bekannten. Wir genießen dieselbe "Eucharistie", aus der sie die Kraft schöpften, ihren Leib zu opfern und ihr Blut zu vergießen aus Liebe zu Christus, der seinen Leib für uns wie für sie hingegeben, sein Blut für uns wie für sie vergossen hat.

Unser Vater im Himmel hört unser Gebet zur gleichen Zeit wie das ihrige, zu gleicher Zeit wie das der Christen, die uns eines Tages ablösen werden, damit wir die Messe im Himmel feiern können. Wenn wir längst fast alle von diesem Schauplatz verschwunden sein werden, wird vielleicht eines der jetzt unter uns weilenden Kinder ein ehrwürdiger Priestergreis mit gebleichtem Haupte sein, der vor Christen, die jetzt noch garnicht geboren sind, das gleiche Hochamt präsidieren wird, das wir heute gesungen haben.

Und nach so und so vielen Jahrhunderten wird nach dem Ratschlusse Gottes die Kirche die Liturgie unserer heutigen Messe, höchstens mit einigen unwichtigen Änderungen, welche die entschwundenen Jahrhunderte kennzeichnen, wiederholen. Das "Amen" kommender Geschlechter, wird fortklingen als Echo des unsrigen.

So beherrscht unsere Messe die Jahrhunderte; die Erde wird zum gewaltigen Altare, auf dem Christus und seine Glieder Gott ein ewiges Lobopfer darbringen. Die erlöste Menschheit stellt, wie der heilige Augustinus sich ausdrückt, nur noch einen einzigen Menschen dar, dessen Gebet bis ans Ende der Zeiten dauert.


Georges Chevrot: Unsere Heilige Messe - Ihr Werden und ihre Auswertung; Benziger Verlag Einsiedeln/ Köln AD 1952 (frz. Erstausgabe 1942); S. 410f


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Weiteres zum Thema "Göttliche Liturgie":

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Samstag, 24. Januar 2015

Primizpredigt: Man kann an das Werk Gottes nicht die Meßlatte des Trends ansetzen

Von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

„Ist denn da auch etwas los?“ So fragen junge Leute von heute gerne, wenn sie zu einer Veranstaltung eingeladen werden. Dabei verstehen sie unter „etwas los sein“, daß es lebhaft zugehe. Sie wollen etwas ihren Vorstellungen Entsprechendes geboten bekommen. Neudeutsch ausgedrückt: Es soll action geben. Wäre ja auch schrecklich, irgendwo hinein zu geraten, wo man sich langweilen muß!

Und so sehen sich denn auch die Organisatoren großer Veranstaltungen, wenn sie ein eingermaßen modernes Publikum ansprechen wollen, im Vorfeld zu bunten, „aufgegagten“ Werbekampagnen verpflichtet. Das Ereignis selbst muß dann natürlich das Versprochene halten, muß tatsächlich action bieten. - 

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Liebe Gläubige, wie aber verhält es sich mit dieser Veranstaltung? „Was ist hier los?“ Welchen Erlebnis- und Unterhaltungswert hat unsere Nachprimiz? 

Vom Erwartungshorizont trendbewußter Leute von heute aus betrachtet einen denkbar geringen. Oder sagen wir es geradeheraus: Der Unterhaltungswert der Primiz dürfte beinahe gleich null sein. Gewiß, es wird gesungen und Orgel gespielt, eine Rede wird gehalten und ansonsten eine ausgedehnte Zeremonie vollzogen. Aber das wär’s dann auch schon. Mehr „ist“ hier wirklich „nicht los“. 

Nicht einmal die neuen Möglichkeiten, eine Eucharistiefeier für den modernen Menschen ach so interessant zu gestalten, werden ausgenutzt, geschweige denn ausgeschöpft. Keine rhythmusbetonte Musik, kein liturgischer Tanz, keine Showeinlagen, kein Händchenhalten und -schütteln, nicht einmal das Gesicht des Primizianten bekommen wir während eines Großteils der Messe zu sehen. 

Täuschen wir uns also nicht: Die „Welt“ kann mit diesem Ereignis herzlich wenig anfangen. Und wenn der Neupriester ansonsten auch schon vor einer handvoll Gläubigen - oder sogar ohne diese – die Messe ohne große Feierlichkeit hält, dann wird die Angelegenheit für die allermeisten - auch für viele Katholiken - völlig unverständlich... 

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Liebe Gläubige, das sind ja schöne Aussichten zu unserer Feierstunde! Ist das nicht ein gar zu düsteres Bild? Und zugleich ein Anschlag auf die festliche Freude, die uns beseelt, gleich, wenn ich eine solche Einschätzung nicht für mich behalte, sondern gerade hier und heute öffentlich äußere? 

Ich meine: „Nein“. Denn unsere Freude ist ja nicht ein an Äußerlichkeiten entfachtes Feuer. Sie hängt nicht ab von der Mode des Tages und von der Meinung der Mehrheit. Und sie erfaßt uns auch nicht auf dem Weg einer raffinierten Werbepsychologie. Wäre dem so, dann müßten wir freilich um sie bangen. Nun aber speist sich unsere Freude eben doch aus ganz anderen Quellen. Sie hat ihren Grund in einem Geheimnis des Glaubens. 

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Wenn unser Neupriester in etwas mehr als einer halben Stunde sich über den Kelch, gefüllt mit Wein, beugt und die heilige Wandlung vollzieht, dann wird er, uralter Überlieferung entsprechend, in die Worte Jesu die Worte der Kirche einfügen: „Mysterium fidei - Geheimnis des Glaubens“. Damit aber ist nicht nur über die heilige Messe selbst, sondern auch über das ganze Priestertum der Kirche Wichtigstes gesagt. Priestertum und heilige Messe sind mysterium fidei, Geheimnis des Glaubens.

Liebe Gläubige, liegt nicht hier der Grund dafür, daß wir unsere heutige Festfreude nicht so ohne weiteres jedem mitteilen können? Ja, sie bleibt vielen unzugänglich, weil sie nur im Glauben verständlich ist. Nur wer zu dem mysterium fidei sein Ja sagt, wird vom Ereignis der heiligen Messe - und besonders einer Primiz - innerlich berührt, erfaßt, begeistert, ja hingerissen sein. Berührt, erfaßt, begeistert und hingerissen noch weitaus mehr, als irgendein Film- oder Fußball- oder Musikenthusiast es vom Gegenstand seines Kultes je zu sein vermag. Und warum? Weil das, was dieses Glaubensgeheimnis beinhaltet und was sich darin ereignet, jedes Ereignis unendlich weit hinter sich läßt, in dem nur „etwas los ist“. 

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Äußerlich betrachtet finden wir tatsächlich wenig, was uns übermäßig anspricht. Der junge Mann, der vor einigen Monaten zum Priester geweiht wurde, hat sich dadurch nicht sichtlich verändert in Erscheinungsbild, Größe, Sprache und so weiter. Ebenso verändert sich gleich bei der Konsekration nichts an der Erscheinung des Brotes und des Weines, nichts, aber auch rein gar nichts. Für den, der nicht vom Glauben an eine tiefere Wirklichkeit durchdrungen ist, besteht also keinerlei Grund, um Priesterweihe und Meßzelebration groß Aufhebens zu machen. 

Für den aber, der glaubt, der wirklich und tief glaubt, sieht die Sache vollkommen anders aus. Im Licht des Glaubens erkennt er, daß derselbe Mann von vor 20, 10 oder 5 Jahren, von vor 5 oder 3 Monaten seit der Priesterweihe eben doch ein ganz anderer Mensch geworden ist. Die Priesterweihe war seine dritte übernatürliche Verwandlung. 

In der Taufe hatte er, bereits in frühestem Alter, eine erste Verwandlung erfahren: die Verwandlung vom Kind Adams unter dem Fluch der Sünde zum Kind Gottes im Segen der Gnade. Bei der Firmung dann hatte sich, aufbauend auf der ersten, eine zweite Verwandlung ereignet: vom unmündigen Gotteskind zum Zeugen und Streiter Jesu Christi im feurigen Wehen des Heiligen Geistes.

Und in der Priesterweihe nun die dritte Verwandlung: Vom Empfänger der Gnadengaben Gottes ist der Primiziant zusätzlich zu ihrem aktiven Ausspender geworden; vom passiven Glied am geheimnisvollen Leib Christi, der Kirche, zusätzlich zum aktiven Stellvertreter des Hauptes, Jesus selbst; und vom allgemeinen Priester, der sich das von anderen vergegenwärtigte und dargebrachte Opfer Christi zu eigen machen kann, ist er zusätzlich zum amtlichen Priester geworden, der dieses Opfer selbst vergegenwärtigt und darbringt. 

„Zusätzlich“, das will sagen: Er ist geblieben, was er vorher war, und hat doch sozusagen eine neue Qualität erhalten. Als Mensch und katholischer Christ ist er weiterhin auf das Wirken Gottes in der Kirche durch andere Priester angewiesen. So kann er sich beispielsweise weder selbst von seinen Sünden lossprechen noch sich selbst die letzte Ölung spenden. Aber er kann diese Sakramente nun selbst anderen spenden; und er kann in geheimnisvoller Personeinheit mit Christus dessen heiliges Opfer vergegenwärtigen und im Namen der ganzen Kirche Gott darbringen. Und das konnte er vor einigen Monaten noch nicht. 

Liebe Gläubige, das alles ist so schrecklich leicht und schnell dahingesagt. Aber wenn wir es näher bedenken, am besten: betend betrachten, dann kommen wir wohl aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Ja, „Großes hat an ihm getan der Mächtige, und heilig ist Sein Name!“ 

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Und ganz ähnlich verhält es sich mit der heiligen Messe, insbesondere der heiligen Wandlung: Wo unsere körperlichen Augen nichts zu sehen bekommen als ein irdisches Geschehen, einen jungen Mann, umgeben von einigen anderen, der am Altar verschiedene Gebete verrichtet und Handlungen vornimmt, da öffnet sich unsichtbar und doch wirklich der Himmel in seiner ganzen, überwältigenden Herrlichkeit. 

Wo wir bloß eine gewisse Anzahl anderer uns teils bekannter, teils unbekannter Menschen um uns erblicken, da treten in Wahrheit die unermeßlichen Scharen der himmlischen Geister und der Heiligen in ihrer atemberaubenden Vielfalt hinzu. 

Wo wir nur zuerst eine weiße Hostie, dann einen Kelch sehen, die vom Priester emporgehoben werden, da wird unter uns doch Jesus Christus gegenwärtig mit Gottheit und Menschheit, mit Leib und Seele, mit Fleisch und Blut, wahrhaft, wirklich und wesentlich, und aus dem geöffneten Herzen Seines verklärten Leibes fließt der Strom des Erbarmens, Sein unendlich kostbares Blut, hervor.

Und wo unsere leiblichen Ohren nichts vernehmen als vielleicht einige geflüsterte Worte, das Läuten der Glocke und das Rauschen der Gewänder (ja, man sollte ganz still sein in diesem Moment!), da ertönt in Wirklichkeit wiederum wie damals die Stimme des Vaters: Das ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe, - und die Stimme des Sohnes selbst: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun, und: Mich dürstet (nämlich nach Dir!), und: Siehe da, Deine Mutter, und: Es ist vollbracht, und: Vater, in Deine Hände lege Ich Meinen Geist, - und da ertönt wohl auch das Geschrei der teuflischen Mächte, die sich mit Heulen und Zähneknirschen von ihrem Besieger abwenden, und das Seufzen der Armen Seelen im Fegefeuer, die nach dem erlösenden Blut des Herrn verlangen, und der Klang der Myriaden von Engeln und Heiligen, die vor dem geopferten Lamm das Neue Lied singen. 

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Liebe Gläubige, ist in der Heiligen Messe, ist in dieser Primiz „etwas los“? Ach, es könnte in Wahrheit nirgendwo so viel geschehen wie in dem Augenblick der Wesenverwandlung, des Opfers. Denn wo wir, menschlich betrachtet, nichts sehen und nichts hören als Irdisches, da eröffnet uns der Glaube Auge und Ohr, und wir nehmen eine überirdische Wirklichkeit wahr, die unsere höchsten und kühnsten Vorstellungen um Unendliches überragt. Aber, das sei deutlich gesagt: Es öffnet uns nur der Glaube den Zugang zu alledem. Nur eine Pforte führt hinein in dieses größte aller Geschehen: die Pforte der göttlichen Offenbarung. Und der Schlüssel zu dieser Pforte ist der katholische Glaube.

Ohne Schlüssel gelangen wir also nicht hinein. Wir könnten der heiligen Messe ohne den Schlüssel vielleicht eine kulturelle und ästhetische Wertschätzung wie einer gelungenen Neuinszenierung eines großen Theaterstücks entgegenbringen. Wir könnten eine gewisse Ehrfurcht verspüren wie ein europäischer Tourist vor dem hingebungsvoll zelebrierten Kult eines afrikanischen Stammes. Aber die heilige Messe selbst bliebe uns ohne den Schlüssel des Glaubens doch ein Buch mit Sieben Siegeln. 

Und das nicht bloß ohne den Schlüssel, sondern auch mit einem falschen oder verfälschten Schlüssel. Wenn einige Zinken fehlen oder verbogen sind, gibt das Schloß einfach nicht nach. Und wenn der katholische Glaube in einer mangelhaften oder verbogenen Gestalt vorliegt, dann öffnet sich die Tür zum mysterium fidei eben nicht. 

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Liebe Gläubige, hier genau liegt das Verheerende der innerkirchlichen Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Die Meister vom Schlüsseldienst haben vielfach dabei zugeschaut, wie man den Gläubigen ihren Schlüssel des Glaubens im Namen der Liebe verbog, im Namen der Wissenschaft zerstörte oder im Namen der Freiheit sogar völlig wegzuwerfen riet. Und jetzt stimmen die, die wachen sollten - wenigstens teilweise - in das Klagelied über die schweren Schäden an, die entstanden sind, besonders über den Rückgang des Meßbesuches. 

Als ob es für die Menschen ohne die Klarheit des katholischen Glaubens besonders attraktiv sein könnte an der - oft noch entsakralisierten - Sonntagsmesse teilzunehmen! Muß man nicht volles Verständnis für die Scharen katholisch getaufter Sonntagslangschläfer haben angesichts der Misere in der Glaubensunterweisung? Nein, es macht wirklich nicht gerade Spaß, ohne passenden Schlüssel vor einer verschlossenen Tür zu stehen. Ebenso freudlos ist ein Absitzen der heiligen Messe für den, der nicht mehr im Glauben um ihre Inhalte weiß. Wenn man vor der Tür steht und nicht hinein kann, dann will man auch bald nicht mehr hinein und geht eben ganz weg. 

Lieber Neupriester, Du weißt, was in dieser Beziehung zu tun ist! In dem Maße Du als geweihter Priester nun noch größeren Anteil hast an dem so wichtigen Schlüsseldienst des Glaubens, gelten Dir die Worte des Apostels: „Verkünde das Wort, tritt auf, sei es gelegen oder ungelegen, rüge, ermahne, weise zurecht in aller Geduld und Lehrweisheit; denn es kommen Zeiten (ach, sie sind schon lange gekommen!), da man die gesunde Lehre nicht erträgt, sondern sich zum Ohrenkitzel nach eigenen Gelüsten Lehrer beschafft. Von der Wahrheit aber wird man das Ohr abwenden und sich Fabeleien zuwenden.“ Diesen Fabeleien wirst Du begegnen durch eine erleuchtete und kraftvolle Verkündigung der Wahrheit des mysterium fidei, dessen sind wir gewiß. 

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Liebe Gläubige, nur mit dem Schlüssel unseres katholischen Glaubens haben wir Zugang zum Verständnis des katholischen Priesters und zum Heiligtum des Meßopfers. Was den Außenstehenden als rückständiger Aberglaube, mit dem ein aufgeklärter Mensch nichts mehr anzufangen weiß, erscheint, als hinterweltlerisches Getue, als folkloristisches Spektakel ohne ernsthaften Anspruch an ernsthafte Menschen, - das ist den Gläubigen das Alpha und Omega, Inbegriff göttlicher Wahrheit und Liebe. 

Und deshalb danken die Gläubigen Jesus für die Einsetzung des Priestertums. Sie nehmen mit ganzem Herzen an den Feierlichkeiten der Priesterweihe teil. Sie erbitten vom Neupriester den so kostbaren Erstlingssegen und küssen seine frischgesalbten Hände, gesalbt, um den Sohn Gottes zu berühren, zu umfassen, als Opfergabe zum Himmel emporzuheben und als himmlische Speise den Gläubigen zu reichen. 

Auf diese Weise entsteht ein enger Zusammenschluß zwischen den Gläubigen und ihren Priestern. Es ist eine Vertrautheit und Liebe, die wiederum nicht vom rein Menschlichen ihren Ausgang nimmt, sondern im Glauben wurzelt. Je tiefer und lebendiger der Glaube, desto inniger das Band, das den Priester und das Kirchenvolk, den Priester und jeden einzelnen Gläubigen umschlingt. 

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Und trotzdem muß auch die andere Seite der Wirklichkeit gesehen werden. So sehr der Neupriester hier und heute die Anteilnahme des Kirchenvolkes erfährt, so sehr er sich über die wundervolle Verbundenheit freut, - so sehr bleibt er doch im tiefsten auch allein. Ja, seit gestern ist seine Einsamkeit bis zu einem Grad angewachsen, der auf dieser Welt nicht seinesgleichen hat. 

Weshalb? Weil er das, was mit ihm geschehen ist, und das, was er heute und morgen und tagtäglich vollzieht, letztlich keinem Menschen mitteilen und so mit niemandem teilen kann. Nicht einmal er selbst begreift ja dieses mysterium fidei, das in seiner Seele seit gestern besteht. Es ist für den Priester selbst viel zu hoch, als daß er es durchschauen könnte. War er sich als Geschöpf und Kind Gottes schon vorher selbst ein Geheimnis, jetzt ist er es noch viel mehr. Und was sich gleich unter seinen Händen ereignen wird, wie vermöchte er das zu erfassen, geschweige denn wirklich auszusprechen?

Ob sich die Wandlung der eucharistischen Gaben für den Zelebranten in erfahrbarer Wundermacht offenbart oder - was vermutlich ein ganzes Leben lang so sein wird - mit dunklem, vielleicht manchmal jeden Gefühls entblößtem Glauben erlebt wird: In beiden Fällen reichen doch keine menschlichen Worte hin, um es einem anderen Menschen auch nur halbwegs mitteilen zu können.

Zwar hat Jesus im Moment Seines Todes den Tempelvorhang zerrissen, so daß wir nun alle durch Sein Blut Zugang zum Allerheiligsten haben und daher den Priester auf Seinem Weg zum Altar Gottes betend und mitopfernd begleiten. Und doch ist er in anderer Hinsicht auch wieder einsam und allein. Einsam und allein wie Moses, der, das Volk zurücklassend, in das Wolkendunkel des Gottesberges aufstieg. Einsam und allein wie der Hohepriester des Alten Bundes, der einmal im Jahr die Schwelle überschritt, die das Heilige vom Allerheiligsten trennte. Einsam und allein wie Zacharias, der Vater des Täufers, da ihm im Tempel die Botschaft vom heiligen Erzengel Gabriel überbracht wurde: Als er wieder herauskam, vermochte er niemandem von dem Geschauten Kunde zu überbringen, denn er war stumm geworden. Hier aber, liebe Gläubige - hier ist unendlich viel mehr als nur ein Engel Gottes! 

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Lieber Neupriester, in einem dunklen, verschwiegenen Raum, in der stillen Nacht des Glaubens, geschieht das Größte, das auf Erden geschehen kann. Würdest Du dieses auch nur ein einziges Mal gläubig und würdig vollziehen, Dein ganzer langer Weg zum heiligen Priestertum, alle Verzichte und Entbehrungen, hätten sich überreich gelohnt. 

Und doch wirst Du diese Freude letztlich mit keinem Menschen hier auf Erden je teilen können. Selbst wenn Deine nächsten Verwandten, Vater und Mutter und Geschwister, die weite Reise nach Europa auf sich genommen hätten: Du stündest doch als ein Einsamer unter dem Kreuz, dem Lebensbaum, der bei der heiligen Wandlung aus Deinen Händen hervorwächst. Diese Einsamkeit muß der Priester aushalten. Er darf vor ihr nicht flüchten in äußere Geschäftigkeiten, nicht in Liebhabereien und Liebeleien, wie es so häufig geschieht. 

Nur einen Menschen gibt es, der ein Höchstmaß an Verstehen für das Tun des Priesters hat. Es ist diejenige, die den Herrn der Welt im heutigen Festgeheimnis als die neue Bundeslade zu Elisabeth getragen hat - und Johannes der Täufer begann im Schoß seiner Mutter sich zu regen und vor Ihm zu tanzen wie einst König David in heiliger Entzückung vor der Lade des alten Bundes. Und es ist die, von der der Herr auch gleich bei der Vergegenwärtigung Seines Opfers vom Kreuz herab zum Priester spricht: Siehe da, Deine Mutter, - und zu der Er, auf den Zelebranten weisend, sagt: Siehe da, Dein Sohn. Diese Mutter, lieber Primiziant, wird Dir heute ganz neu geschenkt. Schenke auch Du Dich ihr ganz neu! 

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Liebe Gläubige, was ist denn bei dieser Feier los? Welche Tricks müssen wir uns einfallen lassen, um die Menschen bei der Stange zu halten? Welche Meßgestaltung ist auf- und anregend genug, um dem modernen Menschen etwas zu sagen?

Angesichts des mysterium fidei wird uns klar, wie verfehlt solche Fragestellungen bereits in ihrem Ansatz sind. Man kann an das Werk Gottes nicht die Meßlatte des Trends ansetzen. Die heilige Messe entzieht sich jeder Bewertung durch die Tagesmeinung. Sie stellt alle Ansprüche an uns und nicht wir an sie.

Nur den einen Anspruch freilich dürfen wir - zwar nicht an die heilige Messe selbst, aber doch an ihre Form - stellen: Daß in ihr das Geheimnis des Glaubens, das Opfer unseres Herrn Jesus Christus, zum Ausdruck komme. Und daß deutlich werde: Der Priester hat hier nicht die Gemeinde mit fröhlichem Gesicht und gutgelaunten Einfällen zu unterhalten, sondern hat für die Versammelten (wie der Hebräerbrief sagt) in das nicht von Menschenhand gemachte Heiligtum Gottes einzutreten, um ihnen eine ewige Erlösung zu erwirken. 

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Lieber Neupriester, dies zu tun, hast Du Dich für die überlieferte, unangepaßte Form der heiligen Messe entschieden. Und Du hast eine gute, hast die beste Wahl getroffen. Aus dieser Liturgie leuchtet das mysterium fidei in ungebrochener Strahlkraft hervor. Viele Menschen, die im echten, katholischen Glauben an das heilige Opfermysterium stehen und folglich auf alle äußere Aktualisierung und Interessantmachung getrost verzichten können, haben in ihr die kostbare Perle gefunden, für die es sich lohnt, vieles, ja alles hinzugeben. 

Gemeinsam mit den Gläubigen, die zu Deiner ersten heiligen Messe gekommen sind, bete ich heute, daß diese traditionelle Meßliturgie, die Meßliturgie Deiner Primiz, auch die Deiner letzten und aller (hoffentlich möglichst vieler) heiligen Messen sei, die Du zwischen der ersten und der letzten zelebrieren darfst. 

Und nun trete gläubigen und glühenden Herzens hin zum Altar und bringe das reine, makellose und heilige Opfer des Neuen und Ewigen Bundes dar, das mysterium fidei zum Lob und Ruhm des Namens Gottes, zum Segen für uns und die ganze heilige Kirche! Amen


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Montag, 1. Dezember 2014

Bischof von Augsburg: Immer wieder über die Ewigkeit reden

Aus der Predigt des Bischofs von Augsburg, Konrad Zdarsa, zum 1. Advent:
Rufen wir nicht auch nach dem äußersten und endgültigen Eingreifen Gottes, wenn wir beten: Adveniat regnum tuum – Zu uns komme dein Reich?
Und doch sind wir uns des tiefen Sinnes dieser Bitte oft gar nicht so recht bewusst, sind uns gar nicht so recht darüber einig, was wir denn eigentlich damit meinen, und denken schon gar nicht daran, an unserem Alltagstrott auch nur das Geringste zu verändern.

Sich besinnen aber heißt doch wohl, bei allem, was wir tun und lassen, die Frage nach dem Sinn stellen oder den Dingen, mit denen wir uns beschäftigen, einen Sinn geben oder geben lassen. Dann aber wird die Antwort auf die Frage, woher wir kommen und wohin wir gehen, die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Ganzen zwangsläufig zum Programm. Dann erst sind wir in der Lage, die Zeit und den Lauf der Dinge, unser Leben und das Leben unserer Mitmenschen zu be-sinnen, ihnen Halt und Richtung zu geben.
Dann erst werden die anderen merken, dass wir ihnen etwas zu bringen haben, wenn wir nicht im eigenen Namen daherkommen, sondern im Namen des Logos, des menschgewordenen Sinns, unseres Herrn Jesus Christus. 

Was das oft bemühte Motto des amerikanischen PR "Doing right and talking about" für uns Christen bedeutet, erläuterte Bischof Zdarsa mit folgenden Worten:

Richtig handelt, wer die richtige Reihenfolge beachtet. Bevor wir beten: Dein Reich komme (Adveniat regnum tuum), beten wir: Geheiligt werde dein Name (Sanctificetur nomen tuum). Die Menschen müssen merken, dass wir in der Spur bleiben, dass wir alles, was wir unternehmen, im Blick und mit der Ausrichtung auf unseren Herrn tun.

Wir heißen Kirche, weil wir zum Herrn gehören, nicht weil wir uns zusammengeschlossen und etwa einen sozialen Sinn entwickelt haben. Wir sind nicht nur auf die Zukunft ausgerichtet, sondern auf die Ewigkeit. Und nur wer dem Menschen die Perspektive Ewigkeit eröffnet, wird ihm auch Zukunft bieten können. Darum dürfen wir das Wissen um die Ewigkeit nicht einfach stillschweigend voraussetzen, sondern wir müssen immer wieder darüber reden.

Dann stellt der Augsburger Oberhirte fest, dass der Christ nicht erst in der Ewigkeit, sondern bereits hier auf Erden dazu berufen ist, "nach dem Maß Gottes" zu handeln:

Die Antwort auf die Frage, ob es schon während dieser Weltzeit ein Handeln nach dem Maß Gottes gibt, der in der Welt der äußeren Machtausübung entsagt, wurde uns schon mit dem Gleichnis Jesu von den anvertrauten Talenten gegeben. Ja, wir sind gehalten, nach seinem Willen und in dieser Welt nach Gottes Maß und Auftrag zu handeln. Gott gibt uns nicht nur so viel Gnade und Zuwendung, dass wir gerettet werden können, sondern er überträgt seine Aufgaben auch nur denen, denen er es zutraut, sie zu erfüllen. (...)

Die Wachsamkeit, zu der wir aufgefordert sind, ist die Entschlossenheit, in dauerndem Bewusstsein des Geschenks der Gnade zu leben und zu handeln.

Gottesdienst und Gebet sind dem Christen Quelle und Lebensstrom der göttlichen Gnade, aus denen alle Wohltätigkeit erst erwächst. Gottesdienst und Gebet seien keine "Gelegenheiten", menschliche Pläne und Projekte zur Weltverbesserung vorzutragen:

Die Ermahnung zu tätiger Wachsamkeit ist nach dem Evangelium des Markus die letzte Weisung Jesu an seine Jünger vor seiner Passion. In einer Zeit, in der die Christen weltweit verfolgt, diskriminiert, angegriffen und getötet, aber auch verspottet und verhöhnt werden, hat Gottes Wort den absoluten Vorrang. Die Verkündigung der Frohen Botschaft, die Feier der Vergegenwärtigung von Tod und Auferstehung unseres Herrn, unser Gottesdienst und Gebet sind nicht traditionell willkommene Gelegenheiten, unsere Pläne und Projekte zur Weltverbesserung zu offerieren. Sie sind vielmehr Quelle und Lebensstrom, aus denen alle Wohltätigkeit und Barmherzigkeit genährt und belebt werden muss. 

Bischof Zdarsa erinnerte daran, dass die Christen vor allem durch die Feier der Hl. Eucharistie "am realsten und am glaubwürdigsten" ihren Willen und ihre Bereitschaft erklären, ihr eigenes Leben nach dem Evangelium auszurichten.


Die ganze Predigt vom 30. November 2014 (1. Adventsonntag und Eröffnung der Aktion Adveniat) findet man auf der Homepage des Bistums Augsburg.


Zu den Predigten anderer deutscher Bischöfe zum 1. Advent 2014:






Montag, 24. November 2014

Weihbischof Athanasius Schneider über die Außerordentliche Bischofssynode 2014

Das folgende Interview, das Bischof Athanasius Schneider, Weihbischof der Erzdiözese der Allerheiligsten Jungfrau Maria in Astana, Kasachstan, Dr. Isabella Parowicz gab, wurde in der polnischen Zeitschrift Polonia Christiana veröffentlicht.

1. Exzellenz, was ist Ihre Meinung zur jüngsten Synode über die Familie? Was ist deren Botschaft für die Familie?

Während der Synode gab es Augenblicke offensichtlicher Manipulation seitens einiger Geistlicher, die Schlüsselpositionen in der Redaktions- und Leitungssturktur der Synode einnahmen. Der Zwischenbericht (Relatio post disceptationem) war eindeutig ein vorgefertigter Text ohne Bezug zu den tatsächlichen Aussagen der Synodenväter. In den Abschnitten über Homosexualität, Sexualität und "wiederverheiratete Geschiedene" und deren Zulassung zu den Sakramenten vertrat der Text eine radikale, neuheidnische Ideologie. Das ist das erste Mal in der Kirchengeschichte, dass ein solcher heterodoxer Text als Dokument einer offiziellen Versammlung katholischer Bischöfe unter der Leitung eines Papstes veröffentlicht wurde, unbeschadet der Tatsache dass der Text nur einen vorläufigen Charakter besaß.

Dank sei Gott und den Gebeten der Gläubigen auf der ganzen Welt, dass eine konsistente Anzahl von Synodenvätern diese Agenda entschlossen abgelehnt hat, die den verdorbenen und heidnischen Mainstream unserer Zeit widerspiegelt, der weltweit durch politischen Druck und durch die fast allmächtigen offiziellen Massenmedien durchgesetzt wird, die den Prinzipien der weltweiten Gender-Ideologie-Partei loyal sind.

Eine solches, wenn auch nur vorläufiges Synodendokument ist eine wirkliche Schande und ein Hinweis auf das Ausmaß, in dem der Geist der antichristlichen Welt in so wichtige Ebenen des Lebens der Kirche eingedrungen ist. Dieses Dokument wird für künftige Generationen und für die Historiker ein schwarzer Flecken sein, der die Ehre des Apostolischen Stuhls beschmutzt hat.

Glücklicherweise ist die Schlussbotschaft der Synodenväter ein echt katholisches Dokument, das die göttliche Wahrheit über die Familie ausdrückt, ohne über die tieferen Wurzeln der Probleme zu schweigen, das heisst, über die Realität der Sünde. Es gibt echt Mut und Trost für katholische Familien. Ich zitiere: "Wir denken an die vom Leben auferlegten Lasten und Leiden, die durch ein Kind mit besonderen Bedürfnissen entstehen kann, durch schwere Krankheit, durch die Schwierigkeiten des Alters oder durch den Tod eines geliebten Menschen. Wir bewundern die Treue so vieler Familien, die diese Leiden mit Mut, Glauben und Liebe ertragen. Sie betrachten sie nicht als eine ihnen auferlegte Last, sondern als etwas, in dem sie sich selber geben und die Leiden Christi in der Schwachheit des Fleisches sehen.

Die eheliche Liebe, die einzigartig und unauflösliche ist, hält trotz vieler Schwierigkeiten durch. Sie ist eines der schönsten und zugleich am weitesten verbreiteten Wunder. Diese Liebe breitet sich durch Fruchtbarkeit und Zeugung aus. Sie umfasst nicht nur die Zeugung von Kindern, sondern auch die Gabe des göttlichen Lebens in der Taufe, die religiöse Unterweisung und die Ausbildung der Kinder...

 Die Anwesenheit der Familie von Jesus, Maria und Joseph in deren bescheidenem Haus schwebt über euch".

2. Wer eine Änderung der kirchlichen Lehre zu moralischen Fragen (z.B. Zulassung „wiederverheirateter Geschiedener“ zur Heiligen Kommunion oder eine Form der Zulassung homosexueller Lebensgemeinschaften) erwartet hat, wurde wahrscheinlich durch die Schlussrelatio enttäuscht. Existiert aber nicht die Gefahr, dass eine Infragestellung und Diskussion von Dingen, die für die Lehre der Kirche grundlegend sind, zukünftig die Türen für schwere Missbräuche und für ähnliche Versuche einer Revision der kirchlichen Lehre öffnen können?

Es geht um ein göttliches Gebot, in unserem Fall um das sechste Gebot, um die absolute Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe. Eine von Gott bestimmte Regel, d.h. dass jene, die sich im Zustand schwerer Sünde befinden, nicht zur Heiligen Kommunion zugelassen werden können, wird durch den heiligen Paulus in seinem durch den Heiligen Geist inspirierten Brief in 1. Korinther 11,27-30 gelehrt. Darüber kann man nicht abstimmen, so wie man niemals über die Gottheit Christi abstimmen könnte.

Eine Person, die sich in einem unauflöslichen sakramentalen Eheband befindet und ungeachtet dessen eine dauerhafte eheähnliche Lebensgemeinschaft mit einer anderen Person unterhält, ist durch göttliches Gesetz vom Empfang der Heiligen Kommunion ausgeschlossen. Würde man das nicht beachten, so käme das einer von der Kirche öffentlich gemachten Erklärung gleich, durch die man auf verwerfliche Weise eine Leugnung der Unauflöslichkeit der christlichen Ehe legitimieren und gleichzeitig das sechste Gebot Gottes "Du sollst nicht ehebrechen" aufheben würde.

Keine menschliche Institution, nicht einmal der Papst oder ein Konzil, besitzen die Autorität und Kompetenz, eines der zehn Gebote oder die göttlichen Worte Christi auf irgendeine, auch nicht geringste oder indirekte Weise aufzuheben: "Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,6).

Ungeachtet dieser leuchtenden Wahrheit, die immer und gleichbleibend - weil unveränderlich - durch alle Zeiten vom kirchlichen Lehramt bis in unsere Tage, zum Beispiel in "Familiaris consortio" vom heiligen Johannes Paul II, im Katechismus der Katholischen Kirche und von Papst Benedikt XVI. gelehrt wurde, hat man auf der Synode über die Frage der Zulassung sogenannter "wiederverheirateter Geschiedener" zur Heiligen Kommunion abgestimmt. Diese Tatsache ist schwerwiegend und verrät eine Haltung der klerikalen Arroganz gegenüber der göttlichen Wahrheit des Wortes Gottes.

Der Versuch, über die göttliche Wahrheit und über das göttliche Wort abzustimmen, ist jener unwürdig, die als Vertreter des Lehramtes das Depositum fidei als gute und treue Verwalter (vgl. Math 24,45) eifrig weitergeben müssen. Durch die Zulassung "wiederverheirateter Geschiedener" zur Heiligen Kommunion etablieren diese Bischöfe nach eigenem Gutdünken eine neue Tradition und übertreten damit das Gebot Gottes, so wie Christus einst die Pharisäer und Schriftgelehrten deswegen tadelte (vgl. Mt 15,3). Noch schwerwiegender ist die Tatsache, dass diese Bischöfe versuchen, ihre Untreue gegenüber dem Worte Christi durch Argumente wie "pastorale Notwendigkeit", "Barmherzigkeit", "Offenheit für den Heiligen Geist" zu legitimieren.

Außerdem haben sie keine Angst und keine Skrupel, die wahre Bedeutung dieser Wörter in einem gnostischen Sinn zu verdrehen, indem sie zugleich jene, die ihnen widersprechen und das unveränderliche göttliche Gebot und die nicht vom Menschen gemachte Tradition verteidigen, als starr, skrupelhaft oder traditionalistisch etikettieren.

Während der großen arianischen Krise des 4. Jahrhunderts wurden die Verteidiger der Gottheit des Gottessohnes auch als "unnachgiebig" oder als "Traditionalisten" gebrandmarkt. Der heilige Athanasius wurde sogar von Papst Liberius exkommuniziert. Der Papst begründete das mit dem Argument, dass Athanasius mit den orientalischen Bischöfen, die meist Häretiker oder Halb-Häretiker waren, nicht in Gemeinschaft war. Basilius der Große erklärte in dieser Situation folgendes: "Nur eine Sünde wird heute hart bestraft: die aufmerksame Beachtung der Überlieferungen unserer Väter. Aus diesem Grund werden die Guten aus ihren Positionen verdrängt und in die Wüste geschickt“ (Ep. 243).

Die Bischöfe, welche die heilige Kommunion für "wiederverheiratete Geschiedene" befürworten, sind die neuen Pharisäer und Schriftgelehrten, weil sie das Gebot Gottes vernachlässigen, indem sie damit zur Tatsache beitragen, dass aus dem Leib und dem Herzen der "wiederverheirateten Geschiedenen" weiterhin „Ehebruch hervorgeht" (Mt 15,19). Sie wollen nämlich damit eine äußerlich "saubere“ Lösung und in den Augen derer, welche die Macht haben (die Massenmedien, die öffentliche Meinung), „sauber“ dastehen. Wenn sie allerdings einst vor dem Richterstuhl Christi erscheinen, werden sie sicherlich zu ihrer Bestürzung diese Worte Christi hören: „Was zählst du meine Satzungen auf, was redest du von meinem Bund, da du doch Zucht hasst und meine Worte hinter dich wirfst? ... Du hast deinen Anteil an den Ehebrechern“ (Ps 50/49,16-18).

Der Schlussbericht der Synode enthält leider auch den Absatz mit der Abstimmung über eine Zulassung „wiederverheirateter Geschiedener“ zur Heiligen Kommunion. Auch wenn er die erforderlichen zwei Drittel der Stimmen nicht erreichte, bleibt die Sorgen und erstaunliche Tatsache, dass die absolute Mehrheit der anwesenden Bischöfe zugunsten einer Zulassung "wiederverheirateter Geschiedener“ zur Heiligen Kommunion abgestimmt hat, ein trauriges Spiegelbild der geistlichen Qualität des katholischen Episkopats in unseren Tagen.

Darüber hinaus ist traurig, dass dieser Absatz, der die erforderliche qualitative Mehrheit nicht erreichte, in der Schlussrelatio verblieben ist und für eine weitere Diskussion an alle Diözesen gesendet wird. Das wird die Verwirrung in der Lehre bei Priestern und Gläubigen sicherlich nur erhöhen, weil dadurch der Eindruck erweckt wird, dass die göttlichen Gebote und die göttlichen Worte Christi und die des Apostels Paulus menschlicher Entscheidungsfindung zur Verfügung gestellt werden. Ein Kardinal, der offen und nachdrücklich eine Zulassung „wiederverheirateter Geschiedener“ zur Heiligen Kommunion und sogar die schändlichen Aussagen des Zwischenberichtes über homosexuelle "Ehe" unterstützte, zeigte sich mit dem Schlussbericht unzufrieden und erklärte, ohne zu erröten: "Das Glas ist halb voll" und sagte sinngemäß, dass man daran arbeiten müsse, damit das Glas im nächsten Jahr auf der Synode ganz voll sei.

Wir müssen aber fest glauben, dass Gott die Pläne der Unehrlichkeit, der Untreue und des Verrats zu Nichte machen wird. Christus hält unfehlbar das Steuerrad des Bootes seiner Kirche inmitten eines so großen Sturms. Wir glauben und vertrauen dem eigentlichen Lenker der Kirche, unserem Herrn Jesus Christus, der die Wahrheit ist.

3. Wir erleben derzeit eine massive Aggression gegen die Familie. Diese Aggression wird im Bereich der Wissenschaft von einer enormen Verwirrung bezüglich des Menschen und der menschlichen Identität begleitet. Leider gibt es Vertreter der kirchlichen Hierarchie, die bei der Erörterung dieser Fragen Meinungen äußern, die der Lehre des Herrn widersprechen. Wie sollen wir mit den Menschen, die Opfer dieser Verwirrung werden, sprechen, um ihren Glauben zu stärken und sie zum Heil zu führen?

In dieser außerordentlich schwierigen Zeit reinigt Christus unseren katholischen Glauben, damit die Kirche durch diese Prüfung noch heller leuchte und wirklich Licht und Salz für die fade neuheidnischen Welt sei dank der Treue und dem reinen, einfachen Glauben zunächst der Gläubigen, der Kleinen in der Kirche, der "Ecclesia docta" (der lernenden Kirche), die in unseren Tagen die "Ecclesia docens" (die lehrende Kirche, das heißt, das Lehramt) stärken wird, so wie während der großen Glaubenskrise im vierten Jahrhundert, zu welcher der selige Kardinal John Henry Newman schreibt:

"Das ist eine sehr bemerkenswerte Tatsache, die aber eine Moral enthält. Vielleicht wurde sie zugelassen, um der Kirche, die genau in dieser Zeit aus ihrem Zustand der Verfolgung hervorkam, die große Lehre des Evangeliums einzuprägen, dass nicht die Weisen und Mächtigen, sondern die Unbedeutenden, die Ungelernten und die Schwachen die wahre Stärke der Kirche darstellen. Das Heidentum wurde vor allem von den einfachen Gläubigen gestürzt. Die Gläubigen haben unter der Leitung des Athanasius und der ägyptischen Bischöfe, und an einigen Orten unterstützt von ihren Bischöfen und Priestern, den schlimmsten Häresien widerstanden und sie aus dem heiligen Bereich ausgemerzt. ... In dieser Zeit der immensen Verwirrung wurde das Dogma der Göttlichkeit unseres Herrn verkündet, durchgesetzt, bewahrt. Menschlich gesprochen wurde sie weit mehr von der "Ecclesia docta" als von der "Ecclesia docens" bewahrt. Die Gesamtheit der Bischöfe war ihrer Aufgabe untreu geworden, während die Gesamtheit der Laien treu zur Taufe stand. Bald erklärte der Papst, bald ein Patriarch, ein Metropolit oder sonst ein wichtiger Bischof oder ein Generalkonzil, was man nicht hätte sagen sollen oder sie taten, was die offenbarte Wahrheit verdunkelte und kompromittierte. Auf der anderen Seite war das christliche Volk unter der Leitung der Vorsehung die kirchliche Stärke eines Athanasius, Hilarius, Eusebius von Vercelli und anderer großer und einsamer Bekenner, die ohne die Gläubigen gescheitert wären" (Arians of the Fourth Century, SS. 446, 466).


Wir müssen gewöhnliche Katholiken ermutigen, dem Katechismus, in dem sie unterwiesen wurden, den klaren Worten Christi im Evangelium und dem ihnen überlieferten Glauben ihrer Väter und Vorväter treu zu bleiben. Wir müssen Studienzirkel und Vorträge über die beständige Lehre der Kirche zu Fragen der Ehe und Keuschheit organisieren und dazu vor allem junge Menschen und Ehepaare einladen. Wir müssen die große Schönheit eines Lebens in Keuschheit, die große Schönheit der christlichen Ehe und Familie, den großen Wert des Kreuzes und des Opfers in unserem Leben aufzeigen. Wir müssen das Beispiel der Heiligen sowie beispielhafter Personen darstellen, die zeigten, dass sie, obwohl sie die gleichen Versuchungen des Fleisches, die gleiche Feindseligkeit und den gleichen Spott der heidnischen Welt erlitten, dennoch mit der Gnade Christi ein glückliches Leben in Keuschheit, in einer christlichen Ehe oder in der Familie führten. Der Glaube, der reine und vollständige katholische und apostolische Glauben, wird die Welt überwinden (vgl. 1. Joh 5,4).


Wir müssen Gruppen von Jugendlichen mit reinen Herzen, Familiengruppen und Gruppen katholischer Ehepaare, die ihren Eheversprechen verpflichtet sind, gründen und fördern. Wir müssen Kreise organisieren, die zerbrochenen Familien und alleinerziehenden Müttern moralisch und materiell helfen, Gruppen, die mit Gebet und Rat getrennte Paare unterstützen, Gruppen und Personen, die "wiederverheirateten Geschiedenen“ helfen, einen Prozess der ernsthaften Umkehr zu beginnen, indem sie in Demut ihre sündhafte Lage erkennen und mit der Gnade Gottes die Sünden verlassen, die das Gebot Gottes und die Heiligkeit des Sakraments der Ehe verletzen.

Wir müssen Gruppen schaffen, die Personen mit homosexuellen Tendenzen sorgsam helfen, den Weg der christlichen Bekehrung zu beschreiten, den glücklichen und schönen Pfad eines keuschen Lebens und ihnen schließlich in diskreter Weise eine psychologische Heilung anbieten. Wir müssen unseren Zeitgenossen in der neuheidnischen Welt die befreiende Gute Nachricht der Lehre Jesu Christi vor Augen führen und verkünden, dass das Gebot Gottes, auch das sechste Gebot, weise und schön ist: "Das Gesetz des Herrn ist vollkommen. Es erquickt die Seele: das Zeugnis des Herrn ist zuverlässig. Es macht den Einfältigen weise. Die Satzung des Herrn sind richtig, sie erfreuen das Herz: das Gebot des Herrn ist lauter, es erleuchtet die Augen" (Ps 19/18,7-8).

4. Während der Synode, bemängelten Erzbischof Gądecki von Posen und einige andere bedeutende Prälaten öffentlich, dass die Ergebnisse der Diskussionen von der immerwährenden Lehre der Kirche abwichen. Gibt es eine Hoffnung, dass es inmitten dieser Verwirrung, ein Erwachen der Mitglieder des Klerus und jener Gläubigen geben wird, die sich bisher nicht bewusst waren, dass es im Inneren der Kirche Leute gibt, welche die Lehre des Herrn untergraben?

Es gereicht dem polnischen Katholizismus sicherlich zur Ehre, dass der Präsident des katholischen Episkopats, Seine Exzellenz Erzbischof Gądecki mit Klarheit und Mut die Wahrheit Christi über die Ehe und die menschliche Sexualität verteidigt hat. Dadurch offenbarte er sich als ein wahrer geistlicher Sohn des heiligen Johannes Paul II.

Kardinal George Pell bezeichnete die liberale sexuelle Agenda und die angebliche barmherzige und seelsorgerische Förderung einer Zulassung „wiederverheirateter Geschiedener“ zur heiligen Kommunion während der Synode sehr treffend als Spitze des Eisbergs und als eine Art Trojanisches Pferd in der Kirche.

Dass es mitten im Schoß der Kirche Leute gibt, welche die Lehre des Herrn untergraben, wurde für die ganze Welt dank des Internets und der Arbeit einiger katholischen Journalisten offensichtlich, denen nicht gleichgültig war, was mit dem katholischen Glauben geschieht, der für sie ein Schatz Christi ist. Ich war erfreut, dass einige katholische Journalisten und Internet-Blogger sich als gute Soldaten Christi benahmen und die öffentliche Aufmerksamkeit auf die klerikale Agenda einer Unterminierung der beständigen Lehre unseres Herrn hinlenkten. Kardinäle, Bischöfe, Priester, katholische Familien, katholische Jugendliche müssen klar sagen: Ich weigere mich, mich dem neuheidnischen Geist dieser Welt anzupassen, auch wenn dieser Geist von einigen Bischöfen und Kardinälen verbreitet wird. Ich werde deren trügerische und abwegige Instrumentalisierung der heiligen Barmherzigkeit Gottes und deren Behauptung eines "neuen Pfingsten" nicht akzeptieren. Ich weigere mich, vor das Standbild des Götzen der Gender-Ideologie, der Zweitehe und des Konkubinats Weihrauchkörner zu streuen. Auch wenn mein Bischof das machen würde, ich werde es nicht tun. Mit der Gnade Gottes werde ich lieber leiden, als die ganze Wahrheit Christi über die menschliche Sexualität und die Ehe zu verraten.

Die Zeugen werden die Welt überzeugen, nicht die Lehrer, sagt der Selige Paul VI. in "Evangelii nuntiandi". Die Kirche und die Welt brauchen dringend unerschrockene und lautere Zeugen der ganzen Wahrheit der Gebote und des Willens Gottes und der ganzen Wahrheit der Worte Christi über die Ehe. Moderne klerikale Pharisäer und Schriftgelehrte, jene Bischöfe und Kardinäle, die vor die Standbilder der neuheidnischen Götzen der Gender-Ideologie und des Konkubinat Weihrauchkörner streuen, werden sicherlich niemanden überzeugen, an Christus zu glauben oder bereit zu sein, das Leben für Christus hinzugeben.

Es ist tatsächlich so: "Veritas Domini manet in aeternum" (Ps 116: „Die Wahrheit des Herrn bleibt auf ewig“) und "Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit" (Hebr 13,8) und "die Wahrheit wird euch frei machen" (Joh 8,32). Dieser letzte Satz war eine der Lieblings-Bibelzitate des heiligen Johannes Paul II., des Papstes der Familie. Wir können hinzufügen: Die geoffenbarte und unveränderlich überlieferte göttliche Wahrheit über die menschliche Sexualität und die Ehe wird den Seelen innerhalb und außerhalb der Kirche wahre Freiheit bringen.

Inmitten einer Krise der Kirche und des schlechten Beispiels einiger Bischöfe seiner Zeit hinsichtlich der Lebensführung und der Lehrverkündigung, tröstete der heilige Augustinus die einfachen Gläubigen mit den Worten: "Was auch immer wir Bischöfe sein mögen, ihr seid sicher, die ihr Gott zum Vater und seine Kirche zur Mutter habt"(Contra litteras Petiliani III, 9,10).

+ Athanasius Schneider, Weihbischof der Erzdiözese der Allerheiligsten Jungfrau Maria zu Astana, Kasachstan


Dieses Interview würde in der jüngsten Ausgabe des Magazins “Polonia Christiana” (Nr. 41/2014) publiziert. Die Fragen stelle Frau Dr. Isabella Parowicz. Die deutsche Übersetzung wurde von Bischof Schneider durchgesehen.

(In englischer Sprache erschienen in "Polonia Christiana" am 05.11.2014.) 


Weitere Informationen und Stimmen zur Außerordentlichen Bischofssynode 2014 über die Familie:



eigenes Foto:  © FW

Samstag, 15. November 2014

Ehrfurcht und Liebe - Begegnung mit dem Ganz-Anderen

von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

Predigt am 22. Juni 2014, 2. Sonntag nach Pfingsten; Nachprimiz von P. Robert Dow FSSP

„Zu Deinem Namen, Herr, lass uns zugleich Furcht und immerwährende Liebe haben, da Du ja niemals denen Deine Führung entziehest, die Du in der Festigkeit Deiner Liebe begründest.“ (Oratio)

Stellen wir uns einmal vor, wir hätten heute, bei dieser heiligen Messe, eine Art kollektive Vision. Plötzlich wären wir alle im Geiste entrückt. Und da würde sich uns folgendes Bild bieten: Inmitten sieben goldener Leuchter wäre hier am Altar eine Gestalt zu sehen, einem Menschen gleich und doch ganz anders. Ein himmlisches Wesen, angetan mit einem wallenden Gewand und umgürtet mit goldenem Gürtel. Sein Haupt und Seine Haare wären wie schneeweiße Wolle, die Augen wie eine Feuerflamme, die Füße wie glühendes Glanzerz. Der Klang Seiner Stimme tönte donnernd wie das Rauschen vieler Wasser. In Seiner Hand hielte diese Erscheinung sieben Sterne, und aus ihrem Mund ginge ein scharfes, zweischneidiges Schwert hervor. Das Antlitz leuchtete, wie wenn die Sonne in aller Kraft scheint. 

Diese Vision wäre so ganz anders als alles, was uns vertraut ist. Anders als die lieblichen, gefühlvollen Bildchen von Jesus, die uns in der Welt der Frömmigkeit begegnen. Anders aber auch als die großen Kunstwerke, die den Herrn zeigen. Sogar anders als die ehrfurchtgebietenden Christusikonen der Ostkirche und die machtvollen Mosaiken in alten Kirchen. Was würde wohl mit uns armen Sterblichen geschehen, wenn wir solches jetzt zu schauen bekämen? Vermutlich nichts anderes als das, was an demjenigen geschah, der diese Christuserscheinung vor wohl mehr als 1900 Jahren hatte. In seiner Apokalypse berichtet uns ja der heilige Apostel Johannes, dass er bei seiner Verbannung auf der Insel Patmos diese Schauung hatte. Und was geschah mit ihm? Johannes stürzte wie tot zu Füßen des Herrn nieder und musste durch dessen rechte Hand wieder aufgerichtet werden. Welche Vorstellung, das würde hier und heute uns allen geschehen! 

In der Religionsphilosophie spricht man seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gerne davon, das Heilige sei für uns Menschen ein mysterium tremendum et fascinans. Rudolf Otto, auf den die Formulierung zurückgeht, wollte damit die Wirkung dessen beschreiben, womit wir es in der Religion zu tun haben. Die Begegnung mit dem Bereich des Ganz-Anderen, des Göttlichen, lasse den Menschen erschrecken und erzittern: mysterium tremendum. Zugleich aber schlage es ihn in Bann, ziehe ihn wie magisch an, fasziniere ihn: mysterium fascinans.

Dieser Doppelcharakter wird tatsächlich an den verschiedenen Gotteserscheinungen der Bibel deutlich: Moses erblickt den brennenden Dornbusch und sagt sich: „Ich will doch hingehen und dieses seltsame Schauspiel betrachten.“ Als der Herr ihn aber aus dem Dornbusch anspricht, heißt es: „Da verhüllte Moses sein Angesicht, denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.“ Beides liegt hier direkt beieinander: die magnetische Anziehungskraft und die Furcht davor, den Allheiligen zu schauen. 

Ähnlich beim Propheten Elias, der auf dem Berg den Vorübergang des Herrn erlebt. Nach einem heftigen Sturm, der Berge zersprengt und Felsen spaltet, nach Erdbeben und Feuersbrunst vernimmt der ein leises, sanftes Säuseln. Und die Schrift sagt: „Da, als Elisas dies vernahm, verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel, ging hinaus und trat an den Eingang der Höhle.“ Er kann nicht anders, als sein Gesicht zu verbergen – mysterium tremendum. Und doch ist er von der Gotteserscheinung in Bann geschlagen und tritt in den Eingang – mysterium fascinans

Nicht anders bei den Propheten Jesaja und Ezechiel, die überwältigender Schauungen gewürdigt werden. Jesaja erlebt die Gotteserscheinung im Tempel wie hingerissen, ruft aber dann aus: „Wehe mir, ich bin verloren. Denn ich bin ein Mann mit unreinen Lippen und wohne unter einem Volk mit unreinen Lippen, und meine Augen haben den König, den Herrn der Heerscharen, geschaut.“ Und Ezechiel hat die Vision vom göttlichen Thronwagen. Sie wirft ihn zur Erde, und nachdem ihn der Geist Gottes emporhebt, gerät er doch in tiefste Niedergeschlagenheit, sieben Tage bleibt er starr und stumm unter den Menschen. Ein postvisiönäres Syndrom, ein Depression vielleicht? Nein, Ezechiel wurde vom mysterium tremendum et fascinans, gepackt! 

Ja, wir könnten noch eine ganze Reihe solcher göttlichen Manifestationen anführen, in denen Menschen zugleich von Furcht und Faszination gepackt wurden. Denken wir im Neuen Testament nur an die Hirten, denen die Engel über den Fluren Bethlehems die Geburt des Messias künden: Sie fürchten sich sehr und sind doch bald schon von solcher Begeisterung, solchem Jubel ergriffen! Und dann eben die apokalyptische Vision des Johannes auf Patmos. Bemerkenswert ist, dass ausdrücklich gesagt wird, sie sei an einem Sonntag geschehen. Es drängt sich geradezu der Gedanke auf: am Sonntag, bei der Feier der heiligen Geheimnisse, bei der Messe! Das würde auch insofern passen, als die Apokalypse des heiligen Johannes stark liturgisches Gepräge trägt, ja in ihrem Ablauf große Ähnlichkeiten mit dem Tempelkult der Juden wie mit dem Gottesdienst der Christen hat. Und daher ist es auch keineswegs absurd, wenn wir uns vorstellen, uns würde hier und heute, bei dieser heiligen Feier, eine solche Schau zuteil. 

Jedenfalls ist die Wirklichkeit, die hinter der sakramentalen Zeichenwelt steht, von himmlischer, göttlicher Art. Sie ist tatsächlich umwerfend und hinreißend. Nur, dass wir oberflächlichen Geister das so leicht vergessen und daher völlig teilnahmslos und gelangweilt dabei sein können. Wir haben die Heilige Messe ja schon so oft erlebt, etwas Neues gibt es dabei ohnehin nicht mehr zu erwarten. Zwar glauben wir noch irgendwie das, was die Kirche darüber lehrt: Vollzug des Opfers Jesu Christi, Gegenwart des himmlischen Herrn, wie Ihn Johannes geschaut hat. Aber wir sind in den geistlichen Sinnen unentwickelt oder abgestumpft, im Herzen dem liturgischen Geschehen entfremdet. Und daher bewegen sich unsere Gedanken überall umher. Von einer Begegnung mit dem mysterium tremendum et fascinans, einer Überwältigung durch das unfassbare Ereignis kann nicht die Rede sein.

Wenn das nun schon von den Gläubigen gilt, die in einigem Abstand der Zelebration am Altar beiwohnen: Wie ist es dann erst für den Priester, der solches nicht nur dann und wann aus der Ferne miterlebt, sondern der es nach dem Willen der Kirche täglich vollzieht; der die heilige Gestalt bei der Wandlung in seinen Händen hält, sie bricht und später den Gläubigen austeilt? Ist er nicht in noch größerer Gefahr als alle anderen, das alltäglich gewordene Tun dann auch wie etwas Alltägliches zu tun, vor allem, wenn er es jahre- und jahrzehntelang verrichtet? Mit welcher inneren Anteilnahme wird unser Neupriester Robert Dow in 5, 10 oder 20 Jahren seine soundsovieltausendstes Messopfer darbringen? 

So unterliegt das Höchste und Heiligste scheinbar zwangsläufig dem Verschleiß, und gelegentlich tritt es uns, schmerzlich vielleicht, zu Bewusstsein, dass es eigentlich anders sein sollte. Aber die Sache mit dem mysterium tremendum et fascinans ist eben eine beeindruckende Theorie, die mit der Praxis nicht viel zu tun hat. Was sollte es auch nützen, wenn die Priester ständig entrückt und entzückt wären? Dadurch käme doch nur die Zeitplanung durcheinander… 

Sagen wir es sogleich: Es ist auch gut so und entspricht Gottes weiser Einrichtung, dass die Heilige Messe normalerweise eher nüchtern erlebt wird, im Glauben und nicht in ekstatischer Schau. Der Gottessohn ist in die Welt und in die Zeit eingegangen und durch die Sakramente, vor allem durch die Eucharistie in der Welt und in der Zeit geblieben. Dadurch hat Er für uns tatsächlich eine gewisse Alltäglichkeit angenommen. Aber – und das ist das große Aber – jeder von uns, allen voran der Priester, steht in der Pflicht, alles zu tun, damit daraus keine blasse und hohle Alltäglichkeit werde, sondern die Ehrfurcht und Liebe zu diesen Geheimnissen und zu dem, der in Ihnen zu uns kommt, tiefer und lebendiger werde. Ehrfurcht und Liebe – das ist ja die Antwort auf das mysterium tremendum et fascinans. Insofern es uns erzittern lässt, erfüllt uns die Furcht des Herrn, insofern es uns aber in Bann schlägt, ergreift uns heilige Liebe.

Daher kann ich am Tage der heutigen Nachprimiz unserem Neupriester und uns allen gar nichts Besseres auf den Weg geben als das, was uns die Kirche auf den Weg gibt. Das Tagesgebet dieses zweiten Sonntags nach Pfingsten bittet nämlich genau um dies: um Ehrfurcht und um Liebe. Noch ganz unter dem Bann des Fronleichnamfestes stehend (in dessen leider abgeschaffte Oktav der heutige Sonntag früher fiel) und schon das königliche Hochzeitsmahl des Evangeliums vor Augen, beteten wir eben: „Sancti nominis tui timorem pariter et amorem…Zu Deinem Namen, Herr, lass uns zugleich Furcht und immerwährende Liebe haben, da Du ja niemals denen Deine Führung entziehest, die Du in der Festigkeit Deiner Liebe begründest.“ 

Ehrfurcht und Liebe erhalten uns in der heiligen Spannung. Die Furcht des Herrn, Anbeginn der Weisheit, lässt uns erschüttert erkennen, wer da unter uns ist, und uns niederfallen vor Ihm. Die Liebe aber zieht uns zu Ihm hin in immer größerem Verlangen nach tiefer Vereinigung mit Ihm. Und diese Liebe sichert uns auch die Beständigkeit der göttlichen Führung: „…da Du ja niemals denen Deine Führung entziehest, die Du in der Festigkeit Deiner Liebe begründest.“ Führung heißt nicht nur, dass wir irgendwie mit unserem Herrn verbunden bleiben, sondern vielmehr, dass Er uns zu einer immer innigeren und stärkeren Verbindung geleitet. 

In der Ehrfurcht und Liebe zu bleiben und zu wachsen, dem dient im Leben des Gläubigen, vor allem des Priesters, das Gebet, insbesondere die tägliche Betrachtung der Geheimnisse Gottes. Darin üben sich schon treu die Seminaristen im Hinblick auf ihre spätere Aufgabe, darin muss der Priester ebenso treu verharren, um Tag für Tag das Heiligste mit wachsender Hingabe vollziehen zu können. Ehrfurcht und Liebe werden auch durch die regelmäßige Beichte erneuert und angefeuert: In tieferer Reinheit sind wir empfänglicher für das Licht, das vom eucharistischen Herrn ausgeht. 

Furcht und Liebe zugleich kommen wunderbar in einem Wort des heiligen Pfarrers von Ars zum Ausdruck. Er sagte einmal: Wenn der Priester erkennen würde, was er ist, dann müsste er sterben; sterben nicht vor Angst, sondern aus Liebe. Mysterium tremendum et fascinans der heiligen Messe, mysterium tremendum et fascinans zugleich auch des heiligen Priestertums! Jetzt also, wenn unser Neupriester Robert Dow das Opfer Christi darbringt, lasst uns daran denken: Hier lodert der brennende Dornbusch, hier erfüllt die Herrlichkeit Gottes Sein Heiligtum, hier rufen die Seraphim unablässig ihr „Heilig, heilig, heilig“, hier ist im leisen, sanften Säuseln unser Herr unter uns, Er, dessen Antlitz heller strahlt als die Sonne, dessen Augen wie eine Feuerflamme sind und aus dessen Mund das zweischneidige Schwert hervorgeht. Er selbst ist das mysterium tremendum et fascinans, das Geheimnis, das uns zittern, weitaus mehr aber anbeten, danken und lieben lässt. 

Deshalb unser heutiges Gebet, unterstützt durch die Fürsprache der Gottesmutter und aller Engel und Heiligen, für unseren Neupriester, für alle Diener des Heiligtums und für uns selbst: 

Zu Deinem Namen, Herr, lass uns zugleich Furcht und immerwährende Liebe haben, da Du ja niemals denen Deine Führung entziehest, die Du in der Festigkeit Deiner Liebe begründest.


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Weiteres zur Gottesbegegnung in der Liturgie:



Freitag, 25. Juli 2014

Authentische Botschaft der Freiheit und Hoffnung verkünden - Theologen widerlegen Thesen von Walter Kasper zu wiederverheirateten Geschiedenen

Neue Vorschläge für die pastorale Sorge bezüglich der Geschiedenen und Wiederverheirateten: Eine theologische Bewertung (hier das pdf-Dokument)

Acht katholische Theologen, die an Päpstlichen Fakultäten oder in anderen kirchlichen Einrichtungen in den U.S.A. Dienst tun, haben sich ausführlich mit den Thesen und Vorschlägen von Walter Kardinal Kasper befasst. Der deutsche Theologe hatte bei der Kardinalsversammlung am 20. Februar 2014 u. a. auch zum Problem der zivil wiederverheirateten Geschiedenen Stellung genommen. Sein vielbeachteter Vortrag "Das Evangelium von der Familie" hatte weltweit Widerspuch ausgelöst.

Kardinal Kasper hatte die Frage gestellt, ob man "jemandem, der sein Versagen aufrichtig bereut und das tut, was er in seiner nicht rückgängig zu machenden Situation tun kann, das heißt nach Kräften christlich leben und seine Kinder christlich erziehen", die Absolution - und folglich auch die Zulassung zum sakramentalen Empfang der heiligen Kommunion - verweigern kann. Das Versagen meint in diesem Fall das Scheitern der gültig geschlossenen sakramentalen Ehe. Das Konkubinat, die  zweite, zivil geschlossene, Ehe ist dagegen nach Kaspers Vorschlag u. U. nicht rückgängig zu machen und kann nicht aufgegeben werden, ohne dass der bzw. die Betroffene weitere Schuld auf sich lade (s. hier).

Die acht Professoren, darunter sieben Dominikaner, zeigen nun noch einmal kurz und bündig auf, dass die Ausführungen Kaspers nicht mit der kirchlichen Lehre vereinbar sind. Ihr Fazit:

Es kann schwer sein, die Lehre der Kirche über Ehe, Scheidung, menschliche Sexualität und Keuschheit anzunehmen. Christus selber sah das, als er sie verkündigte. Diese Wahrheit bringt jedoch eine authentische Botschaft der Freiheit und Hoffnung mit sich: Es gibt einen Ausweg aus Laster und Sünde. Es gibt einen Weg nach vorne, der zu Glück und Liebe hinführt. Indem die Kirche diese Wahrheiten in Erinnerung ruft, hat sie Grund dazu, die Aufgabe der Evangelisierung in unserer eigenen Zeit mit Freude und Hoffnung anzunehmen.





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Donnerstag, 19. Juni 2014

„Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.” (Joh 6,51)


 
Gottheit, tief verborgen, betend nah ich Dir.
Unter diesen Zeichen bist Du wahrhaft hier.
Sieh, mit ganzem Herzen schenk’ ich Dir mich hin,
weil vor solchem Wunder ich nur Armut bin. 

(hl. Thomas von Aquin)



Der Heilige der Eucharistie, Peter Julian Eymard, sagt über die Realpräsenz, d. h. von der Gegenwart Jesu Christi mit Fleisch und Blut, mit Seele und Gottheit in den Gestalten von Brot und Wein, Folgendes:

Angefangen vom letzten Abendmahl hat die Kirche durch alle Zeiten diesen Glauben verkündet. Ihre Apostel hatten nur eine Stimme, ihre Lehrer nur eine Lehre, ihre Kinder nur einen Glauben, eine Liebe zum Gott der Eucharistie.

Wie majestätisch ist die Stimme des ganzen christlichen Volkes! Wie rührend und schön ist die Harmonie seiner Lobgesänge und seiner Liebe! Zum Zeugnis ihrer Worte fügt die Kirche das Zeugnis ihres Beispiels und ihres praktischen Glaubens hinzu. Wie Johannes der Täufer, der, nachdem er auf den Messias hinwies, sich Ihm zu Seinen Füßen warf, um seine Liebe und seinen Glauben zu beweisen, so widmet die Kirche der anbetungswürdigen Person Jesu im allerheiligsten Sakrament einen feierlichen Kult, ja ihren ganzen Kult.

Sie betet Jesus Christus als Gott an, der in der göttlichen Hostie gegenwärtig und verborgen ist. Sie zollt ihm die Ehre, welche Gott allein gebührt; sie wirft sich vor dem Allerheiligsten Sakrament nieder gleich dem himmlischen Hof vor der Majestät Gottes. Hier sind Rangunterschiede nicht angebracht: Große und Kleine, Könige und Untergebene, Priester und das Volk fallen alle instinktiv auf ihre Knie vor dem Gott der Eucharistie. Es ist der gute und liebe Gott!

Die Kirche ist nicht damit zufrieden, ihren Glauben allein durch Anbetung zu bezeugen; sie fügt noch öffentliche und prachtvolle Ehrbezeigungen hinzu. Die herrlichen Basiliken sind ein Ausdruck des Glaubens der Kirche an das Allerheiligste Sakrament. Die Kirche wollte nicht Grabmäler, sondern Gotteshäuser bauen, einen Himmel auf Erden, in welchem ihr Heiland und Gott einen Ihm würdigen Thron finden würde.

Mit einer außergewöhnlichen und gewissenhaften Aufmerksamkeit hat die Kirche den eucharistischen Gottesdienst bis in seine kleinsten Eizelheiten geregelt. Die Angelegenheit in die Hand zu nehmen, um ihren göttlichen Bräutigam zu ehren, hat sie niemand anderem anvertraut; denn wenn es um die Frage der Realpräsenz Jesu Christi geht, ist alles wichtig, bedeutungsvoll und göttlich.

Die Kirche wünscht dem königlichen Dienst Jesu alle echtesten und kostbarsten Dinge in der Welt zu weihen. In ihrer Liturgie ist alles auf das Geheimnis bezogen; alles hat eine geistige und himmlische Bedeutung; alles seine Eigentümlichkeit und enthält manche besondere Gnaden.

Wie leicht ist es für die Seele, sich in der Einsamkeit und Stille einer Kirche zu sammeln! Eine Versammlung von Heiligen auf ihren Knien vor dem Tabernakel läßt uns ausrufen: ‘Hier ist jemand mehr als Salomon, hier ist einer mehr als ein Engel!’ Jesus Christus ist hier, vor dem jedes Knie sich beugt, derer, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind. In der Gegenwart Jesu Christi im Allerheiligsten Sakrament verschwindet und verblaßt alle Größe, alle Heiligkeit demütigt sich und wird zu nichts. Jesus Christus ist hier!” 

(Peter Julian Eymard; The Real Presence. Eucharistic Meditations, New York 1938, pp. 42-44)


Zitat aus dem Vortrag "Die Heiligkeit der Liturgie im Zeugnis der Kirchenväter" von Weihbischof Athanasius Schneider, erschienen in DOMINUS VOBISCUM Nr. 5, Oktober 2012



Bild: hl. Peter Julian Eymard; Quelle

Dienstag, 17. Juni 2014

Prof. Georg May: Die andere Hierarchie - Teil 31: Der Pfarrer

Prof. Dr. Georg May

Die andere Hierarchie


Teil 31


Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997


Fortsetzung von hier

§ 8  Der Pfarrer

I.  Rechtliche Stellung

Das Urbild des Priesters ist der Pfarrer. Der Pfarrer ist der eigene Hirt der ihm übertragenen Pfarrei, der die Seelsorge der ihm anvertrauten Gemeinde unter der Autorität des Diözesanbischofs ausübt, zu dessen Teilhabe am Dienst Christi er berufen ist. Er leistet für seine Gemeinde die Dienste des Lehrens, Heiligens und Leitens, wobei andere Priester oder Diakone mitarbeiten und Laien ihren Beitrag leisten (c. 519).

Der Pfarrer muss immer Priester sein (c.521 §1), denn nur ein Priester kann Christus als Hirten repräsentieren und die durch die Christusrepräsentation bedingten Dienste leisten. Insofern er Priester ist, gehört er als eine Stufe zu der Hierarchie göttlichen Rechts.

Die Priester sind nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil Väter in Christus (Lumen gentium Nr. 28). Diese Vaterschaft ist geistlicher Art und besagt die autoritative Stellung und die lebensspendende Aufgabe. Die Verleihung des Pfarramtes steht dem Diözesanbischof zu, und zwar grundsätzlich ohne rechtliche Bindung bei der Auswahl der Person (c. 523). Der Oberhirte hat sich dabei einerseits an der Zahl und Qualität der zur Verfügung stehenden Kleriker, andererseits an den Bedingungen und Bedürfnissen der zu besetzenden Stellen zu orientieren.

Die pfarrlichen Pflichten sind außerordentlich umfangreich (cc. 528-535). Dem Pfarrer ist die Sorge für die Verkündigung des Wortes Gottes aufgetragen. Mittel dazu sind Predigt und Katechese, Religionsunterricht und Unterweisung der Jugend.

Dem Pfarrer besonders anempfohlen sind die Abständigen und Abgefallenen sowie die nichtkatholischen Christen. Er muss die Eucharistie zum Mittelpunkt des pfarrlichen Lebens machen. Er hat Sorge für häufigen würdigen Empfang der Sakramente des Altares und der Buße zu tragen. 

Er muss seine Gläubigen kennen, besuchen und mit ihnen Freude und Leid teilen. Er muss sie stärken und zurechtweisen. Er muss sich der Kranken und Sterbenden annehmen. Der Pfarrer soll seine Liebe den Armen, Betrübten und Einsamen zuwenden, Gatten und Eltern und Familien bei der Erfüllung ihrer Pflichten unterstützen.

Im Besonderen sind ihm aufgetragen die Spendung der Taufe, der Firmung und der Krankensalbung, die Assistenz bei der Eheschließung und das christliche Begräbnis sowie die Eucharistiefeier an Sonn- und Feiertagen. Bei allen Rechtsgeschäften vertritt der Pfarrer die Pfarrei (c. 532). Wenn er handelt, dann handelt durch ihn die Pfarrei, d. h. die Gemeinde; er ist deren Repräsentant.


II.  Die heutige Lage

Jeder Priester wird grundsätzlich für die Seelsorge geweiht. Der Prototyp des Seelsorgers ist der Pfarrer. Das Amt des Pfarrers ist außerordentlich anspruchsvoll und verlangt vollen Einsatz.

Der Pfarrer, der seine Aufgabe richtig versteht, ist sozusagen immer im Dienst; er hat kein Privatleben. Es ist nun offensichtlich, dass heute nicht wenige Pfarrer bei ihrer Amtsführung bedenkliche Schwächen zeigen, erheblich mehr als etwa vor 40 (Anm.: nunmehr etwa 57) Jahren. Die pfarrlichen Pflichten werden von manchen Seelsorgern wenig ernst genommen. Die Spendung des Bußsakramentes wird vernachlässigt und hat an manchen Orten beinahe aufgehört.

In nicht wenigen Pfarreien liegt die priesterliche Sorge um Kranke und Sterbende darnieder. Laien überbringen bettlägrigen Kranken die Kommunion, doch von der vorhergehenden Beichte ist keine Rede. Aus der Krankensalbung ist an manchen Orten eine Gesunden- bzw. Altensalbung geworden. 

Man kann nur staunen, wie großzügig heute manche Pfarrer ihre Residenzpflicht auslegen. Sie lassen den Sonntagsgottesdienst ausfallen, um mit einer Gruppe der Pfarrei eine Exkursion in die Toskana oder anderswohin zu unternehmen.

Die Verkündigung liegt weithin im Argen. Aus Predigern sind Vorleser geworden. Die kirchliche Lehre wird an vielen Stellen verbogen oder abgeschwächt. Die erschütternden Wahrheiten unseres Glaubens bleiben weithin ungesagt. Die kirchliche Moral des Geschlechtlichen wird den Gläubigen vorenthalten. Es kommt vor, dass junge Männer und Frauen des Entsetzens voll sind über das, was sie von Pfarrern und anderen kirchlichen Funktionären an Abwegigem bei der Ehevorbereitung zu hören bekommen.

Im Klerus herrscht weithin Entmutigung und Erschlaffung. Die Pfarrer sind davon an erster Stelle betroffen. Missionarische Seelsorge, die auf Gewinnung neuer Kirchenglieder und Rückholung verlorener Gläubiger gerichtet ist, geschieht in den wenigsten Pfarreien. Viele Pfarrer streben zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Pensionierung an.

In manchen Diözesen besteht der Eindruck, dass Pfarrer von der Diözesanleitung zum Amtsverzicht gedrängt werden, um auf diese Weise den Priestermangel zu verstärken und laikale Ersatzpersonen in die pfarrlichen Positionen einzuschleusen. Die Schwäche des Pfarrerstandes war eine Voraussetzung für die Etablierung der anderen Hierarchie auf der Ebene der Pfarrei.


Fortsetzung folgt


Übersicht: Zu den bisher erschienenen Fortsetzungen


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