Posts mit dem Label Entweltlichung werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Entweltlichung werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Donnerstag, 20. Februar 2014

"Spektakuläre Thesen" von Bischof Konrad Zdarsa (Augsburg)

Erfrischende Gedanken teilte der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa anlässlich der bevorstehenden Neuwahl des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz in einem Interview mit der "Lausitzer Rundschau" mit (s. auch Bericht bei kath.net vom 20.02.2013). Gefragt nach der Bedeutung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz sagte der Augsburger Oberhirte:
"[D]er Vorsitzende der DBK ist ja in der Tat kein Vorgesetzter. Wenn er sich in einer Angelegenheit äußert, heißt das noch lange nicht, dass alle Bischöfe so denken. Der Vorsitzende der DBK kann dem einzelnen Diözesanbischof die Verantwortung nicht abnehmen. Es darf sich auch kein Diözesanbischof hinter dem Vorsitzenden verstecken."

Er sei doch eher der "Sprecher oder Moderator" der Bischofsversammlung, manchmal auch deren "Repräsentant". Er assoziiere mit dem Begriff des Vorsitzenden "immer noch den einer Partei oder des Staatsrates der DDR", ähnlich gehe es ihm, wenn von einem "Zentralkomitee" gesprochen werde. Vielleicht liege das daran, dass er in der DDR aufgewachsen sei, so Bischof Zdarsa.

Eine ähnliche Klarstellung hatte vor einigen Wochen der Präfekt der römischen Glaubenskongregation und designierte Kardinal Gerhard Ludwig Müller zu bedenken gegeben. Erzbischof Müller sagte im Dezember 2013 der italienischen Tageszeitung "Corriere della sera", die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen seien "Koordinatoren, nicht Vize-Päpste". Wenn nun von "Vorkonklave" gesprochen werde, so Zdarsa, lasse das "auf ein anderes Selbstverständnis des amtierenden Vorsitzenden schließen". Diese Wortwahl hatte der scheidende Vorsitzende, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch gebraucht (1). Die Bischöfe und Weihbischöfe werden gemäß einer abgeänderten Ordnung des Wahlverfahrens während ihrer Frühjahrs-Vollversammlung daher erst am Mittwoch, den 11. März 2014, nach einem Tag des Gesprächs über die Anforderungen an den neuen Vorsitzenden, zur Wahl schreiten (2).

Worauf es bei dem neuen Vorsitzenden der DBK wirklich ankommt, beschrieb Zdarsa so: 
"Er sollte von allen Bischöfen als wahrer Mitbruder angesehen und geschätzt werden. Er sollte ein selbstbestimmter glaubwürdiger Geistlicher und theologischer Lehrer zugleich sein. Und er sollte ein ausgewogenes Verhältnis zum Bischof von Rom haben."

Sodann sprach sich Zdarsa dafür aus, dass der neue Vorsitzende "künftig auf jeden Fall in der Hauptstadt Deutschlands seinen Dienstsitz" nehmen solle, sprich dass das Sekretariat der Bischofskonferenz von Bonn nach Berlin umziehen soll. Er sehe das auch in Bezug auf "die Ränder", von denen auch Papst Franziskus immer wieder spreche und die in Berlin in besonderer Weise vorzufinden seien:
"Dort muss also die Kirche öffentlich wahrnehmbar präsent sein. Außerdem wären ein Umzug des Sekretariats und die damit zwangsläufig verbundene Verschlankung des Apparats ein großartiger Beitrag zur Entweltlichung der Kirche. Wenn sich Rom schon auf den Prüfstand stellt mit einer Kurienreform, warum nicht auch die DBK mit ihrem Sekretariat? Und nicht zuletzt würde mit der Verlegung von Bonn nach Berlin auch signalisiert, dass die Wiedervereinigung Deutschlands nun bei allen deutschen Bischöfen angekommen ist."

Mit Blick auf die seit längerem zu beobachtende Tendenz zu einer zentralistischen Handhabung der Bistumsmedien durch die Bischofskonferenz und andere Funktionäre, meinte Zdarsa, die räumliche Konzentration vieler verschiedener Medien in ein und demselben Haus (3) mag für traditionelle Organisatoren faszinierend sein, sei aber "im Zeitalter der Digitalisierung und elektronischen Datenvermittlung ein Anachronismus":
"Die immer stärker werdende Regionalisierung der Informationsvermittlung erfordert, auch medial räumlich breiter und dezentraler aufgestellt, dafür aber sehr gut vernetzt zu sein. Wir brauchen eine gut funktionierende Vernetzung und keine Gleichschaltung.
Zudem könnte eine solche Auffächerung dazu beitragen, noch aufmerksamer zur Kenntnis zu nehmen und zu multiplizieren, was an katholischem Glaubensleben in den verschiedensten Teilen unseres Landes passiert und welche neuen Aufbrüche landesweit zu verzeichnen sind."

Hier das ganze Interview der "Lausitzer Rundschau" auf der Internetseite des Bistums Augsburg ("Bischof Konrad: Deutsche Bischofskonferenz sollte nach Berlin umziehen"). Ob spektakulär oder innovativ, es wird sich zeigen, ob es möglicherweise bald einen Aufbruch des Sekretariats der DBK nach Berlin und eine damit verbundene Entweltlichung geben wird. Eine Chance, wäre es allemal - und eine, die man vielleicht im Interesse der katholischen Kirche in Deutschland nutzen sollte.



 (1) Eröffnungsreferat des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, zur Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 2013 am 23. September 2013 in Fulda, S. 11 unten. In diesem Zusammenhang sprach Erzbischof Zollitsch auch von benötigten "'Generalkongregationen' ganz eigener Art".

(2)  KNA-Gespräch von Ludwig Ring-Eifel und Agathe Lukassek mit Erzbischof Robert Zollitsch am 13.12.2013;(Video: Erzbischof Zollitsch über 2013: "Ein stürmisches Jahr", etwa ab 19:40 min); s. auch KNA-Meldung vom 13.12.2013)

(3) Katholisches Medienhaus GmbH: Nach den Vorstellungen der Organisatoren, sollen hier die "Marken" der katholischen Kirche in Deutschland optimiert und wirtschaftlisch stimmig vermarktet werden. Ebenso hofft man darauf, dass sich diözesane Unternehmen der GmbH anschließen, sich dort beraten und einbinden lassen. Die "Katholische Medienhaus GmbH" ist ein klassisches, weit verzweigtes Imperium von Dienstleistungsunternehmen des kirchensteuerfinanzierten privatrechtlichen Vereins "Römisch-katholische Kirche" in Deutschland.



Weitere Worte von Bischof Konrad Zdarsa:

Vgl. auch:



Foto: Bischof Dr. Konrad Zdarsa von Augsburg (2009); BOGoerlitz; wikipedia 

Samstag, 19. Oktober 2013

Écrasez l’infame! - Zermalmt die Niederträchtige! - Oder: Worauf es wirklich ankommt


Von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad  

„Écrasez l’infame! Macht sie nieder, zermalmt sie, die Niederträchtige, die Schändliche!“ - Seit einigen Jahrhunderten tönt dieser Ruf durch die Geschichte. Er geht auf den französischen Freidenker und Kirchenfeind Voltaire zurück, der ihn zum ersten Mal 1759 in einem Brief an den Preußenkönig Friedrich den Großen niederschrieb und ihn nachher oft wiederholte. 

Die Infame, die Niederträchtige und Schändliche, die da endgültig zerstört werden soll, ist keine andere als die katholische Kirche. Sie hat die Menschheit länger als ein Jahrtausend geknechtet. Sie hat die geistige Freiheit unterdrückt. Sie hat das Erwachen der Vernunft mit ihren abergläubischen Lehren verhindert. Jetzt aber soll Schluss damit sein. Jetzt hat ihr letztes Stündlein geschlagen. Jetzt ist der Tag der Abrechnung angebrochen, das Gericht über die Betrügerin gekommen! 

Seit Voltaire lebt die finstere Sehnsucht fort. Nicht alle, die es auf die Kirche abgesehen haben, drücken sich so drastisch aus wie er. Aber der Sache nach stimmen sie mit ihm überein. Und zum Beweis dafür, dass sie mit ihrem Ansinnen richtig liegen, rechnen sie die unzähligen Sünden und Unterlassungen dieser Institution auf: Inquisition, Kreuzzüge, Hexenprozesse, Galileo Galilei, Giordano Bruno, Jan Hus, Versagen im Dritten Reich, Unterdrückung der Frau, Ausgrenzung von Randgruppen bis in die Gegenwart hinein – und so weiter und so fort. Wir kennen die Litanei zur Genüge. 

Das Ziel bleibt dasselbe, wenn auch die Mittel sich wandeln. An die Stelle trockener historischer Ausführungen mögen spannend geschriebene Thriller und ihre Verfilmung treten, scharfe antikirchliche Hetzspalten mögen durch schrille Zeichentrickfilme und blasphemische Kinderbücher ersetzt werden, doch bei aller Verschiedenheit fällt es nicht schwer, den gemeinsamen Nenner zu finden: Écrasez l’infame!

Die Kirche steht vor dem Tribunal der Welt. Das Schuldbuch wird aufgeschlagen, die Anklageliste verlesen. Der Urteilsspruch rauscht uns schon aus dem Blätterwald der Medien entgegen: Sie ist des Todes würdig! Wenigstens in der Form, wie sie bisher bestand, muss sie zu Ende gehen. Eine autoritative Kirche mit dem Anspruch auf Alleinvertretung Gottes in der Welt, eine Kirche mit Dogmen und Geboten, eine Kirche mit Hierarchie, mit Unterordnung und Strafmitteln kann und darf es nicht mehr geben. Weg mit ihr! 

Und die Kirche selbst? Wie soll sie sich inmitten des Spektakels verhalten? Ihre Schuld zugeben und um Verzeihung bitten in der Hoffnung auf einen gnädigen Freispruch? Oder ihre Ansprüche etwas niedriger schrauben? Ein freundliches Gesicht machen, um zu beweisen: Ich bin doch gar nicht so schlimm wie ehedem, ihr habt euch in mir getäuscht; schaut doch nur her und seht, wie gründlich ich seit einigen Jahrzehnten damit beschäftigt bin, auch die letzten Spuren meines finsteren Mittelalters zu vertilgen...? Oder soll sich die Kirche im Gegenteil unter Aufbietung aller Argumente verteidigen?

Nichts von alledem fordern Jesus Christus und seine Apostel. Ihr Auftrag lautet: Das Evangelium in die Welt tragen, von der Wahrheit Zeugnis geben. Als Beistand ist dafür der Heilige Geist verheißen. So ausgestattet, können die Jünger die Welt überwinden, wie ihr Meister es getan hat. Und sie werden, als Menschenfischer ihre Netze auf das Wort des Herrn hin auswerfend, diese reich gefüllt in das Schiff zurückholen. Mit den Angriffen, die gleichzeitig ergehen, braucht die Kirche sich nicht hauptamtlich zu beschäftigen. Es genügt, dass einige versierte Denker und Wissenschaftler dieser Aufgabe nachkommen. Die Aufmerksamkeit der Kirchenleitung muss vielmehr darauf gerichtet sein, das Glaubensgut unverfälscht zu bewahren und es mit Kraft und Überzeugung weiterzugeben. 

Aber die schlimmen Zustände, gegen welche die Welt Anklage erhebt? Es wäre verfehlt, sie in Abrede stellen zu wollen. Trotz der Übertreibungen und Verzerrungen, mit denen sie dargeboten werden, trifft leider nicht weniges zu. Und insofern es zutrifft, trifft es den Leib Christi, verletzt ihn.

Trotzdem: Die Kirche braucht sich keineswegs in die Rolle der Angeklagten drängen und so von der Höhe ihrer Sendung abbringen zu lassen. Denn das, was man mit Recht anprangert, gehört eigentlich nicht ihr, sondern der gefallenen Welt an. Die kirchlichen Missstände stammen ja aus der Untreue und Verweltlichung ihrer Glieder, aus Macht- und Habgier, Ehr- und Genusssucht, Glaubens- und Lieblosigkeit – alles dies Früchte des Geistes dieser Welt, nicht des Heiligen Geistes. So klagt die Welt, indem sie die Kirche anklagt, letztlich und eigentlich sich selbst an. Sie macht den Gotteskindern zum Vorwurf, sich zu sehr den Maßstäben der Welt angepasst zu haben. 

Man versteht die von Papst Benedikt XVI. geforderte „Entweltlichung“ der Kirche. Sie wäre der Weg zum Sieg: zunächst über den inneren Feind, die eingedrungene Welt, die das Heiligtum entweihen, es seinem reinen und heiligen Urbild entfremden will; und dann auch über die äußeren Feinde. Könnte das „Écrasez l’infame!“ so nicht zum Kampfruf gegen die infame Welt in uns und im Inneren der Kirche werden?



Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)

- Hervorhebung durch Fettdruck von FW
- Foto: Marienstatue in der Anbetungskapelle des Limburger Doms (eigenes Foto) 



Worum es wirklich geht:
Rebellion im Bistum Limburg


+      +      +

Samstag, 5. Oktober 2013

Entweltlichung und Weltoffenheit (II)

Von P. Bernward Deneke  FSSP, Wigratzbad

(Fortsetzung von hier)

Um den Zusammenhang von Entweltlichung und Weltoffenheit, den Papst Benedikt in seiner Freiburger Ansprache herstellt, begreifen zu können, mögen wir uns an bestimmte Gestalten des christlichen Mönchtums erinnern. Beispielsweise an das Starzentum der Ostkirche. Unter einem Starez versteht man einen Mann, der durch das klösterliche und einsiedlerische Leben gegangen ist und es im Zusammenwirken mit der Gnade bis zu einem hohen Maß an Gottverbundenheit und Weisheit gebracht hat. Nach langer Zeit der Zurückgezogenheit haben solche Starzen oft ihre bislang streng verschlossenen Klausen für die Menschen geöffnet, die dann auch, nahezu magisch angezogen, mit ihren vielfältigen Anliegen und Nöten zu ihnen kamen – gläubige und fromme Christen ebenso wie Laue und Fernstehende. Manche Starzen wurden, ohne das freilich zu erstreben, zu berühmten Beratern mit erheblichem Einfluss in der Welt. 

Weshalb? Wegen der besonderen Nähe ihres Lebens zur „Lebenswirklichkeit“ ihrer Zeitgenossen? Nein, vielmehr aus dem gegenteiligen Grund: Weil diese Männer in ihrer kompromisslosen Abwendung von der weltlichen Welt und ihrer Hinwendung zur höheren Welt von selbstsüchtigen Interessen derart frei geworden waren, dass sich die Menschen bei ihnen ganz sicher aufgehoben wussten. Hier fühlten sie sich nicht anders betrachtet als mit dem untrüglichen, doch unendlich wohlwollenden Blick des Herrn, hier fanden sie sich umfangen von einem reinen Vaterherzen nach dem Herzen Gottes. 

So bringt also gerade die Entweltlichung des Starez, seine Loslösung von allen menschlich-allzu-menschlichen Vorstellungen und Beweggründen, in ihm eine besondere Weltoffenheit hervor und macht den geheimnisvollen Austausch möglich, bei dem er die Sorgen und Leiden der Menschen gleichsam übernimmt und ihnen dafür den wahren Frieden schenkt. Von einem solchen commercium sprach denn auch Benedikt XVI. in seiner „Entweltlichungsrede“: einem „Tausch zwischen Gott und den Menschen (...), in dem beide – wenn auch auf ganz verschiedene Weise – Gebende und Nehmende, Schenkende und Empfangende sind.“ Die Kirche sei in diesen Vorgang als Werkzeug einbezogen, da sie den „heiligen Tausch, der mit der Menschwerdung begonnen hat“, weiterführen und gegenwärtig halten solle, indem sie die Sorgen der Menschen, ja der ganzen erlösungsbedürftigen Welt teile und sie sich erlösend zu eigen mache. 

Offensichtlich denkt sich Papst Benedikt die heilige Kirche eher gleich einem Starez als einem Coach, der mit allen Wassern der Weltlichkeit gewaschen ist, deshalb aber auch nicht mehr denn Diesseitiges zu geben vermag. Ähnlich dem Mönch würde die Kirche ihre göttliche Sendung verfehlen, wenn sie „sich in dieser Welt einrichtet, selbstgenügsam wird und sich den Maßstäben der Welt angleicht“, wenn sie „Organisation und Institutionalisierung größeres Gewicht als ihrer Berufung zur Offenheit“ gibt. Daher die nötige „Anstrengung (...), sich von der Weltlichkeit der Welt zu lösen“, treu dem Wort Jesu: „Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin“ (Joh 17,16). Nicht zuletzt die Geschichte zeigte für Benedikt XVI. die Richtigkeit der Einsicht: „Das missionarische Zeugnis der entweltlichten Kirche tritt klarer zutage“; sie „kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden, wirklich weltoffen sein. Sie kann ihre Berufung zum Dienst der Anbetung Gottes und zum Dienst des Nächsten wieder unbefangener leben.“ 

Solche Haltung wollte der Papst keineswegs als „eine neue Taktik“ verstanden wissen, „um der Kirche wieder Geltung zu verschaffen“, entsprechend der zutreffenden Einsicht, dass die Welt einer Kirche, die ihr nicht mehr den Rücken zukehrt, alsbald ihren eigenen Rücken zukehren wird... Eine entweltlichte Kirche, die in ungebrochener Treue an der Wahrheit und der anspruchsvollen Moral der göttlichen Offenbarung festhält, wird ja für die Anhänger des Zeitgeistes zwangsläufig ein weitaus größeres Ärgernis sein als die verweltlichte Kirche; ein Ärgernis, ähnlich dem des Kreuzes, das gerade in seiner völligen Überwindung der Welt die größte Öffnung der Liebe Gottes zu ihr hin bedeutet. 

Jeder gläubige Christ wird zustimmen: Lieber das Skandalon der Entweltlichung als die Skandale der Verweltlichung, namentlich die Verdrehung der Glaubens- und Sittenlehre, der Abfall von Priestern und Ordensleuten, die Spektakel und Greuel an Heiliger Stätte, der Kindsmissbrauch durch Geistliche und die kirchlich vertriebene Pornographie! Lieber eine Starez-Kirche, die durch ihre Hinwendung zu Gott allen Suchenden offensteht, um ihnen in Lauterkeit und Heiligkeit die ewigen Wege zu weisen, als eine verdiesseitigte Kirche, die ihre Identität den aktuellen Strömungen opfert und mit ihrer aufgedonnerten Organisationstätigkeit doch nur geistliche Konkursverwaltung betreibt! 



Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS) 


Papst Franziskus zur "Entweltlichung" der Kirche:

„Sie (Anm. die Kirche) muss sich heute einer sehr ernsten Gefahr entkleiden, die jede Person in der Kirche bedroht, alle: die Gefahr der Weltlichkeit. Der Christ kann nicht mit dem Geist der Welt zusammenleben. Mit einer Weltlichkeit, die uns zur Eitelkeit führt, zur Anmaßung, zum Hochmut. Und das ist ein Götze, das ist nicht Gott. Es ist ein Götze. Und die Götzendienerei ist die stärkste Sünde. (...)
 
Es wäre wirklich lächerlich, wenn ein Christ, ein wahrer Christ, wenn ein Priester, eine Ordensfrau, wenn ein Bischof, ein Kardinal, wenn der Papst auf diesem Weg der Weltlichkeit gehen wollten, was ein mörderisches Unterfangen wäre. Die geistliche Weltlichkeit tötet. Sie tötet die Seele! Sie tötet die Personen! Sie tötet die Kirche!“


Papst Franziskus am 04.10.2013 in Assisi im "Raum der Entkleidung des hl. Franziskus von Assisi" (Quelle: "Die Tagespost" am 05.10.2013)



+      +      +

Entweltlichung und Weltoffenheit (I)


Von P. Bernward Deneke  FSSP, Wigratzbad

Benedikt XVI., der feinsinnige, differenzierende Theologenpapst, war gewiss kein Mann eingängiger Parolen. Dennoch fand er immer wieder Formulierungen, markant und prägnant genug, um die Überschrift für öffentliche Diskussionen zu liefern. So bei seinem Deutschlandbesuch, als er am 25. September 2011 in Freiburg eine „Entweltlichung“ der Kirche ins Gespräch brachte. Kein anderer Ausdruck seiner vielen Reden dieser Reise ist in ähnlicher Weise hängen geblieben. 

Wer einer Aussage gerecht werden will, muss freilich den Kontext beachten. Der Papst ging von den Krisensymptomen im kirchlichen Leben aus, durch die die Frage aufgeworfen werde: „Muss die Kirche sich nicht ändern? Muss sie sich nicht in ihren Ämtern und Strukturen der Gegenwart anpassen, um die suchenden und zweifelnden Menschen von heute zu erreichen?“ Nach der Feststellung, zuallererst sei eine persönliche Reform jedes einzelnen Christen nötig, sprach Papst Benedikt vom Sendungsauftrag der Kirche und den Hindernissen, die sich ihm in den Weg stellen. Er erwähnte die „Ansprüche und Sachzwänge der Welt“, durch die „das Zeugnis verdunkelt“, „die Beziehungen entfremdet“ und „die Botschaft relativiert“ werde. Daher die Forderung an die Kirche: „Um ihre Sendung zu verwirklichen, wird sie immer wieder auf Distanz zu ihrer Umgebung gehen. Sie hat sich gewissermaßen zu ent-weltlichen“. 

Damit war das Stichwort gefallen. Ein Stichwort, das viel Zustimmung fand, aber auch Kritik von unerwarteter Seite auf den Plan rief. Denn ausgerechnet kirchliche Kreise, denen die Entwicklung der Christenheit seit Kaiser Konstantin als Irrweg gilt und die vom „finsteren Mittelalter“ bis in die jüngste Vergangenheit eine vermeintliche Hörigkeit des Episkopates und Klerus gegenüber den Mächtigen dieser Welt beklagen; Kreise, die die Verfilzung von Religion und Politik anprangern und den Katholiken während des Nationalsozialismus ihr angeblich schweres Versagen vorwerfen – ausgerechnet solche Kreise wollen jetzt von einer Entweltlichung der Kirche nichts wissen! 

Nicht nur, dass sie darin einen Rückschritt hinter das Zweite Vatikanum, ja einen Verrat an dessen wichtigsten Errungenschaften, an der schwer erkämpften Weltoffenheit und der positiven Wertung der modernen Kultur, wittern. Sie sind sich auch sicher, dass eine entweltlichte Kirche den Kontakt mit der Lebenswirklichkeit der heutigen Menschen verlieren und sich fast zwangsläufig zu einem sonderbaren, realitätsfernen, klerikalistischen, fundamentalistischen, schlimmstenfalls sogar sektiererischen Verein entwickeln werde. (Von den sehr konkreten Interessen jener Kreise, die bei Entweltlichung vor allem finanzielle Einbussen durch Wegfall der Kirchensteuern fürchten und als Folge den Einbruch ihres reichlich aufgedunsenen, schwerfälligen Pastoral- und Gremien-Apparates, sei hier einmal abgesehen...) 

Nun die Frage: Wollte Benedikt XVI. uns tatsächlich in ein Abseits führen? In die heiligen Haine frommer Selbstgenügsamkeit, in eine entweltlichte Scheinwelt abgehobener Lehren und Riten? Oder in ein Ghetto, in dem die bewusst dummgehaltene Herde der Willkür ihrer selbstherrlichen Hirten ausgeliefert ist? Nichts weniger als das. Der Papst erstrebte mit der Entweltlichung das genaue Gegenteil von Abkapselung und Verschlossenheit und führt zur Begründung seines Standpunktes theologische Gedanken ins Feld, von denen in der Fortsetzung dieses Artikels die Rede sein soll.

Zunächst aber geht es bei alledem um die Freiheit des kirchlichen Zeugnisses, das durch die Verflechtung mit der Welt, die Abhängigkeit von ihren Herren und deren Gunst deutlich beeinträchtigt wird. Man fühlt sich an ein altes Volkslied aus Siebenbürgen (Anfang 16. Jahrhundert) erinnert. Der Transfer von dem darin beschriebenen Gespräch zwischen einem freien Singvogel und einem reichen Mann, der das Tier mit Kostbarkeiten an sich binden will, auf das Verhältnis von Kirche und Welt fällt nicht schwer:
„Es saß ein klein wild Vögelein auf einem grünen Ästchen./ Es sang die ganze Winternacht, sein Stimm’ tät laut erklingen. – „O sing mir noch, o sing mir noch, du kleines, wildes Vöglein!/ Ich will um deine Federlein dir Gold und Seide winden.“ – „Behalt dein Gold und deine Seid', ich will dir nimmer singen./ Ich bin ein klein wild Vögelein, und niemand kann mich zwingen.“ – „Geh du herauf aus diesem Tal, der Reif wird dich auch drücken!“/ „Drückt mich der Reif, der Reif so kalt, Frau Sonn’ wird mich erquicken.“ 

Offensichtlich war Papst Benedikt XVI. mit dem Vögelein des Liedes der Überzeugung, der Gesang in der Freiheit Gottes, möglichst unbeschwert durch weltlichen Ballast und getragen vom Vertrauen auf die liebende Sorge Gottes in allen Widrigkeiten, sei dem Zwitschern im goldenen Käfig vorzuziehen. Geschichte wie Gegenwart der Kirche erweisen die Richtigkeit dieser Überzeugung.

Fortsetzung: Teil 2


Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers

- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)

Donnerstag, 21. März 2013

Entweltlichung jetzt! Franziskus meint es ernst...

"Seine erste Rede ist eine Zuspitzung der "Entweltlichungsrede", die Benedikt in Freiburg gehalten hat, damals vor verschlossenen deutschen Ohren. Er verkündet die "arme Kirche". Und da er ihr so ostentativ in der Armut vorangeht, wird wohl auch der deutsche Episkopat mit all seinen kirchensteuerfinanzierten bürokratischen Zentral-komitees und üppig subventionierten Reform-Stuhlkreisen einen Wintereinbruch erleben. Denn der Mann meint es ernst."

aus: "Ein Zwischenruf von Matthias Matussek" am 17.03.2013 auf Spiegel-Online


Weltbild-Skandal
usw.

Dienstag, 19. Juni 2012

Kirche, werde, was du bist...

"Es wird der Kirche auf die Dauer nicht erspart bleiben, Stück um Stück von dem Schein ihrer Deckung mit der Welt abbauen zu müssen und wieder das zu werden, was sie ist: Gemeinschaft der Glaubenden.

Tatsächlich wird ihre missionarische Kraft durch solche äußere Verluste nur wachsen können: Nur wenn sie aufhört, eine billige Selbstverständ-lichkeit zu sein, nur wenn sie anfängt, sich selber wieder als das darzustellen, was sie ist, wird sie das Ohr der neuen Heiden mit ihrer Botschaft wieder zu erreichen vermögen, die sich bisher noch in der Illusion gefallen können, als wären sie gar keine Heiden."


„Die neuen Heiden und die Kirche“, Vortrag von Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI., zuerst erschienen in der Zeitschrift „Hochland“ (Oktober/1958); HIER bei kath.net im Wortlaut


Der Glaube der Gemeinschaft der Glaubenden aber ist dies:

Das Credo der Gottesvolkes (Papst Paul VI.; 1968)

Daraus ein kurzes Zitat:

"Wir glauben alles, was im geschriebenen oder überlieferten Gotteswort enthalten ist und was die Kirche als von Gott geoffenbarte Wahrheit zu glauben vorlegt: entweder durch eine feierliche Glaubensentscheidung oder durch das ordentliche und allgemeine Lehramt (1).

Wir glauben an die Unfehlbarkeit, die dem Nachfolger des heiligen Petrus zukommt, wenn er ex cathedra als Hirte und Lehrer aller Gläubigen (2) spricht.

Diese (Unfehlbarkeit) ist auch dem Kollegium der Bischöfe verheißen, wenn sie – gemeinsam mit dem Papst – das höchste Lehramt ausüben. (3)

Wir glauben, daß die von Christus gegründete Kirche, für die Er gebetet hat, unfehlbar eine ist: im Glauben, im Kult und in der hierarchischen Gemeinsamkeit."  


(1) Vgl. Denzinger 3011.
(2)
Vgl. ebd. 3074.  
(3) Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 25.  
Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...