Samstag, 26. Oktober 2013

Die niederen Weihen - Einüben des Dienens nach dem Vorbild Jesu

Seit der Reform der Bestimmungen zu den Weihestufen im Jahre 1973 durch das Motu proprio Ministeria quaedam von Papst Paul VI. gibt es sie nicht mehr: die Tonsur, die niederen Weihen und den Subdiakonat. Lediglich der Akolyth und der Lektor blieben als "Dienste" erhalten, die nun nicht mehr nur den Kandidaten für das Weihesakrament vorbehalten sind, sondern auch von Laien nach einer Beauftragung durch den Bischof erfüllt werden können.

Die Priester- und Ordensgemeinschaften, die die alten Traditionen fortführen und deshalb an den liturgischen Büchern von vor 1973 verpflichtet sind, sie bilden auch ihre Priesterkandidaten nach diesen alten Traditionen aus. Hier gibt es sie nach wie vor: die Tonsur als Eintritt in den Klerikerstand, die niederen Weihen und den Subdiakonat als erste Stufe der "Höheren Weihen", dem dann der Diakonat und die Priesterweihe folgen. Die niederen Weihen sind ein stufenweises Aufsteigen und Hineinwachsen in den Dienst des Priesters.

Predigt von Weihbischof Athanasius Schneider (Bistum Astana, Kasachstan) bei der Feier der Niederen Weihen und der Subdiakonatsweihen in Wigratzbad am 9. Februar 2013:

Gelobt sei Jesus Christus! 

Liebe Weihekandidaten, liebe Brüder und Schwestern im Herrn! In dieser heiligen Feier werden die Weihen des Ostiariers (Türhüter), des Lektors (Vorleser), des Exorzisten, des Akolythen (Lichtträger) und des Subdiakons erteilt. Diese Weihen werden schon von den ältesten Zeiten in der Kirche erteilt, vom 2. - 3. Jahrhundert an. Es sind gleichsam fünf heilige Stufen vor dem eigentlichen Sakrament der Weihen des Diakons und dann des Priesters. Die ganze Bedeutung dieser niederen Weihen und des Subdiakonates liegt darin, auf das Priestertum Jesu hinzuweisen.

Weil sie niedere Weihen, untergeordnete Dienste sind, weisen sie erst recht auf das Weihepriestertum hin. Denn Jesus, der eigentliche Priester, ist gekommen, um zu dienen. Er hat sich dafür gering und niedrig gemacht. Um diese Wahrheit uns und allen Priestern so tief wie möglich ins Bewusstsein einzuprägen, hatte sich Jesus beim Letzten Abendmahl, als Er das Priestertum des Neuen Bundes stiftete, sich selbst vor den Aposteln hingekniet und ihnen die Füsse gewaschen (vgl. Joh. 13, 5). Die verborgene, kostbare geistliche Perle des Priesterseins ist das Dienen, das Gering- und Niedrigsein. So sollte ein Priester sein, um eben Jesus, den Diener aller darzustellen, um immer weniger sich selbst und immer mehr Jesus darzustellen im priesterlichen Wirken, und an erster Stelle in der Feier des heiligen Messopfers.

Eindrucksvoll und reichhaltig stellen die einzelnen Stufen der Niederen Weihen und der Subdiakonat diese Wahrheit des Priestertums Jesu dar! Jesus gibt durch die Priesterweihe den Menschen Seine göttliche Macht, die eucharistische Wandlung zu vollziehen und Sünden nachzulassen. Mit welchen Vollmachten wird hier ein armer, schwacher, sündiger Mensch ausgestattet! Mit welch göttlicher Pädagogik hat der Heilige Geist in der Kirche die Übertragung dieser Vollmachten vorbereitet! Diese Vorbereitung geschieht allmählich, von Stufe zu Stufe, sechs Stufen bis zum Priestertum. Der künftige Priester soll lernen wirklich zu dienen, kein Dienst soll ihm zu gering sein. Die Ausführung der kleinen und niederen Dienste während der Liturgie soll eine Ehre, ein Privileg sein, sie gehören auch zum Weihepriestertum, wenn auch nicht in notwendiger, so doch in höchst angemessener Weise.

Und so schauen wir die einzelnen Stufen an:

Der Ostiarier soll die Türen der Kirche hüten. Er soll die treue Sorge um das Haus Gottes bei Tag und Nacht haben. Die katholische Kirche ist hier auf dieser Welt wahrlich das Haus Gottes und die Pforte des Himmels. Es ist dem Priester wesentlich, die Zierde des Hauses Gottes zu lieben (vgl. Ps. 25), in dem zu sein, was seinem himmlischen Vater gehört, wie es der zwölfjährige Jesus tat (vgl. Lk. 2, 49). Den Eifer für die Würde des Gotteshauses haben, wie es Jesus hatte, als er die Händler aus dem Tempel hinaustrieb (vgl. Joh. 2, 17). Jesus war ein wahrer Ostiarier und ist das höchste Vorbild für sie.

Der Lektor soll das Wort Gottes, mit Ausnahme des Evangeliums, in der Liturgie vorlesen. Das Wort Gottes ist ja so heilig, dass nicht jedermann für seinen feierlichen Vortrag geeignet ist. Der Vorleser muss nicht nur im Vortragen geschult sein, sondern noch vielmehr ein geistlicher Mensch sein. Ist er das nicht, wird der Vortrag der Höhe des Wortes Gottes nicht würdig sein. Jesus selbst hatte in der Synagoge den Dienst des Vorlesers ausgeübt (vgl. Lk. 4, 16). Das Vortragen des Wortes Gottes ist etwas Heiliges, ist zutiefst auch priesterlicher Dienst, weil Jesus selber das höchste Vorbild des Lektors ist.

Der Exorzist weist darauf hin, dass es zu den eigentlichen Aufgaben des Priesters gehört, die bösen Geister auszutreiben und zwar mit der Gewalt Jesu selbst, denn Jesus ist gekommen, um die Werke des Teufels zu zerstören (vgl. 1 Joh. 3, 8). Ferner weist die Exorzistenweihe darauf hin, dass das Leben des wahren Christen, und erst recht des Priesters, ein geistlicher Kampf ist, aber nicht gegen die Menschen, sondern gegen die Sünde und die Einflüsse des Teufels. Christsein, Priestersein heißt, den guten Kampf des Glaubens kämpfen (vgl. 1 Tim. 6, 12) gegen das Ich und die dreifache Begierden des Fleisches, der Augen und des Stolzes (vgl. 1 Joh. 2, 16). Jesus ist das höchste Vorbild des Exorzisten.

Der Akolyth trägt in der Liturgie das Licht und weist daraufhin, das Christus das wahre Licht der Welt ist (vgl. Joh. 8, 12) und ferner, dass das christliche und priesterliche Leben ein Leben im geistigen Licht sein soll und die Finsternis des Unglaubens und der Sünde in die eigene Seele nicht hereinlassen soll. "Wandelt als Kinder des Lichtes" (Eph. 5, 8) - das gilt in erster Linie vom Priester. Er erreicht mehr durch die geistliche Ausstrahlung seines Lebens als durch seine Worte. Ferner verrichtet der Akolyth den bescheidenen Altardienst wie ihn die Messdiener auch tun. Und somit kommt der Akolyth immer näher dem eigentlichen Priesterdienst der Darbringung des Opfers Jesu. Jesus ist das höchste Vorbild des Akolythen, weil er das Licht ist, weil er selbst den bescheidensten Dienst tat, weil er das einzige wahre Opfer ist.

Der Subdiakon ist ein unmittelbarer und untergeordneter Helfer des Diakons und des Priesters. Er darf schon direkt am Altar stehen, Patene und Kelch berühren und darf den Manipel tragen, ein liturgisches Gewandstück, das dem Bischof, dem Priester und dem Diakon gemeinsam ist. Der Subdiakon zeigt darauf hin, dass das Priestertum unwiderruflich ist, dass es kein Beruf ist, sondern eine Seinsweise des Lebens, ja eine ewige Seinsweise. Deswegen hatten früher die Subdiakone die lebenslängliche Ganzhingabe an Gott im Zölibat versprochen. Der Subdiakonat versinnbildet schon das ganze Ja zum Ruf Christi. Jesus selbst ist das höchste Vorbild des Subdiakons, weil Jesus sich in allem dem Willen des Vaters untergeordnet hat. Er, der Sohn Gottes, war sogar Maria und Josef untertan. Jesus ist Gottes Ja zu uns, das höchste Vorbild für das "Adsum" der Geweihten. 

Liebe Weihekandidaten, durch die heutigen Weihen befindet ihr euch nun gleichsam auf heiligen Stufen inmitten der Kirche. Es sind Stufen, die zum Heiligtum des Priestertums Jesu führen, die von der Erde zu Gott führen. Möge euch die Engelsleiter, wie sie uns Gott in der Heiligen Schrift zeigte (vgl. Gen. 28, 12; Joh. 1, 51), in euren Diensten vor Augen sein. Durch euer Leben und durch euren Dienst seid ihr gleichsam solche Engel auf den einzelnen Weihestufen, die die Anliegen der Menschen zu Gott hinauftragen und dessen Gnaden zu den Menschen herabbringen. Brüder und geliebte Weihekandidaten, vergesst nicht: Wie süss ist es doch, dem Herrn zu dienen! Amen.


Weitere Predigt von Weihbischof Athanasius Schneider:


s. auch:
Die Weihestufen
Von P. Sven Leo Conrad FSSP



Fotos: Fenster in der Kirche St. Johann Baptist in München-Haidhausen; Details (eigene Fotos)

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