Samstag, 11. Januar 2014

Ein „nicht jugendfreies Sakrament“?

Zur Frage des Firmalters 

Von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

Ein Pfarrer erzählte mir, wie es ihm gelang, einem jungen Erwachsenen die längst vergessene Firmung ins Gedächtnis zurückzurufen. Er stellte ihm die Frage: „Können Sie sich nicht erinnern, einmal in der Kirche einem Mann begegnet zu sein, der so ähnlich aussah wie Sankt Nikolaus und Ihnen die Hand auf den Kopf gelegt hat?“ Im Geist des Befragten dämmerte es. Ja, da war tatsächlich so etwas gewesen! Die entsprechende Situation erstand, wenn auch reichlich verblasst, vor seinem inneren Auge. Eine spätere Überprüfung brachte die Bestätigung: Die Firmung hatte vor etwa fünfzehn Jahren stattgefunden. 

Man wird solche Vergesslichkeit nicht als ideales Ergebnis der Katechese rühmen können. Die Firmung sollte doch gründlich vorbereitet und festlich vollzogen werden, damit sie dem Gedächtnis zeitlebens tief eingeschrieben bleibt. So tief wie der Seele das unauslöschliche Prägemal! Das ist aber bei vielen Katholiken nicht der Fall. 

Deshalb wurde in jüngster Zeit eine Praxis ersonnen und mancherorts eingeführt, die einen bewussteren Empfang der Firmung fördern will. Unter den Neuerungen brachte besonders ein Punkt lebhafte, teilweise heftige Auseinandersetzungen mit sich: die Festlegung des Firmalters auf 18 Jahre in einigen Diözesen. Unvermeidlich, dass unter den Gegnern alsbald ironische Redensarten wie die vom „nicht jugendfreien Sakrament“ aufkamen. Die Befürworter hingegen wiesen auf Beispiele wie das eingangs erwähnte hin: Wenn die Firmung keine markanteren Spuren als eine diffuse Erinnerung an den nikolausähnlichen Mann hinterlasse, dann sei die Anhebung des Firmalters dringend geboten, zumal dem Christen in unserer Zeit mehr denn je das selbständige Zeugnis abverlangt werde. 

Es fällt nicht schwer, derartige Gedanken nachzuvollziehen. Manches scheint ernsthaft für eine spätere Firmung zu sprechen. Und dennoch widerspricht sie sowohl dem Recht als auch dem Sakramentsverständnis und der pastoralen Weisheit der Kirche. 

Das kirchliche Gesetzbuch nennt als Voraussetzungen, um gefirmt werden zu können, den „Vernunftgebrauch“ und verlangt, dass der Kandidat „gehörig unterrichtet und recht disponiert ist und die Taufversprechen zu erneuern vermag“ (can. 889 § 2) – ein Anforderungsprofil, das zunächst eher ein höheres Alter nahezulegen scheint. Ist das Glaubensverständnis eines jungen Erwachsenen nicht gereifter als das eines Kindes an der Schwelle zum Jugendalter? Kann man die brav aufgesagte Taufgelübdeerneuerung eines Zwölfjährigen überhaupt ernstnehmen? 

Doch das Kirchenrecht wird deutlicher. „Die Gläubigen sind verpflichtet, dieses Sakrament rechtzeitig zu empfangen“, schärft can. 890 ein, und um gar keine Zweifel darüber, was mit „rechtzeitig“ gemeint sei, aufkommen zu lassen, heißt es im darauffolgenden can. 891: „Das Sakrament der Firmung ist den Gläubigen um das Unterscheidungsalter zu spenden, wenn nicht die Bischofskonferenz ein anderes Alter festgesetzt hat oder Todesgefahr besteht oder nach dem Urteil des Spenders ein schwerwiegender Grund etwas anderes anrät.“ Das „Unterscheidungsalter“ (das insbesondere zur Unterscheidung der Eucharistie von gewöhnlichem Brot befähigt) beginnt nach kirchlichem Sprachgebrauch nicht mit 18, sondern eher mit sieben Jahren. Hierzulande haben sich die Bischöfe für ein Firmalter um zwölf Jahre ausgesprochen. Eine bedeutend spätere Spendung zur Vorschrift zu machen, ist also gegen das Kirchenrecht. 

Auch das katholische Sakramentsverständnis hat etwas dagegen einzuwenden. Zunächst müssen wir uns darüber klar sein, dass diese Mündigkeits-Problematik bis ins Zeitalter der Aufklärung hinein weitgehend unbekannt war. Die Ostkirchen halten ohnehin an der ursprünglichen Praxis der christlichen Initiation (Einweihung) fest und spenden die grundlegenden Sakramente Taufe, Firmung und Kommunion auch beim Säugling in direkter Abfolge. Er wird sich später an die Firmung nicht einmal als an eine Begegnung mit einem nikolausähnlichen Mann erinnern können... 

Die westliche Christenheit hat das Sakrament auf ein späteres Datum verschoben und schließlich hinter die Erstkommunion gerückt, um seine Beziehung zu dem entsprechenden Lebensabschnitt zu betonen: Wie die Taufe als übernatürliche Wiedergeburt der natürlichen Geburt folgt, so die Firmung als Begabung und Stärkung mit dem Heiligen Geist dem Erwachen der Vernunft.

Weil in diesem Alter auch die Auseinandersetzungen mit dem glaubensfeindlichen Geist beginnen, hebt die Kirche mit Recht die Pflicht zur rechtzeitigen Firmung hervor. Der junge Mensch braucht den Heiligen Geist heute eher früher als später! Und er braucht dazu eine verbindliche, eingehende, geisterfüllte Katechese. Darin bestünde eine wahrhaft zeitnahe Sakramentenpastoral. 




Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS) 


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Bild: Himmel der Kanzel in der Klosterbasilika von Ottobeuren; privat

2 Kommentare:

  1. Für mich gerade ein hochaktuelles Thema, weil auch in unserer Seelsorgeeinheit das Firmalter erhöht wurde. Danke für´s Veröffentlichen dieses Artikels, überhaupt sind Deine Beiträge und Dein Blog immer wieder eine echte Bereicherung für mich!

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