Samstag, 14. Dezember 2013

Fragwürdige Berufungspastoral

Von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

Kopfschüttelnd lege ich die Hochglanzbroschüre einer diözesanen Stelle für kirchliche Berufe aus der Hand, die ich am Schriftenstand eines Gotteshauses gefunden und mitgenommen habe. Zu meinem eigenen Glück ist es nicht die erste Berührung mit derartigem Informationsmaterial, denn sonst wäre die Enttäuschung weitaus herber ausgefallen. 

Inzwischen aber hat man sich ja schon beinahe daran gewöhnt, dass die Verantwortlichen der Berufungspastoral trotz des immer bedrohlicher werdenden Priestermangels kaum werbende Worte über den heiligen Dienst derer finden, die Paulus „Verwalter und Ausspender der Geheimnisse Gottes“ nennt (1 Kor 4,1). Stattdessen wird das Priestertum ohne nennenswerte Hervorhebung unter andere kirchliche Berufe (Ständiger Diakon, Pastoralassistent/in, Gemeindereferent/in, Katechet/in…) eingereiht. 

Auf dem Hintergrund solcher Gleichmacherei verwundert es nicht, dass die Bilder der Broschüre Priester in Zivil zeigen, die sich demnach auch äußerlich nicht von einem Gemeindereferenten oder einem Religionslehrer unterscheiden – so als existierte die kirchliche Vorschrift über das Tragen geistlicher Kleidung nicht! (Can. 284 des Kirchenrechtes schwächt allerdings das Gesetz leicht ab durch den Zusatz: „gemäß den von der Bischofskonferenz erlassenen Normen und den rechtmäßigen örtlichen Gewohnheiten“.) 

Ganz augenscheinlich rückt man aus grundsätzlichen Erwägungen vom herkömmlichen Bild des römisch-katholischen Priesters ab: „Schaut doch her und seht, wie normal wir inzwischen geworden sind!“ Dabei überlässt man das „klassische Outfit“ des Priesters gerne Filmemachern, die erfolgreich das Klischee des guten alten Pfarrers oder des moralisch labilen Schönlings in Soutane bedienen.

Schwerwiegender freilich ist, dass die amtlichen Heftchen über kirchliche Berufe sich in den meisten Fällen über das Wesentliche des Priestertums nur undeutlich äußern oder gänzlich ausschweigen. In besagter Broschüre einer großen deutschen Diözese ist nicht einmal ein leiser Hinweis auf die vorzüglichste Aufgabe des Priesters zu finden. Da liest man: „Durch die Weihe wirst du für die Menschen in besonderer Weise zu einem Zeugen, dass Jesus Christus mitten unter ihnen lebt. Wie ein Brückenbauer übersetzt du das Evangelium in den Lebensalltag der Menschen. So bist du ihnen Hilfe, die Spur Gottes in ihrem Leben zu finden.“ Das alles ist keineswegs falsch. Aber bringt es denn den Kern des katholischen Priestertums zur Sprache? Mutter Teresa war auch ohne das Weihesakrament eine leuchtende Zeugin für die Gegenwart des Herrn unter den Menschen, und die Übersetzung des Evangeliums in den Lebensalltag gelingt vielen Laien mindestens ebenso gut wie so manchem Diener des Heiligtums (wenn nicht sogar besser). Das unterscheidend Priesterliche muss also anderswo liegen. 

Auch folgende Aufgabenbeschreibung stößt nicht ins Zentrum der Sache vor: „Du leitest und begleitest die Gemeinden in einer Seelsorgeeinheit. Wie Jesus lebst du mit den Menschen, teilst ihre Sorgen, ihre Freuden. Du bist ein Zeuge für den auferstandenen Herrn.“ Weder für die leitende und begleitende Gemeindearbeit noch für das anteilnehmende Leben mit den Menschen bedarf es unbedingt des Weihesakramentes, wie das Beispiel der Diaspora und Tendenzen in der gegenwärtigen Pastoral zur Genüge zeigen. Warum, so fragt man sich, redet eine Diözesanstelle für kirchliche Berufe so nebulös, anstatt katholischen Klartext zu bieten? 

Es wäre z.B. naheliegend gewesen, das letzte Konzil (auf das man sich doch sonst so gerne beruft) anzuführen. Es sagt über die Priester: „Am meisten üben sie ihr heiliges Amt in der eucharistischen Feier aus, wobei sie in der Person Christi handeln und Sein Mysterium verkünden, die Gebete der Gläubigen mit dem Opfer ihres Hauptes vereinigen und das einzige Opfer des Neuen Bundes, das Opfer Christi nämlich, der sich ein für allemal dem Vater als unbefleckte Gabe dargebracht hat, im Messopfer bis zur Wiederkunft des Herrn vergegenwärtigen und zuwenden.“ (LG 28) Zugegeben, diese Konzilsstelle ist nicht gerade einfach. Vor allem aber steht sie dem entgegen, was bestimmte Kreise andauernd als den „Geist des Konzils“ beschwören… 

Nein, von einer solchen „Berufungspastoral“ geht keine gewinnende und begeisternde Kraft aus. Obwohl sie Massen von Geld verschlingt, wird sie den Priestermangel mittels Desinformation eher noch fördern als überwinden. Wir aber hoffen, dass die Gebete und Opfer derer, die den Himmel weiterhin um gute, heiligmäßige Priester bestürmen, sich schlussendlich doch als die größere Macht erweisen werden. 



Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)



Siehe vom gleichen Verfasser:


Geweiht für den Dienst am Volke Gottes

Zum "Jahr des Priesters" 2009/2010  hat die Kongregation für den Klerus ein dreiteiliges Video herausgegeben, indem anhand des Vorbilds des hl. Pfarrer von Ars über das Wesen des Priesters und seinen Dienst am Volk Gottes berichtet wird:

Teil 1


Teil 2


Teil 3

4 Kommentare:

  1. Danke für diesen Text und so die viele gute Texte von Pater Deneke. Danke fürs Veröffentlichen. Ja, es ist so traurig ... - Dennoch und trotzdem wünsche ich einen gesegneten Adventsonntag Gaudete!

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  2. Immerhin scheint es gem. des Artikels in der Broschüre noch um Priester zu gehen. Der Schwerpunkt der Berufungspastoral auf geistliche Berufe wurde teilweise schon aufgegeben. Dann beschäftigt sich die Berufungspastoral mit allen Menschen, weil jeder Mensch zur irgendwas berufen ist:
    sei es bezüglich der Lebensform (ehelos oder verheiratet);
    sei es bezüglich der Tätigkeit.

    Der Begriff „Berufung“ geht weg von der besonderen Berufung zum Priestertum, hin zu einem allgmeinen „Irgendwas“.

    → http://www.youtube.com/watch?v=auLUuiF3A1I

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  3. @Jürgen Niebecker
    "Der Begriff „Berufung“ geht weg von der besonderen Berufung zum Priestertum, hin zu einem allgmeinen „Irgendwas“.
    Ja, genau das stelle ich auch fest, wenn man die Berufungspastoral-Angebote verschiedener Diözesen anschaut. Und der Priester mittendrin als eine Berufung unter anderen. Dabei ist doch der Priesterberuf eine ganz andere Ebene.

    Die verlinkte Seite des Bistums Regensburg stammt, das muss ich hier einräumen, nicht von P. Deneke, sondern wurde von mir, als "anschauliches Beispiel" für das "einer unter anderen" sozusagen, hinzugefügt.

    Tatsächlich ist die Beschreibung des Priesterberufs im Bistum Regensburg noch sehr zuverlässig. P. Deneke bezieht sich auf eine andere, mir nicht bekannte, Broschüre.

    Vergleicht man die "Priesterberufsbild-Beschreibungen der diözesanen Stellen für Berufungspastoral, so findet man sehr unterschiedliche Vorstellungen über das Wesen des katholischen Priesters. Die wenigsten sind so aussagekräftig (und katholisch) wie das auf der Regensburger Seite.

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  4. @Jürgen
    Habe gerade das von Ihnen verlinkte Video des Bistums Paderborn angesehen. Da geht es in der Tat in keiner Weise um eine besondere Förderung der Priester- oder geistlichen Berufungen sondern um die allgemeine Berufung des Christen, als Christ zu leben. Das ist sicher ein legitimes Anliegen und Initiativen wie "Nightfever" sind sicher eine gute Gelegenheit, Menschen auf Gott hin anzusprechen. Die Betreuung von Jugend- Männer- oder Frauengruppen, Familien etc. sind m.E. das ganz Normale einer Pfarrei, in der Seelsorge geleistet wird. Scheinbar sind diese Aspekte in der Vergangenheit vernachlässigt worden. Wie sonst muss man es deuten, dass diese Initiativen nun als etwas "Neues" (Paradigmenwechsel, neue Kirche) oder als etwas Besonderes hervorgehoben werden müssen. Ist das denn nicht "ganz normal"?

    Dagegen ist die besondere Förderung des Priesterberufes scheinbar keine Option. Das, was einmal Aufgabe der Diözesanstellen für Berufungen in der Kirche war, nämlich das Aufmerksammachen und die Unterstützung von geistlichen Berufungen, die die Kirche so dringend brauchtm, die aber im säkularen Umfeld immer mehr drohen, verschüttet zu werden, findet demgegenüber kein besonderes Augenmerk. Hier dürfte das eine wie das andere nicht vernachlässigt werden werden.

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