Freitag, 4. Mai 2012

Prinzipien des II. Vatikanischen Konzils für die Liturgiereform...

...aus einem Vortrag von Bischof Athanasius Schneider (Kasachstan) am 15. Januar 2012 in Paris bei der 4. Versammlung der Vereinigung "Réunicatho" (veröffentlicht in deutscher Sprache in DOMINUS VOBISCUM (PMT); in französischer Sprache online: HIER)

Das II. Vatikanische Konzil hat im Hinblick auf eine Liturgiereform folgende Prinzipien gegeben:

1.  Das Menschliche, das Zeitliche, die Aktivität müssen während der Liturgiefeier auf das Göttliche, das Ewige, auf die Kontemplation ausgerichtet sein und diesen gegenüber eine untergeordnete Rolle haben (vgl. Sacrosanctum Concilium, 2).

2.  Während der Liturgiefeier soll das Bewußtsein gefördert werden, daß die irdische Liturgie an der himmlischen Liturgie teilhat (vgl. Sacrosanctum Concilium, 8).

3.  Es sollen grundsätzlich keine Neuerungen, also keine Neuschöpfungen in den liturgischen Riten und vor allem im Meßritus erfolgen, es sei denn, daß ein wahrer und sicherer Nutzen für die Kirche das verlangt und daß man mit Behutsamkeit vorgeht und daß eventuelle neue Formen organisch aus den bestehenden herauswachsen (vgl. Sacrosanctum Concilium, 23).

4.  Die Riten der Meßfeier sollen so sein, daß das Heilige klarer zum Ausdruck kommt (vgl. Sacrosanctum Concilium, 21).

5.  Die lateinische Sprache soll in der Liturgie und vor allem in der heiligen Messe erhalten bleiben (vgl. Sacrosanctum Concilium, 36 und 54).

6.  Der gregorianische Gesang hat in der Liturgie den ersten Platz (vgl. Sacrosanctum Concilium, 116).

Die Väter des II. Vatikanischen Konzils verstanden ihre Reformvorschläge als Fortsetzung der Reform des heiligen Pius X. (vgl. Sacrosanctum Concilium, 112 und 117) und des Dieners Gottes Pius XII. und haben in der Tat in der Liturgiekonstitution am meisten die Enzyklika "Mediator Dei" von Papst Pius XII. zitiert.

(...)

Hinsichtlich der gegenwärtigen liturgischen Realität stellt Bischof Schneider Folgendes fest:

Wenn man unvoreingenommen und objektiv auf die liturgische Praxis der erdrückenden Mehrheit der Kirchen auf dem ganzen katholischen Erdenrund schaut, in denen die ordentliche Form des römischen Ritus in Gebrauch ist, so kann es niemand ehrlicherweise leugnen, daß die erwähnten sechs liturgischen Prinzipien des II. Vatikanischen Konzils in der Regel nicht oder sehr ungenügend erfüllt sind, obwohl diese Praxis der Liturgie irrtümlicherweise als nach den Wünschen des II. Vatikanischen Konzils vollzogene deklariert wird.

Es gibt einige konkrete Aspekte in der überwiegenden heutigen liturgischen Praxis im ordentlichen Ritus, welche einen echten Bruch mit einer über ein Jahrtausend konstant währenden liturgischen Praxis der Kirche darstellen. (...) Bei diesen fünf Wunden handelt es sich um solche, die mit Ausnahme einer Wunde (der Neuschöpfung der Offertoriumsgebete), nicht in der ordentlichen Form des Meßritus vorgeschrieben sind, sondern durch die Praxis in der Art einer schlechten Mode eingeführt wurden. (...)

Die (...) unglücklichen Bräuche oder liturgischen Wunden (Zelebration versus populum, Handkommunion, völliger Wegfall der lateinischen Sprache und des gregorianischen Gesangs sowie der Einsatz von Frauen für Lektoren- und Akolythendienst) haben an sich nichts mit der ordentlichen Form der Meßfeier zu tun und widersprechen darüber hinaus den liturgischen Prinzipien des II. Vatikanischen Konzils.


Weiteres zum Thema "Reform":

Links zum Thema "Zelebrationsrichtung des hl. Messopfers":




5 Kommentare:

  1. Sehr schön. Aber mir fehlt die Antwort auf die Frage, wie es kommen konnte, dass die Missbräuche heute eine "normale" Messfeier sind.
    Was ist in den vierzig Jahren geschehen, dass Latein völlig abgeschafft ist? Oder dass die Mundkommunion in den ordentlichen Messen nicht gespendet werden? Oder die Kommunion durch Frauen gespendet wird, was dem Katechismus eindeutig widerspricht.

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    1. Wie konnte das kommen? Ich habe auch keine Antwort.
      Wenn man diesen Augenzeugenbericht liest, bekommt man vielleicht einen kleinen Geschmack davon, wie es zuging nach dem Konzilsende...

      http://frischer-wind.blogspot.de/2012/02/ein-sakristan-erlebt-die-liturgiereform.html

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  2. Ich habe die Zeit als Erwachsene(erst fast, dann richtig) miterlebt. Damals fand ich es fortschrittlich fortschrittlich zu sein und ich habe auch den ganzen Humbug mitgemacht.
    Aber von mir sind nie Impulse in diese Richtung ausgegangen. Ich habe gehört wir machen jetzt dieses und jenes (Handkommunion z.B.) und davon war ich ganz begeistert.
    Ich frage mich, wie es zu dieser Euphorie kam, die seit den 80igern völlig zum Erliegen kam.
    Von Mattai erwarte ich Antworten, aber das Buch deprimiert so, dass ich es nur in homöopathischen Dosierungen lesen kann.

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  3. Ich empfinde es immer noch als unwürdig die Kommunion in die Hand gedrückt zu bekommen. Zum Glück ist es in der griechisch-katholischen Kirche nicht so.

    Jedes mal wenn ich den Laib Christi in der Hand halte, entschuldige ich mich bei Christus dafür das es so unwürdig ist. Aber auch in der unwürdigen Behandlung liegt die Wahrheit.

    Zumal da ja nicht mal der Wein getrunken wird.. Irgendwie komisch bei den Deutschen Katholischen Kirchen.

    Beim Gesang ist es auch sehr seltsam, da werden manchmal Lieder gesungen das man "ja zu Gott sagen kann oder nein" oder das man sich selbst finden soll.. Das schönste Lied war dann doch ein lateinisches.

    Templarii - recognoscere.wordpress.com

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    1. Ja, es ist so manches komisch oder seltsam zur Zeit in der katholischen Kirche Deutschlands.
      Aber wie Sie sehen: Wir arbeiten daran...
      (Auch wenn es nicht von heute auf morgen wieder "normal" wird.)

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