Samstag, 12. Mai 2012

Pro Life

Von P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad

Vor über 20 Jahren war es namentlich der profilierte Fuldaer Erzbischof Johannes Dyba (+ 2000), der offensiv als Anwalt der gefährdeten Kinder auftrat und sich dadurch den Attacken der Gegner aussetzte. Die kirchenfeindliche Presse nahm ihn ohnehin unter Dauerbeschuss. Doch auch aus Kirchenkreisen wurde Kritik laut: Das viertelstündige Geläute stelle Frauen an den Pranger und verenge den Blick auf nur ein Unrecht, welches den Kleinen angetan werde. In der Kirche gehe es aber um Barmherzigkeit auch mit Menschen, die schuldig geworden seien, und sie wende sich gegen jegliche Gewalt und Ungerechtigkeit. Daher wurden in vielen anderen Diözesen die Glocken am 28. Dezember entweder verallgemeinernd „gegen jede Form von Gewalt an Kindern“ geläutet – oder sie wurden gar nicht geläutet. Seither hat man sich fast allerorts für die letztgenannte Variante entschieden.

Überhaupt ist es hierzulande in der Angelegenheit der Abtreibung auffällig still geworden. Gewiss führen verschiedene Pro-life-Organisationen ihren Kampf mit heroischer Ausdauer fort und bringen es – zumal dann, wenn sie mit Gegendemonstranten zusammenstoßen – gelegentlich auch einmal zu einer bescheidenen Pressemeldung. Davon aber, dass das Problem der vorgeburtlichen Kindstötung heute noch die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehe, kann keine Rede sein.

Daran trägt nicht zuletzt auch die fehlende Eindeutigkeit und der mangelnde Einsatz von kirchlicher Seite ein gerütteltes Maß an Schuld. Es ist beispielsweise mehr als ernüchternd, dass die von der Deutschen Bischofskonferenz gemeinsam mit der Evangelischen Kirche in Deutschland veranstaltete „Woche für das Leben“, die 1991 mit dem Themenschwerpunkt „Schutz des ungeborenen Lebens“ begann, sich zunehmend ins Allgemeine verflüchtigt hat. In den letzten Jahren stand sie unter den Leitworten: „Gesundheit – höchstes Gut?“ (2008), „Gemeinsam mit Grenzen leben“ (2009) und „Gesunde Verhältnisse“ (2010).*  Lebensrechtler beanstandeten, in den Veranstaltungen der Aktionswochen sei die Abtreibungsgewalt nicht behandelt und in den umfangreichen, aufwendig gestalteten Programmheften nicht einmal erwähnt worden!

Es ist irritierend: Geht es um die katholische Hierarchie im Dritten Reich, so legen manche Kirchenvertreter eine nicht enden wollende Scham und Bußwilligkeit für das Verhalten ihrer Vorgänger an den Tag, sie beklagen deren angeblich ängstliches Zurückweichen vor dem gottlosen Regime und die fehlende Widerrede gegen das himmelschreiende Unrecht an Juden und anderen Verfolgten; geht es aber um das Tun und Lassen hier und heute, dann lassen dieselben Personen oft keinerlei Einsicht in das Versagen erkennen, das darin besteht, das abertausendfach stattfindende „verabscheuungswürdige Verbrechen“ der Abtreibung (so das letzte Konzil in der Pastoralkonstitution Gaudium et spes, Nr. 51) ohne lauten und scharfen Protest hinzunehmen.

Der österreichische Nationalratsabgeordnete Werner Königshofer hat sich unter dem Eindruck bischöflicher Ansprachen zum Weihnachtsfest 2010, in denen viel vom Frieden und auch von den Familien die Rede war, zu der etwas bitteren Feststellung bewegen lassen: „Gerade zu Weihnachten, wo die Geburt des Heilands gefeiert wird, würden sich viele Gläubige mehr kämpferischen Widerstand der Kirche gegen dieses größte Alltagsverbrechen unserer Zeit wünschen.

Aber offensichtlich hat sich die Kirche in dieser Frage mit den politisch Mächtigen arrangiert. Seither bringt sie nicht mehr die Kraft und den Mut auf, dagegen anzukämpfen.“ Königshofer weist auf Südamerika hin, wo es „noch mutige Kirchenführer“ gebe, „die den Konflikt mit einer unchristlichen Politik nicht scheuen.“ Und er fragt sich, ob es bei uns nicht „der fehlende Mut, die Kraftlosigkeit und Feigheit“ kirchlicher Stellen seien, „welche die Gläubigen resignieren und massenhaft aus ihrer Kirche austreten lassen“.

Jedenfalls wüssten sich viele engagierte Christen, die oft stundenlang trotz Regen und Kälte, trotz Hohn, Spott und zuweilen tätlichen Angriffen vor den Stätten des „verabscheuungswürdigen Verbrechens“ ausharren und beten, sehr beschenkt, wenn sich – wie z.B. in Spanien – auch hohe Kirchenvertreter gelegentlich auf die Strasse begeben und ihren Widerspruch so zum Ausdruck bringen würden.




Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS) 




Samstag, 12. Mai 2012
14:30 Uhr Sendlinger-Tor-Platz
Gebetszug "1000 Kreuze für das Leben" in München

Weitere Infos: bitte HIER klicken!


1 Kommentar:

  1. "Daher wurden in vielen anderen Diözesen die Glocken am 28. Dezember entweder verallgemeinernd „gegen jede Form von Gewalt an Kindern“ geläutet – oder sie wurden gar nicht geläutet. Seither hat man sich fast allerorts für die letztgenannte Variante entschieden."

    Das ist eigentlich schon typisch deutsch. Entweder werden andere mit allen möglichen Argumenten niedergeknüppelt oder man lässt eine Sache so lange im Sand verlaufen, bis niemand mehr davon etwas merkt.

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