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Mittwoch, 2. Juli 2014

Pfr. Michael Theuerl: Pladoyer für die sakramental-hierarchisch verfasste Kirche

Der Priester Michael Theuerl, Pfarrer der Pfarrei Sanctissima Eucharistia in Teltow, hat mit Datum vom 29.05.2014 (und einen kurzen Anhang vom 03.06.2014) einen offenen Brief an den Bischof von Berlin,  Rainer Maria Kardinal Woelki, geschrieben. In diesem Schreiben warnt er vor der Aufgabe der hierarchischen Verfasstheit der katholischen Kirche durch eine Säkularisierung der Kirche einerseits und einer Klerikalisierung der Laien andererseits und plädiert für eine Umkehr. Pfr. Theuerl schreibt unter anderem:
In der neuen „kooperativen Pastoral“ einer geschwisterlichen Kirche seien alle Seelsorgerinnen und Seelsorger. Der Runde Tisch – ein politisches, weltliches Modell – soll an die Stelle der katholischen Kirche treten. Auf allen Ebenen der Kirche laufen Bemühungen, dieses neue Kirchenmodell durchzusetzen.

Man kann es als die Grundhäresie der westlichen Kirche bezeichnen: die theoretische und faktische Abschaffung des Hirtenamtes, des Apostolischen Amtes und der sakramental-hierarchischen Grundstruktur, die zum Wesen der göttlichen Stiftung Kirche gehört und ohne die man nicht mehr von Katholischer Kirche sprechen kann. 
Genauso wie wir argumentieren, dass mit der Aufwertung der „Homo-Ehe“ die Ehe und Familie relativiert und letztlich zerstört wird, muss man sagen, dass mit der angeblichen Aufwertung der Laien das Apostolische Amt relativiert und die Ortskirche zu Grunde gerichtet wird. Man kann nicht etwas zugestehen, was dem anderen objektiv nicht gegeben ist.

Die Feststellungen von Pfr. Theuerl decken sich mit denen des Kirchenrechtlers Prof. em. Georg May (Mainz), die dieser bereits im Jahre 1997 in dem auch als Buch veröffentlichten Vortrag über "die andere Hierarchie" äußerte und der (nicht als Einziger) vor einer Protestantisierung der katholischen Kirche warnte - freilich ohne bei Bischöfen und Funktionären der Kirche in Deutschland Gehör zu finden.

Mit der "anderen Hierarchie" ist gemeint die Etablierung einer Parallelstruktur von Laien auf allen Ebenen - neben der in der Kirchenverfassung verankerten Hierarchie göttlichen Rechts, die durch geweihte Amtsträger, nämlich durch den Priester bzw. den Bischof als Haupt und Hirte der Gemeinde, verwirklicht ist (vgl. z. B. hier).

Der Priester aus dem Bistum Berlin schreibt weiter:
Letztlich wird die Einbindung des Priesters in eine sog. Pastoral des Runden Tisches zum Ende des Priestertums führen, denn welcher Priester oder Priesterkandidat möchte sich ständig herumärgern mit Leuten, die auch jetzt schon ihre „Informationen“ und „Ideen“ aus Internetforen (auch kirchenfeindlichen) beziehen und einbringen werden; man denke nur an „Kinderkirche“, Liturgiekreise, Kampf um die Durchsetzung des Diakonats der Frau …

Es macht keinen Sinn, schon beim Stand 2014, wo viele sich nicht mehr einig darüber sind, was katholischer Glaube ist, solche Runden Tische zu organisieren, wo offensichtlich zusehends die gemeinsame Basis schwindet und man nicht bereit ist, sich am Katechismus und an der Lehre der Kirche zu orientieren.

Man mag noch so oft betonen, das Hirtenamt werde nicht beschädigt – das Gegenteil ist der Fall bei der „Pastoral des Runden Tisches“. Denn schon rein menschlich wird der Pfarrer auf Dauer sich nicht gegen die Leute am Tisch stellen wollen. Bestenfalls wird er die Rolle als Moderator einnehmen. Das ist aber nicht das Hirtenamt. De facto liegt eine Amtsbehinderung des Pfarrers durch selbstgeschaffene Strukturen vor, die dem Kirchenrecht widersprechen. Jeder, der ein bisschen Ahnung von den jetzigen Problemen beim Personal in den Pfarreien hat, weiß, dass der beabsichtigte Plan rein psychologisch niemals funktionieren wird und darüber hinaus dem Wesen der Kirche widerspricht.

Das Resultat wird kein anderes sein als Streit, Sich Zurückziehen, Dienst nach Vorschrift, Verantwortungslosigkeit oder Burn out und gänzliches Weggehen. Man kann nicht in protestantischen (?) Strukturen katholisch bleiben, selbst dann nicht, wenn die Leute alle ganz nett sind.

Auch dies entspricht dem, wovor Prof. May immer wieder seine Stimme erhob (vgl. z. B. hier). Die neugeschaffenen Strukturen, die es so auch nur in der deutschen bzw. deutschsprachigen Kirche gibt, sind mit dem Kirchenrecht und der hierarchischen Verfassung der Kirche nicht vereinbar. 

Bis jetzt hat sich an der Situation nichts geändert, außer, dass man den falschen Weg noch immer weiter gegangen ist. Es wird Zeit sich zu besinnen und sich endlich aus dieser Schieflage zu befreien. 

Pfr. Theuerl sieht denn auch eine Lösung der zweifelsohne verfahrenen Situation: eine Re-form die sich an der Form orientiert, wie sie war, bevor die große Verwirrung begann:

Man muss nicht neue Strukturen (Pastoraler Raum) oder neue Titel (Pfarrvikar, der nicht mit dem gleichnamigen Titel im CIC identisch ist!) erfinden – Eigenschöpfungen, theologisch und kirchenrechtlich nicht vorgesehen – , sondern man kann ganz normal alle katholischen Strukturen und Titel verwenden, z. B. auch für das Gebiet eines Dekanates: Es gibt einen Pfarrer, mehrere Kapläne, die sich wieder Helfer suchen, sie vor Ort schicken und Anweisungen geben (dazu braucht man keine Pastoralreferenten, die sich im Vespermantel auf den Priestersitz setzen und sich freuen, einen Gottesdienst „selbständig“ zu leiten – nein da betet man Rosenkranz, Laudes, Vesper, oder eine Andacht aus dem Gotteslob, um den falschen Eindruck zu vermeiden, Gottesdienst sei Gottesdienst).

In den Zeiten der Verfolgung in Russland haben sich gläubige Laien beim Vorbeten, Beerdigen, Taufen … immer als Provisorium, als Platzhalter für den Priester verstanden. Dass das hier heute auch so ist, kann man bezweifeln. Auch eine Pfarrei mit über 36.000 Katholiken kann man auf katholische Weise leiten.

Auch der Hinweis und die Beherzigung der Konzilstexte, wie auch der "Instruktion zu einigen Fragen über die Mitarbeit von Laien am Dienst der Priester"von 1997, können hier, wie Pfr. Theuerl anmerkt, hilfreich sein, um zum katholischen Wesen des Priestertums und zu einer Normalität kirchlicher Verhältnisse zurückzufinden. "Bei allen theologischen Fragen", so Theuerl,"muss man zuerst die Dogmatik bedenken (was ist Sache) und dann erst die Pastoraltheologie (was kann man damit machen); nicht die Frage: Wie bekommen wir alle unter einen Hut, sondern zuerst die Frage: Wo liegt der Hut." 

Oder wie es Michael Karger einmal ausdrückte: "Wenn sich die Pastoral ihre eigene Lehre schafft, wird dies mit der völligen Preisgabe des definierten Glaubens enden. Das Christentum würde zur reinen Lebenspraxis herunternivelliert. Das Handeln kann aber niemals Quelle der Wahrheit sein."

Und fast wörtlich kommt Theuerl zum gleichen Schluss wie der Kirchenrechtler May. Theuerl: "Aber selbst wenn das Verhältnis nicht sonderlich belastet ist, muss man sagen, dass man niemals auf Dauer falsche Strukturen mit guten Leuten retten kann." Und May: "Ich kann und will nicht über die Mitglieder in der Kirche den Stab brechen. Unter ihnen befinden sich zweifellos viele gutwillige, wohlmeinende Personen, welche die Intention haben, der Kirche einen Dienst zu leisten. Doch ein falsches Modell wird durch die gute Absicht von Personen, die in dieses eingefügt sind, nicht richtig."

Schließlich kommt Theuerl zum Wesentlichen: "Die Kirche wird von Christus (nicht durch menschliches Engagement) aufgebaut durch die Eucharistie: Der eucharistische Leib baut den mystischen Leib – die Kirche – auf. Der Mensch ist vor Gott ein Empfangender; Der Glaube kommt vom Hören, nicht vom Machen." Die Kirche lebe aus der Eucharistie und den Sakramenten und sei nicht Menschenwerk, "die würdige Feier der Hl. Messe" sei das Wesentliche.

Ein durch und durch lesenswerter und wichtiger Brief mit besorgniserregenden Beobachtungen zum Zustand der Kirche in Deutschland, offen und mutig vorgetragen von einem Priester, der aus eigener Erfahrung weiß, dass "man als Christ seinen Weg oft allein gehen muß und daß man verlogenen Dialogversuchen eine klare Absage erteilen muß". Ein Brief mit auch ohne großen Aufwand und ohne viel Bürokratie realisierbaren Vorschlägen, um die Misere endlich zu beenden. Noch ist es vielleicht an der Zeit, bevor es zu einem großen Schisma in der deutschen Kirche kommt (das freilich latent schon längst vorhanden ist).

Möge der Brief bei seinem Adressaten (und vielleicht auch bei anderen Verantwortungsträgern in der Kirche) nicht auf taube Ohren stoßen, sondern aufrichtig zu Einsichten führen, die wiederum dazu führen mögen, offensichtlich falsche Wege zu verlassen und mutig auf den richtigen Weg zurückzueilen, damit das Volk Gottes nicht mehr herumirren muss, sondern sicher und bald das Ziel seiner Pilgerschaft erreichen kann...


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2 Kommentare:

  1. Ok, Pastoralreferenten sollten sich nicht auf den Priestersitz setzen, aber warum sollten sie keine Vesper leiten?

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  2. Hallo Psallite Deo!
    Nun, das steht ja im Brief von Pfr. Theuerl:
    Um "den falschen Eindruck zu vermeiden, Gottesdienst sei Gottesdienst". Meint, dass Laien hier in Versuchung sind, als Pseudo-Priester aufzutreten.

    Pfr. Theuerl erinnert an den demütigen und bescheidenen Dienst der Laien während der Verfolgungszeit in Russland: Laien sahen sich "immer als Provisorium, als Platzhalter für den Priester". Diese demütige und ehrfurchtsvolle Haltung gegenüber dem Dienst des Priesters entspricht viel mehr der Liebe zur Kirche als die fordernde und anmaßende Haltung (s. z. B. hier: Fußnote (B), die heute viele hauptamtliche Laien an den Tag legen. Eine solche Einstellung ist mit dem Dienst in der Kirche nicht zu vereinbaren.
    Natürlich kann ein Pastoralreferent oder eine Pastoralreferentin oder ein anderer liturgisch einigermaßen gebildeter Laie eine Vesper leiten (also: anstimmen, vorbeten etc.), aber es sollte nicht so sein, dass der Eindruck erweckt wird, es sei dasselbe, als wenn ein Priester die Vesper leitet.

    Angenommen, es steht unvorhergesehen ein Priester zur Feier der Vesper zur Verfügung. Würde der Pastoralreferent/ die Pastoralreferentin dann ihre "Leitung" mit Freuden an den Priester abgeben? Dies wäre ein Hinweis auf die angemessene Haltung eines Laien gegenüber der Würde des Priestertums. Aber wie Pfr. Theuerl sagt: "Dass das hier heute auch so ist, kann man bezweifeln."

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