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Samstag, 15. März 2014

Verlorene Himmelssehnsucht

Von Pater Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad 

Es ist gar nicht so einfach, dem durchschnittlichen Menschen unserer Tage die himmlischen Freuden schmackhaft zu machen. Womit können wir ihn denn noch locken? Mit der ewigen Ruhe vielleicht, die unsere Liturgie für die Toten erbittet? Wohl kaum, denn damit verbindet sich für die meisten eher der Gedanke an unerträgliche Langeweile als die Ahnung höchsten Glückes. Welche Qual, sich irgendwo aufhalten zu müssen, wo „nichts los ist“! Action ohne Ende wäre da schon attraktiver.

Auch mit der verheißenen Gemeinschaft der Heiligen werden sich die meisten nicht recht anfreunden können. Hatte nicht schon Oscar Wilde angedeutet, dass die Gesellschaft in der Hölle interessanter sein müsse als die himmlische? Das Wort „Heilige“ lässt vor dem inneren Auge des modernen Menschen vermutlich eine Ansammlung entrückter Gestalten mit gefalteten Händen und in die Höhe gerichtetem Blick erstehen. Man fühlt sich recht unwohl bei der Vorstellung, die Ewigkeit mit solchen Wesen in einer Art jenseitigem Kloster verbringen zu müssen.

Und die visio beatifica, die von der Tradition der Kirche als die eigentliche Erfüllung und Beseligung der Erlösten bezeichnet wird; die beseligende Schau also, in der wir Gott sehen werden, wie Er ist (1 Joh 3,2), von Angesicht zu Angesicht (1 Kor 13,12)? Auch der Hinweis auf sie lässt wahrscheinlich nur wenige Herzen höher schlagen. Der Grossteil unserer Zeitgenossen, gewohnt an ein rasches und abwechslungsreiches Leben und Erleben, bringt nicht einmal Verständnis und geistige Kraft für das intensive und verweilende Betrachten einer Landschaft oder eines Kunstwerkes auf, geschweige denn für religiöse Beschaulichkeit. Information und Unterhaltung sind gefragt, nicht Kontemplation. Sinnbild für diese Mentalität ist das Verhalten vieler Menschen vor dem Fernseher: Die Bilderflut eines einzigen Filmbeitrags reicht ihnen nicht aus, deshalb „zappen“ sie beständig von einem Programm ins andere. Wie soll man unter solchen Voraussetzungen ein Verlangen nach der ewigen Anschauung Gottes erwarten?

Da sind die Paradiesesvorstellungen des Islam für viele weitaus ansprechender: leckere Speisen, schöne Frauen, Erfüllung aller sinnlichen Sehnsüchte... Ja, ein Schlaraffenland müsste uns im Jenseits erwarten; eine Welt mit Flüssen von Milch, Honig und Wein, mit Häusern aus Kuchen und mit gebratenen Hähnchen, die herumfliegen und auf Wunsch sogleich im geöffneten Mund des beglückten Menschen landen. Und für den Menschen des 21. Jahrhundert könnte das alles noch phantastisch erweitert werden. – Jedenfalls wirkt das ewige Ziel, das uns der christliche Glaube erhoffen heißt, gemessen an solchen Träumen ziemlich blass und wenig reizvoll.

Es stellt sich allerdings die Frage, wer die Schuld daran trägt. Wenn sich z.B. eine große Mehrzahl unserer Zeitgenossen stärker von den aktuellen Eintagsfliegen der Medienwelt als von den Gipfeln unserer Kultur angezogen fühlt: Ist das nicht eher dem geistigen Klima der Zeit und der Einstellung der Menschen als den Werken der herausragenden Dichter und Musiker anzulasten? Niemand wird ernsthaft bezweifeln, dass Bachs Matthäuspassion größere Herrlichkeiten und Kostbarkeiten bereithält als irgendein Hip-Hop-Song. Aber das musikalische Wunderwerk ist eben auch ungleich anspruchsvoller. Es setzt beim Hörer ein höheres Maß an Sensibilität und Hingabe voraus, es will erobert werden. Sollten im Bereich der Religion nicht vergleichbare Gesetze walten? Man muss davon ausgehen.

Somit liegt die Korrekturbedürftigkeit nicht bei der christlichen Lehre von der himmlischen Glückseligkeit, der beseligenden Gottesschau. Korrekturbedürftig ist vielmehr der heutige Mensch, der jeden Sinn für die Kontemplation, diese edle Begabung seiner Seele, verloren hat. Korrekturbedürftig ist eine Welt, die uns mit ihrem polierten Oberflächenglanz und hohlen Dauer-Entertainment zum Kult der Nichtigkeit und zum Haschen nach Wind (Pred 1,14) erzieht; die uns einredet, unser Gott sei der Bauch (Phil 3,19), und uns anleitet, ihm so zu huldigen, dass wir das Verlangen nach der künftigen Sättigung verlieren.

Welche Herausforderung stellt es gerade heute für die Kirche und ihre Verkünder dar, die Sehnsucht der Menschen nach dem Himmel neu zu wecken und sie für die Gottesschau zu bereiten! Die Aufgabe ist gewaltig, aber sie will angegangen sein. 



 Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)


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Aus der Geheimen Offenbarung des Johannes (Apokalypse) 4:
Danach sah ich: Eine Tür war geöffnet am Himmel; und die Stimme, die vorher zu mir gesprochen hatte und die wie eine Posaune klang, sagte: Komm herauf und ich werde dir zeigen, was dann geschehen muss. Sogleich wurde ich vom Geist ergriffen.
Und ich sah: Ein Thron stand im Himmel; auf dem Thron saß einer, der wie ein Jaspis und ein Karneol aussah. Und über dem Thron wölbte sich ein Regenbogen, der wie ein Smaragd aussah. Und rings um den Thron standen vierundzwanzig Throne und auf den Thronen saßen vierundzwanzig Älteste in weißen Gewändern und mit goldenen Kränzen auf dem Haupt.

Von dem Thron gingen Blitze, Stimmen und Donner aus. Und sieben lodernde Fackeln brannten vor dem Thron; das sind die sieben Geister Gottes. Und vor dem Thron war etwas wie ein gläsernes Meer, gleich Kristall. Und in der Mitte, rings um den Thron, waren vier Lebewesen voller Augen, vorn und hinten. Das erste Lebewesen glich einem Löwen, das zweite einem Stier, das dritte sah aus wie ein Mensch, das vierte glich einem fliegenden Adler. Und jedes der vier Lebewesen hatte sechs Flügel, außen und innen voller Augen.

Sie ruhen nicht, bei Tag und Nacht, und rufen: Heilig, heilig, heilig ist der Herr, der Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung; er war und er ist und er kommt. Und wenn die Lebewesen dem, der auf dem Thron sitzt und in alle Ewigkeit lebt, Herrlichkeit und Ehre und Dank erweisen, dann werfen sich die vierundzwanzig Ältesten vor dem, der auf dem Thron sitzt, nieder und beten ihn an, der in alle Ewigkeit lebt. Und sie legen ihre goldenen Kränze vor seinem Thron nieder und sprechen: Würdig bist du, unser Herr und Gott, Herrlichkeit zu empfangen und Ehre und Macht. Denn du bist es, der die Welt erschaffen hat, durch deinen Willen war sie und wurde sie erschaffen.
  
Brücke zum Himmel - Die Liturgie:


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