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Samstag, 27. Juli 2013

P. Bernward Deneke: Participatio actuosa


Noch immer gibt es Katholiken, die es vorziehen, der Heiligen Messe in Schweigen und Sammlung beizuwohnen. Anzeichen der Geschäftigkeit sucht man bei ihnen vergebens. Das Geschehen am Altar aufmerksam verfolgend oder über ihr Buch gebeugt betend, wirken sie in den lebhaften Gottesdiensten wie Inseln inmitten des bewegten Meeres, wie Einsiedler in einer unruhigen Stadt. Kein Wunder, dass solche Personen der „alten Messe“ häufig den Vorzug geben, die ja, in lateinischer Kultsprache (*) zelebriert und aufgrund der vielen leisen Gebete des Priesters weitaus stiller als die neue Form, den Gläubigen nicht auf eine bestimmte Weise der Teilnahme festlegt, sondern ihm Freiraum für Beschaulichkeit gewährt. 

Solche Vorlieben sind allerdings manchen Mitchristen ein Dorn im Auge. Wie kann man so hinter der allgemeinen Entwicklung zurückbleiben und sich dem Fortschritt verweigern? Ging es denn der Liturgischen Bewegung nicht schon in ihren Anfängen, also um die Mitte des 19. Jahrhunderts, darum, die Kluft zwischen Altar und Kirchenschiff zu überbrücken und dem priesterlichen Volk der Getauften einen echten Anschluss an das gottesdienstliche Geschehen zu ermöglichen? Dass die Gläubigen „nicht in der Messe beten, sondern die Messe beten sollen“, ist eine Formulierung, die mit dem heiligen Papst Pius X. (+ 1914) in Verbindung gebracht wird. Und vor allem das Zweite Vatikanische Konzil wollte endgültig jedem frommen Eigenbrötlertum in der Kirchenbank ein Ende setzen: Die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium (1963) fordert und fördert doch ausdrücklich eine participatio actuosa. Was will das anderes besagen, als dass sich nun alle Anwesenden tätig am Gottesdienst beteiligen sollen, anstatt in abseitiger Passivität ihren devotionalen Vorlieben zu frönen? 

Bald nach dem Konzil wurden aus dem Prinzip der participatio actuosa weitergehende Folgerungen abgeleitet. Eine gesteigerte Aktivität im Sinne von diversen Aktivitäten der Gläubigen entstand. Zu den Diensten der Ministranten und der Musiker (Sänger und Organist), die seit eh und je von Laien verrichtet wurden, traten neue Aufgaben hinzu, so der Vortrag von Lesungen, Fürbitten und Meditationstexten, ja sogar – noch vor einem halben Jahrhundert völlig undenkbar! – das Austeilen der Kommunion durch Personen ohne Weihesakrament. Das alles im Namen der participatio actuosa, der sich jene Ewiggestrigen entziehen möchten... 

Die Frage, ob die participatio actuosa hier richtig verstanden wird und ob sie tatsächlich einen vorwiegend kontemplativen Mitvollzug der Heiligen Messe ausschließt, ist von grundsätzlicher Art. Zunächst kann man sie auf der sprachlichen Ebene beantworten. Die Untersuchung des lateinischen Wortes actuosa ergibt, dass dieses keineswegs gleichbedeutend ist mit activa. Gemeint ist gerade nicht ein äußeres Aktivsein bis hin zum Aktivismus, sondern mehr die erfüllte Innenseite sinnvoller Tätigkeit. 

Dazu treten inhaltliche Überlegungen. Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., gibt zu bedenken, dass beim katholischen Gottesdienst die wesentliche Aktivität nicht aufseiten des Menschen, sondern auf der Seite des Herrn liegt. ER wird unter uns gegenwärtig. ER bringt sich durch die Hände des Priesters dem himmlischen Vater dar als reine, heilige, makellose Opfergabe. ER schenkt sich den Gläubigen im Sakrament. Daraus ergibt sich für Ratzinger, „dass nur die oratio [das Gebet] das Eigentliche ist und dass sie wiederum deshalb wichtig ist, weil sie Raum gibt für die actio Gottes.“ So ist von uns zunächst verlangt, ehrfürchtig vor dem zurückzutreten, was Gott wirkt, um es dann lebendig mitzuvollziehen und gleichsam in Seine Tat einzugehen. Weil dieses erhabene Geschehen der Messe wesentlich geistiger, übernatürlicher Art ist, muss auch der Mitvollzug geistiger und gnadenhafter Art sein. Wahre participatio actuosa geschieht also vor allem im Gebet – und ohne Gebet ist es überhaupt keine Teilnahme und Teilhabe an den heiligen Geheimnissen!

Solche Einsicht entlarvt die Entwicklung, die sich in den letzten Jahrzehnten in den meisten Gotteshäusern abgespielt hat, als Irrweg, und rechtfertigt das Bemühen derjenigen, die in der Heiligen Messe mehr die Kontemplation als die eigene Aktion suchen. Bereits 1947 hat Papst Pius XII. in seiner Liturgie-Enzyklika Mediator Dei den Kern der participatio actuosa auf den Punkt gebracht: „Es sollen alle Gläubigen bedenken, dass es eine ganz hohe Pflicht und große Würde für sie bedeutet, teilzunehmen am eucharistischen Opfer, und zwar nicht müßigen und gleichgültigen Geistes, der sich zerstreut und anderen Dingen nachgeht, sondern so innerlich und selbsttätig, dass sie aufs engste mit dem Hohenpriester sich verbinden.“

P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad
 Hinweise:
- mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
- der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS)




(*) Anm. von FW: "Hat die Kirche nicht mit weiser Absicht den Schleier der Kultsprache über die Liturgie gebreitet, weil eben das Mysterium nicht im grellen Lichte des Alltags stehen soll? Ist es deshalb nötig, daß alle Texte verdeutscht werden, alle Riten bis ins letzte sichtbar sind? Geht damit nicht etwas Unersetzliches, eben der Schimmer der Heiligkeit, den das Volk mehr schätzt als Verständlichkeit bis ins letzte, verloren? Die sicher sehr gute Absicht, das Volk zur aktiven Teilnahme an der Liturgie zurückzuführen, darf nicht zur demokratischen Gleichmacherei ausarten." (Odo Kasel) Quelle


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2 Kommentare:

  1. Sehr schöne Ausführungen - Danke fürs Verbreiten ... ich habe das Thema gleich mal aufgeriffen und weitergecaselt ... ;-)

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    1. Sehr schön, vielen Dank!
      Habe oben einen Backlink gesetzt.

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