Donnerstag, 20. Februar 2014

"Spektakuläre Thesen" von Bischof Konrad Zdarsa (Augsburg)

Erfrischende Gedanken teilte der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa anlässlich der bevorstehenden Neuwahl des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz in einem Interview mit der "Lausitzer Rundschau" mit (s. auch Bericht bei kath.net vom 20.02.2013). Gefragt nach der Bedeutung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz sagte der Augsburger Oberhirte:
"[D]er Vorsitzende der DBK ist ja in der Tat kein Vorgesetzter. Wenn er sich in einer Angelegenheit äußert, heißt das noch lange nicht, dass alle Bischöfe so denken. Der Vorsitzende der DBK kann dem einzelnen Diözesanbischof die Verantwortung nicht abnehmen. Es darf sich auch kein Diözesanbischof hinter dem Vorsitzenden verstecken."

Er sei doch eher der "Sprecher oder Moderator" der Bischofsversammlung, manchmal auch deren "Repräsentant". Er assoziiere mit dem Begriff des Vorsitzenden "immer noch den einer Partei oder des Staatsrates der DDR", ähnlich gehe es ihm, wenn von einem "Zentralkomitee" gesprochen werde. Vielleicht liege das daran, dass er in der DDR aufgewachsen sei, so Bischof Zdarsa.

Eine ähnliche Klarstellung hatte vor einigen Wochen der Präfekt der römischen Glaubenskongregation und designierte Kardinal Gerhard Ludwig Müller zu bedenken gegeben. Erzbischof Müller sagte im Dezember 2013 der italienischen Tageszeitung "Corriere della sera", die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen seien "Koordinatoren, nicht Vize-Päpste". Wenn nun von "Vorkonklave" gesprochen werde, so Zdarsa, lasse das "auf ein anderes Selbstverständnis des amtierenden Vorsitzenden schließen". Diese Wortwahl hatte der scheidende Vorsitzende, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch gebraucht (1). Die Bischöfe und Weihbischöfe werden gemäß einer abgeänderten Ordnung des Wahlverfahrens während ihrer Frühjahrs-Vollversammlung daher erst am Mittwoch, den 11. März 2014, nach einem Tag des Gesprächs über die Anforderungen an den neuen Vorsitzenden, zur Wahl schreiten (2).

Worauf es bei dem neuen Vorsitzenden der DBK wirklich ankommt, beschrieb Zdarsa so: 
"Er sollte von allen Bischöfen als wahrer Mitbruder angesehen und geschätzt werden. Er sollte ein selbstbestimmter glaubwürdiger Geistlicher und theologischer Lehrer zugleich sein. Und er sollte ein ausgewogenes Verhältnis zum Bischof von Rom haben."

Sodann sprach sich Zdarsa dafür aus, dass der neue Vorsitzende "künftig auf jeden Fall in der Hauptstadt Deutschlands seinen Dienstsitz" nehmen solle, sprich dass das Sekretariat der Bischofskonferenz von Bonn nach Berlin umziehen soll. Er sehe das auch in Bezug auf "die Ränder", von denen auch Papst Franziskus immer wieder spreche und die in Berlin in besonderer Weise vorzufinden seien:
"Dort muss also die Kirche öffentlich wahrnehmbar präsent sein. Außerdem wären ein Umzug des Sekretariats und die damit zwangsläufig verbundene Verschlankung des Apparats ein großartiger Beitrag zur Entweltlichung der Kirche. Wenn sich Rom schon auf den Prüfstand stellt mit einer Kurienreform, warum nicht auch die DBK mit ihrem Sekretariat? Und nicht zuletzt würde mit der Verlegung von Bonn nach Berlin auch signalisiert, dass die Wiedervereinigung Deutschlands nun bei allen deutschen Bischöfen angekommen ist."

Mit Blick auf die seit längerem zu beobachtende Tendenz zu einer zentralistischen Handhabung der Bistumsmedien durch die Bischofskonferenz und andere Funktionäre, meinte Zdarsa, die räumliche Konzentration vieler verschiedener Medien in ein und demselben Haus (3) mag für traditionelle Organisatoren faszinierend sein, sei aber "im Zeitalter der Digitalisierung und elektronischen Datenvermittlung ein Anachronismus":
"Die immer stärker werdende Regionalisierung der Informationsvermittlung erfordert, auch medial räumlich breiter und dezentraler aufgestellt, dafür aber sehr gut vernetzt zu sein. Wir brauchen eine gut funktionierende Vernetzung und keine Gleichschaltung.
Zudem könnte eine solche Auffächerung dazu beitragen, noch aufmerksamer zur Kenntnis zu nehmen und zu multiplizieren, was an katholischem Glaubensleben in den verschiedensten Teilen unseres Landes passiert und welche neuen Aufbrüche landesweit zu verzeichnen sind."

Hier das ganze Interview der "Lausitzer Rundschau" auf der Internetseite des Bistums Augsburg ("Bischof Konrad: Deutsche Bischofskonferenz sollte nach Berlin umziehen"). Ob spektakulär oder innovativ, es wird sich zeigen, ob es möglicherweise bald einen Aufbruch des Sekretariats der DBK nach Berlin und eine damit verbundene Entweltlichung geben wird. Eine Chance, wäre es allemal - und eine, die man vielleicht im Interesse der katholischen Kirche in Deutschland nutzen sollte.



 (1) Eröffnungsreferat des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, zur Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 2013 am 23. September 2013 in Fulda, S. 11 unten. In diesem Zusammenhang sprach Erzbischof Zollitsch auch von benötigten "'Generalkongregationen' ganz eigener Art".

(2)  KNA-Gespräch von Ludwig Ring-Eifel und Agathe Lukassek mit Erzbischof Robert Zollitsch am 13.12.2013;(Video: Erzbischof Zollitsch über 2013: "Ein stürmisches Jahr", etwa ab 19:40 min); s. auch KNA-Meldung vom 13.12.2013)

(3) Katholisches Medienhaus GmbH: Nach den Vorstellungen der Organisatoren, sollen hier die "Marken" der katholischen Kirche in Deutschland optimiert und wirtschaftlisch stimmig vermarktet werden. Ebenso hofft man darauf, dass sich diözesane Unternehmen der GmbH anschließen, sich dort beraten und einbinden lassen. Die "Katholische Medienhaus GmbH" ist ein klassisches, weit verzweigtes Imperium von Dienstleistungsunternehmen des kirchensteuerfinanzierten privatrechtlichen Vereins "Römisch-katholische Kirche" in Deutschland.



Weitere Worte von Bischof Konrad Zdarsa:

Vgl. auch:



Foto: Bischof Dr. Konrad Zdarsa von Augsburg (2009); BOGoerlitz; wikipedia 

4 Kommentare:

  1. Über die Stellung des "großen Vorsitzenden der DBK" hatte ich letztes Jahr schon nachgedacht: –> http://kikreukreu.blogspot.de/2013/09/wer-ist-denn-nun-chef-von-wem.html

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  2. Danke für den Hinweis! Ist dringend notwendig, dass diese Dinge mal deutlich erklärt werden. Wenn man in manchen "Qualitätsmedien" (?) (oder doch eher MSM) vom "obersten deutschen Bischof" lesen muss (s.u.) - was somit auch die Glaubwürdigkeit des restlichen Artikels nicht unbedingt erhöht - da kommen einem dann doch Zweifel an der Kompetenz so mancher Journalisten oder Redakteure...
    Natürlich hätte das der "oberste deutsche Bischof" oder sein Sprecher auch einmal aufklären können... nun ja... Es wird sich schon noch herumsprechen...

    hier,
    hier
    oder auch
    hier
    u.v.a.

    Kein Einzelfall also...

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  3. Ach, wieso sollen die nichtkirchliche Medien nicht vom "obersten deutschen Bischof" reden? Also so streng kann ich nicht mit denen sein, dass die sich in die Tiefen des CIC begeben und dann die "Stelllung" des Vorsitzenden der DBK theologisch-kanonisch hochkorrekt darstellen. Übrigens: Mit welchem griffigen, für Journalisten verwendbaren Terminus denn?? Wir leben nun mal in einer medialen Gesellschaft, ob es einem gefällt oder nicht. Und für die Medien ist der DBK-Vorsitzende nun mal die Stimme und das Gesicht der Kirche in Deutschland. Ob es uns gefällt oder nicht. Das werden wir auch nicht ändern können. Und die Bischöfe wissen das auch - deshalb haben sie (Ausnahmen wie der jetzige bestätigen die Regel) zumeist auch besonders profilierte, theologisch und geistlich herausragende Bischöfe (Frings, Döpfner, Höffner, und - ja - auch Lehmann, auch wenn der bedauerlicherweise im konservativen Spektrum übel beleumundet ist) an die Spitze der DBK gewählt.
    Bei den Evangelen ist's nicht anders. Der EKD-Ratsvorsitzende hat noch viel weniger zu sagen als der DBK-Chef, er ist noch viel mehr bloß Moderator. Und dennoch ist er in der öffentlichen Sicht der Repräsentant der evangelischen Kirche in Deutschland.

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    1. Hallo Guardini,
      ja, wäre vielleicht wirklich zu viel verlangt... ;-)


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