Sonntag, 27. Oktober 2013

Prof. Georg May: Die andere Hierarchie - Teil 1: Die Existenz der Hierarchie

Prof. Dr. Georg May

Die andere Hierarchie
Teil 1

Verlag Franz Schmitt Siegburg AD 1997




§1 Die hierarchische Verfassung der Kirche

I. Die Existenz der Hierarchie

1. Hirt und Herde

Die Kirche Christi ist die Verbindung von Unsichtbarem und Sichtbarem. Unsichtbar sind Christus, das verklärte Haupt der Kirche, der heilige Geist und die Gnade.

Die Sichtbarkeit der Kirche drückt sich aus in Gottesdienst und Sakramentenspendung, im Glauben und in der rechtlichen Verfasstheit, vor allem in der hierarchischen Struktur. Recht und Hierarchie sind unaufgebbare Wesensbestandteile der Kirche. Wenn von der ganzen Kirche oder von allen Christen die Rede ist, wird damit keineswegs geleugnet, dass die Kirche eine strukturierte und hierarchisch geordnete Einheit ist.

Die Kirche ist das Volk Gottes. Dieses Volk ist von besonderer Art. Es existiert nur in der vorgegebenen Struktur von solchen, die eine Vollmacht besitzen, und anderen, die eine solche nicht haben. Wo immer die Heilige Schrift und die Urkunden der Lehrverkündigung vom "Weiden" sprechen (1), setzen sie das Gegenüber von Hirt und Herde voraus.

(1) vgl. z.B. Lumen gentium Nr. 18.


2. Haupt und Leib

Das durchgängige Strukturprinzip der Verfassung der katholischen Kirche ist das Gegenüber und die Einheit von Haupt und Leib. Dies gilt in erster und grundlegender Weise von dem Verhältnis Christi zu der Gesamtheit der Gläubigen. Christus ist das Haupt, die Kirche ist sein Leib (Lumen gentium Nr. 7).

Die Zusammengehörigkeit von Haupt und Gliedern erfährt aber ihre Verwirklichung in abgeleiteter Weise auch im Verhältnis der menschlichen Stellvertreter Christi zu den ihnen anvertrauten Gläubigen. Bischöfe und Priester üben das Amt Christi, des Hauptes und Hirten, aus (Presbyterorum ordinis Nr. 6). Durch dieses Prinzip sind Hirt und Herde, Klerus und Laien zur Einheit verbunden.

Die Stellung als Haupt besagt, wenn sie einem Menschen eingeräumt wird, die Repräsentation und die Stellvertretung des Herrn Jesus Christus. Sie kann nur wahrgenommen werden von Personen, die durch Weihe und Sendung dazu ermächtigt sind (Prespyterorum ordinis Nr. 1).

- Durch das Sakrament der Weihe werden aufgrund göttlicher Anordnung einige Christen durch das ihnen eingeprägte unauslöschliche Zeichen zu geweihten Dienern konsekriert und deputiert, damit sie, ein jeder nach seiner Stufe, in der Person Christi des Hauptes die Dienste des Lehrens, Heiligens und Leitens ausüben und so das Volk Gottes weiden (c. 1008).

Durch die kanonische Sendung werden sie zu Mitarbeitern des Bischofsstandes bestellt (Presbyterorum ordinis Nr. 2 und 7). Die zur Repräsentation des Herrn Jesus Christus befähigten Personen bilden die kirchliche Hierarchie. Das Wort besagt heiligen Ursprung und heilige Herrschaft, eine Ordnung heiligen Ursprunges und heiligen Zieles.

- Die Hierarchie stellt ein Ordnungsgefüge institutioneller Stufungen, der Über- und der Unterordnung dar. Sachlich versteht man unter Hierarchie die von Christus den Aposteln und ihren Nachfolgern verliehene Gewalt, die Kirche zu leiten und die Heilsgüter zu vermitteln, personal die Gesamtheit der Inhaber dieser Gewalt. Auf göttlicher Einsetzung beruhen hinsichtlich der Regierungsgewalt die Stufen des Primats und des Episkopats, hinsichtlich der Weihegewalt die Stufen der Bischöfe, der Priester und der Diakone. Zu den beiden Grundämtern des Primats und des Episkopats treten Hirtenämter, die auf kirchlicher Einsetzung beruhen, im bischöflichen Bereich vor allem die Dekane und die Pfarrer.


3.  Kirchengewalt

Der Hierarchie ist die Kirchengewalt eigen. Siest die zur Führung, Belehrung und Heiligung des Volkes Gottes von Christus gestiftete Vollmacht. Die Kirchengewalt wird unterschieden in Weihegewalt und Hirtengewalt. Beide sind göttlichen Rechtes.

Die Weihegewalt ist gewissermaßen die Leben schaffende, schöpferische Vollmacht. die Hirtengewalt ist die leitende, Ordnung schaffende Vollmacht. Die Einsetzung in die Stufen der Weihegewalt geschieht durch die Erteilung der Weihe. Die Einweisung in die Stufe der Hirtengewalt erfolgt, den Primat ausgenommen, durch kanonische Sendung. Weihe- und Hirtengewalt sind aufeinander bezogen. Die heilige Weihe gibt grundsätzlich die Befähigung in der Person Christi, des Hauptes, die Dienste des Lehrens, Heiligens und Leitens auszuüben (c. 1008). Nur Geweihte sind fähig, die auf göttlicher Einsetzung beruhende Leitungsgewalt in der Kirche zu erlangen (c.129 §1). Bei der Ausübung dieser Gewalt können Laien mitwirken (cc. 129 §2, 517 §2).



Fortsetzung folgt in unregelmäßigen Abständen


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