Dienstag, 18. Juni 2013

Vatikan: Bekräftigung der kirchlichen Lehre zum Kommunionempfang zivil wiederverheirateter Geschiedener

Der Präfekt der vatikanischen Kongregation für die Glaubenslehre, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, hat erneut zur Frage der Zulassung von zivil geschiedenen und wiederverheirateten Eheleuten Stellung genommen und die Lehre der Kirche bestätigt, dass nämlich das Eheband unauflöslich ist, solange der Ehepartner lebt und deshalb für katholische Gläubige eine zweite oder dritte zivile Eheschließung nicht möglich ist, ohne die göttliche Norm zu verletzen, sprich: ohne schwer sündhaft zu handeln.

Dazu legt Erzbischof Müller in der "Tagespost" vom 15. Juni 2013 nochmals sehr ausführlich die Gründe dar und geht auf Einwände und Behauptungen der Gegner dieser Lehre ein. Dabei zitiert er im Wesentlichen neben der Hl. Schrift, den Kirchenvätern und Konzilien die jüngeren Dokumente des Lehramts zu diesem Thema, so das "grundlegende" Apostolische Schreiben "Familiaris consortio" vom 22. 11.1981, das Schreiben de Glaubenskongregation über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen vom 14. 09.1994 (hier aus Nr. 5,6,9 und 10), das nachsynodale Apostolische Schreiben "Sacramentum caritatis" vom 22.02.2007 (Nr. 29) sowie die Predigt Papst Benedikt XVI. am 03.06.2012 beim VII. Weltfamilientreffen in Mailand und die Schlussbotschaft der (bisher) letzten Bischofssynode zum Thema "Die neue Evangelisierung für die Weitergabe des christichen Glaubens" (07.-28.10.2012).

Anschließend befasste er sich mit anthropologischen und sakramentaltheologischen Erwägungen, wobei er feststellte: "Für Christen gilt, dass die Ehe von Getauften, die in den Leib Christi eingegliedert sind, sakramentalen Charakter hat und damit eine übernatürliche Wirklichkeit darstellt. Ein ernstes patorales Problem besteht darin, dass manche heute die christliche Ehe ausschließlich mit weltlichen und pragmatischen Kriterien beurteilen. Wer nach dem "Geist der Welt"(1 Kor 2,12) denkt, kann die Sakramentalität der Ehe nicht begreifen. Dem wachsenden Unverständnis gegenüber der Heiligkeit der Ehe kann die Kirche nicht entsprechen durch pragmatische Anpassung an das vermeintlich Unvermeidliche, sondern nur durch das Vertrauen auf "den Geist, der aus Gott stammt, damit wir erkennen, was uns von Gott geschenkt worden ist (1 Kor 2,12). (...) Das Evangelium von der Heiligkeit der Ehe ist in prophetischem Freimut zu verkünden. Ein müder Prophet sucht in der Anpassung an den Zeitgeist sein Heil, aber nicht das Heil der Welt in Jesus Christus."

In den darauf folgenden moraltheologischen Anmerkungen ging Erzbischof Müller ausführlich auf die beiden Vorschläge der Leugner der kirchlichen Lehre ein, man solle 1. das Gewissen der Betroffenen respektieren und 2. müsse die Kirche eine barmherzige Kirche sein und dürfe deshalb niemanden vom Sakramentenempfang ausschließen.

Zum Argument des Gewissens bescheinigte er denen, die es vertreten, einen "problematischen Begriff"  von "Gewissen", der bereits im Schreiben der Glaubenskongregation von 1994 zurückgewiesen worden wäre. Die Gläubigen, so Müller, hätten die Pflicht, ihr Gewissen zu bilden und es an der Wahrheit auszurichten. "Dabei", so der Präfekt weiter, "hören sie auch auf das Lehramt der Kirche, das ihnen hilft, 'nicht von der Wahrheit über das Gute im Menschen abzukommen, sondern, besonders in den schwierigen Fragen, mit Sicherheit die Wahrheit zu erlangen und in ihr zu bleiben' (Johannes Paul II., Enzyklika "Veritatis splendor", Nr. 64)". Müller unterstrich, dass Gläubige, die zu der Überzeugung gelangt seien, dass ihre erste (vorausgehende) Ehe nicht gültig war, die Pflicht hätten, dies durch ein zuständiges Ehegeruicht der Kirche nachweisen zu lassen. (Nach dem Kirchenrecht gilt eine Ehe solange für gültig geschlossen, bis ihre Nichtigkeit durch das kirchliche Ehegericht bestätigt wird.)

Erzbischof Müller zitierte Kardinal Joseph Ratzinger aus dem Artikel "Die Ehepastoral muss auf der Wahrheit gründen" im L'Osservatore Romano in dt. Sprache vom 09.12.2011, S. 7: "Wenn die vorausgehende Ehe von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen gültig war, kann ihre neue Verbindung unter keinen Umständen als rechtmäßig betrachtet werden; daher ist ein Sakramentenempfang aus inneren Gründen nicht möglich. Das Gewissen des Einzelnen ist ausnahmslos an diese Norm gebunden."

Bezüglich der Berufung auf die Barmherzigkeit Jesu und infolgedessen der Forderung nach der Barmherzigkeit der Kirche gegenüber zivil wiederverheirateten Geschiedenen und deren Zulassung zum Kommunionempfang, stellte Müller klar, dass die ganze sakramentale Ordnung ein Werk der Barmherzigkeit Gottes sei und diese (sakramentale Ordnung) deshalb nicht mit Berufung auf dieselbe Barmherzigkeit aufgehoben werden könne. Zudem warnte er vor einer "Banalisierung des Gottesbildes, wonach Gott nichts anderes vermag, als zu verzeihen". Zum Geheimnis Gottes, so Müller, gehörten neben der  Barmherzigkeit auch seine Heiligkeit und Gerechtigkeit. "Wenn man diese Eigenschaften Gottes unterschlägt und die Sünde nicht ernstnimmt, kann man den Menschen letztlich auch nicht seine Barmherzigkeit vermitteln." Die Barmherzigkeit Gottes sei keine Dispens von den Geboten Gottes und den Weisungen der Kirche. Sie verleihe "vielmehr die Kraft der Gnade und ihrer Erfüllung, zum Wiederaufstehen nach dem Fall und zu einem Leben in Vollkommenheit nach dem Bild des himmlischen Vaters".

Bekräftigung der kirchlichen Lehre zur rechten Zeit

Die nochmalige Klarstellung der kirchlichen Lehre war notwendig geworden, nachdem die Tendenz mancher Gruppen erkennbar wurde, für die Kirche in Deutschland, zumindest aber in einigen Bistümern mit Hilfe einiger Bischöfe Fakten zu schaffen, die der Heiligen Schrift, der Tradition und der kirchlichen Lehre widersprochen hätten.

So hatte z. B. in der Erzdiözese Freiburg eine Gruppe von zwölf Priestern und Diakonen im Juni 2012 eine Unterschriftenaktion unter ihren Amtsbrüdern initiiert, in der sie eine Neuregelung für den Umgang der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen und deren Zulassung zu den Sakramenten fordern. Sie erklärten darüberhinaus, dass sie wiederverheirateten Geschiedenen in ihren Gemeinden den Empfang der Hl. Kommunion erlauben würden und ebenso Beichte und Krankensalbung gewähren. Dabei berufen sie sich auf das barmherzige Handeln Jesu. Ihnen sei bewusst, gegen der­zeit gel­tende kir­chen­recht­li­che Vor­schrif­ten der römisch-katholischen Kir­che zu verstoßen. 211 Priester und Diakone der Diözese Freiburg (von etwa 1200) haben diese Erklärung unterschrieben.

Erzbischof Zollitsch hatte sich in einem Gespräch mit den Unterzeichnern der Erklärung im Ziel solidarisch erklärt, missbilligte aber die Vorgehensweise und bezeichnete diese als eine Stö­rung sei­ner eigenen Initia­ti­ven (vgl. Kurzbericht zum ersten Gespräch der Initiatoren mit Erzbischof Dr. Robert Zollitsch am 21.06.2012).

Die Diözesanversammlung (25.-28. April 2013) der Erzdiözese Freiburg erneuerte die Erwartungen an die Kirchenleitung, das Kirchenrecht abzuändern, damit zivil wiederverheiratete Geschiedene auch "legal" zum Eucharistieempfang zugelassen werden, wie es in der Praxis vieler Gemeinden schon seit langem Faktum sei. 

Nach der Auftaktveranstaltung des von den deutschen Bischöfen initiierten Dialogprozesses in Mannheim im August 2011, bei der ebenfalls von Teilnehmern "ein anderer Umgang der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen" gefordert wurde, hat der Katholisch-Theologische Fakultätentag eine Gruppe von 10 Fachvertretern ernannt, um sich am Dialogprozess zu beteiligen. Sie erarbeiteten eine "Theologische Stellungnahme" die im September 2012 veröffentlicht wurde, wie es heißt, im Kontext des zweiten „Gesprächsforums“ in Hannover.


Bei den zehn Fachvertretern des KThF handelt es sich um folgende Persönlichkeiten:

Biblische Fächergruppe:
1. Prof. Dr. R. Scoralick, Tübingen (Alttestamentl. Theologie)
2. Prof. Dr. M. Ebner, Bonn (Neues Testament)

Historische Fächergruppe:
1. Prof. Dr. J. Schmiedl, Vallendar (Kirchengeschichte)
2. Prof. Dr. G. Kruip, Mainz (Christl. Anthropologie u. Sozialethik)

Systematische Fächergruppe:
1. Prof. Dr. S. Goertz, Mainz (Moraltheologie)
2. Prof. Dr. U. Lüke, Aachen (Fundamentaltheologie u. Dogmatik)

Praktische Fächergruppe:
1. Prof. Dr. U. Rhode, Frankfurt/M. (Kirchenrecht)
2. Prof. Dr. M. Belok, Chur (Pastoraltheologie)

Vorsitzender des Katholisch-Theologischen Fakultätentages:
Prof. Dr. Gerhard Krieger, Trier (Philosophie)

Sprecher der Theologischen Arbeitsgemeinschaften:
Prof. Dr. Benedikt Kranemann, Erfurt (Liturgiewissenschaft)


Die "Stellungnahme" ("Ausdruck der Barmherzigkeit Gottes") bezieht sich im Wesentlichen auf das "Gemeinsame Hirtenschreiben der Bischöfe der Oberrheinischen Kirchenprovinz zur Pastoral mit Geschiedenen und Wiederverheirateten Geschiedenen" aus dem Jahre 1993 (Hirtenwort der oberrheinischen Bischöfe 1993 ), indem einerseits festgestellt wird, dass die Kirche "in Treue zur Weisung Jesu" erkläre, dass "die Wiederverheirateten Geschiedenen nicht generell zum Eucharistischen Mahl zugelassen werden können, da sie sich in Lebensverhältnissen befinden, die in objektivem Widerspruch sind zum Wesen der christlichen Ehe" und dass, "wer hier anders handelt, (...) dies gegen die Ordnung der Kirche ´[tut]".

Andererseits relativiert das Schreiben die Lehre der Kirche, indem es für möglich hält, dass Betroffene zu einer "begründeteten Gewissensentscheidung" kommen, die dieser Lehre entgegensteht und die dennoch von "der Kirche und der Gemeinde zu respektieren" sei. Diese Relativierung führte und führt noch immer dazu, dass zahlreiche Priester Betroffene zu den Sakramenten zulassen, obwohl bereits (s. o). klargestellt wurde, dass das Gewissen des gläubigen Katholiken hier ausnahmslos an die Norm der Kirche gebunden ist (s, o).

Die "Theologische Stellungnahme" der 10 Fachkundigen stellt fest: "Weithin etwas anderes zu praktizieren, als die offizielle Position der Kirche zulässt, gefährdet aber die Glaubwürdigkeit der Kirche." Diese Gefährdung der Glaubwürdigkeit wird bemerkenswerterweise jedoch nach Meinung der Theologen nicht durch Treue zur kirchlichen Lehre (die sich aus der Lehre Jesu ergibt) behoben, sondern durch die Änderung (schöngefärbt "Weiterentwicklung" genannt) der offiziellen Position der Kirche.

Offensichtlich ist es also so, dass sich die Kirche - und sogar die, nach Lehre der Kirche unfehlbaren, Dogmen - sich einem rein immanenten subjektiven "gelingenden Leben", also einem selbstbestimmten normfreien Lebensentwurf des Menschen anpassen muss - nicht aber muss der Mensch den Glauben der Kirche bejahen und sich durch Tugend und Heiligkeitsstreben der Vollkommenheit Gottes annähern (um zu einem neuen Menschen in Christus zu werden).

Für den Gläubigen, dem die von Christus gegründete und in der katholischen Kirche bestehende Heilsgemeinschaft die Kirche ist, die Jesus Christus für immer als "Säule und Feste der Wahrheit" errichtet hat (1 Tim 3,15; LG 8), widerspricht dies klar dem Wort Christi, dass derjenige gerettet wird, der glaubt (und sich taufen lässt vgl. Mk 16,16). Deshalb muss auch die Behauptung der Fachkommission des Fakultätentages infrage gestellt werden, dass ihre Sicht der Dinge eher zum Heil der Seelen führe als der Glaube der Kirche.


Die Stellungnahme der theologischen Fachvertreter im Gesprächsprozess „Im Heute glauben“ endete also mit folgender Empfehlung an die deutschen Bischöfe:
"Wenn auf der Ebene der Gesamtkirche eine zeitnahe, theologisch wie pastoral verantwortbare Lösung dieses Problems noch nicht in Sicht ist, scheint es wichtig, dass die Deutschen Bischöfe im Sinne der oben skizzierten Lösungen dort ihren Einfluss geltend machen. 
Aus unserer Sicht scheint es überdies geboten, dass die Bischöfe in ihren Ortskirchen nach bestem theologischen Wissen und Gewissen schon jetzt solche pastoralen Entscheidungen treffen, die im Geiste Jesu mehr Menschlichkeit ermöglichen. An diese ihre Kompetenz und Verantwortung, die das II. Vatikanum herausgestellt hat (LG 26-28, DH 4151-4153), möchten wir die Bischöfe im Sinne des „salus animarum suprema lex" nachdrücklich erinnern. Zu diesem Schritt, im Sinne Jesu die Gerechtigkeit mit der Barmherzigkeit zu verbinden, möchten wir sie ermutigen und dazu unseren theologischen Sachverstand zur Verfügung stellen."

In deutschen Bistümern schien also die Frage der Teilnahme Wiederverheirateter am Sakrament des Altares in Form der sakramentalen Kommunion garnicht mehr "ob" oder "ob nicht" zu sein, sondern nur noch das "Wie?". Man darf gespannt sein, ob nun die Priester ihren Irrtum einsehen und zur Lehre und der ihr entsprechenden Praxis der Kirche zurückkehren. Dabei wird es sicherlich auch auf die Stimme des jeweiligen Bischofs ankommen, der seinen Priestern und Gläubigen die authentische Auslegung des Glaubens, so wie sie von der Glaubenskongregation immer wieder in Erinnerung gerufenen wurde, nicht verschweigen darf. Das nicht zuletzt wegen der Jugend in den Gemeinden, die dem unglaubwürdigen Verhalten der betroffenen Gläubigen und noch mehr der ungehorsamen Pfarrer ausgesetzt ist.

Weiterhin hatte sich "die Gruppe der theologischen Fachvertreter (...) zur Aufgabe gemacht, im Sinne der erarbeiteten Stellungnahme weitere Vorschläge dazu zu erarbeiten, wie die Wiederzulassung wiederverheirateter Geschiedener zum Empfang der Kommunion rechtlich und liturgisch näher gestaltet werden könnte". (Quelle)

Nach der eindeutigen Stellungnahme des Präfekten der Glaubenskongregation dürfte sich dieses Anliegen jetzt wohl erübrigen...


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2 Kommentare:

  1. Wie immer eine ganz wunderbare und hilfreiche Zusammenstellung, Danke!

    Aber ob sich da irgendetwas "erledigt" hat in unserer deutsch-gallikanischen Ortskirche?

    Natürlich: Die Bischöfe sind entscheidend!

    Und diejenigen Laien, die sie unterstützen (ob die hohen Herren das auch immer [sofort] verstehen, oder nicht...)

    Stand up and fight!

    http://youtu.be/ObntvRcKMrE?t=2m8s

    ;-)

    Gereon

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  2. Danke für Deinen Kommentar, Gereon!

    Ja! Und/oder wie Papst Paul VI. mit dem hl. Petrus den deutschen Katholiken zurief: «Stehet fest im Glauben!» (1 Petr. 5, 9)

    ;-)

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