Sonntag, 8. April 2012

Das Grab ist leer...

Von P. Bernward Deneke FSSP

Zunächst ein etwas boshafter Witz: Ein Jesuit, so wird erzählt, war mit archäologischen Arbeiten in Jerusalem beschäftigt. Eines Tages erschien er unerwartet und in sichtlicher Aufregung bei seinem Ordensgeneral in Rom. Er habe ihm eine vertrauliche, überaus folgenreiche Mitteilung zu machen. Um nähere Auskunft gebeten, sagte er, bei den Ausgrabungen sei er mit seinem Team auf das Grab Jesu gestoßen. Alle Indizien sprächen dafür, dass es sich bei diesem – und nicht bei dem allgemein verehrten – um die letzte Ruhestätte des Herrn handle. Der Ordensgeneral zeigte sich lebhaft interessiert: „Und? Können Sie noch mehr darüber berichten?“ Die Antwort des Archäologen: „Ja, halten Sie sich bitte fest: Das Grab ist nicht leer. Wir haben die Überreste Jesu gefunden!“ Darauf sagte der Ordensgeneral erstaunt und nachdenklich zugleich: „So hat dieser Jesus von Nazareth also tatsächlich gelebt...“ ---

Nein, ganz so schlimm ist die Lage wohl doch nicht. Daran, dass Jesus existiert hat, zweifelt nur eine verschwindend kleine Minderheit. Aber was das leere Grab, was die wahrhafte, Seele und Leib umfassende Auferstehung des Herrn betrifft, so gibt es unter vielen Theologen einen traurigen Konsens. Ich selbst hörte einmal einen Professor für Fundamentaltheologie sagen: „Mich erfasst Zorn, wenn man an Ostern in der Kirche noch immer singt: Das Grab ist leer, der Held erwacht, der Heiland ist erstanden. So etwas geht heute einfach nicht mehr!“ (Es handelt sich um ein beliebtes rheinländisches Osterlied.) Und ein berühmter, jüngst verstorbener Dominikanerpater bekannte, sein Glaube hätte keine Schwierigkeiten damit, wenn man eines Tages die leiblichen Überreste Jesu finden würde.

Auch auf die Gefahr hin, als kleingläubig eingestuft zu werden, muss ich im Blick auf mich das Gegenteil gestehen: Mein Glaube hätte sehr wohl Schwierigkeiten damit! Denn dieser Glaube besteht weder in einem subjektiven Gefühl, das sich um reale Fakten nicht schert, noch in einem philosophischen, besser: ideologischen System, das allen Widersprüchen unerschütterlich trotzt, weil es die wirklichen Geschehnisse der äußeren Welt nach eigenem Maß und zur Bestätigung seiner selbst zurechtbiegt.

Mein Glaube beruht vielmehr auf dem Zeugnis, das Gott von Seinem Sohn abgelegt hat (1 Joh 5,9). Er beruht auf dem sorgfältig geprüften und als zuverlässig erwiesenen Zeugnis derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind (Lk 1,1ff.), die das menschgewordene Wort mit Augen gesehen und betrachtet, die es gehört und mit eigenen Händen betastet haben (1 Joh 1,1ff.).

Und was sagen uns diese Zeugen? Dass die Frauen das Grab Jesu am frühen Morgen des Ostertages leer vorfanden und ihnen ein Engel die Botschaft von der Auferstehung verkündete (Mk 16,1ff.; Mt 28,1ff.; Lk 24,1ff.). Dass Maria Magdalena vor dem offenen Grab stand, dass sie sodann Petrus und Johannes eilends davon in Kenntnis setzte und dass diese beiden Apostel ihren berühmten Wettlauf zu der Stätte veranstalteten, in der sie nur die Tücher des Gekreuzigten vorfanden (Joh 20,1ff.). Die Evangelisten wollen, indem sie das alles beschreiben, Tatsachen berichten, daran kann mit Blick auf die Texte und ihre literarische Gattung kein ernsthafter Zweifel bestehen.

Umso erstaunlicher, dass sich ausgerechnet Theologen bestrebt zeigen, dem christlichen Glauben sein historisches Fundament zu entziehen und damit übrigens auch die Existenzberechtigung ihrer eigenen Wissenschaft in Frage zu stellen. Wie kommen sie nur dazu? Haben sie etwa – wie der eingangs erwähnte Jesuit – die leiblichen Überreste des Herrn gefunden? Oder liegen ihnen wenigstens stichhaltige Texte vor, durch welche die Überlieferung vom leeren Grab Lügen gestraft würde? Keineswegs. Daher geht man nicht fehl, in den betreffenden Aussagen über das Oster-geheimnis den Unglauben am Werk zu sehen; den Unglauben, der das Zeugnis, das Gott im Wunder der Auferstehung von Seinem Sohn abgelegt hat, nicht annimmt und dadurch letztlich Gott selbst zum Lügner macht (1 Joh 5,10).

Wir aber dürfen in der ruhigen Gewissheit eines Glaubens leben, der auf Tatsachen beruht, die so stark und hart sind, dass sie auch den härtesten Grabesfelsen aufsprengen. Niemals wird man Jesu leibliche Überreste finden, denn: „Er ist nicht hier. Er ist auferstanden, wie Er gesagt hat.“ (Mt 28,6)



Hinweise:
 - mit freundlicher Genehmigung des Verfassers
 - der Beitrag erschien bereits im Schweizerischen Katholischen Sonntagsblatt (SKS) 



Verankert in der Geschichte - Ein Kommentar von Catocon

Paulus im 1. Brief an die Korinther

4 Kommentare:

  1. Vielen Dank für diesen Beitrag!

    Eine Ergänzung: Dem Zweifel an der Überlieferung, das Grab Christi sei leer gewesen, liegt in den meisten Fällen wohl ein falsches Verständnis von der Naturgesetzlichkeit zu Grunde.

    Es seo, denkt man, ein allgemeines Naturgesetz, dass niemand leiblich auferstehen könne; da dies auch für Jesus gelten müsse, könne es sich bei den Zeugnissen vom leeren Grab nur um Mythen handeln.

    Tatsächlich ist es doch aber wohl so, dass es sich bei Naturgesetzen um Beschreibungen allgemeiner Regularitäten des Naturgeschehens handelt, die sich grundsätzlich in jedem Einzelfall bewähren müssen (nicht umgekehrt).

    Anders gesagt: Die Naturwissenschaften machen keine Aussagen über die 'Möglichkeit' oder 'Unmöglichkeit' eines Geschehens. Ob sich ein Ereignis zugetragen hat oder nicht, ist eine historische, nicht eine naturwissenschaftliche Frage.

    Wer am leeren Grab zweifelt, zweifelt also an der Glaubwürdigkeit der überlieferten Zeugnisse.

    Mir selbst erscheinen diese Zweifel nicht begründet, und ich frage mich auch, worauf den ein Christ seinen Glauben gründen will, wenn er dessen erste Zeugen für unglaubwürdig hält.

    Frohe und gesegnete Ostern

    Morgenländer

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  2. Lieber Morgenländer,

    vielen Dank für Deine Ergänzung!

    Auch mir erscheinen diese Zweifel nicht begründet.
    Wie kann man allen Ernstes behaupten Jesus Christus, die Evangelisten, Apostel, Jünger und frühen Christen seien Lügner, Fantasten, Psychopathen, Geisterseher, Taktiker und/oder Strategen gewesen ohne zu merken, dass man damit das gesamte Christentum in Frage stellt und sich selbst als Pseudo-Christ outet (*s.u.).

    Ich bleibe bei dem uns überlieferten, gut begründeten Glauben an die wahrhaftige Auferstehung Christi:

    Christus ist auferstanden!
    Er ist wahrhaft auferstanden!

    Auch Dir ein gesegnetes gnadenreiches Osterfest!


    (* um nur zwei traurige Beispiele zu nennen:

    http://www.telebasel.ch/de/tv-archiv/&id=366790320&search=&datefrom=&dateto=&group=

    http://sende-zeit.de/2012/03/15/passion-christi-neue-sichtweisen-auf-ein-altes-thema/

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  3. Mit dem Problem hatte wohl auch schon Paulus zu kämpfen. Seine Antwort dazu: "Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos." (1. Korinther 15, 14)

    Ich habe mal auf diese Artikel verlinkt: http://weihrausch.wordpress.com/2012/04/08/das-grab-ist-leer

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  4. Zu den glasklaren, unzweideutigen Worten des Apostel Paulus bezüglich der Zweifler und Leugner:

    http://frischer-wind.blogspot.com/2012/04/ostern.html

    oder

    http://www.bibleserver.com/text/EU/1.Korinther15,14

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