Freitag, 2. März 2012

Die Grundlage jeder Erneuerung: Der Glaube (1)

Im Folgenden ein Vortrag des Philosophen und Autors Prof. Josef Seifert, der gegenwärtig Rektor der Internationalen Akademie für Philosophie (IAP) in Liechtenstein ist. Der Text wurde bereits in den Ausgaben Nr. 1,2 und 3 des Jahrgangs 1976 der katholischen Zeitschrift "DER FELS" abgedruckt.

Ich danke dem Verlag für die freundliche Erlaubnis zur Veröffentlichung.


Prof. DDr. Josef Seifert

Die Grundlage jeder Erneuerung:
Der Glaube


Die Leuchte des Leibes ist dein Auge. Ist dein Auge gesund, so steht dein ganzer Leib im Lichte. - Kul 11,34 (Matth 6,22)

Die Heilige Schrift ermahnt uns immer wieder, uns im Geiste zu erneuern. Das Wesen solcher Erneuerung hängt zuinnerst an der göttlichen Offenbarung, insbesondere an der Selbstoffenbarung Gottes in und durch Christus Jesus, der einst zum Apostel Philippus sagte: " Philippus, wer mich sieht, sieht auch den Vater" (Joh 14,9).

Christus ist es, durch den vor unseren Augen "ein neues Licht" aufgestrahlt ist, wie die Kirche in der Weihnachtspräfation singt; Christus ist es, durch den unsere Natur "noch wunderbarer erneuert wurde", als sie ursprünglich geschaffen war.


Erneuerung in Christus

Als Antwort auf das "neue Licht" und als Frucht der Neuschaffung der Natur durch die Gnade sind wir berufen, uns selbst zu erneuern, gemäß dem Wort des hl.Paulus: "Legt also den alten Menschen ab, der an trügerischen Gelüsten zugrunde geht; erneuert euch in geistiger Gesinnung und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit geschaffen ist" (Eph 4,22-24).

Es ist Lehre des katholischen Glaubens, daß Christus mit seiner Gnade unsere Sündigkeit nicht nur "zudeckt", wie Luther meinte, sondern, daß unsere Natur in Christus verwandelt und eine "neue Kreatur" in Ihm werden kann. Diese Verwandlung wird nicht durch die Gnade allein bewirkt. Sie verlangt vielmehr unsere freie Mitwirkung. Ist es nicht in der Tat eine schwierige Aufgabe, unser Kreuz auf uns zu nehmen und Christus nachzufolgen?

Diese Erneuerung ist also von ihrem Wesen her eine freie Antwort an Christus, das Licht der Welt, eine Antwort auf die unendliche Liebe, mit der Er uns geliebt hat, indem Er sein "Leben hingab für seine Freunde". Zugleich aber ist sie auch die Frucht der Erlösung und der heiligmachenden Gnade, ohne welche all unser menschliches Bemühen, wie uns der Glaube lehrt, fruchtlos wäre und ganz unfähig, unsere Erneuerung und Umwandung in Christus zu bewirken. (...)

Der Prozeß unserer Umwandlung in Christus geht so an die Wurzeln unseres Seins, daß selbst die größten Heiligen sie in diesem Leben niemals zu Ende bringen konnten; sie wussten vielmehr, daß es eine lebenslange, ja sogar eine unbegrenzte Aufgabe war. Keine natürliche Aufgabe, kein natürlicher Wert, wie etwa Freundschaft oder Liebe, gar nicht zu reden von sozialen und politischen  Reformen, fordert eine so radikale und umfassende Verwandlung, wie sie Christus verlangt.

Und doch hat, wie es Dietrich von Hildebrand im ersten Kapitel seines Buches "Umwandlung in Christus" leuchtend gezeigt hat, diese Veränderung, so radikal sie ist, so sehr den  Charakter von Beständigkeit und Treue, daß an ihr der Widerschein der göttlichen Unveränderlichkeit aufleuchtet.


Der Primat des Glaubens

Wir werden das besser verstehen, wenn wir uns nun dem eigentlichen Thema dieses Vortrages zuwenden, der Frage, wieweit der Glaube in all dem den Vorrang besitzt. Wir werden den Glauben zunächst betrachten als Grundlage jeder wahren religiösen Erneuerung und als vorrangig auf allen Gebieten unseres Lebens und des Lebens der Kirche.

Dann wollen wir sehen, in welchem Sinn unser Glaube selbst fortlaufend erneuert werden muss. Wenn wir uns darüber einen genauen und klaren Begriff geformt haben, haben wir den entscheidenden Ansatz für die Erneuerung unseres religiösen Lebens, zu der wir jederzeit aufgerufen sind.

Die Bedeutung unseres Gegenstandes wird ohne weiteres klar, wenn wir uns daran erinnern, daß das Thema der Erneuerung nicht nur im Mittelpunkt der Offenbarung steht, sondern, daß das Evangelium voll Warnungen vor einer anderen Art von Erneuerung ist, die das genaue Gegenteil der wahren religiösen Erneuerung darstellt.

Der hl. Paulus sagt uns, daß innerhalb der Kirche viele aufstehen werden, die den Gläubigen ein "neues Evangelium" bringen; und er warnt eindringlich davor, auf sie zu hören, denn das Evangelium ist keine menschliche Erfindung, sondern göttliche Offenbarung und kann als solche niemals verändert werden; ja, er erklärt: selbst wenn ein Engel vom Himmel käme um ein anderes Evangelium zu bringen als das von den Aposteln und der Kirche vermittelte Evangelium Christi, so solle er verflucht sein (anathema sit).

Zu demselben Gegenstand schreibt der hl. Johannes in seinem 2. Brief: "Wer sich darüber hinwegsetzt und der Lehre Christi nicht treu bleibt, besitzt Gott nicht. Wer aber in der Lehre treu bleibt, besitzt den Vater und den Sohn" (2 Joh 9) Johannes warnt uns nicht nur vor einer solchen Scheinerneuerung, sondern er, der Liebesjünger, sagt sogar: "Kommt einer zu euch, der eine andere Lehre bringt, so nehmt ihn nicht auf in euer Haus und bietet ihm nicht einmal den Gruß. Denn wer ihm den Gruß entbietet, macht sich mitschuldig an seinem bösen Treiben" (2 Joh 10-11).

Vor allem aber wendet sich Christus selbst gegen die vielen "falschen Propheten", die in Seinem Namen auftreten werden, in Schafskleider gehüllt, die wir aber als die erkennen sollen, die sie wirklich sind: "reißende Wölfe", die den Glauben zerstören und mit dem Glauben jede wahre Erneuerung unseres Geistes, zu der wir von Gott berufen sind und ohne  die wir das ewige Heil nicht erlangen können.

Die Geschichte der Kirche bezeugt, daß unzählige "Reformer" tatsächlich zu dieser Art von Erneuerern gehörten, vor denen uns Christus gewarnt hat.


Fortsetzung folgt hier



Prof. Josef Seifert:
Die Grundlage jeder Erneuerung: Der Glaube

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