Montag, 30. Januar 2012

Conversi ad Dominum - Wendet euch hin zum Herrn!

Nicht alles, was heute liturgische Praxis sei, lasse sich durch Konzilstexte begründen, sagte Kurienkardinal Kurt Koch auf einer Tagung (1), die die Theologie Joseph Ratzingers zum Thema hatte. So sei beispielsweise nirgends die Rede davon, daß der Priester die Eucharistie den Gottesdienstteilnehmern zugewandt leite, so der Kurienkardinal. (s. Bericht HIER bei kath.net) 

(1)  Internationales Symposium am 28. Januar 2012 der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung in Freiburg im Breisgau

Joseph Kardinal Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI., schreibt in seinem Buch "Der Geist der Liturgie" (im Jahre 2000; S. 68ff) zur Frage der Zelebrationsrichtung unter anderem:

"...die Zelebrationsrichtung versus populum erscheint heute geradezu als die eigentliche Frucht der liturgischen Erneuerung durch das II. Vaticanum. In der Tat ist sie die sichtbarste Folge der Neugestaltung, die nicht nur eine äußere Anordnung liturgischer Orte bedeutet, sondern auch eine neue Idee vom Wesen der Liturgie als gemeinschaftlichem Mahl einschließt. (...)

In Wahrheit ist damit eine Klerikalisierung eingetreten, wie sie vorher nie existiert hatte. Nun wird der Priester - der Vorsteher, wie man ihn jetzt lieber nennt - zum eigentlichen Bezugspunkt des Ganzen. Alles kommt auf ihn an. Ihn muß man sehen, an seiner Aktion teilnehmen, ihm antworten; seine Kreatvität trägt das Ganze.

Verständlich, wenn man diese eben erst geschaffene Rolle nun wieder zu reduzieren versucht, indem man vielfältige Aktivitäten verteilt und die "kreative" Gestaltung vorbereitenden Gruppen anvertraut, die vor allem "sich selbst einbringen" wollen und sollen.

Immer weniger steht Gott im Blickfeld, immer wichtiger wird alles, was die Menschen tun, die sich hier treffen und schon gar nicht sich einem "vorgegebenen Schema"unterwerfen wollen.

Die Wendung des Priesters zum Volk formt nun die Gemeinde zu einem in sich geschlossenen Kreis. Sie ist - von der Gestalt her - nicht mehr nach vorne und oben aufgebrochen, sondern schließt sich in sich selber.

Die gemeinsame Wendung nach Osten war nicht "Zelebration zur Wand", bedeutete nicht, daß der Priester "dem Volk den Rücken zeigt": So wichtig war er gar nicht genommen. Denn wie man in der Synagoge gemeinsam nach Jerusalem blickte, so hier gemeinsam "zum Herrn hin".

Es handelte sich - wie es einer der Väter der Liturgiekonstitution des II. Vaticanums, J. A. Jungmann, ausdrückte - vielmehr um Gleichrichtung von Priester und Volk, die sich gemeinsam in der Prozession zum Herrn hin wußten. Sie schließen sich nicht zum Kreis, schauen sich nicht gegenseitig an, sondern sind als wanderndes Gottesvolk im Aufbruch zum Oriens, zum kommenden Christus, der uns entgegengeht. (...)"

Es gibt gute Gründe, wieder auf das "Wesentliche", der "gemeinsamen Wendung nach Osten beim Hochgebet" zurüchzukommen. "Nicht der Blick auf den Priester ist wichtig, sondern der gemeinsame Blick auf den Herrn. Nicht um Dialog geht es nun, sondern um gemeinsame Anbetung, um den Aufbruch, der sich in gemeinsamer Richtung ausdrückt." (ebd.)


 Foto:  Wieskirche, Juni 2011, © FW

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